Sandra Bollenbacher im Skoutz-Interview

Zu Besuch bei Sandra Bollenbacher

Heute habe ich mir den Skoutz geschnappt und wir sind unterwegs zu Sandra Bollenbacher. Mit dem von ihr herausgegebenen Titel „Body EnhancementsDie Zukunft lesen in 13 Kurzgeschichten“ steht sie auf der Midlist Anthologie von Petra K. Gungl und Fenna Williams und für uns ist das natürlich ein guter Grund, mit ihr einen Termin zu machen und ihr ein paar Fragen zu stellen. Sandra hat den Titel gemeinsam mit Benjamin Ziech herausgegeben.

Persönlich habe ich sie noch nicht kennen gelernt und freue mich auf sie uns ihre Antworten. Ich denke, wir sind schon da, die Hausnummer stimmt. Komm Skoutz, es geht los.

Copyright: Veronika Schnabel

Zu Besuch bei Sandra Bollenbacher, die bei KI sehr neugierig ist

Hallo liebe Sandra, schön, dass wir uns heute persönlich kennenlernen und du dir für uns Zeit genommen hast. Wir hatten eine gute Fahr und wir sind schon ziemlich gespannt, was du uns zu erzählen hast und weil unser Skoutz notorisch neugierig ist, schaut er sich erst mal kurz bei dir um ….

Wo sitzen wir denn, also wo willst du uns empfangen?

Hallo, schön, dass ihr da seid! Bei dem tollen Wetter habe ich uns ein paar Stühle auf den Balkon gestellt, damit wir in der Sonne sitzen und die Vögel zwitschern hören können.

Sehr schön hast du es hier und ich genieße es im Sommer eh immer, auf dem Balkon sitzen zu können. Und hier haben die Vögel ja auch wirklich mitzureden! 

Nicht erschrecken – die Mauersegler sausen manchmal ganz schön knapp über den Köpfen durch den Innenhof!

Danke für die Warnung, der Skoutz freut sich natürlich über so viele gefiederte Freunde!

Nach welchem Motto lebst du? Und wirkt sich das auch auf dein Schreiben aus?

Mein Motto, nach dem ich zu leben versuche, ist: »Be kind to yourself and others.«

Das ist ein tolles Motto, das wir uns alle zum Vorbild nehmen sollten. Eins, nachdem übrigens auch die Kollegin Hanna Nolden zu leben versucht. Sie trägt das sogar als Tattoo! Hat das auch Eindruck auf deine Bücher?

Auf meine Geschichten bezogen wirkt es sich kaum aus – außer wenn ich mich daran erinnern muss, dass ein Charakter ruhig auch mal ein egoistisches, rücksichtsloses Miststück sein darf. 😀

 Ja, beim Schreiben ist es bestimmt etwas anders, alles andere wäre ja nicht wirklich spannend. Oder vielleicht doch? Das wäre mal ein Experiment. Wirkt es sich nicht doch ein bisschen aus? Du wirkst so gechillt?

Wenn es jedoch um die Tätigkeit des Schreibens geht, befolge ich es ziemlich gut. Ich bin sehr geduldig mit mir, zwinge mich nicht zum Schreiben, wenn ich gerade mehr Lust auf etwas anderes habe, und feiere eher die Erfolge, egal ob groß oder klein, als mich von negativen Dingen herunterziehen zu lassen.

Das ist eine gute Idee. Ich versuche auch immer mich von den positiven Dingen beeinflussen zu lassen. Wie schaut das bei dir aus?

Wenn ich zum Beispiel an einem Tag 400 Wörter geschrieben habe, dann freue ich mich darüber, überhaupt Zeit zum Schreiben gefunden zu haben, statt enttäuscht von mir zu sein, »nur« 400 statt 2000 Wörter geschafft zu haben.

Genau, daran müssen noch viele üben! Aber mal weg aus der Komfortzone …

Was ist dein erster Gedanke, wenn ich dich frage, was du GAR NICHT magst?

Sexismus.

Na, das geht aber auch echt nicht. Was mit Sexismus ja oft verbunden sind, sind Klischees …

Als Klischee wird man nicht geboren, sondern muss sich den Titel erarbeiten. Klischees sind so praktisch wie lästig. Wie gehst du persönlich mit ihnen um? Beim Schreiben wie im Leben?

Ich versuche, sie ganz bewusst zu vermeiden – sowohl im Leben als auch beim Schreiben.

Ist das nicht oft sehr schwer? Klischees sind ja oft auch das Ergebnis von Erfahrungen, Instant-Erfahrungen sozusagen. Im Buch kann man ja vieles einfach ausblenden, was aber machst du im Alltag?

Im echten Leben ist es oft nicht so einfach, da man sich mancher Klischees, die man glaubt, gar nicht bewusst ist, bis man reflektiert darüber nachdenkt.

Das ist das, was ein Klischee ja niemals ersetzen darf. So wenig wie ein zur Sortierung notwendiges Vorurteil eben niemals ein Endurteil sein darf. Wie machst du das beim Schreiben.

In meinem Autorinnentext steht, dass mir Klischees zuwider sind. Beim Schreiben versuche ich deshalb, sie so oft wie möglich zu brechen. Ich mag es, mit den unbewussten Erwartungen der Lesenden zu spielen, ihnen Klischees vor Augen zu führen

Ha! Dann verwendest du sie ja doch …

… und dann konsequent zu brechen.

So soll es ja auch sein. Dadurch entsteht mindestens Spannung und ein Überraschungseffekt, wenn dann doch alles ganz anders ist – und speziell bei den Büchern, die ich von dir kenne, kommt dann noch so ein kleiner fieser Widerhaken dazu, der zum Nachdenken anregt. Manchmal sogar über die Geschichte hinaus. Das ist dann natürlich die Königsklasse! 🙂

In welchen Genres schreibst du? Hast du dich bewusst dafür entschieden oder hast du nachher überlegt, wie du deine Geschichte einordnest?

Bisher habe ich meistens etwas geschrieben, das fantastische Elemente hatte.

Ja, so kennen wir dich auch. 

Aber nicht nur. In der Fantasy fühle ich mich jedoch zu Hause, vor allem in der Urban Fantasy. Ich liebe Magie und die schier endlosen Möglichkeiten des Worldbuildings, die man damit hat.

Ich kam ja eigentlich aus anderen Genres, aber inzwischen bin ich auch ein kleiner Fantast geworden. Die Möglichkeiten, die Fantastik bietet, erlauben so viele neue Aspekte auf Altbekanntes … hahaha … und schon wieder sind wir bei Klischees, irgendwie. 

Stehst du deinen Kurzgeschichten anders gegenüber als deinen Romanen?

Wenn ich Kurzgeschichten schreibe, versuche ich mich jedoch auch gerne immer wieder an Genres, in denen ich bisher kaum bis gar keine Erfahrungen habe, wie etwa Horror oder Romance.

Finde ich gut, ich lese ja auch immer das, wozu ich gerade Lust habe. Und das geht dann auch von Crime über Horror und Romance bis hin zu neuen Genres wie eben der Fantasy. 🙂

Von wem kommt deine strengste Kritik? Und wie gehst du mit ihr um?

Von anderen Autorinnen und Autoren und das finde ich super!

Ach wirklich? Das finde ich ja super, wenn ihr euch da gegenseitig unterstützt. Ich finde es immer schön, wenn sich ein Miteinander bildet, wo ein Gegeneinander genauso möglich wäre. Wie darf ich mir das konkret vorstellen, so als Leserin?

Fachliche, konstruktive Kritik hilft mir, meine Geschichten und mein Handwerkszeug als Autorin zu verbessern. Das heißt natürlich nicht, dass ich nicht im ersten Moment schlucken muss, wenn jemand meine Geschichten nicht absolut liebt und perfekt findet. 😀

Verstehe ich sehr gut. Es heißt, in jeder Geschichte schwingt ein Stück Autorenseele. Was mich zu einem anderen Sprichwort und meiner nächsten Frage bringt: 

Ein Sprichwort sagt „Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt.“ – Wie findest Du diesen Satz?

Das ist ein wunderschönes Sprichwort.

Das freut uns! 

In einer gut geschriebenen Geschichte lässt sich wie in einem Garten so viel entdecken!

Ja?

Beide beherbergen fremde, teils unsichtbare Welten, die man erst entdeckt, wenn man ganz genau hinsieht und tief eintaucht. Manches ist hübsch und bunt, fröhlich und voller Leben, doch es gibt auch dunkle Ecken, spitze Dornen, Leiden und Tod – in der Natur wie in einer guten Geschichte.

Diese dunkle Gartenecke hat tatsächlich vor dir noch niemand entdeckt. Ich liebe diese Interviews gerade dieser Aspekte wegen! 

Lass uns mal über dich als Leserin sprechen, ja?

Mit welchem Buch wurde deine Liebe zu Büchern geweckt?

Die ersten Bücherreihen, die ich regelrecht verschlungen habe, waren »Hanni und Nanni« und »TKKG«.

Oh ja, Hanni und Nanni war auch für mich in meiner Kindheit eine ganz besondere Buchreihe.  Verbindest du damit auch konkrete Erinnerungen?

Ich weiß noch, dass ich abends im Bett gar nicht mehr mit dem Lesen aufhören wollte und – ganz klassisch – irgendwann meine Eltern reinkamen und mir gesagt haben, dass ich endlich das Licht ausschalten und schlafen soll.

Irgendwie kommt mir das gerade sowas von bekannt vor, fast ein Déja Vu. 

Wie sortierst du deine Buch-Regale?

Ich habe ein BILLY-Regal, in dem alle ungelesenen Bücher wild durcheinander stehen (es sind mittlerweile über 100!), aber die gelesenen Bücher habe ich sortiert.

Oh, das habe ich bisher noch nicht gehört, hat aber was! Und wie sortierst du die gelesenen?

Wenn ich von einer Person mehrere Bücher gelesen habe, stehen diese zusammen. Terry Pratchett bewohnt bei mir beispielsweise zwei Regalböden. Ansonsten sortiere ich sie nach Genre.

Ich habe auch Billy Regale, jedenfalls mein großes, und das platzt aus allen Nähten. Ich bekomme überhaupt keine richtige Sortierung mehr hin. Ich versuche auch immer Deko mit einzubauen.  Hast du vielleicht einen Tipp? 

Deko benutze ich in den Bücherregalen eher sparsam, denn die Bücher allein sind ja schon schöne Deko und sollen im Mittelpunkt stehen. 🙂

Und spart Platz. Wir haben vorhin schon ein paar aktuelle Themen angerissen …

Die gesellschaftliche Diskussion über das, was man in der Kunst tun und lassen darf, ist zur Zeit sehr hitzig. Wie stehst du dem gegenüber und wie beeinflusst das deine eigene Arbeit?

Ich würde nie etwas schreiben, das Einzelpersonen oder Gruppen bewusst diskriminiert.

Das ist ein sehr wichtiger Aspekt in der Diskussion, ohne Frage. Nehmen wir mal noch ein anderes Thema …

Chat GPT und andere KI-Apps sind gerade in aller Munde. Was hältst du davon, dass KI Geschichten, ja ganze Bücher alleine verfassen kann? Sind das für dich überhaupt richtige Werke?

Das ist wirklich schwierig, aber auch interessant zu beobachten.

Inwiefern?

Einerseits erfinden sie nichts neu, sondern benutzen nur, was sie in den Datenquellen finden, und kombinieren es.

Ja, daher machen sich ja auch nicht nur in der Verlagswelt, sondern auch die Werbebranche oder allgemein die Kunstszene Sorgen. Das Urheberrecht ist da gefordert, aber wie? 

Andererseits machen wir Menschen dasselbe: Auch wir bedienen uns an allem, was es bereits gibt, um daraus etwas »Neues« zu kreieren.

Da setzt das Urheberrecht aber klare Grenzen. Nur das ist im Spannungsfeld zwischen Maschine, Programmierer, Uploader und User nicht mehr so trennscharf. KI schafft ja auch nicht neu, sondern puzzelt zumindest gegenwärtig nur aus einem genügend großen Datensatz, um die Ursprünge unkenntlich zu machen. Schwierig …

Allerdings fehlt den KIs (noch?) das, was uns Menschen und somit unsere Geschichten ausmacht: echte Gefühle, Emotionen.

Genau, das höre ich in vielen Interviews. Ich persönlich bin da auch skeptisch, dass die KIs das können. 

Wenn uns die Mauersegler lassen, könnten wir hier noch ewig plaudern. Das ist wirklich spannend. Nur zum Abschluss habe ich noch eine kleine Frage …

Welche Frage sollen wir dir nächstes Jahr im Interview stellen?

Ich danke euch! Es hat mir wirklich viel Spaß gemacht. Fragt mich nächstes Jahr noch einmal nach den KIs – wer weiß, was dann alles möglich ist!

Das ist eine gute Idee, ist notiert. Da hätten der Skoutz-Kauz und ich auch gern noch länger mit dir geplaudert!

Liebe Sandra, wir bedanken uns ganz herzlich bei dir. Vielen Dank für deine Zeit und deine Antworten. Wir haben uns bei die richtig wohl gefühlt und das Gespräch haben wir sehr genossen. 

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Hier gibt es mehr über Sandra Bollenbacher:

 

Skoutz Lesetipp:

Seelenfetzen – Traumtürchen Band 1 von Sandra Bollenbacher 

Zwischen Vertrauen und Verrat, Liebe und Freundschaft, Magie und Tod. Alex ist tot und es ist Bens Schuld. In einer Welt, in der Magie verboten ist und magische Wesen in den Untergrund geflüchtet sind, macht sich Ben auf die Suche nach den geheimnisvollen Magi, um mit ihrer Hilfe seine große Liebe zurückzuholen. Dafür muss er nicht nur ungewöhnliche Zauberzutaten stehlen und gegen Dämonen kämpfen, sondern sich auch noch vor den Magiejägern der Regierung verstecken, denn er befindet sich ausgerechnet in Iantos: In der von einer riesigen, unüberwindbaren Mauer umgebenen Hauptstadt wimmelt es nur so von Kontrolleuren der Regierung, deren Aufgabe es ist, mit ihren eisblauen Augen und ihrem eisernen Griff jede Maga und jeden Magus ausfindig zu machen, um sie ein für alle Mal zu vernichten. Vor die schwierigste Aufgabe stellt er sich allerdings selbst: seine eigenen Ängste zu überwinden und sich einem anderen Menschen anzuvertrauen. Doch wem kann er wirklich vertrauen? Dem grünhaarigen Rick mit dem stetigen Schmunzeln auf den Lippen oder dem verschüchterten Nyrcolas, der alleine mit seinem kleinen Drachen in der Kanalisation lebt? Und wie kann er verhindern, dass seine neugewonnenen Freunde sein eigenes, dunkles Geheimnis entdecken?

Skoutz meint:  Zwischen Leben und Tod liegt die Traumwelt. Dieses Bild kennt man aus vielen Mythen und ich finde es immer wunderbar spannend, wenn man immer noch neue Wendungen und Aspekte entdecken kann. Sandra Bollenbacher greift das Motiv gekonnt auf. In einer sehr eigenwilligen Weise erzählt sie von ihren gut ausgearbeiteten Charakteren, die man wie echte Menschen auch, mal mehr und mal weniger mag und die wir durch eine Geschichte begleiten, die Lust auf weitere Traumtürchen macht. 

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Hinweis:

Sandra Bollenbacher und Benjamin Ziech stehen mit ihrer Kurzgeschichtensammlung „Body Enhancements Die Zukunft lesen in 13 Kurzgeschichten“ auf der Midlist Anthologie und haben damit die Chance auf den Skoutz Award im Bereich Anthologie.

Wir haben das Buch gelesen und euch hier auch schon vorgestellt.

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