zu Besuch bei: Susanne Pavlovic

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Auf der Leipziger Buchmesse habe ich Susanne Pavlovic getroffen, die ich als bekennender Fantasy-Freak schon länger mal persönlich kennenlernen wollte. Susanne ist ein wunderbar warmherziger Mensch, dem ich ausgesprochen gerne die frohe Botschaft überbracht habe, dass ihre „Feuerjägerin“ von Mella Dumont in die Midlist Fantasy des Skoutz-Awards 2016 gewählt wurde. Wer jetzt die Stirn in Falten legt und grübelt, woher er schon einmal von Susanne gehört hat, dem hilft vielleicht das Stichwort „Textehexe“ weiter, denn unter diesem Titel wirkt Susanne ihre Sprachmagie auch an fremden Werken – als gefragte Lektorin.

Doch bevor ich jetzt völlig unangemessen und unprofessionell in den Fangirl-Modus verfalle, beginnen wir lieber mit den Fragen …

 

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Zu Besuch bei Susanne Pavlovic

Pavlovic PortraitWas ist dein »Sprit« beim Schreiben, woher nimmst du deine Ideen?

Bei mir beginnt es mit den Figuren. Die kommen rein, setzen sich auf meine virtuelle Couch, gucken mich an und sagen, „Na, magst nicht ein bissel was über mich schreiben?“ Und dann überlege ich mir, in welchen Situationen diese Figur mit ihren speziellen Fähigkeiten glänzen könnte, und was ungefähr das Schlimmste sein könnte, was dieser Figur zustoßen könnte – und dann schreibe ich Letzteres. Ich glaube manchmal, meine Figuren sind kurz davor, eine Gewerkschaft zu gründen und für bessere Arbeitsbedingungen zu demonstrieren.

Dann halte sie bitte von meinen fern, die sind schon so widersetzlich genug und völlig desinteressiert an dem, was ich so geplottet habe. Die brauchen keine Gewerkschaft! Eher ich, als stetig überstimmter Autor.

 

Was würdest du tun, wenn du nicht mehr schreiben könntest?

Altmodisches Pen & Paper-Rollenspiel. Den ganzen Tag. Was sich dann ungefähr so anfühlen würde wie meine Studentenzeit.

Sag nicht, dass das altmodisch ist. Ich bin selbst bekennender P&P-Spieler. Es gibt eine hochinteressante Studie aus dem Jugendstrafvollzug, die eindrucksvoll belegt, wie überaus wertvoll diese Spiele sind – obwohl sie gelegentlich als gewaltverherrlichend kritisiert werden. Denn im Spiel lernen die Jugendlichen zunächst einmal sich auszudrücken – und zwar präzise (Gesagt ist gespielt…). Und auch, dass man nur im Team Erfolg hat und dass ein noch so gut ausgerüsteter Kriegerhaufen ohne den schwächlichen Heiler (voll krasses Opfer!) ziemlich doof aus der Wäsche kuckt, wenn der erste halbstarke Drache mal aufgeräumt hat. Wenn der Drache hingegen nicht nur halbstark, sondern ganz stark ist, dann lernt man schnell und wie von Geisterhand, dass Regeln etwas Bilaterales sind. Sie begrenzen nicht nur, sondern schützen auch. Erstaunlich, wie schnell überzeugte Anarchos dann Rüstungsklassen gegen Trefferpunkte aufrechnen, Initiativrechte verhandeln und über Alignments philosophieren…
Oops, da ging der Nerd mit mir durch.

 

Zu welchen Anlässen hast du schon überlegt, mit dem Schreiben aufzuhören?

Tatsächlich nie. Ich hatte immer mal Schreibpausen im Leben, manchmal auch über mehrere Jahre, aber mir war immer klar, dass Schreiben seine Gezeiten hat. Wenn Ebbe ist, heißt das ja auch nicht, dass es das Meer nicht mehr gibt.

Darf ich das zitieren, wenn sich das nächste Mal ein durch Schreibblockaden gehemmter Kollege bei mir ausweint? Oder müsste es dann „Wortdämme“ heißen, um im Bild zu bleiben?

 

Was war dein emotionalstes Erlebnis beim Schreiben?

Kann ich schlecht sagen.

Die Frage lieben die Leser und hassen die Autoren. Streng dich an!!!

Ich habe eine Kriegshochzeit und einen selbstgewählten Heldentod, der war furchtbar zu schreiben, ich habe mich hinterher drei Tage lang gefühlt, als wäre mein Hund gestorben. Aber ich habe auch viele kleine Herzangriffe, wenn meine Figuren sich mit ihren Biographien abstrampeln. Keine von ihnen ist ein unbeschriebenes Blatt, und sie alle haben ihre Brüche. Zum Glück habe ich auch ein paar mit ziemlich trockenem Sinn für Humor, die reißen dann die Stimmung wieder rum.

*Räusper* Da liegt wohl der Hund begraben. Ich hätte auch eine positive Emotion akzeptiert.

 

Wie viel Autobiografie steckt in deinen Geschichten?

Wenig. In den Figuren steckt viel von mir.

Das klingt jetzt nach „Dunkel wars der Mond schien helle …“ – sind nicht die Figuren es, durch die eine Geschichte lebendig wird? Oder auch umgekehrt? Jedenfalls schwer zu trennen.

Logischerweise denken die Leute immer, ich wäre Krona. Mittleres Alter, kräftige Statur, Schwertkampf, Kämpfermentalität und so.

Dafür finde ich dich zu freundlich und liebenswürdig – jedenfalls wenn ich euch beide im ersten Eindruck vergleiche.

Aber eigentlich bin ich der Spielmann. Schlau, versponnen, freundlich, immer mit einem Fuß in irgendeinem Elfenbeinturm.

 

Was wäre das größte Kompliment, das man dir als Autor machen kann?

Es gibt Leserinnen, die meine Geschichten beim Erwachsenwerden begleitet haben. Die sich in meinen Figuren wiederfanden, obwohl ich ja gar nicht explizit für Jugendliche schreibe. Manche geben meine Bücher jetzt an jüngere Geschwister weiter. Das Leben eines anderen Menschen zu berühren – mehr kannst du als Schriftsteller/in nicht erwarten.

 

Wer ist für dich dein idealer Leser?

Boff. Schwierig.

Danke. Ich weiß … 🙂

Jemand, der sich gerne auf intelligente Art unterhalten lassen will. Dem meine Bücher gefallen. Tolkien hat einmal in einem Brief geschrieben: „Ich hoffe, der Herr der Ringe hat Ihnen gefallen? Gefallen ist das Schlüsselwort. Denn er wurde zur Belustigung (im höchsten Sinne) geschrieben: lesbar zu sein.“ Und was der Meister sagt, das gilt.

Amen.

 

Bei welchem deiner Protagonisten würdest du den Beziehungsstatus mit dir als »schwierig« bezeichnen?

Krona. Wir lieben uns, aber meine Geschichten wären schneller geschrieben, wenn sie nicht immer den falschen Leuten aufs Maul hauen würde.

Da ich nicht vergessen habe, was du bei der ersten Frage geantwortet hast, wundert mich das nicht. Ich denke, ihr zwei habt euch gegenseitig verdient.

 

Und zum Schluss: auf welche Frage in einem Autoreninterview möchtest du einfach nur mit »Ja« antworten?

Glaubst du, deine Bücher machen einen Unterschied?

 

So erreicht ihr Susanne Pavlovic:

Susanne Pavlovic Homepage (Textehexe)

Susanne Pavlovic auf Facebook

 

Lesetipp: „Das Spielsmannslied“ von Susanne Pavlovic

Pavlovic SpielmannsliedDer junge Spielmann Wolfram von Kürenberg hat ein Problem: Er leidet unter chronischem Lampenfieber und vermasselt jeden Auftritt.

Von seinem Lehrmeister entlassen, findet er sich im Fahrwassser der ehemaligen Küchenmagd Krona, die den Kochlöffel gegen das Schwert getauscht hat und von großen Taten träumt.

Als schließlich noch der liebreizende, aber anstrengende junge Adelige Sindri aus einem Sauerkrautfass steigt, ist Wolfram schnell klar: Er ist der einzige bei dieser Truppe, der Verstand hat – und Lampenfieber ist sein geringstes Problem.
In weiteren Rollen: Ein Zwerg, der den Lebensmittelhandel neu erfindet, ein Drache mit einem Jungfrauenproblem und ein außergewöhnliches Huhn.

Skoutz findet: Dass die Textehexe schreiben kann, ist ja nicht neu, doch so sie wie hier die Geschichte entwickelt, die so sehr nach einer klassischen Heldenreise klingt und doch ganz anders ist, das ist schon großes Kino. Satirische Zwischentöne, schrullige Charaktere, pointierte Dialoge und eine Handlung die rasant an Fahrt gewinnt. Wir waren allerbestens unterhalten.

 

 

Pavlovic FeuerkriegerHinweis:

„Feuerjäger – die Rückkehr der Kriegerin“ – diese High Fantasy-Geschichte um eine sehr ungewöhnliche Protagonistin hat Skoutz-Jurorin Mella Dumont so gut gefallen, dass sie das Buch unter knapp 300 Titeln in die Midlist Fantasy des Skoutz-Award 2016 gewählt hat. Von dort hat es seinen Weg mit Hilfe der Leser und der restlichen Jury in die Shortlist geschafft. Nun tritt der „Feuerjäger“ gegen zwei weitere Mitbewerber im September bei der Wahl zum Fantasy-Skoutz 2016 an.

Grund genug, dieses Buch ins Skoutzen-Nest zu holen und genau zu untersuchen. Die Vorstellung findet ihr hier.

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