Zu Besuch bei Zoe Gilbert

Heute reise ich mit dem Skoutz-Kauz in die Heimat von Shakespeare, Jane Austen, Mary Shelly, Oscar Wilde, Sir Arthur Conan Doyle und vielen weiteren hochkarätigen Schriftstellern. Kein Wunder also, dass wir hier auch die wunderbare Autorin Zoe Gilbert antreffen. Sie arbeitet gerade an ihrem Doktor in kreativem Schreiben und unterrichtet auch Andere in der Kunst der Geschichtenspinnerei.

Wollen wir mal sehen, ob sie uns auf einen Tee einlädt. Und uns dabei ein bisschen was über sich verrät…

Autorenfoto Zoe Gilbert
(c) Randomhouse

Zu Besuch bei Zoe Gilbert, die auf Mäuse und Käse steht

Vielen Dank, dass du uns heute zu dir eingeladen hast, Zoe! London ist wirklich eine Stadt mit Flair. Echt schön, noch mal hier zu sein. Apropos hier sein! Wir haben ein Interview zu führen!

Legen wir am Besten gleich los.

 

Wie würdest du dich in einem Wort beschreiben?

ungeduldig

Geduld war auch nie meine Stärke… machen wir also direkt mit der nächsten Frage weiter 😉

Beruf oder Berufung – was macht dir an deinem Job als Autor am meisten Spaß?

Das Beste daran ist es, Zeit in meiner eigenen Fantasie zu verbringen, und dann, vielleicht erst Jahre später, zu hören, dass ein Leser auf etwas von dem reagiert hat, das ich mir vorgestellt habe. Es überrascht mich immer noch, dass das, was ich mir ausdenke, Gefühle in Anderen wecken kann. Und wenn ein Leser das einem sagt, ist das echt schön.

Das muss echt ein tolles Gefühl sein! Ich finde es großartig, wie Geschichten uns alle miteinander verbinden können.

 

Wann hast du dein erstes Buch veröffentlicht?

Mein erstes Buch „Folk“ (Die Englische Version von „Nebelinsel“) ist 2018 in Großbritannien erschienen. Dafür habe ich etwa fünf Jahre gebraucht – habe aber nicht die ganze Zeit über geschrieben!

Sondern?

Ich hatte einen Job und habe dann meinen Doktor in Kreativem Schreiben angefangen, im Zuge dessen ich das Buch dann fertigstellen konnte.

Respekt! Ich war damals mit meiner Bachelorarbeit schon voll ausgelastet. Aber es ist gewiss praktisch, wenn sich Hauptberuf und Schreiben so schön verbinden. 

 

Wie läuft ein typischer Tag als Autor bei dir ab?

Ich hasse Routine (außer meinen morgendlichen Kaffee, ohne den mein Leben auseinanderfallen würde), daher habe ich keinen typischen Tag. Ich tendiere dazu, in Spurts zu schreiben – wenn ich einmal anfange, will ich nicht mehr aufhören und lasse alles andere unter den Tisch fallen.

Und wie sieht es mit dem Schreiben aus, wenn der Spurt dann vorbei ist?

Dann vergehen manchmal Wochen oder Monate, ohne dass ich schreibe. Trotzdem sage ich neuen Autoren, dass sie jeden Tag schreiben sollen…

Ja, das ist immer so eine Sache mit dem Sollen^^ Ich glaube, das kennt jeder gut.

 

Wie sehr beeinflusst Corona dabei deinen Schreiballtag?

Für eine Weile konnte ich gar nicht schreiben – konnte keine Welten kreieren, wenn die reale doch so überwältigend war.

Und wie hast du dann zurück zum Welten-kreieren gefunden?

Meine Vorstellungskraft ist auf eine flimmernde Art und Weise wiedergekommen, und jetzt finde ich Trost darin, in meiner Vorstellung umher zu wandern.

Ja, unsere Chefredakteurin sagt immer, Bücher sind Orte, wo man hinkann, wenn man nicht wegkann. Da ist was Wahres dran, wohin zieht es dich denn in diesen Tagen?

Ich überarbeite gerade mein zweites Buch, sollte also eigentlich kein neues Material schreiben, aber immer wieder tauchen Ideen auf und lenken mich ab.

Und wir sind gespannt darauf, sie zu sehen! Aber wenn wir schon beim Schreiben an sich sind … 

 

Kreativ oder doch eher regeltreu? Wie flexibel bist du beim Schreiben?

Ich wünschte, ich könnte sagen, dass alles nur aus meinem kreativen Kopf kommt!

Tut es das etwa nicht?

Ich arbeite sehr hart an meiner Struktur, der Wortwahl, dem Rhythmus und dem Klang der Sätze, weil mir der Schreibstil sehr wichtig ist – als Leser, nicht nur als Autor. Für jedes meiner Werke stelle ich Regeln auf, habe aber kein größeres allgemeines Regelwerk, an das ich mich halte.

Kannst du uns ein Beispiel geben?

Ich verwende für eine Geschichte zum Beispiel mal eher Wörter mit angelsächsischem Hintergrund oder lege den Schwerpunkt eher auf lautmalerische Metaphern.

Und spätestens hier merkt man, dass du dein Handwerk wahrlich verstehst!

 

Welches war dein erstes selbst gelesenes Buch? Und hast du es heute noch?

Das erste Buch, was mir vorgelesen wurde und welches ich selber gelesen habe, war die Geschichte von Miss Moppet von Beatrix Potter, in der eine Maus über eine Katze triumphiert. Ich war verrückt nach Mäusen als Kind, bin es immer noch. Ich glaube, das Buch fiel irgendwann vom zu vielen Lesen auseinander!

Ich bin da eher Team Peter Hase und habe als Kind „Weißt du eigentlich, wie lieb ich dich hab“ von Sam McBratney rauf und runter gelesen. Aber das liegt vermutlich daran, dass ich mit Kaninchen aufgewachsen bin. 😉

 

Stell dir vor, du könntest eine beliebige Figur aus einem Buch zum Essen treffen. Was würde passieren?

Auf welche Frage hattest du in letzter Zeit keine Antwort und hast du sie finden können?

Diese eine, für den Anfang. Diese nicht zu beantwortende Frage, die mich verfolgt und von der ich sicher bin, dass sie sich die meisten Autoren stellen: Wie weiß ich, wann eine Geschichte so gut ist, wie ich sie hinbekommen kann? Habe ich sie genügend überarbeitet? Oder vielleicht schon zu viel? Die einzig mögliche Antwort darauf ist es, dem Urteil seines Lektors zu vertrauen.

Was sicherlich sehr schwierig sein kann, denke ich. Du als Autorin darfst aber auch ein wenig auf dein eigenes Urteil vertrauen 😉

 

Wie oft schaust du täglich auf dein Handy?

Normalerweise viel zu oft, aber ich liebe es, es stumm zu stellen – es fühlt sich wie eine kleine Rebellion an, für den Rest der Welt unerreichbar zu sein.

Was ja heutzutage eher außergewöhnlich ist. Ich bin aber auch froh, wenn ich mal Ruhe habe. Meine kleine Rebellion ist es, keinen Handyvertrag zu haben. wenn ich unterwegs bin, bin ich also komplett offline.

 

Was darf in deinem Kühlschrank niemals fehlen?

Käse! Eine der größten Freuden des Lebens. Wesentlich wichtiger als Kuchen für mich.

Ich liebe Käse auch, würde ihn aber nicht über Kuchen stellen. Passt doch perfekt! Du nimmst den Käse, ich den Kuchen 😉

 

Für welche drei Dinge in deinem Leben bist du am dankbarsten?

Gerade jetzt, dass ich am Meer lebe, einen Garten habe und Technologie, die es uns erlaubt, miteinander zu kommunizieren. Wenn man sieht, was die Welt in 2020 durchmacht, denke ich, dass ich echt Glück gehabt habe.

Das hast du! Ein bisschen Frieden und Freiheit kombiniert mit der Möglichkeit, mühelos andere erreichen zu können. Und ich denke, dass wir uns gerade in diesen Zeiten bewusster denn je werden, wie wichtig die simplen Dinge im Leben sein können.

 

Bei welchem historischen Ereignis wärst du gern dabei gewesen und warum?

Ich würde unglaublich gerne die Frostjahresmärkte auf der gefrorenen Themse während der letzten Kältezeit besuchen – besonders die im 17. Jahrhundert.

Okay, das hatten wir noch nicht! Warum willst du da hin? 

Seitdem ich über einen in Virgina Woolfs „Orlando“ gelesen habe, wünschte ich, ich könnte einen besuchen. Auch die damalige Zeit interessiert mich sehr – Ich würde sehen wollen, was die Menschen tragen, wie ihre Stimmen klingen und welche Speisen sie essen, während sie auf dem gefrorenen Fluss Schlittschuh laufen und all die Gerüche aufnehmen.

Das klingt wahrhaftig märchenhaft! Wer weiß, vielleicht gibt es dazu mal einen Reisebericht von dir … ich würde ihn definitiv lesen!

 

Über welches Thema könntest du eine 30-minütige Präsentation halten, ohne jede Vorbereitung?

Die langweilige Antwort ist, dass ich ausführlich darüber berichten könnte, auf welche Weise Volksmärchen in aktueller Belletristik auftauchen.

Bei der Begeisterung, die gerade unsere Leser für Märchenadaptionen aufbringen, bekämen wir den Saal sicher voll. Aber gäbe es denn noch ein anderes Thema, was du persönlich spannender findest?

Ich könnte auch über die lustigen Gewohnheiten meiner Katzen plaudern- mindestens 30 Minuten – falls irgendjemand zuhören wollen würde.

Also ich würde mir definitiv beide Präsentationen anhören. Lehrreich und lustig, das klingt doch nach einem guten Programm.

 

Was würdest du rückwirkend ändern, wenn du die Möglichkeit dazu hättest?

Ich bin eine dieser nervigen Personen, die nicht an Reue glauben. Aber wenn es etwas gäbe, dass ich bereuen würde, würde ich es euch vermutlich nicht erzählen.

Was für uns völlig in Ordnung ist 😉

 

Was wünschst du dir für die Zukunft?

Allem voran auch weiterhin zu schreiben, zu kreieren und Wege zu haben, alles halbwegs anständige, das ich vollbracht habe, mit anderen teilen zu können.

Und wir freuen uns darauf, zu sehen, wohin dein Weg dich noch führt.

 

Vielen Dank für das Interview, Zoe! Wir wünschen dir noch ganz viele Schreib-Spurts und viel Glück für die Wahl! Und hoffen, dass wir uns bald wiedersehen – sei es für die Übergabe des Anthologie-Skoutz, die Vorstellung deines neuen Buches oder eines anderen Projekts.

Bis dahin bleib gesund und natürlich skoutzig!

 

Hier könnt ihr Zoe Gilbert erreichen: 

 

Skoutz-Lesetipp

Conradology – von Becky Harrison und Magda Raczynska (Hrsg.)

Ein handelnder Seefahrer arbeitet für ein Jahrzehnt, an der Küste Malaysias auf und ab segelnd in der Hoffnung, dass sein Arbeitgeber seinem Vesprechen treu bleibt.
Jahre, nachdem eine Pandemie über Europa hinwegfegte und sämtliche Weiße auslöschte, kehrt ein Reisender in seinen polnische Geburtsort zurück, auf der Suche nach dem einzigen anderen nicht-weißen Kind, das er damals in der Schule kannte.

Ein undurchschaubarer Hotelier verliert die Haltung, als in seinem Hotel ein Geheimgang entdeckt wird, der in einen rätselhaften Raum und zu einer bisher versteckten Existenz führt.

Anlässlich des 160. Geburtstags von Joseph Conrads haben sich 14 Autoren und Kritiker zusammengeschlossen, um sein Vermächtnis mit neuen Werken zu feiern. Joseph Conrad war der Meinung, dass es die Aufgabe eines Autors sei, ‚einen Funken jener Wahrheit anzubieten, nach dem du vergessen hast, zu fragen‘ und zählt zu den einflussreichsten Schriftstellern des 19. Jahrhunderts. Seine Werke, die zur Moderne und dem Realismus gezählt werden, wurden insbesondere durch Conrads Erfahrungen im Kolonialreich, seine Tätigkeiten bei der Handelsmarine und die Erinnerungen an seine polnische Heimat geprägt.

 

Skoutz meint: Eine durch und durch gelungene Mischung aus Kurzgeschichten und Essays, die Conrads Ansichten und gesellschaftliche Kritik übernehmen und auf die heutige Zeit beziehen. Die Autoren zeigen auf, dass die Themen, die Conrad aufgegriffen hat, zeitlos und zentral sind, aber auch, dass Conrads Werke trotz aller düsteren Ernsthaftigkeit begeistern und inspirieren. Wer also gerne Geschichten liest, die nicht nur tief bewegen, sondern einen auch selbst reflektieren und über sein Leben nachdenken lassen, der wird von dieser Anthologie begeistert sein. Unabhängig davon, ob er oder sie bereits etwas von Joseph Conrad gelesen hat oder nicht.

Wenn ihr hoffentlich neugierig geworden seid, könnt Ihr euch das (leider nur auf Englisch erschienene) Buch über unseren Affiliate-Link auf Amazon* noch genauer anschauen und natürlich auch kaufen.

 

Hinweis:

Vorjahres-Siegerin Miriam Schäfer hat aus den über 200 Titeln der Longlist Anthologie 2020 neun Titel ausgewählt, die nun mit der Platzierung auf der Midlist Antholigie 2020 dem Skoutz Award noch ein Stückchen näher gerückt sind.

Nebelinsel von Zoe Gilbert ist eine durch und durch poetische Anthologie, die im November 2019 im Wunderraum Verlag erschienen ist. Sie porträtiert die Leben einer Inselgemeinschaft auf eine märchenhafte, eindringliche und berührende Art und Weise. Damit ist sie definitiv ein würdiger Anwärter auf den Skoutz-Award.

Wer genau wissen will, warum Nebelinsel uns so sehr begeistert hat, schaut doch gerne in unsere Buchvorstellung rein (weiterlesen)

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