Interview Lenny Löwenstern

Zu Besuch bei Lenny Löwenstern

Heute besuchen der Skoutz-Kauz und ich einen Autor, die von Vorjahressiegerin Miriam Rademacher für die Midlist Humor ausgewählt wurde, weil er sie mit seinem satirischen Roman Regenfabel überzeugen konnte.

Auf Lenny Löwenstern freuen wir uns besonders, denn ein Mensch, der schönen Wörtern ganze Bücher widmet, kann nicht schlecht sein. Und außerdem muss ich unbedingt mit ihm noch einmal über die „Regenfabel“ sprechen.

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Kay zu Besuch bei Lenny Löwenstern, der Wörter liebt

Lieber Lenny, ich freue mich, dich kennenzulernen, denn die Regenfabel hat mich schwer beeindruckt. Und weil ich dir sagen wollte, dass ich bis zum Schluss über den Nachnamen deines Protagonisten gestolpert bin. Jedes Mal! Wie kommt man auf so einen Namen? (Lach).

Aber lass uns gleich mal anfangen, mit meinen Fragen!

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Welches ist die größte Herausforderung, der man sich als Autor stellen muss?

Der Markt. Jedenfalls als Selfpublisher. Der Markt ist gnadenlos.

Ich weiß nicht, ob dich das jetzt tröstet, dass es für Verlagsautoren nicht einfacher, nur anders ist. Andreas Gruber, nun also wirklich einer der ganz Großen, sagte spontan: Der Leser. Und der erwischt ja alle. Aber umso schöner ist es dann doch, wenn man die Herausforderung meistert und so wie du jetzt doch sehr viele Menschen erreichst und glücklich machst.

Aber Schreiben ist anstrengend, keine Frage – und gleich eine Überleitung …

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Hast du Lieblingsworte in deinen Skripten, die vom Lektorat regelmäßig angestrichen werden?

Wörter nicht eigentlich. Aber schlechte Angewohnheiten.

Hui? Wie darf ich das verstehen?

Zum Beispiel wechsele ich häufig unnötigerweise zwischen Präteritum und Präsens. Ich bin ein Zeitreisender meiner eigenen Texte.

Das ist ein sehr schönes Bild. Gefällt mir.

Aber meine Lektorin schätzt das gar nicht  – es macht Extraarbeit.

Auch wieder wahr. Die nächste Frage passt aber jetzt wirklich perfekt.

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Was ist deine präferierte Erzählform?

Ich bevorzuge den personalen Erzähler und schreibe aus der Sicht der Figuren. Würde aber gern mal etwas aus der Ich-Perspektive machen.

Was hindert dich denn?

Hatte einfach noch keine Gelegenheit. Ich habe aber Verschiedenes in Kurzgeschichten schon ausprobiert. Man muss sich ja wohlfühlen damit.

Ja, das ist – so auch mein Eindruck aus inzwischen weit über 70 Interviews – eine Entscheidung, die sehr häufig aus dem Bauch herausgetroffen wird. Wobei es auch gute Regeln gibt, etwa wie Günther Kienle sagt: Man nimmt die Perspektive, die das verbirgt und offenbart, was die Geschichte verlangt.

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Bist du im Team Adjektiv oder bevorzugst du eher einen „schnörkellosen“ Stil?

Adjektive sind definitiv meins. Gern auch mal ungewöhnlich oder schräg. Selbstverständlich muss ich mich ständig am Riemen reißen, um es nicht zu übertreiben.

Sonst schimpft die Lektorin wieder … (Lach)

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Hast du einen speziellen Trick, um aus deinen Figuren echte Persönlichkeiten zu machen?

Ich lasse sie die eine oder andere (kleine) Sache machen, die man von ihr nicht erwartet oder die auf den ersten Blick gar nicht zu ihr passt. Ein bisschen abseitig sein, aber nur einen Tupfer.

Ja, das ist mir bei der Lektüre deines Buchs auch aufgefallen, an ein paar Stellen, wo man beim Lesen stolpert, einen Absatz zurückspringt und sich denkt … WaszumHenker … Aber im positiven Sinne, so wie ein bisschen Salz auf der Schokolade. Es schärft die Aufmerksamkeit

Und jetzt mal dich (und nicht die Lektorin) gefragt …

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Welchen Fehler darf man beim Schreiben keinesfalls machen?

Immer wieder von vorn anfangen.

Kennst du mich? Oder sprichst du aus eigener Erfahrung? Ich neige sehr zu solchen Dingen und hänge in der Perfektionismusfalle. Da ist Roxane Bicker zum Beispiel viel fehlertolerabler und ihnen gegenüber offen.

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Welches Buch liegt gerade auf deinem Nachttisch?

Aus beruflichem Interesse lese ich dieser Tage Science-Fiction. Das schließt aber nicht aus, dass ich auch zur Lyrik greife. Derzeit: Farbendichter Max Dauthendey mit Ultra Violett. Sein Erstlingswerk von 1893.

Hach, mit solchen Antworten gewinnt man mein Herz! Ich finde es so genial, wenn auch die alten Bücher noch auf den Lesestapeln landen. Und dieser Spagat zwischen aktueller SF und alter Lyrik ist ja auch wieder genau das, was man von einem Zeitreisenden erwartet. Von Max Dauthendey kenne ich nur die asiatischen Liebesgedichte, aber die waren wohl deutlich später. 

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Welche 3 Dinge sind dir aktuell am wichtigsten im Leben?

Masketragen, Abstandhalten, Impfen. Man will ein guter Staatsbürger sein. (Zwinker)

Ich will zwar nie bewusst ein guter Staatsbürger sein, aber als vernünftiger Mensch kommt man zum gleichen Ergebnis. Viele Autoren antworten hier mit Familie, Freunde und Gesundheit … aber eigentlich meinen wir damit alle irgendwie dasselbe. Sehr faszinierend. Symbolismus im Alltag.

Wo wir schon so philosophisch sind …

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Wenn du wählen könntest, wärst du lieber extrem intelligent oder gut im Umgang mit Menschen?

Ich fände es interessant, auch mal die andere Seite kennenzulernen und wäre deshalb gern gut im Umgang mit Menschen.

LOL! Sowas darfst du doch nicht sagen, wenn ich gerade Kaffee trinke!

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Wofür würdest du mitten in der Nacht aufstehen?

Für meinen Rauchmelder. Und im Sommer für Mücken. Auch gern mehrmals pro Nacht.

Sehr pragmatisch und in der Tat eine Antwort die wir so noch nicht hatten. Stehst du auf, um einen nächtlichen Rachefeldzug zu starten oder um dich hungrigen Heerscharen zu präsentieren, die nicht unter die Bettdecke finden?

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Auf die nächste Frage bin ich jedenfalls gespannt – oder vielmehr auf die Antwort …

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Was ist deine größte Stärke?

Immer wieder von vorn anfangen zu können.

Obwohl das auch der größte Fehler beim Schreiben ist? Du bist kompliziert! Oder ein Mensch, der zu seinen Fehlern steht.

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Wenn dein fünf-jähriges Selbst plötzlich deinen jetzigen Körper bewohnen würde, was wäre das Erste, das dein fünf-jähriges Selbst tun würde?

Wahrscheinlich würde er die Schränke auf der Suche nach Süßigkeiten durchwühlen.

Noch ein Süßkind! Team Naschkatze erreicht allmählich Klassenstärke. Was gäbe es bei dir denn?

Es würde nahezu nichts finden. Ich würd‘s ihm gönnen.

Denn Misserfolg oder die spärliche Ausbeute?

(Und jetzt grinst er nur rätselhaft)

 

Welcher fiktionale Charakter ist in Buch/Serie/Film unglaublich, wäre aber in banalen alltäglichen Situationen unerträglich?

Keine Ahnung, vielleicht (fast) alle?

Wenn ich mir die Bandbreite unserer Antworten so anschaue, könntest du recht haben. Das ist sozusagen der literarische Puffer, der uns letztlich auch die Dramatik beschert, die wir im Buch spannend aber im Alltag eher stressig fänden.

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Stell dir vor, du würdest einen Geheimbund gründen, wie würdest du ihn benennen und was wäre eure Mission?

Mein Traum wäre es, die Wände zahlloser Gebäude mit großartigen großformatigen Gedichten zu verschönern.

Wie geil ist das denn? Eine Graffiti-Gang? Ich bin fasziniert. An was für Gedichte denkst du dabei?

Das müsste man diskutieren, ich steuere gern etwas bei. Offiziell ginge so etwas aber kaum, weshalb eben ein Geheimbund angeraten wäre.

Das wäre ja viel schöner! So eine Art literarischer Banksy. Hach … Wobei ich mir andererseits durchaus vorstellen könnte, dass sich über entsprechende Aufrufe oder auch über Kulturreferate dafür durchaus auch offizielle Wege finden ließen? Vielleicht sollten wir das wirklich mal andenken … (Grübel, Grübel)

Abgesehen davon, mir verrückte Ideen in den Kopf zu setzen …

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Gibt es etwas, das du kannst, die meisten anderen Menschen aber nicht?

Nach so etwas habe ich immer gesucht, enttäuschenderweise aber nie etwas gefunden.

Ah geh! Nach diesem Gespräch kann ich sagen, dass ich dir absolut zutraue, Einzigartiges leisten zu können! Überleg ruhig noch mal!

Aber abgesehen davon sind wir eh am Ende des Gesprächs angekommen, mir bleibt also gerade nur noch die Schlussaufgabe:

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Was wolltest du der Welt schon immer einmal sagen? Raus damit!

Danke. Oder vielleicht doch lieber: Bitte. Dann wird man ja sehen.

Hahaha! Ja, und ich hab gleich noch einen guten Grund, warum wir dieses Gespräch wirklich unbedingt fortsetzen müssen.

Lieber Lenny, ich habe zu danken. Das war ein wirklich wunderbares Interview, das ich gerne auch über die Graffiti-Gang nochmal fortsetzen würde. Oder in Bezug auf andere skoutzige Aktionen, wozu uns gewiss viel einfallen wird. Lass uns aber auch wissen, wenn du ein neues Buch am Start hast – der Markt ist gnadenlos, aber wir halten zusammen.

Und in diesem Sinne zitiere ich gerne auch deinen letzten Satz noch einmal:

Dankeschön!

 

Hier könnt ihr Lenny Löwenstern treffen

 

 

Skoutz-Lesetipp:

Josefine und die dunkle Seite des SommersJosefine Bach 3: Josefine und die dunkle Seite des Sommers – Cosy Crime mit bösen Zwischentönen von Lenny Löwenstein

Senioren sterben still. Insbesondere, wenn nachgeholfen wird.
In Josefines Welt ist immer Sommer. Blumenbunte Gedanken flattern durch ihr Gemüt. Als die Hutmacherin eine geheimnisvolle Nachricht erhält, beginnt sie mit Nachforschungen, die sie auf illegale Partys ebenso wie ins örtliche Pflegeheim führen.

Gibt es wieder einen Mord in Bernburg? Josefine bleibt neugierig und muss sich bald ihren eigenen Dämonen stellen.

Dieser Roman kann unabhängig von den zuvor erschienenen Fällen gelesen werden. Cosy Crime mit höllischem Finale.

Skoutz meint: Cosy Crime ist in diesen Tagen, wo alles so schrecklich ernst und grässlich schrecklich ist, so ein kleiner Anachronismus, den man sich gönnt. Wenn selbst das Allerschlimmste, ein Mord eben, irgendwie schrullig und gemütlich sein kann, darf man hoffen, dass wir auch den Rest hinbekommen. Josefine lässt mir diese Hoffnung. Sie ermittelt klug und mit Gespür und Lenny Löwenstern, der sie für uns dabei begleitet, berichtet mit viel Gefühl für die Situation, ihre Komik, ihre Tragik und Dramatik. Durch sie sieht an viele Dinge plötzlich anders. Josefine träumt tätig und darum sind die Treffen mit ihr schön, einfach und clever und warmherzig und böse und trotzdem ungemein stimmig. Chapeau (kn). 

Wenn ihr wie beabsichtigt, neugierig geworden seid, dann könnt ihr das Buch entweder über unseren Affiliate-Link auf Amazon*

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Mehr Info

Mit „Regenfabel“ ist Lenny Löwenstern ein ganz besonderes Buch gelungen, das die Liebe feiert. Zu den Menschen, zum Leben, zur Sprache und den schönen Worten. Ein bescheiden auftretendes Wohlfühlbuch, das völlig zu Recht einen Platz auf der  Midlist Humor des Skoutz-Awards 2021 ergattert hat.

Wir haben es sehr gern gelesen und wolles es euch hier noch einmal ausführlich vorstellen (weiterlesen).

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Hinweis:

Wenn ihr die Bücher schon kennt, würdet ihr uns, dem Autor und allen lektüresuchenden Lesern einen großen Gefallen, wenn ihr das Buch in der Skoutz-Buchdatenbank mit einer  Skoutz-Buchfieberkurve bewerten würdet. 5 Klicks statt 5 Sterne. Einfacher lässt sich eine Rezensionnicht schreiben, bequemer kann man sein nächstes Buch-Date nicht finden. Und so helft ihr, dass unsere Buchfindemaschine weiter wächst.

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