Skoutz-Interview Stefan Cernohuby 2022

Zu Besuch bei Stefan Cernohuby

Heute ist der Skoutz-Kauz zusammen mit Heike zu Besuch bei Stefan Cernohuby.

Der Grund dafür ist ein schöner: Sein Titel „Wundersame Haustiere und wie man sie überlebt“ hat unseren Juror Thiago Ruiz überzeugt und ihn auf die Midlist Anthologie gewählt. Auch die Leser sind sehr begeistert und mittlerweile steht sein Buch auf der Shortlist. Wir sind sehr nervös und freuen uns auf unseren Gesprächstermin und sind sehr gespannt auf Stefan als Mensch.

Zu Besuch bei Stefan Cernohuby, der als Pinguin keine Interviews geben würde

Hallo lieber Stefan, wir freuen uns sehr, dass wir heute hier bei dir sein dürfen. Wir haben einige Fragen im Gepäck und sind gespannt, was wir alles über dich erfahren können. Ich bin voller Tatendrang und würde am liebsten sofort anfangen. 

Fotograf: Michael Seirer.

Wenn du ein Tier wärst, wärst du ein …?

Pinguin.

Oh, und warum?

So einer, der glaubt, er hätte einen Plan, wäre Kommandant und würde ein ganzes Heer anderer Pinguine befehligen, obwohl er in Wahrheit nur fantasiert. Was habe ich da gerade gesagt?

Klasse! Fantasieren ist nie schlecht! Da hat man die Welt wenigstens unter Kontrolle.

Womit kann man dich im Alltag glücklich machen?

Am liebsten dadurch, dass man dafür sorgt, dass Dinge funktionieren, sich bewegen. Es gibt nichts Schöneres als zu sehen, dass (m)ein Plan funktioniert, wächst und Früchte trägt. Manchmal auch verbotene.

Ja, das macht einen glücklich, da gebe ich dir absolut Recht. Da passt die nächste Frage perfekt!

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Wir alle haben Wünsche, für uns, für die Welt. Was sind deine und was tust du, damit deine Wünsche in Erfüllung gehen?

Einer meiner Wünsche ist, dass die Phantastik im deutschsprachigen Raum endlich nicht mehr als Literatur zweiter Klasse angesehen wird.

Ja, das wäre echt Zeit! Verstehe ich aber auch gar nicht, wieso das so ist. Skoutz hängt sich da auch wirklich immer schon rein, damit das anders wird. Aber es ist zäh.

Es ist auch irgendwie paradox, weil alle großen Film- und Serienerfolge der letzten Jahre aus dem Bereich kommen und Literaturvorlagen haben. Dass dahinter auch Qualität stecken muss, sollte eigentlich auch klar sein. Ist es aber nicht. Um das zu ändern, engagiere ich mich im Phantastik-Autoren-Netzwerk e.V., kurz PAN, wo ich zweiter Vorstand bin. Andere Wünsche habe ich natürlich auch, aber ich will hier keinen Roman schreiben.

Ach! Ich könnte dir auch länger zuhören. Aber gut, lass uns mal über Bücher plaudern. Darum sind wir ja eigentlich hier!

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Welches Buch hat dich am meisten geprägt?

Als Kind war das vermutlich ein Science-Fiction-Roman, den ich bei einem Gewinnspiel gewonnen habe. Er hieß „Der Begleiter“ von Sturli Gualtiero.

Oh, den kenne ich gar nicht. Muss ich auf jeden Fall mal nachschlagen. Um was geht es? 

Außerirdische, Roboter und Zeitreisen.

Mit knapp 19 Jahren „Pesadillas“ von Maike Hallmann. Misanthropie und ein Soziopathie auf einem völlig neuen Level. Und noch später „Chasm City“ von Alastair Reynolds. Ich bin offenbar sehr an möglichen Zukünften interessiert.

Ja, wenn ich dir zuhöre, entsteht der entsprechende Eindruck. Grins. Aber Fantasy und Science Fiction passen ja auch gut zusammen. Sie wurden ja auch lange als Genre zusammengefasst. 

Welcher Klassiker liegt allen Vorsätzen zum Trotz immer noch auf deinem SuB?

Klassiker tatsächlich keiner.

Klassiker ist ein weites Feld, insofern anders gefragt: Und sonst? 

Da ich auch viel als Literaturkritiker tätig bin, habe ich mir zur Regel gemacht, immer ein Rezensionsmuster und ein Nicht-Rezensionsmuster zu lesen. Aber was mir zutiefst peinlich ist, ist, dass ich es noch nicht geschafft habe den mittlerweile preisgekrönten Roman „Kondorkinder“ von Sabrina Železný zu lesen. Ich habe es mir extra vorab bestellt … peinlich.

Oh, schaffst du bestimmt noch! Ich kenne das Buch von unseren Longlists, auf denen es auch stand. 

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Und welches Buch hätte deiner Meinung nach deutlich mehr Aufmerksamkeit verdient und warum?

Ein Roman, der auf jeden Fall mehr Aufmerksamkeit verdienen würde, ist „Feuerjäger – die Rückkehr der Kriegerin“, eigentlich die ganze Feuerjäger-Reihe von Juri Susanne Pavlovic.

Es gibt so viele Romane, in denen die Jugend die Welt rettet. Eine alternde Kriegerin ist eine wunderbare Alternative, die auch hervorragend umgesetzt wurde.

Feuerjäger stand schon auf der Shortlist Fantasy des Skoutz-Awards und auch sonst haben wir von Juri Susanne viele Bücher gelesen und vorgestellt. Ich finde es schön, wie sie immer wieder neue Facetten in vermeintlich bekannten Genres findet oder eben einbaut. 

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Aber ich bin natürlich auch neugierig, wie das bei dir mit dem Schreiben ist. 

Themen finden ist oft einfacher als aus den vielen Ideen, die richtige Auswahl zu treffen. Wie entscheidest du, welches Projekt du als nächstes verwirklichst?

Vorrang bekommen tatsächlich Projekte mit einem Vertrag und einem Abgabedatum.

OK, klar. Wat mutt dat mutt. So eine harte Deadline kann schon disziplinieren.

Ja. Ich arbeite viel besser auf ein Ziel hin als ins Blaue hinein. Ich habe viele Ideen, die ich Verlagen und Projektgruppen vorschlage. Unterstützung und Zustimmung geben da meist den Ausschlag.

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Wo stehst du beim Schreiben einer Szene? Bist du eher der aufmerksame Beobachter und Dirigent oder mittendrin in allen Höhen und Tiefen mit Blut, Schweiß und Tränen?

Meine Geschichten sind manchmal wie Achterbahnfahrten.

Wie darf ich mir das vorstellen?

Manchmal nah am Geschehen, manchmal auch in Ideensphären und Philosophie. Und dann kommt man darauf, dass man sich direkt im Kopf des Protagonisten befindet, der all diese Überlegungen gerade laut ausgesprochen hat, was ihm mitunter peinlich ist. Mir aber nicht.

Klar! Du bist ja dann auch die Stimme im Kopf deines Protagonisten. 🙂 

Welche Szenen fallen dir beim Schreiben am schwersten und wie meisterst du sie trotzdem?

Interviewfragen.

Oh 😮 Wirklich? Ich merke aber nichts davon! Woran liegt es?

Da weiß ich manchmal wirklich nicht, was ich antworten soll. Und dann lasse ich einfach meinen Fingern freien Lauf und die schreibe irgendetwas. Meistens ist das nicht ganz ernst und schon gar nicht auf das Thema der eigentlichen Frage bezogen, aber – wie man in Österreich so schön sagt: „Das geht schon!“

Wenn mir die Antwort zu abschweifend ist, fang ich dich schon wieder ein, keine Sorge. 🙂

Was ist dir beim Schreiben deiner Geschichten am wichtigsten, worauf achtest du besonders?

Dass das Ergebnis einer Geschichte ein rundes Ganzes ist.

Und wie erreichst du, dass  sie für dich „rund und ganz“ ist?

Damit mir das gelingt, habe ich meine Testleser, die ganz unterschiedliche Perspektiven besitzen und mich dementsprechend auf den richtigen Weg zurückführen, wenn ich mich mal verirre. Oder verwirre.

Betaleser als Entzwirbler. Hahaha, so kann man das auch sehen. Jetzt bin ich aber gespannt auf eine meiner Lieblingsfragen … bzw. auf deine Antwort darauf!

Es heißt, jeder Künstler muss auch ein bisschen wahnsinnig sein. Was ist dein Schuss „Wahnsinn“?

Mein Schuss Wahnsinn ist, dass sich – wenn ich nicht wirklich ganz genau aufpasse – immer irgendwo ein Witz in eine Geschichte einschmuggelt.

Ist doch nicht verkehrt!

Ich habe die Tendenz, nicht ernst zu bleiben. Selbst bei Geschichten, die blutig und grausam sein wollen.

Oh! Aber damit bist du tatsächlich nah am Wahnsinn! Muahaha! 

Genau! Wenn dann der ach-so-fürchterliche Antagonist damit beginnt, sein grausames Lachen zu üben, um für eventuelles Publikum vorbereitet zu sein, könnte das Leser mitunter verunsichern.

Spricht aber meinen Humor total an! Ich finde, da muss man beim Lesen dann eben durch. 🙂

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Beschreibe dein aktuelles Buch in 3 Sätzen

Mein aktuelles Buch, übrigens gerade erst am 1.10. erschienen, trägt den Titel „Facetten der Zukunft“ und enthält wegweisende Science-Fiction von Autoren und Autorinnen in Österreich. Es ist gleichermaßen ein generationenübergreifendes Potpourri, wie auch eine Melange aus österreichischen und internationalen Einflüssen, die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft verbindet. Und vor allem ist es ein Buch, das in keinem Buchregal fehlen sollte!

OK, ich bin jedenfalls neugierig geworden! Das stellen wir dann natürlich auch gleich vor!

Was würdest du noch gerne lernen und wozu?

Alles was möglich ist. Wir hören nie auf zu lernen … und … wer weiß schon, wofür man Fähigkeiten und Wissen braucht?

Da hast du absolut Recht. Sehen wir, wofür es gut ist…

Welcher Moment im Leben hat dich besonders geprägt?

Die Geburt meines ältesten Sohns.

Verständlich!

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Was sollen deine letzten Worte sein?

Mit 666 Jahren, da fängt das Leben an …

… und zack … habe ich einen Ohrwurm

Und mit welchen Worten soll dieses Interview enden?

Mit einem lauten Tusch! PENG! Nicht einschlafen! Bücher kaufen! Bücher lesen! Phantastisch sein! Auf geht’s!

Lieber Stefan, deinen letzten Satz unterschreibe ich sofort. Wir haben bei dir sehr viel Spaß gehabt und uns bei dir sehr wohl gefühlt. Vielen Dank für deine Zeit und deine Antworten und überhaupt: Danke, dass du mit uns immer auch ein bisschen skoutzig bist! 

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Mehr über Stefan Cernohuby erfahrt ihr hier:

 

Skoutz-Lesetipp


Facetten der Zukunft: Science-Fiction made in Austria herausgegeben von Stefan Cernohuby 

Die Zukunft – unstet, unbegreiflich und voller Möglichkeiten. Das große Unbekannte, das unsere weitere Existenz als Menschheit bestimmt, beginnt bereits morgen. Dystopie trifft auf Utopie, auf dem Walzerparkett drehen sich technische mit sozialen Entwicklungen Arm in Arm durch den Ballsall der Möglichkeiten.

Was lauert im unbekannten Morgen? Klimakatastrophen, Pandemien, globale soziale Ungerechtigkeit? Ist das alles? 13 Geschichten des Möglichen zeichnen finstere und helle Bilder, schreiben Hoffnungsschimmer mit visionärer Feder und zeigen, dass sich die Zukunft in vielen Facetten widerspiegelt.

Skoutz meint: Ein tolles Projekt, das wir gern gelesen haben! Der Mix aus Lokalkolorit und Interstellarität funktioniert super und auch wenn einem nicht alle Geschichten gleich gut gefallen, ist doch garantiert für jeden etwas dabei! Österreichischer Schmäh 3.0 – Bitte lesen!  (kf)

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[Werbung]  Mehr Informationen wie Leseproben etc. gibt es über unseren Affiliate-Link bei Amazon*, wo ihr das Buch auch direkt beziehen könnt.

 

Wundersame Haustiere - Midlist Anthologie 2022 Skoutz AwardHinweis:

So traurig das Artensterben in der realen Welt ist – um die fantastische Fauna braucht man sich keine Sorgen zu machen. Diesen Eindruck jedenfalls vermittelt die im April 2021 beim Lindwurm Verlag herausgegebene Anthologie von Stefan Cernohuby und Henry Bienak, die 16 Autoren erzählen lassen, wie man wundersame Haustiere am besten behandelt und überlebt.

Diesen Ratgeber der besonderen Art hielt Juror Thiago Ruiz für wichtig genug, um ihn auf die Midlist Anthologie des Skoutz-Awards 2022 zu setzen. Da das Buch auch auf der Shortlist steht, hat dieser Tierpark nun gute Chancen auf den Antho-Skoutz. Wir haben das Buch von Stefan Cernohuby gelesen und es hier vorgestellt*

 

 

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