Zu Besuch bei Frank Jöricke
Heute bin ich mit dem Skoutz-Kauz zu Besuch bei Frank Jöricke, der mit seinem interaktiven Zeitreise-Roman “War’s das schon?“ auf die Midlist Contemporary gewählt wurde. Um mich ein wenig auf das Interview vorzubereiten, habe ich natürlich vorab recherchiert und dabei herausgefunden, dass der vielseitige Autor als Werbetexter arbeitet und regelmäßig bei Poetry-Slams auftritt. Ich bin schon sehr neugierig, was ich noch so alles über den Autor, der bereits für den Playboy und die FAZ geschrieben hat, der als Entdecker Guildo Horns gilt und nebenbei als Bad Taste und Ü-30-DJ arbeitet, erfahren werde. Es wird mit Sicherheit spannend …
zu Besuch bei Frank Jöricke, für den das Leben Orangenmarmelade ist …
Wie würdest du dich in einem Wort beschreiben?
Altklug.
*lach* ich bin gespannt, wie sich das in unserem Gespräch äußert …
Beruf oder Berufung – was macht dir an deinem Job als Autor am meisten Spaß?
Es macht mir Freude, meine Gedankenwelt auszubreiten, ohne dass jemand dazwischengrätscht. Gemäkelt werden kann ja hinterher immer noch.
Wann hast du dein erstes Buch veröffentlicht und wie lange hast du daran geschrieben?
Das war 2007.
Wie lange hast du an diesem Titel geschrieben?
„Mein liebestoller Onkel, mein kleinkrimineller Vetter und der Rest der Bagage“ hatten mich drei Jahre lang auf Trab gehalten.
Das Buch stellen wir euch später im Lesetipp noch ein wenig genauer vor.
Wie läuft ein typischer Tag als Autor bei dir ab? Immer gleiche Routine oder musst du immer wieder improvisieren?
Tagsüber bin ich ein netter Werbetexter, der über Chips, Tierfutter, Holz-Alu-Hebe-Schiebe-Anlagen und Dokumentenmanagement-Software schreibt.
Und nachts? Entschuldige, diese Frage muss irgendwie durch tagsüber getriggert worden sein …
Nach Einbruch der Dunkelheit verwandle ich mich in einen bissigen Autor.
Ich hoffe nur im übertragenden Sinn 😉
Das Jahr 2020 stellt uns alle vor neue Herausforderungen. Wie sehr beeinflusst Corona deinen Schreiballtag?
Dank Antivirenprogramm ist mein PC coronafrei.
*schmunzel*
Schreiben im stillen Kämmerlein macht jetzt mehr Spaß, weil ich nicht länger Angst haben muss, ich könnte das aufregende Leben draußen verpassen.
Kreativ oder doch eher regeltreu? Wie flexibel bist du beim Schreiben?
Regeltreu ist nur das Bürgerliche Gesetzbuch. Wer beim Schreiben nicht kreativ und flexibel ist, sollte juristische oder wissenschaftliche Texte verfassen.
Welches war dein erstes selbstgelesenes Buch? Und hast du es heute noch?
Es war „Aus Onkel Donalds Memoiren“, Walt Disneys Lustiges Taschenbuch, Band 35. Ein literarisches Meisterwerk dank der genialen Übersetzung von Dr. Erika Fuchs.
Hast du das noch in deinem Regal stehen?
Solche Bücher gibt man nicht her!
Stell dir vor, du könntest eine beliebige Figur aus einem Buch zum Essen treffen. Was würde passieren?
Den großen Gatsby.
Spannende Wahl. Über welche Themen würdet ihr sprechen?
Ich würde mit ihm über die Liebe reden und ihn fragen, warum er sich ausgerechnet in die blöde Daisy verlieben musste – an der ist doch schon Donald Duck gescheitert.
Aber das konnte der arme Gatsby doch nicht wissen, das war doch nach seiner Zeit … Upps, ich befürchte, dass mit dem altklug habe ich auch …
Auf welche Frage hattest du in letzter Zeit keine Antwort und hast du sie finden können?
Warum man nie aus den Fehlern anderer lernt, sondern immer wieder selbst auf die Nase fallen muss.
Und?
Aber darin liegt wohl die Tragik der Menschheit, dass man darauf keine Antwort findet.
Wie oft schaust du täglich auf dein Handy?
Auf meinem Zeigefinger hat sich eine Hornhaut gebildet.
Was darf in deinem Kühlschrank niemals fehlen?
Orangenmarmelade, bittersüß wie das Leben.
Ein schöner Vergleich und definitiv lecker 🙂
Für welche drei Dinge in deinem Leben bist du am dankbarsten?
Music was my first love, dann kam die Liebe zum Film und schließlich die Liebe zur Liebe.
Liebe Leser, wer von euch hat wie ich „Music was my first love“ innerlich gesungen, statt die Worte nur zu lesen? 😉
Zeitreisen – ein spannendes Mysterium. Bei welchem historischen Ereignis wärst du gern dabei gewesen und warum?
Ich hätte gern 1961 bei den Dreharbeiten zu „Frühstück bei Tiffany“ mitgemischt.
Ein Klassiker, doch warum ausgerechnet bei diesem Film?
Es muss ein Fest gewesen sein, Audrey Hepburn als Holly Golightly live zu erleben.
Über welches Thema könntest du eine 30-minütige Präsentation halten, ohne jede Vorbereitung?
Über den Film „Ferris macht blau“.
Du überraschst mich immer wieder. Kannst du mir das ein wenig näher ausführen?
Dieses als Teenagerkomödie getarnte philosophische Werk verrät einem alles, was man über das Leben wissen muss.
Was würdest du rückwirkend ändern, wenn du die Möglichkeit dazu hättest?
Ich wäre als Teenager weniger schüchtern und gehemmt gewesen. Doch das ist wohl das Wesen des Teenagertums.
Was wünschst du dir für die Zukunft?
Einen Riesenbecher Spaghettieis und ewiges Eis an den Polkappen.
Vielen Dank, lieber Frank Jöricke, dass du dir die Zeit genommen hast, mich zu treffen und mir all meine Fragen zu beantworten. Es war wirklich toll mit dir und vielleicht haben wir mal wieder die Chance uns zu treffen und zu plaudern. Deinem Buch wünsche ich für den weiteren Wettbewerb viel Erfolg.
Mehr über Frank Jöricke und seine Bücher findet ihr auf:
Skoutz-Lesetipp:
Mein liebestoller Onkel, mein kleinkrimineller Vetter und der Rest der Bagage – humorvoller Zeitreise-Roman von Frank Jöricke
„Am Tag, als Janis Joplin starb, unterschrieb mein Vater den Kaufvertrag für unser Reihenhaus. Er legte so den Grundstein dafür, dass eine große Liebe zu einer Gütergemeinschaft verkam.“ Frank Jöricke präsentiert romanhaft eine witzige Zeitreise durch die verschiedenen Dekaden der jüngeren bundesrepublikanischen Geschichte.
Wie sich die schräge Verwandschaft des Protagonisten durchs Leben schlägt, spiegelt die Einflüsse der jeweiligen gesellschaftlichen Ereignisse und Entwicklungen auf äußerst kurzweilige Weise. Seien es die Studentenunruhen, die Ölkrise oder das Aufkommen des Feminismus, Daily Soaps oder die Maueröffnung, alles Anlässe für den Erzähler, mit abgeklärt-kompromisslosem Blick die schrullige Bagage, die sich Verwandschaft nennt, bei ihrem bunten Treiben zwischen Zeitgeist und Fettnäpfchen zu beobachten. Es entstehen typische Charakterbilder skurriler Normalos, die sich tapfer durchs Reihenhausleben schlagen: Onkel, Tante, die Eltern, die sich mit ihrer späten Scheidung „um viele schöne getrennte Jahre“ gebracht haben …
Skoutz meint: Eine etwas andere Gesellschaftskomödie, die einen durch die verschiedensten Dekaden der Geschichte der Bundesrepublik führt. Trotz all der Tragik, die sich in den Worten spiegeln, versteht sich Frank Jöricke darauf, die humorvoll und überaus lebendig zu verpacken. Ein unglaublich unterhaltsamer Nostalgie-Flashback mit Schmunzel-Garantie!
Hinweis:
In “War’s das schon?“, das im September 2019 bei Solibro erschienen ist, entführt uns Frank Jöricke auf ein interaktives Lesererlebnis der besonderen Art. Auf 208 Seiten lässt er die Vergangenheit aufleben, ohne uns jedoch einen bestimmten Weg vorzugeben – Selbsterkenntnis war selten unterhaltsamer.
Die humorvolle Ansammlung verschiedenster Denkanstöße hat unserer Contemporary-Expertin Kay Noa so gut gefallen, dass sie “War’s das schon?” aus über 200 Titeln der Contemporary-Longlist direkt auf die Midlist gewählt hat. Damit ist Frank Jöricke einer der Anwärter auf den Skoutz-Award 2020 in der Kategorie Contemporary.
Mehr Informationen gibt es natürlich wie immer in der ausführlichen Buchvorstellung. (Weiterlesen)
2 Comments
Bruno Meyer
Herr Jöricke ist auch bei Lesungen „DER HAMMER“…. immer locker aus der Hüfte ’schießend‘!
Immer gerne wieder.
Lesende Grüße, Bruno&Margit
Kay
Wir haben ihn „Live“ leider noch nicht erlebt. Aber vielleicht macht er mal bei uns eine Online-Lesung … 🙂