Schreibstube: Die Anatomie der Romance – Tipps zur perfekten Liebesgeschichte

(Fast) Nur die Liebe zählt … so ist es zumindest in der Belletristik. Je nachdem, wo man bei den Cross-Genre-Büchern die Grenze zieht, sind zwischen 40 und 60% der Charts fest in romantischen Händen. Im Skoutz-Wiki haben wir uns jüngst erst mit dem Wesen des Liebesromans befasst und so ist es naheliegend, in der Schreibstube einmal zu sehen, wie man über Liebe schreibt.

Neben grundsätzlichen Vorüberlegungen, die unabhängig vom Genre jedem Schreibprojekt vorangehen sollten, gibt es natürlich auch speziell für Liebesgeschichten wichtige, oder jedenfalls wichtigere Themen. Das alles ist Handwerk, das man zum Schreiben eines guten Textes braucht. Der kreativste Geist ist zum Scheitern verurteilt, wenn er seine Ideen nicht so wie er sie denkt, nachvollziehbar aufs Papier bringt.

Braucht ein gutes Buch Handwerk oder Kreativität? Wir sagen: beides.

 

Das Grundgerüst der Liebesgeschichte
Schwerpunkt

Auch wenn wir immer sagen, dass man sich von den Genreschubladen nicht knechten lassen soll, ist es vielfach hilfreich, wenn man sich auf einen Schwerpunkt konzentriert. Ein Fantasyroman, in dem auch eine Liebesgeschichte vorkommt, ist etwas anderes als eine Liebesgeschichte im fantastischen Umfeld. Ebenso ist ein humorvolles Buch in seinem Grundgerüst anders anzulegen als ein Drama – auch wenn das nicht heißt, dass in einem Drama nicht auch lustige Szenen vorkommen können oder ein Humorbuch nicht auch einen traurigen Twist verträgt.

Romance ist ein Plot-Genre, das sich anhand seiner Handlung, einer Liebesgeschichte, definiert. Das heißt, man kann (und muss) ihn mit einem beliebigen Set-Genre kombinieren, indem man entscheidet, ob er in Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft spielt. Oder in einer Welt, die es so nicht gibt, das wäre dann Fantasy.

Eine Liebesgeschichte läuft, speziell, wenn er kommerziell erfolgreich sein will, in festen Bahnen. Die Leserschaft hat – mehr als meines Erachtens in jedem anderen Genre – feste Erwartungen an den Plot, die Figuren und die Geschichte. Es ist ein Genre, das sich in seiner modernen Massenmarktform aus Groschenheften heraus entwickelt hat und entsprechend formal gefestigt ist. Das ist kein Nachteil, im Gegenteil, es erlaubt schnelles und routiniertes Schreiben und gibt den Blick auf jene Details frei, die das Buch dann doch zu einem besonderen machen. Kennt ihr noch diese Maskottchenfiguren, Löwen, Bären, Kühe, die in den Innenstädten herumstanden? Sie waren alle gleich in der Grundform, aber durch das Bemalen wurde jedes zum Unikat. So sollte es auch bei der Liebesgeschichte sein.

Zielgruppe

Wollt ihr für eine Nische schreiben oder für die breite Masse? Wie definiert ihr die Leser, die ihr ansprechen wollt? Wer Schwerkranken Mut zusprechen will, hat einen anderen Anspruch als derjenige, der von der Bestseller-Liste träumt. Und auch, wenn man eher für die berüchtigte breite Masse schreibt – ungefährt sollte man schon wissen wie der Durchschnittsleser der geplanten Geschichte beschaffen ist: Geschlecht, Alter, Lebenssituation – das alles beeinflusst den Lesestil. Daraus ergeben sich gewisse Anforderungen an ein für diese Menschen geschriebene Geschichte: Der Sprachstil zum Beispiel, oder die Details aus dem Leben der Protagonisten. Leser wollen, auch wenn sie gerne in fremde Welten abtauchen, sich mit den Figuren identifizieren können. Speziell in Liebesromanen.

Bei der Liebesgeschichten ist der weitaus überwiegende Teil des Publikums weiblich. Daher gehen meist Bücher, die aus der weiblichen Sicht geschrieben sind, besser, da die Identifikation mit der Hauptfigur leichter fällt.

Grundplot

Das Skelett der Geschichte, der Plot, sollte ungefähr stehen. Ausgangssituation – handlungsauslösendes Ereignis – Krise – Auflösung – Ende. Das jedenfalls sollte man kennen. Wie detailliert man den Weg von Anfang zum Ende plant, das ist Geschmackssache. Über die verschiedenen Arten des Plottens unterhalten wir uns noch. Aber mit Blick auf den Spannungsbogen (quasi die Sehnen unseres Romans) ist ein Plot sehr hilfreich. Auch beim Plotten sollte man schon vor Augen haben, dass ein guter Anfang zum Kauf dieses Buches und ein gelungener Schluss zum Kauf des nächsten verleitet.

Trotzdem kann man feststellen, dass auch wenn Dramen immer wieder sehr erfolgreich sind, in der statistischen Masse Happy-Ends speziell im Liebesroman deutlich besser verkauft werden. Viele Autoren werben sogar explizit mit einer Happy-End-Garantie. Wer auf hohe Verkaufszahlen schielt, sollte also gut überlegen, bevor er ein offenes oder trauriges Ende wählt. Dafür gelten diese als künstlerisch wertvoller.

 

Protagonist oder Charakter?

Das ist nicht dasselbe, auch wenn man sie gern synonym verwendet. Es ist bei den Figuren wie beim Neuwagenkauf. Man fängt mit einem Prototypen an und bastelt dann was Individuelles zusammen. Das nämlich weckt Emotionen. Hobbies, Vorlieben, persönliche Eigenschaften, typische Aussprüche … das macht eine Figur zum Charakter und das interessiert auch den Leser, denn dann wird das Bild authentisch, dreidimensional, nachfühlbar.

Mehr noch als in allen anderen Genres ist euer Leser bei einer Liebesgeschichte an den Schicksalen der Figuren interessiert. Schreibt also Protagonisten, die der Leser kennen lernen will und nach dem Buch das Gefühl hat, einen Freund zu verlassen. Das bedeutet gerade nicht, dass man einen Supersuperhelden erschaffen soll. Marvel weiß schon, warum Spiderman und Co. alle ihre Probleme und Schwachpunkte haben… Nichts langweilt mehr als diese Einstein-Jesus-Chuck-Norris-Mixturen, die einfach alles und das besser können. Gut ist es, wenn es Schwächen sind, in denen wir uns wiedererkennen, die uns zum Schmunzeln bringen. Perfekt, wenn sie dann auch noch dem Plot dienen. Wenn z.B. die chronisch unpünktliche Heldin ihren Flug verpasst und dadurch erst um ihren Lover kämpfen muss.

Glaubwürdigkeit

Überlegt, ob die Hauptfigur auch die Geschichte tragen kann. Auch wenn natürlich jede Figur irgendwo Züge ihres Schöpfers trägt, sollte man nicht den häufigen Fehler begehen, eine Figur zu nahe an sich selbst, als Alter Ego aufzubauen. Der Autor ist dann schnell befangen und opfert eine Charakterentwicklung (man hat ja schon einen) und damit einen wichtigen Aspekt eines gelungenen Leseerlebnisses.
Ebenso sollte man sehr vorsichtig sein, was eine Figur können muss, um ihre Aufgaben zu erfüllen. Wenn ein Professor plötzlich weiß, wie man einen Baum fällt, ist das so unglaubwürdig, wie wenn ein Holzfäller problemlos eine aramäische Inschrift entziffern kann. Natürlich kann eine Figur Spezialkenntnisse haben. Aber wenn die gerade dann auftauchen, wenn der Plot sonst in einer Sackgasse gelandet wäre – ist das schlechter Stil, den kaum ein Leser verzeiht.

Das Feintuning für die Liebesgeschichte

Romance-Autor zu sein, ist ziemlich unromantisch. Wir sind keine Genies, oder vielmehr unsere Werke sind nicht genial. Meistens. Das wollen sie auch nicht sein. Meistens. Romance für die breite Masse dient der Unterhaltung. Sie ist Gebrauchsliteratur. Wir schreiben Popcorn-Bücher – oder härter ausgedrückt, für den einmaligen Gebrauch. Aber das ist auch nicht schlimm, denn auch in der Buchwelt gilt, dass solides Handwerk einen goldenen Boden hat. Wer gut schreibt, unterhält seine Leser. Und dann kaufen sie das Buch (und alle weiteren). Das ist alles.

Authentizität kann man nicht bluffen

Da die Liebesgeschichte, wie gesagt, festen Regeln folgt, ist es sehr hilfreich, wenn der Autor diese Regeln kennt. Mit anderen Worten, wenn er nicht nur schreibt, sondern auch liest. Was es gibt, was gefällt und wohin der Trend gerade geht, auch wenn wir dringend abraten, blind jedem Trend nachzulaufen. Wenn gerade amerikanische Biker mit schwerer Kindheit „in“ sind, man selbst aber weder Rocker kennt, noch Motorrad fährt, noch je in den USA unterwegs war, wird man sich gegen die Autoren, die diese Kriterien erfüllen, in Bezug auf Authentizität und Detailtiefe nicht durchsetzen können. Und auch, wenn der Leser keine gesellschaftskritische Abhandlung über die Biker-Bewegung lesen will, merkt er doch, wenn man völlig daneben liegt.

Dynamische Handlung

Bei einer Liebesgeschichte geht es – das ist zunächst verwunderlich – nicht um die Liebe an sich. Um das Zusammensein. Zusammensein ist zwar schön, aber statisch. Eine Faustregel sagt, dass für eine gelungene Geschichte der Leser das Gegenteil von dem will, was der Protagonist möchte. Überlegt mal, Liebe auf dem ersten Blick und ein Leben in Harmonie von da an, das ist zwar toll, wenn man es erlebt, aber man will dabei nicht zusehen. Da ist es langweilig. Wir alle wollen spannende Geschichten lesen. Wissen wollen, wie es weitergeht … Und das, was ein gutes Buch ausmacht, sind meist Entwicklungen und Situationen, die wir live gar nicht prickelnd fänden.

[bctt tweet=“Deshalb geht es bei der Liebesgeschichte nicht um das Zusammensein, sondern um das Zusammenkommen “ username=““] (und vielleicht Zusammenbleiben). Denn das ist dynamisch, da ist ein Konflikt, eine Bedrohung oder eine Aufgabe enthalten, an der sich die Protagonisten abarbeiten, siegen oder scheitern können. Das kann in vielerlei Form erfolgen:

  • Verbotene Liebe (Standesschranken, kulturelle Unterschiede, räumliche Trennung, ablehnender Freundeskreis oder Familie, in einer anderen Beziehung)
  • Äußerere Bedrohung (Krankheit, Probleme, Missverständnisse)
  • Innere Konflikte (Unerwiderte Liebe, Vertrauensprobleme und Versöhnung, Eifersucht, Traumata in der Vergangenheit)

Je schwieriger die Entscheidung z.B. zwischen Liebe und Karriere ist, desto spannender wird der Leser es finden. Je verständlicher und plastischer die Hindernisse sind, die dem ersehnten Happy-End im Wege stehen, desto mehr fiebert der Leser mit. Wie sollen sie das nur schaffen?

Art der Beziehung

Klar, eine Liebesgeschichte behandelt partnerschaftliche Liebe. Aber wie entsteht sie? Woraus entwickelt sie sich? Auch wenn das Ziel dasselbe ist, ergeben sich in Bezug auf eure Geschichte hier riesige Unterschiede:

  • Liebe, die sich aus Freundschaft entwickelt
    Hier besteht der Reiz darin, dass die Figuren oft lange Zeit nicht merken, dass sie füreinander bestimmt sind (der Leser aber schon), oder eine Figur mehr will und die andere das gar nicht merkt (und vielleicht auch nicht merken soll).
  • Liebe, die sich aus sexueller Anziehung heraus entwickelt
    Wenn die Hormone das Herz abhängen. Dann wird oft aus einer reinen Bettgeschichte eben doch die große Liebe. Eine Entwicklung, aus der zahllose Erotik-Romane ihre Geschichte beziehen.
  • Liebe, die sich spielerisch entwickelt
    Wer mit dem Feuer spielt … oft lässt sich eine Figur auch aus ganz anderen Motiven auf die andere ein und spielt mit ihr – bis plötzlich Gefühle im Spiel sind und alles ändern.
  • Liebe, die aus der Vernunft entsteht
    Wenn eine Figur aus Vernunftgründen (z.B. der Kinder wegen) in eine Beziehung einwilligt und erst später auch mit dem Herze dabei ist, können sich hier – gerade in Bezug auf den Zeitpunkt des Wechsels – sehr spannende Geschichten ergeben.
  • Kranke Liebe
    Liebe setzt zwingend Respekt vor dem geliebten Menschen voraus. Alles andere ist zwang- oder deutlicher krankhaft. Natürlich können auch solche Szenarien großartige Geschichten ergeben, aber das ist dann ein anderes Genre (Thriller oder Horror). Solche Beziehungen zu romantisieren, ist verantwortungslos, denn es trägt dazu bei, schwere Straftaten, unter denen die Opfer oft ein Leben lang zu leiden haben, zu batatellisieren.
    Wir haben uns mit diesem Phänomen an anderer Stelle ausführlich befasst (weiterlesen).

Gegensätze ziehen sich an, aber gleich und gleich gesellt sich gern. 

Entwerft eure Figuren so, dass sie entweder gar nicht zusammenpassen und sich – für die Liebe – aneinander annähern können. Oder macht sie so ähnlich, dass der Leser vor ihnen bemerkt, dass sie (eigentlich) füreinander geschaffen sind. Wobei tatsächlich oft die Gemeinsamkeiten auch erst unterwegs nach und nach zu Tage treten könnten. Das ist auch wichtig: Ein guter Protagonist legt auch dem Leser nicht gleich alle Karten auf den Tisch, sondern lässt sich entdecken. Nach und nach lernt man die Figur kennen, wenn ein stimmiges Gesamtbild entsteht. Und doch sollte immer noch ein bisschen Geheimnis dabei sein. Das Gefühl, dass da noch mehr ist.

Legt eure Protagonisten so an, dass sie zueinander passen (könnten). Dazu braucht ihr einen ausgewogenen Mix aus Gegensätzen und Gemeinsamkeiten. Was gut funktioniert ist, wenn man sich in einer vergleichbaren Lebenssituation trifft und total verschieden ist (weil sie z.B. allein auf einer Insel gemeinsam überleben müssen, beide neu an der Schule sind, im Job eine gemeinsame Aufgabe haben). Umgekehrt geht es genauso: Wenn man sich gut versteht, aber aus völlig verschiedenen Welten kommt.

 

Romance will Emotionen

Wichtiger als die Handlung in einer gelungenen Liebesgeschichte sind die Emotionen. Wie aber bringt man die Gefühlswelt der Figuren dem Leser nahe, der vielleicht gerade hoch unromantisch im Berufsverkehr im Bus liest? Dazu kursieren unterschiedlichste Handlungsanweisungen im Netz und diversen Ratgebern. Die einen warnen vor Adjektivitis und geben gar Prozentzahlen vor, wie viele der Worte in einem Text maximal Adjektive oder Adverbien sein dürfen. Andere fordern in mit Synonymlisten bestückten Ratgebern im Namen des Thesaurus eine möglichst abwechslungsreiche Sprache. Wieder andere sagen ganz klar: Show, don’t tell. Alle haben Recht, alle irren.

So wenig, wie es ein Patentrezept für die Liebe gibt, so wenig lässt sie sich in DIN-normierten Formulierungen ausdrücken. Zur Liebe gehören auch ihre Gegenpole Wut, Trauer und Enttäuschung, aber auch die typischen Begleiter: Aufregung, Freude, Glück … Wie kann man das beschreiben? Zunächst, in dem ihr es erfühlt…

  • Schildert körperliche Reaktionen: die abgedroschenen Schmetterlinge, aber auch ein kleiner Grollknoten im Bauch können sehr schön eine Emotion beschreiben
  • Beschreibt die Mimik: Feucht schimmernde Augen sind manchmal besser als eine Erklärte Traurigkeit.
  • Zeigt die entsprechende Handlung: Wer aus dem Zimmer stürmt und kurz darauf die Haustür zuknallt, muss nicht explizit darauf hinweisen, dass er verärgert ist.

Dem Leser macht es viel mehr Spaß, an solchen Zeichen zu erkennen, was los ist, als wenn ihm das der Autor in noch so schönen Worten sagt. Das ist auch das Schöne an einem Film. Da sagt die Prota nicht, dass sie eifersüchtig ist, sondern handelt entsprechend. Und wer Kopfkino zaubern will, sollte mit Worten Bilder malen.

Achtet darauf, dass die Emotionen nicht zu übertrieben sind. Dieses himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt, strengt nicht nur im echten Leben an. So werden Figuren schnell zu überzeichneten Abziehbildchen gängiger Klischees, von denen der Leser schnell genervt ist.

Emotionen, die der Leser miterleben kann – das ist das Herz der guten Liebesgeschichte. Wie und mit welchen dramaturgischen, szenischen und sprachlichen Mitteln man seinen Leser erreicht – das ist eine Frage des persönlichen Stils.

 

Erotik und Sex

Während die weitaus meisten guten Liebesgeschichten auch eine körperliche Anziehungskraft behandeln, also erotisch sind, muss Sex nicht zwingend dabei sein. Es hat auch nicht zwingend etwas mit Erotik zu tun, wenn man den Geschlechtsakt bis auf die Schamlippenfarbe detailliert schildert, während Blicke allein durchaus auch beim Leser zu einem Kribbeln führen können. Wie explizit also geschildert wird, was die Protagonisten so treiben, ist dem Autor überlassen. Darum bildet die explizite Literatur auch ein eigenes Genre, die leider gängig aber irreführend mit Erotik überschrieben wird.

Denn wovon alles abhängt, ist das Handwerk des Schreibens, für das ich nun schon mein halbes Leben lang so nachdrücklich werbe. Das Handwerk, überhaupt einen Roman schreiben zu können, wozu dann noch die Anforderungen kommen, die speziell auf Liebesromane bezogen sind: Gefühle so zu beschreiben, dass die Leserin meint, sie selbst zu erleben, wenn sie das Buch liest.

 

Erzähltempo – Gut Ding will Weile haben

Die meisten Autoren haben Angst, dass ihre Geschichte zu langweilig sein könnte. Deshalb sind viele versucht, die Handlung straff und auf den Punkt gerichtet zu erzählen. Das ist gut, aber wenn die Protagonisten nur noch durch die Story gehetzt werden und sich die große Liebe liest wie ein Spin-off von Auf der Flucht, hat man übertrieben.

Wer kennt es nicht, dass sich die Figuren auf den ersten Blick ineinander verlieben, nach einer halben Stunde im Bett landen und nach weiteren fünf Seiten sicher wissen, dass sie für einander bestimmt sind? Und wer runzelt dabei nicht die Stirn?

Natürlich kann das so gehen, aber wie oft ist es so? Und wichtiger: Ist das spannend? Man spricht in Fachkreisen von diesen Blitzentwicklungen auch etwas spöttisch von Insta-Love, und so wie ein Instant-Kaffee mit einem frisch gemahlenen und aufgebrühten nicht mithalten kann, verspricht auch Insta-Love meist nur reduziertes Lesevergnügen.

Gefühle brauchen Zeit. Vertrauen brauchen Zeit. Freundschaften wollen sich entwickeln. Und selbst, wenn die erste Begegnung schon so überwältigend ist, dass man spürt, dass das die große Liebe ist, sollten sich die Figuren vielleicht kurz wundern, dass es so ist. Oder ihre Freunde … (was dann gleich einen Konflikt darstellen könnte, den es zu überwinden gibt).

Es ist für den Leser schön, zu sehen, wie sich etwas entwickelt. Lasst ihm Zeit dafür und nehmt ihm das nicht weg, denn darin liegt der Reiz eurer Geschichte.

Wie aber kann sich die Geschichte entwickeln?

Das hängt natürlich von den Figuren und der Geschichte ab, die ihr erzählen wollt. Diese Fragen helfen euch aber, ein Gefühl dafür zu entwickeln, was in eurer Geschichte richtig ist:

  • Wie sieht der Leser, dass die Figuren sich ineinander verlieben?
  • Was fühlen die Protagonisten, wenn sie sich über ihre Gefühle klar werden?
  • Wie würden die Figuren mit dem Gefühl umgehen? Wie zeigen sie es? Wem gegenüber zuerst?

Das kann auch unausgesprochen passieren. Beschreibt Szenen, die sich verändern. Gespräche zum Beispiel, bei denen man beginnt, mit dem anderen über wichtige Dinge zu sprechen, über persönliche …

Oder auch bei der Körpersprache eurer Figuren. Wenn Berührungen plötzlich bedeutungsvoller werden, wenn man sich freut, berührt zu werden. Blicke, Körperreaktionen wie ein trockner Mund, ein schneller schlagendes Herz, Kribbeln – fühlt euch in eure Figuren hinein. Was empfinden sie und wie reagieren sie darauf?

Liebe besteht auch darin, den anderen kennenlernen zu wollen. Indem man sich plötzlich für Dinge interessiert, die dem anderen am Herzen liegen (was Freunde irritieren könnte). Oder weil einem plötzlich Details auffallen, die sonst niemand bemerken würde. Eine kleine Falte auf der Stirn, wenn er angestrengt nachdenkt, oder die Art, wie sie an ihren Ringen dreht, wenn sie aufgeregt ist.

 

Stationen einer Liebesgeschichte

Wir haben ja schon festgestellt, dass Romance-Leser Gewohnheitstierchen sind, die mit einem wiederkehrenden Gerüst nicht nur keine Probleme haben, sondern dieses sogar schätzen. Natürlich kann man an jeder Stelle etwas anderes einbauen und einen anderen Aufbau wählen. Aber wirklich jeder, der Romance schreiben will, sollte diesen Grundaufbau zumindest kennen.

1. Der erste Kontakt

Der Leser will von Anfang dabei sein. Das heißt, bevor die Liebesgeschichte losgeht, sollte zumindest eine der Figuren dem Leser gründlich vorgestellt werden. Das ist auch notwendig, damit überhaupt das Interesse an dem Schicksal eurer Helden geweckt ist. Und dann kann man mit dieser Figur auch die andere gemeinsam kennenlernen.

Wichtig ist auch, wie diese erste Begegnung erfolgt. Mögen sich die Figuren? Mögen sie sich nicht? Warum?

Eine Geschichte, die mit einer bestehenden Beziehung beginnt, sollte an dieser Stelle die Beziehung dem Leser in einer aussagekräftigen Szene vorstellen. Wie die Figuren miteinander umgehen, wie sie sind, und warum sie der Leser mögen soll (oder eben nicht).

2. Gemeinsame Zeit

Eine Beziehung entsteht nur, wenn die Figuren sich miteiander befassen. Wenn wir nicht gerade eine Online-Beziehung mitverfolgen, verbringen die Helden also Zeit miteinander. Wie kommen sie miteinander in Verbindung? Wollen sie es? Verabreden sie sich? Oder zwingen sie äußere Umstände?

Wichtig ist, dass man sich in guten und in schlechten Zeiten begegnet. Eine ausgewogene Liebesgeschichte wird also die Figuren auch mal im schlechten Licht zeigen und so Raum für einen Konflikt in der Beziehung geben, den man gemeinsam für die Liebe überwinden kann.

3. Solo-Szenen

Erst, wenn die Figuren voneinander getrennt sind, können sie sich vermissen. Und das ist das sicherste Zeichen dafür, dass man sich verliebt, nicht wahr? Wie reagieren eure Figuren auf Trennung? Schmachten sie sehnsüchtig am Fenster oder zwingen sich sich trotzig dazu, sich nur nichts anmerken zu lassen? Lenken sie sich ab oder können sie sich auf nichts anderes konzentrieren?

Die Solo-Szenen nach der Krise, bei der alles so aussieht, als sei es für immer aus und vorbei, sind hier besonders wichtig und sorgfältig zu beschreiben.

4. Die Liebeserklärung

Wenn sich unsere Protagonisten wieder treffen, sollte der Leser erleichtert aufseufzen und sich mit den Figuren freuen. Gerade nach einem Gewitter scheint die Sonne besonders hell. Und da gehört dann auch die Liebeserklärung dazu.

Diese muss hundertprozentig zu den Figuren passen. Sie entscheidet erheblich darüber, ob eure Geschichte einen festen Platz im Herzen eurer Leser erhält oder nur hinweggelesen wird. Gebt euch soviel Mühe, als wolltet ihr selbst einen Heiratsantrag machen! Das muss nicht in Kitsch ausarten, aber hier könnt ihr eure Kreativität beweisen, indem ihr eine originelle, aber absolut zu den Figuren und der Handlung passende Szene schreibt.

An welchem Ort, zu welcher Zeit, mit welchen Worten? Und wie reagiert die andere Figur auf dieses Geständnis?

Und jetzt sollte es euch hoffentlich in den Fingern jucken, sofort und auf der Stelle an eurer eigenen Liebesgeschichte zu arbeiten. Also, los!

 

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