zu Besuch bei Miriam Rademacher
Heute bin ich wieder einmal zu Besuch bei meiner lieben Kollegin Miram Rademacher, die es schafft, immer mit einem Augenzwinkern quer durch alle möglichen Genres zu tanzen. Dieses Jahr hat sie es mit einer Idee, die ich gern selbst gehabt hätte, auf die Midlist Humor geschafft, was ein wundervoller Anlass für einen neuen Plausch ist. Der Skoutz-Kauz und ich sind jedenfalls schon ganz aufgeregt.
Lest selbst.
Zu Besuch bei Miriam Rademacher, die Coronapfunde wegtanzt
Liebe Miriam, schön, dass du dir Zeit für uns genommen hast. Ich hoffe, dass der Skoutz-Kauz sich benimmt. Fangen wir gleich mit einer leichten Frage an.
Wie würdest du dich in einem Wort beschreiben?
sonnig
Echt? Das ist ja herzerwärmend!
Beruf oder Berufung – was macht dir an deinem Job als Autor am meisten Spaß?
Neue Geschichten entstehen lassen, ganze Leben erfinden, in denen vielleicht nicht alles nach Plan, aber doch so läuft, wie ich es will.
Und das klappt bei dir? Wow, ich bin immer beeindruckt, wenn ein Kollege so ganz Herr des Plots ist.
Meistens. Da gibt es immer so ein paar Charaktere, die sich nicht an meine Regeln halten, aber das erhöht nur den Reiz.
Lass uns über den Reiz sprechen … worin liegt der für dich?
Mit Papier und Stift eröffnet sich mir eine grenzenlose Welt. Wenn ich an meinem Schreibtisch Platz nehme, ist für eine kurze Zeit alles möglich. Das ist doch was. Gut, es klingt ein wenig nach Größenwahn, aber der ist bei Autoren ja ganz ungefährlich. Bei Piloten, Chirurgen und Politikern ist es eher bedenklich.
Da hast du Recht. Ich denke mir manchmal, ich habe zum Schreiben angefangen, weil alle Alternativen zum Ausleben meiner untertags eingefangenen Ideen unweigerlich ins Gefängnis oder die Sicherungsverwahrung führen würde. 🙂
Dann sprechen wir mal übers Schreiben!
Wann hast du dein erstes Buch veröffentlicht und wie lange hast du daran geschrieben?
Also das ist jetzt ein blödes Beispiel.
Was? Wieso?
Das erste war ein Bilderbuch, an dessen Geschichte ich kaum mehr als zwei Stunden gesessen habe, und das ist noch geprahlt. Dafür habe ich gedanklich länger an der Geschichte herumgesponnen. Fast einen ganzen Nachmittag. Noch heute ist es eine meiner Lieblingsgeschichten, die ich zum Abschluss einer Lesung gern als Zugabe gebe.
Was ist daran denn blöd? Ich finde das wundervoll! So ein Kickstart ist für eine Autorenkarriere doch mal ganz was anderes. Die meisten Kollegen fieseln jahrelang am Erstling herum.
Jetzt bin ich gespannt, ob das bei dir so ungewöhnlich weitergeht …
Wie läuft ein typischer Tag als Autor bei dir ab?
Ich versuche mich an der Routine, aber oft kommt das Leben einfach dazwischen.
Das ist noch eher gewöhnlich. Was lässt sich das Leben denn an Störfaktoren einfallen?
Für gewöhnlich versuche ich, die ersten Seiten schon vor dem Frühstück und dem Spaziergang mit dem Hund geschrieben zu haben. Da es ist noch ganz ruhig im Haus, alles schläft und niemand stört meine Gedanken.
So weit so gut und eigentlich noch ganz idyllisch. Wie geht es weiter?
Im Laufe des Tages wird es dann immer unruhiger. In der Tür zu meinem Arbeitszimmer fehlt die Scheibe (frag nicht, warum).
Na gut, dann nicht!
Manchmal liebe ich es, dass jeder kurz stehenbleibt, durch das Loch greift, den Hund streichelt und mir irgendetwas erzählt. Doch es fördert nicht gerade den Schreibfluss. Und von Routine kann dann meist auch keine Rede mehr sein.
Vermutlich nicht. Ist das jetzt schlimm?
Egal. Routine ist auch gar nicht so gut für die Kreativität. Wo sollen die Ideen denn herkommen, wenn jeder Tag gleich wäre?
Wohl wahr!
Was hat sich für dich als Autor durch die verschiedensten Corona-Maßnahmen geändert?
Die Pandemie hat alle Lesungen und Messen der letzten Zeit gekippt. Das ist schon bitter, aber aber auch Jammern auf hohem Niveau.
Trotzdem ist es traurig. Ich habe mich in Online-Lesungen versucht, aber für einen Technik-Honk wie mich ist das keine echte Alternative. Das ist weniger Literatur als Comedy. Uns sonst? So im Normalltag?
Ansonsten hat sich erschreckend wenig geändert. Ich arbeite noch mehr, weil ich nicht shoppen oder ausgehen kann.
Deinen Banker wird es freuen. 🙂
Stattdessen schreibe ich mich in Gedanken weg. Vermutlich werden meine Figuren demnächst eine ganze Menge Dinge tun, die ich mir verkneifen muss. Meine aktuelle Geschichte spielt in einer einzigen Ballnacht, das lässt tief blicken.
Ja, Corona lehrt, was ich schon immer sage: Bücher sind Orte, wo man hinkann, wenn man nicht wegkann.
Und wenn du so viel schreibst. Wie schreibst du dann …
Kreativ oder doch eher regeltreu?
Da gibt es Regeln? Kleiner Scherz :-).
Nun, das ist umstritten. Es gibt, so habe ich den Eindruck nach meiner Interview-Reise, genau so viele Regeln, wie der Autor gelten lässt. Wie ist das bei dir?
Klar, das Layout muss stimmen und bei der Rechtschreibung und der Grammatik gebe ich mir zumindest Mühe, aber ansonsten bin ich eher bemüht, mir inhaltlich so wenig Regeln wie möglich aufzuerlegen.
Was sind dann deine Ziele?
Spannend, berührend muss es sein, den Leser unterhalten, das ist wichtig, aber durch keine Regel der Welt für verschiedene Leser zu gewährleisten. Wäre ja auch furchtbar, wenn Autoren alle ihre Geschichten nach einem bestimmten Schema schreiben würden. Auf die Dauer würde man damit wohl alle Leser zu Tode langweilen.
Ich weiß gar nicht. Mit einem Kollegen, ich weiß grad gar nicht mehr welcher, kamen wir auf den Trichter, dass so ein paar Grundregeln quasi das Skelett einer Geschichte abbilden. Und wenn man bedenkt, wie sehr sich das bei den Säugetieren ähnelt und wie verschieden dann doch Elefant und Katze aussehen, muss das nicht zwingend langweilen.
Nachdem wir jetzt aber schon bei Lesen sind …
Welches war dein erstes selbstgelesenes Buch?
Gespenster machen keine Ferien hieß dieses Schneider-Buch.
Das klingt ja nett! Und hast du es noch?
Mein Exemplar muss mal einer Aufräumaktion meiner Mutter zum Opfer gefallen sein, es sah aber auch schon schlimm aus: Buchrücken weg, Titelbild zerkratzt… ich habe es ziemlich oft und überall gelesen. Als meine Tochter ins Lesealter kam, habe ich das Buch im Antiquariat für sie noch einmal erstanden und vergnügt beobachtet, wie sie sich in die Geschichte verliebte. Jetzt steht es in ihrem Regal und ich verspreche feierlich, es niemals wegzuwerfen.
Das ist sehr brav! Beides! Sowohl, dass du das Buch nachgekauft hast, als auch das es dieses Mal unter Artenschutz steht. Ich habe kürzlich erst mit Sarah Saxx über den besonderen Zauber von Generationenbüchern geplaudert. Meins ist von meiner Oma, die es auch schon geliebt hat.
Stell dir vor, du könntest eine beliebige Figur aus einem Buch zum Essen treffen. Was würde passieren?
Ich würde mich gern mit Zacharias Biggs, dem kleinen großen Zauberer aus der Banshee-Livie Reihe treffen und mit ihm über das Leben, den Tod und gute Bücher sprechen. Seine Meinung bedeutet mir viel.
Vermutlich hat fast jeder Autor so eine Figur, die man irgendwie als Mentor installiert. Bei mir ist es eine in die Jahre gekommene Fee. Frau Durgan. Aber wenn du nun eine Figur aus fremder Feder treffen könntest?
Oder ich treffe mich mit Ron Weasley und frage mal, wie es mit Hermine so läuft. Ach nee …, dann komme ich vermutlich den ganzen Abend nicht zu Wort.
Ja, die Gefahr besteht. Aber hey – ihm zuzuhören, wäre sicherlich sehr, sehr unterhaltsam. Lass uns den Gedanken einer sprachlosen Miriam nochmal von der anderen Seite her aufgreifen …
Auf welche Frage hattest du in letzter Zeit keine Antwort und hast du sie finden können?
Wie werde ich meine Corona-Kilos schnell und nachhaltig wieder los?
An dieser Stelle hättest du nicht nur meine, sondern auch die Aufmerksamkeit von Kollege Dirk van den Boom. Der hätte zwar eine Antwort, behauptet aber, dass die keinem gefallen würde. Wie ist es bei dir? Hast du eine bessere?
Nein. Weder Weight Watchers noch Intervallfasten sind derzeit die richtige Antwort. Gerade hat mein Mann mich gefragt, ob wir gemeinsam neue Hosen kaufen wollen? Auf gar keinen Fall! Ich kapituliere nicht vor einer Speckfalte! Heute sitze ich mit meiner Chipstüte nicht auf dem Sofa, sondern renne mit ihr durch den Garten!
Das ist zumindest ein Anfang! Halten wir uns mit unseren Bemühungen auf dem Laufenden, im doppelten Wortsinne!
Kommen wir zu einer Bewegung der ganz anderen Art:
Wie oft schaust du täglich auf dein Handy?
Inzwischen drei bis viermal am Tag. Noch vor einem Jahr habe ich alle Freunde in den Wahnsinn getrieben, weil ich meine Nachrichten manchmal wochenlang nicht abrief. Das habe ich jetzt im Griff. Und trotzdem wird das Handy wohl nie mein bester Freund. Allein der Gedanke, immer erreichbar zu sein, sorgt dafür, dass ich es langsam über die Tischkante schubsen möchte.
Aaaw! Eine Schwester im Geiste! Als ich sagte, ich hätte WhatsApp installiert, bekam ich von meinen Freunden Standing Ovations!
Dafür bin ich bei anderen Dingen deutlich suchtgefährdeter. Meinen Corona-Pfunden hat es sehr gut getan, als ich an meinen Kühlschrank einen Zettel hing: „Du bist nicht hungrig! Dir ist langweilig!“ 🙂
Was darf in deinem Kühlschrank niemals fehlen?
Tzatziki. Gurken, Wein und Kinderschokolade. Ach verdammt, die ist gerade alle. Gut für die Corona-Diät.
Ja! Genau. Gurken haben dafür so gut wie keine Kalorien und die Kombination klingt sehr, sehr sommerlich.
Für welche drei Dinge in deinem Leben bist du am dankbarsten?
Für meine wunderbare Kindheit, das Glück, immer in Berufen arbeiten zu dürfen, die mir Spaß machen, den besten Ehemann und die besten Kinder der Welt und meinen Optimismus, der stärker ist als jede Angst.
Wie äußert sich dieses 4. Ding?
Irgendwie geht es immer weiter. Das waren mehr als drei? Oh. Mit Zahlen hab ich es nicht so.
Alles gut! Wir arbeiten ja auch eher mit Worten. Du hast aber deine Kindheit mit so einem nostalgischen erwähnt. Das passt gut zur nächsten Frage.
Bei welchem historischen Ereignis wärst du gern dabei gewesen?
Ich hätte gern die erste Mondlandung auf dem Fernsehbildschirm miterlebt.
Das hat Kollege Anke Höhl-Kayser auch schon erwähnt, die wollte aber gleich auf dem Mond spazieren fahren. Was reizt dich genau daran so?
Dieses Gefühl, etwas erreicht zu haben, was lange als unmöglich galt, diese Grenzenlosigkeit der Möglichkeiten in einem Moment spüren zu dürfen, muss berauschend gewesen sein. Fast so, als hätte man ein weißes Blatt Papier und einen Stift vor sich liegen.
Das hast du sehr, sehr schön gesagt. Ich höre dir überhaupt sehr gerne zu und das bringt mich wie von Zauberhand zu meiner nächsten Frage:
Über welches Thema könntest du eine 30-minütige Präsentation halten, ohne jede Vorbereitung?
Über Schreiben und Tanzen und darüber, was das eine mit dem anderen zu tun hat.
Okay, das würde mich jetzt spontan echt sehr interessieren. Sowohl für einen skoutzigen Workshop als auch für Teil 3 einer meiner Geschichten, in denen eine Tänzerin die Hauptrolle spielt.
Was würdest du rückwirkend ändern, wenn du die Möglichkeit dazu hättest?
Nichts. Ich glaube fest daran, dass Gutes und Schlechtes unseren Lebensweg gleichermaßen gestalten und uns zu dem machen, der wir sind. Veränderungen können ungeahnte Folgen haben. Oft habe ich mir vorgestellt, zurückzureisen, um einen lieben Menschen vor Schaden zu bewahren. Aber was für eine Lawine würde ich damit auslösen? Alles würde sich ändern, ich selbst würde mich verändern, wäre jetzt ein anderer Mensch. Nein, das Herumpfuschen in der Zeit überlasse ich meinen Romanfiguren, da kann ich das Schlimmste verhindern.
Wenn ich das nächste Mal bekomme, stelle ich die Frage anders. Was würdest du ändern, wenn du ein Backup hättest, oder so. 🙂 Aber schauen wir nach vorn.
Was wünschst du dir für die Zukunft?
Ich hätte gern eine 🙂
Da spricht doch hoffentlich nichts dagegen!
Es gibt noch so viele Geschichten, die ich schreiben will und so viele Abenteuer, die bestanden sein wollen, um es mit Tolkien zu sagen. Das will ich doch nicht verpassen.
Wir auch nicht! Liebe Miriam, vielen lieben Dank für dieses wieder einmal wirklich außergewöhnlich sonnige und kurzweilige Gespräch. Ich hoffe sehr, dass wir das bald mal fortsetzen können, weil ich noch so viele Fragen wüsste, mit denen wir uns noch vergnügen könnten. Vielleicht ergibt sich das ja bei der Übergabe des Skoutz-Award. Es würde mich freuen!
Dankeschön!
Hier könnt ihr Miriam Rademacher erreichen
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Skoutz-Lesetipp
Der Tanz des Mörders – Krimi von Miriam Rademacher
Wegen einer – wie immer – verlorenen Dartpartie wird Ex-Tanzlehrer Colin von Pfarrer Jasper Johnson dazu verdonnert, der gehässigen Mrs Summers die Zeit zu vertreiben. Als er die alte Dame eines Morgens tot in ihrem Cottage vorfindet und im Wald eine Mädchenleiche auftaucht, ist ihm schnell klar, dass die beschaulichen Tage seines Vorruhestandes gezählt sind. Zusammen mit der kleinwüchsigen Krankenschwester Norma machen sich Colin und Jasper auf die Suche nach dem Mörder, der eine eigenartige Vorliebe für Küchenutensilien als Mordwaffe zu haben scheint. Wer könnte überhaupt ein Interesse am Tod der schrulligen Alten haben? Hat Mrs Summers, die stets mit Fernglas und Kamera in die Gärten und Häuser ihrer Nachbarn spähte, zuviel gewusst? Das Hobbyermittlertrio schmiedet einen Plan, wie man Colins über die Jahre geschulte Menschenkenntnis nutzbringend einsetzen kann: Dazu müssen bloß alle Verdächtigen aufs Tanzparkett…
Skoutz meint: Wer Miram Rademacher als Fantasy-Autorin kennt, wird vielleicht überrascht sein, dass sie auch Krimis schreibt.
Macht sie und sie macht es gut. Wir bekommen eine spannende Krimigeschichte, mit liebevoll ausgearbeiteten Charakteren und lustigen Situationen. Aber dieser Cosy Crime ist besonders. Denn es geht nebenbei auch ums Tanzen. Und da merkt man in jeder Kapriole, in jedem einzelnen Takt, wieviel Leidenschaft Miram nicht nur für Geschichten hat, sondern auch für den Tanz. Lasst die Worte schwingen!
Falls ihr wunschgemäß neugierig geworden seid, könnt ihr über diesen Affiliate-Link bei Amazon* hineinlesen und natürlich das Buch auch kaufen.
Hinweis:
Anwälte für Geister – ihr glaubt, das gibt es nicht? Dann solltet ihr euch unbedingt “Harrowmore Souls: Zimmer 111”, den Auftakt zur neuen Urban-Fantasyreihe von Miriam Rademacher anschauen. Der im Oktober 2019 im Sternensand Verlag veröffentlichte Roman erzählt auf 249 Seiten die spannende Geschichte zweier Anwälte, die einem alten Hotel ein übernatürliches Phänomen aufdecken sollen und dabei einem gefährlichen Geheimnis auf die Spur kommen …
Mit ihrem mysteriösen und stellenweise sehr humorvollen Fantasyroman konnte Miriam Rademacher unsere Jurorin Halo Summer direkt überzeugen, sodass diese “Harrowmore Souls: Zimmer 111” aus knapp 250 Titeln der Humor-Longlist auf die Midlist gewählt hat. Damit ist sie eine der Anwärterinnen auf den Skoutz-Award 2020 in der Kategorie Humor.
Wir haben das Buch gelesen und auch schon ausführlich vorgestellt (weiterlesen)