Zu Besuch bei Bernd Perplies
Heute bin ich mit dem Skoutz Kauz unterwegs zu einem Autor, den ich gefühlt schon ewig kenne, was mir immer ein besonderes Fest ist. Spannend finde ich, dass Bernd Perplies eigentlich nur als Fantasy-Autor wahrgenommen habe, bis jetzt. Aber Cliff Allister hat ihn für die Midlist Science Fiction nominiert, was mir zeigt, dass ich noch nicht alles von ihm weiß … das wird spannend.
Zu Besuch bei Bernd Perplies, der als Science Fiction-Autor mit der Gegenwart sehr zufrieden ist
Nachdem ich meine Bildungslücke geschlossen habe und Bernd Perplies brav auch in der Rubrik Science Fiction eingeordnet habe, fangen wir doch gleich mal an …
Wie würdest du dich in einem Wort beschreiben?
Neugierig.
Das ist eine oft gehörte Antwort. Damit outest du dich als typischer Autor.
Beruf oder Berufung – was macht dir an deinem Job als Autor am meisten Spaß?
Also, der „Berufung“-Teil macht mir jedenfalls mehr Spaß, als der „Beruf“-Teil.
Ach? Wie darf ich das verstehen? Die meisten Kollegen träumen ja davon, dahin zu kommen, wo du schon bist: Als Berufsautor von seinen Büchern leben zu können.
Je nach Tag und Aufgabe hat man ja auch als Autor seine Höhen und Tiefen. Ich entwickle gern neue Geschichten, interessante Figuren, exotische Geschöpfe und fantastische Welten.
Ja und? Darum geht es doch beim Schreiben.
Ich schreibe nicht so gern kurz vor dem letzten Abgabetermin voller Hektik Tage und Nächte durch, und ich bin erst recht kein Fan der jedes Quartal fälligen Umsatzsteuervoranmeldungen. Aber auch das gehört wohl dazu, wenn man Autor ist.
Irgs. Vor dem Finanzamt sind wir alle gleich. Aber ganz ehrlich? Es gibt eine Menge weniger schöne Berufe, die auch nach Umsatzsteuervoranmeldungen verlangen, manche sogar monatlich.
Aber lass uns lieber vom Schreiben sprechen.
Wann hast du dein erstes Buch veröffentlicht und wie lange hast du daran geschrieben?
Mein erstes Buch habe ich in der Mittelstufe (siebte Klasse oder so) veröffentlicht. Allerdings war das noch echtes Selfpublishing: Gedruckt am heimischen 24-Nadel-Drucker, mit selbst gemaltem Cover und dann zehn Mal vervielfältigt am Industriekopierer des Vaters eines Freundes. Es war ein Abenteuerspielbuch, bei dem der Leser selbst entscheiden konnte, wie sich die Handlung entwickelt. Streng limitiert auf den engsten Familienkreis.
Und historisch wertvoll! 🙂 Erstaunlich, wie viele speziell Fantasy-Autoren mit Spielbüchern begonnen haben. Die literarische Bedeutung, die so manches Rollenspielsystem wie DSA und D&D letztlich hat, sollte man wirklich mal untersuchen. Und wie ging es dann bei dir weiter?
Mein erstes professionelles (sprich: bezahltes) Werk ist im August 2008 bei Egmont-LYX erschienen und hieß „Tarean – Sohn des Fluchbringers“. Ein High-Fantasy-All-Age-Questenabenteuer, wie sie damals recht beliebt waren.
Mit dem Buch habe ich dich auch kennengelernt. Da werde ich ganz nostalgisch. Erzähl doch noch ein bisschen mehr von Tarean.
Geschrieben habe ich das Manuskript eigentlich anlässlich des „Wolfgang-Hohlbein-Preises 2009“ zwischen Oktober 2006 und Februar 2007. Ich bin dann dort allerdings schon in der Vorrunde rausgeflogen – was zweifellos ein glücklicher Zufall war, denn so konnte ich mit dem fertigen Manuskript zu einer Agentur gehen, die konnte es auf der Buchmesse Frankfurt 2007 anbieten und schon auf der Buchmesse Leipzig 2008 hatte ich Angebote auf dem Tisch liegen. Am Ende ist „Tarean“ schneller erschienen als das Gewinnerbuch des Wettbewerbs.
Echt? Du warst bei dem Hohlbein-Wettbewerb dabei? Ich hatte damals auch ein Buch angemeldet, eine Frühfassung meiner Schwerttanz-Saga, aber als ich da in der Schlussrunde rausgeflogen bin, war ich erst mal so deprimiert, dass ich das Buch jahrelang liegen gelassen habe. Mag auch daran liegen, dass ich dann studieren war. Erzähl doch noch ein bisschen mehr von deinem Autoren-Tag …
Wie läuft ein typischer Tag als Autor bei dir ab?
Bedingt durch meine Kinder habe ich einen leidlich „normalen“ Arbeitstag. Früh aufstehen, arbeiten, Mittagessen, arbeiten, am frühen Abend steht Familienzeit auf dem Programm und am späten Abend gehe ich nochmal an den Rechner.
Das klingt ehrfurchtsgebietend produktiv …
Natürlich bedeutet Arbeit nicht, dass ich unablässig schreibe. Ich betreibe in der Zeit auch Kontaktpflege, aktualisiere meine Website, ärgere mich mit bürokratischem Zahlenkram herum, recherchiere, entwickle neue Geschichten und überarbeite fertige. Und manchmal beantworte ich Interviews.
Letzteres finde ich außerordentlich löblich! Braver Autor!
Das Jahr 2020 stellt uns alle vor neue Herausforderungen. Wie sehr beeinflusst Corona deinen Schreiballtag?
Ganz ehrlich: Fast gar nicht. Alle aktuellen Projekte von mir wurden vor der Corona-Pandemie eingetütet, daher bin ich ganz normal ausgelastet, wie sonst auch.
Faszinierend. Gerade die Hauptberufler sind zur Zeit schon ziemlich am Rudern, wenn man sich so umhört. Woran liegt das bei dir?
Ich war nie ein Autor, der sein Geld primär mit Lesungen verdient, sondern immer ein mehrgleisig fahrender Schreibtischtäter, der nicht nur eigene Romanstoffe entwickelt, sondern auch mal einen Roman übersetzt, einen Comic oder Artikel schreibt oder einen Heftroman verfasst. Das zahlt sich gegenwärtig aus.
Und wie ist das mit der Kombination aus Familienvater und Schreibtischtäter? Meine Redaktionsmuttis schwitzen da ganz schön.
Einzig der Umstand, dass Kindergärten und Schulen geschlossen sind (waren), hat meinen Schreiballtag erschwert, denn wenn Kinder durch die Räume toben, während man zu arbeiten versucht … dann helfen nur Kopfhörer und laute Musik.
Den Tipp gebe ich weiter!
Kreativ oder doch eher regeltreu?
Wenn es ein Projekt verlangt, etwa weil ich einen „Perry Rhodan“-Roman oder einen „Playmobil“-Comic schreibe, dann halte ich mich natürlich an die Regeln.
Die Vorgaben bei Playmobil-Comics kenne ich jetzt nicht. Aber die Perry Rhodan ist da ja sehr streng. Wird das beim Schreiben nicht langweilig? Ich mag mich schon an meine eigenen Plots nicht halten.
Die kreative Leistung besteht dann darin, sich im Rahmen dessen, was man darf, zu entfalten. Bei eigenen Werken plane ich natürlich mit einem Kapitelexposé voraus, aber ich gehe nicht zu sehr ins Detail. Gewisse Aspekte meiner Welten und Figuren möchte ich durchaus gern während dem Schreiben entdecken.
Ich sehe, du verstehst mich. Aber weil ich Tarean so mochte (auch wenn das nicht mein erstes Buch war), was liest du so? Oder vielmehr …
Welches war dein erstes selbstgelesenes Buch?
Ich habe nicht den Hauch einer Erinnerung.
Ah geh! Komm, streng dich ein bisserl an!
Ich argwöhne, es dürfte aus unserer Ortsbücherei gewesen sein, da wir, als ich jung war, dort regelmäßig hingegangen sind. Jugendreihen wie „Fünf Freunde“, „TKKG“, „Burg Schreckenstein“, „Die Funkfüchse“ und ähnliches habe ich damals verschlungen. Auch „Lustige Taschenbücher“ und „Asterix“ standen hoch im Kurs.
Burg Schreckenstein mochte ich auch. Ich wollte immer auch so eine Folterkammer! Und dann?
Später kamen die schwarzen Ueberreuter-Fantasy-Romane von Wolfgang und Heike Hohlbein dazu, ebenso „Perry Rhodan“-Silberbände, aber da dürfte ich schon etwa zwölf gewesen sein.
Das mit Perry Rhodan und dir ist auch eine Endlosbeziehung, wie es scheint? Finde ich toll. Aber Perry außen vor …
Stell dir vor, du könntest eine beliebige Figur aus einem Buch zum Essen treffen. Wie wäre das?
Ich würde gern Jonathan Kentham aus meiner „Magierdämmerung“-Trilogie treffen, einen jungen Reporter, der durch Zufall in die Welt der Magie gerät, die jenseits der Fassade unserer Realität existiert (klassischer Urban-Fantasy-Stoff, wenn man so will).
Okay, und was würdest du dann mit Jonathan machen?
Dann würde ich ihn fragen, wie das alles funktioniert: das Wahrsehen, das Fadenweben, die „Magie“. Und ob er mir nicht ein paar Tricks beibringen kann. 😉
Cool! Gibst du mir die Tricks dann weiter?
Auf welche Frage hattest du in letzter Zeit keine Antwort und hast du sie finden können?
Ich bin Schriftsteller, ich habe auf jede Frage eine Antwort. Es muss nicht unbedingt eine gute Antwort sein, vielleicht ist sie sogar ziemlich dämlich – oder ich habe sie spontan erfunden. Aber eine Frage, die mich wirklich sprachlos zurücklässt, muss mich schon ziemlich überraschen.
So wie diese offensichtlich. 🙂 Auch wenn du keine Antwort eloquent verpackt hast.
Wie oft schaust du täglich auf dein Handy?
Vermutlich seltener als viele andere Menschen. Was daran liegen mag, dass ich das Smartphone eigentlich nicht brauche. Ich sitze so viel am PC, dass ich dort fast immer kommunizieren kann. Ich kann dort auch alles recherchieren. Es gibt Tage, da schaue ich abends zum ersten Mal, was sich tagsüber in meinen WhatsApp-Runden getan hat. Also, wer mich schnell erreichen will, sollte mir besser eine Email schreiben.
Okay, vermerken wir!
Was darf in deinem Kühlschrank niemals fehlen?
H-Milch. Brauche ich für meine morgendlichen Cornflakes. Und ein Tag, der ohne morgendliche Cornflakes beginnt, sollte besser ein Samstag mit Brötchen sein oder mit einem Contintal Breakfast in einem guten Hotel starten.
Und was, wenn nicht?
Ansonsten hat er es sich gleich um acht Uhr in der Früh schon mit mir verdorben.
Ups. Und neben H-Milch und Kühlmöglichkeiten …
Für welche drei Dinge in deinem Leben bist du am dankbarsten?
Ich brauche keine drei Dinge, mir reicht eins: Dass ich das Leben führen kann, das ich führe.
Oh wow! Erzähl!
Denn obwohl ich natürlich unerfreuliche Tage erlebt habe – das Ende von Beziehungen, Stress in der Schule und im Studium und verpasste Chancen im Beruf –, waren meine Lebensumstände im Großen und Ganzen immer sehr erfreulich. Ich hatte verständnisvolle Eltern, viele Freunde in der Schule, habe durch reinen Zufall ein extrem spannendes Studienfach für mich entdeckt (Filmwissenschaft) und hatte auch im Beruf später oft Glück. (Wie viele Autoren erleben etwa, dass schon ihr erstes komplettes Manuskript direkt als Spitzentitel bei einem Verlag gedruckt wird?) In diesem Sinne: Danke, Leben, dass du bislang überwiegend gut zu mir warst. Das darf gern so bleiben.
Geben wir den Nornen so weiter! Aber wenn die Gegenwart so toll ist, lass uns Zeitreisen …
Bei welchem historischen Ereignis wärst du gern dabei gewesen und warum?
Also wenn die Frage meint, in welcher Zeit ich gern leben würde, dann würde die Antwort lauten: in der heutigen. Man verklärt ja gern die Vergangenheit, aber machen wir uns nichts vor: kein Frieden, kein PC, kein Toilettenpapier. Ich bin nicht scharf auf vergangene Jahrhunderte.
Nö, so meine ich das eigentlich nicht. Mich würde wirklich interessieren, wann und wo du gern mehr oder minder aktiver Zaungast gewesen wärst.
Selbst wenn es nur um eine Stippvisite mit Rückfahrticket gehen würde, wäre das in meinem Fall keine weite Reise zurück: Ich hätte gern die erste Mondlandung 1969 live erlebt. Die Völker der Erde im Weltraumfieber vereint zu erleben – für einen Science-Fiction-Fan wie mich wäre das, glaube ich, ein echt erhebender Moment gewesen.
Über welches Thema könntest du eine 30-minütige Präsentation halten, ohne jede Vorbereitung?
„Die Außenpolitik der Vereinigten Föderation der Planeten von ihrer Gründung bis zur Hobus-Krise.“
Echt jetzt?
Kein Witz. Ich habe so viele „Star Trek“-Romane übersetzt – nicht zuletzt die „Rise of the Federation“-Reihe von Christopher L. Bennett –, da kenne ich mich aus.
Okay. Wird ebenfalls vermerkt!
Was würdest du rückwirkend ändern, wenn du die Möglichkeit dazu hättest?
Ich habe genug Zeitreise-Filme gesehen, um sehr vorsichtig mit der Manipulation der Vergangenheit zu sein.
Das ist natürlich richtig. Aber genau darum finde ich auch die Frage so spannend.
Viele Dinge, über die ich mich eine Weile geärgert habe, haben sich auf lange Sicht als mehr oder minder glückliche Fügung herausgestellt. Ich konnte „Magierdämmerung“ damals nicht an Heyne verkaufen, aber dafür habe ich fünfzehn Romane für die Egmont-Gruppe schreiben dürfen. Die Technologie-Aktien, die mir mein Bankberater vor Jahren aufgeschwatzt hat, waren am Ende absolut nichts mehr wert, aber hatte das nicht auch einen Lerneffekt für die Zukunft?
Und so auf der mehr persönlichen Ebene? Kein Anlass zur Reue?
Ich habe ein paar Mal in meinem Leben Menschen verletzt, obwohl ich das eigentlich gar nicht wollte – nichts Dramatisches, aber doch so, dass es mich im Nachhinein eine Weile beschäftigt hat. Wenn ich einem von ihnen mein blödes Verhalten seinerzeit ersparen könnte, wäre mir das nicht unlieb. Aber deswegen in den Zeitstrom eingreifen? Ich weiß nicht …
Da hast du vermutlich auch wieder recht. Dann schauen wir doch in die andere Richtung …
Was wünschst du dir für die Zukunft?
Das, was sich wohl die meisten Menschen wünschen.
Ja?
Dass ich mein gutes Leben weiterführen kann. Gesund, in Frieden, ohne Armut, mit Familie und Freunden. Und wenn ich dann noch irgendwann erleben darf, wie auf einer Kinoleinwand oder im TV ein Film oder eine Serie beginnt „basierend auf einem Roman von Bernd Perplies“, wäre das der perfekte Moment. 🙂
Lieber Bernd, das wünschen der Skoutz-Kauz und ich dir natürlich von Herzen. Vielen Dank für das tolle Interview und weiterhin viel Erfolg mit „Am Abgrund der Unendlichkeit“ beim Skoutz-Award. Es würde mich freuen, wenn ich dich als Science-Fiction-Kauz 2020 nochmals interviewen dürfte.
Sehr gerne!
Hier könnt ihr Bernd Perplies erreichen:
- Autoren-Homepage
- Facebook-Profil von Bernd Perplies
Skoutz-Buch Tipp:
Tarean – Fantasy-Abenteuerreihe von Bernd Perplies
Sechzehn Jahre ist es her, seit die Westlichen Reiche vom Hexenmeister Calvas und seinen Wolfling-Horden in die Knie gezwungen wurden. Seitdem trägt Ritter Anreon von Agialon, der dem Bösen damals ungewollt zum Sieg verhalf, den Beinamen Fluchbringer. Sein Sohn Tarean, der in den Stunden der entscheidenden Schlacht geboren wurde, sehnt sich danach, die Ehre seiner Familie wieder herzustellen. Und so zieht er eines Tages aus, um Calvas zur Rechenschaft zu ziehen. Bewaffnet mit dem magischen Schwert Esdurial und begleitet von dem Irrlicht Moosbeere, der Albin Auril und dem Werbären Bromm begibt er sich auf ein Abenteuer, das die Welt veränden wird.
Skoutz meint: Ich kann und konnte mich schon immer maßlos aufregen, wenn man in Sippenhaft genommen wird. Von daher habe ich sofort Tareans Partei ergriffen und bin ihm sehr gerne auf seine Reise gefolgt, an deren Ende er zum Helden wird. Das ist jetzt auch kein Spoiler, denn jeder halbwegs genreaffine Leser ahnt das schon. Aber da die Reise außerordentlich unterhaltsam ist und speziell die von Bernd Perplies eingesetzten Nebenfiguren alle jederzeit ein Spin-off verdient hätten, ist das Buch trotzdem wunderbare Fantasy-Unterhaltung, ideal zum Abtauchen und Wegträumen. Und dazu sind Bücher wie Tarean ja da.
Mehr Informationen gibt es zu dem Buch und seinen beiden Fortsetzungen auf der Autorenhomepage von Bernd Perplies (weiterlesen)* oder über unseren Affiliate-Link bei Amazon*.
Hinweis:
Wir haben uns also sehr darauf gefreut, das Buch genauer unter die Lupe nehmen zu dürfen. Der Chef-Ufologe der Jury, Vorjahressieger Cliff Allister, hat aus über 200 Büchern der Longlist Science Fiction jene Bücher aus seiner engeren Auswahl in die Midlist Science Fiction gewählt, die er unbedingt weiterlesen wollte.
Am Abgrund der Unendlichkeit ist eine klassische Space Oper mit fremden Welten, unendlichen Weiten, bizarren Aliens, großen Geheimnissen … das ist doch genau das, was man sich wünscht.
Die ausführliche Buchvorstellung gibt es hier zu lesen.