Skoutz-Interview Salih Jamal 2022

Zu Besuch bei Salih Jamal

Heute sind der Skoutz-Kauz und Heike zu Besuch bei einem uns bestbekannten Autor. Wir besuchen heute Salih Jamal und wir das hat schon fast was von Familientreffen! Wir freuen uns jedenfalls sehr auf das Gespräch! Sein Titel „Das perfekte Grau“ hat unsere Jurorin Jenny Bünnig überzeugt und so ist das Buch auf die Midlist Contemporary gezogen.

Unsere Reise dauert nicht lange, weil ich sehr nah bei Salih wohne.

Zu Besuch bei Salih Jamal der mit viel Zeit glücklich gemacht werden kann

Hallo lieber Salih, schön dass wir dich mal wieder besuchen dürfen. Skoutz und ich freuen uns schon sehr auf unser Gespräch und auf deine Antworten auf unsere Fragen. 

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Salih Jamal - Skoutz-Interview
Wenn du ein Tier wärst, wärst du ein …?

Ein freies Tier sollte es sein, und bitte nicht ganz so weit unten in der Nahrungskette. Bienenkönigin vielleicht. Oder Turmsegler.

OH und warum ein Turmsegler?

Ich habe es im letzten Buch so beschreiben:

„Ich träumte, ich sei einer von den Turmseglern. Frei in der Luft. Die Notwendigkeit des Landens im Nacken. Sie immer weiter aufschiebend und ignorierend, bis ich an einem eisigen Wintertag weit in den Wolken erfror und wie ein Stein vom Himmel fiel.“

WOW! Ein tolles Zitat. Das ist aus „Blinder Spiegel“, nicht wahr? Damit hast du mich schon mal glücklich gemacht. Was mich zur Gegenfrage bringt …

Womit kann man dich im Alltag glücklich machen?

Zeit. Schenkt mir Zeit.

Oh ja! Davon hätte ich auch gern mehr! Und was machen wir damit? 

Wir alle haben Wünsche, für uns, für die Welt. Was sind deine und was tust du, damit deine Wünsche in Erfüllung gehen?

Ich wünsche mir etwas mehr Selbstlosigkeit. Dann wäre die Welt besser.

Da sagst du was! Demut und Respekt würden vermutlich auch schon reichen. So kommt es mir jedenfalls vor. Sich nur selbst ein Ideechen weniger wichtig nehmen. 

Aber lass uns auch ein wenig über Bücher plaudern, deshalb bin ich eigentlich da! 

Welches Buch hat dich am meisten geprägt?

„Briefe an die grüne Fee“

Der Beginn unserer skoutzigen Freundschaft. Damit hast du ja dann auch den Award 2018 gewonnen! Und sonst?

„Orpheus“, „Das perfekte Grau“ und „Blinder Spiegel“. Sorry, aber ich will nicht lügen. Denn es ist die wahre Antwort auf die Frage. Jedes Buch, dass ich schrieb, hat etwas mit mir gemacht.

Danke für diese ehrliche Antwort. Spontan hätte ich gesagt, man verarbeitet beim Schreiben, was einen vorher geprägt hat. Aber jetzt, wenn ich darüber nachdenke, ist wohl auch Schreiben ein Prozess vom Geben und Nehmen. Dadurch, wie man etwas betrachtet, verändert sich auch der Betrachter. Sehr faszinierend. 

Bleiben wir noch kurz beim Buchregal. Welcher Klassiker liegt allen Vorsätzen zum Trotz immer noch auf deinem SuB?

Mich interessiert der Konflikt zwischen Anna Karenina und Vronskij.

Ja? Was fasziniert dich denn so an Anna Karenina? 

Annas Unsicherheit, ihre Veränderung, das Begehren Vronskijs Oberflächigkeit zum Trotz. Schon so oft angefangen, aber ich schaffe es nicht durchzukommen.

Ja bei einigen Büchern geht es mir auch so, da kann man einfach nichts machen. Es ist wahrscheinlich so, dass jedes Buch eine Zeit braucht und die ist für dich und Anna einfach noch nicht da. 🙂 Kann aber noch kommen.

 Aber lass uns über deine Bücher sprechen. Oder vielmehr über ihr Entstehen …

Themen finden ist oft einfacher als aus den vielen Ideen, die richtige Auswahl zu treffen. Wie entscheidest du, welches Projekt du als nächstes verwirklichst?

Da ich mir die Seele aus dem Leib schreibe, muss ich nicht groß suchen.

Klingt logisch. 

Wo stehst du beim Schreiben einer Szene? Bist du eher der aufmerksame Beobachter und Dirigent oder mittendrin in allen Höhen und Tiefen mit Blut, Schweiß und Tränen?

Mittendrin. Das ist der Vorteil der Ich-Erzählung.

Ist das immer ein Vorteil? Manchmal sieht man ja mit etwas Abstand klarer. Aus der Mauersegler-Vogelperspektive quasi. 

Welche Szenen fallen dir beim Schreiben am schwersten und wie meisterst du sie trotzdem?

Es sind die langweiligen Passagen, die nur Informationsträger für die Geschichte sind.

Hehehe! Das ist dann dein Job, dafür zu sorgen, dass sie nicht langweilig sind. In den Momenten bin ich froh, dass ich nur Leser bin. Aber es gelingt dir sehr gut! 

Was ist dir beim Schreiben deiner Geschichten am wichtigsten, worauf achtest du besonders?

Auf die Schönheit der Sprache.

Da spricht der Sprachpoet. Oder auch Ästhet! Worauf muss man schauen, damit Worte schön sind?

Dass Stimmung, die Linienführung und Rhythmus passen.

Ich lese dich sehr gerne. Aber ich werde beim nächsten Mal darauf achten, warum… 🙂

Es heißt, jeder Künstler muss auch ein bisschen wahnsinnig sein. Was ist dein Schuss „Wahnsinn“?

Kein Kommentar.

Alles klar – ich frag nicht weiter! (Aber ihr solltet Salih jetzt sehen, wie er mit Pokerface vor mir sitzt …)

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Beschreibe dein aktuelles Buch in 3 Sätzen

Blinder Spiegel. Ok. Bitteschön: Eine Liebe, die an den hohen Mauern der Unmöglichkeit zerschellt. Existenziell, grausam und schön. Eine Geschichte, die sich anfühlt wie ein französischer Film.

Dieses Franzosen-Flair verbreitet auch das Cover, finde ich. Ein schönes Buch, das – so mein Eindruck – stellenweise auch sehr persönlich ist.

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Lass uns nochmal über dich sprechen. Den Menschen hinter den Geschichten, hinter der Sprache.

Was würdest du noch gerne lernen und wozu?

Fliegen, Unsichtbar sein, zwei Bücher gleichzeitig in weniger als einer Stunde zu lesen. Philosophie wirklich verstehen. Klavierspielen. Auf italienisch fluchen.

Ui da sind tolle Sachen dabei! Klavierspielen würde ich auch gerne spielen können, aber ich bin total talentfrei. Unsichtbar sein, das wäre ein Ding 😀
Nur warum will man 2 Bücher gleichzeitig lesen? 

Welcher Moment im Leben hat dich besonders geprägt?

Wenn aus zwei eins geworden ist.

Perfekt! Und sei es nur, um zu zeigen, dass Mathematik sich irren kann! Ha! Spätestens nämlich, wenn das Eine größer ist als seine zwei Komponenten. 

Was sollen deine letzten Worte sein?

Ein Zitat aus dem Film Harold & Maude: „Alles war schön, und nichts tat weh.“

Sehr schönes Zitat! Das wünsche ich dir, dass du das sagen können wirst, eines fernen Tages. 

Und mit welchen Worten soll dieses Interview enden?

Liebste Grüße an Kay und Martina!

Lieber Salih, die Grüße richte ich natürlich direkt aus. Ich danke dir für deine Zeit und das nette Gespräch. Es hat dem Skoutzi und mir sehr gut gefallen. Wir machen uns auf den Heimweg und wünschen dir alles Gute für den weiteren Verlauf des Wettbewerbs und für deine Sprachhöhenflüge! 

Mehr über Salih Jamal erfahrt ihr hier:

Wir haben uns schön oft mit Salih unterhalten, zum Beispiel hier, wo wir bei einer Tasse Kaffee über nächtliche Streifzüge im Kaufhaus, den perfekten Bankraub und den Zauber des Jetzt geplaudert haben (weiterlesen).

 

Skoutz – Lesetipp

Blinder Spiegel – Bitterzarter Liebesroman von Salih Jamal 

Paris. Sie und er. Elle und Lui. Sie begegnen sich in einem Café. Lui ist Fluglotse. Er wechselt die Städte und Flughäfen immer dann, wenn ihm das Leben zu eng wird. Sie ist die Frau eines Unternehmers, der in die Politik drängt und sie zu oft über lange Zeit allein zurücklässt. In einer obsessiven Affäre flüchten sie in Tagträume und halten sich gegenseitig in ihrer abgründigen Verlorenheit. Um etwas zu fühlen, suchen sie den Schmerz. Lui, indem er nach Nähe strebt, um dann vor ihr zu flüchten, und Elle in ihrer masochistischen Neigung, die ihr Mann an ihr ausnutzt. Beide ahnen, dass es für sie kein glückliches Ende geben wird, bis ihnen die Realität eine Entscheidung abverlangt.

Salih Jamal zeichnet mit zärtlicher, poetischer und schonungslos ehrlicher Sprache eine tragische Liebe in fünf Akten. Erzählt wird sie von Lui, der im Gefängnis die Geschichte aufschreibt. Existenziell, grausam und schön. Eine Geschichte, die sich anfühlt wie ein französischer Film.

Skoutz meintEin Buch, das man am Rutsch lesen will und unmöglich so lesen kann. Ein Buch, dass auf so vielen Ebenen funktioniert, dass man es auf sich wirken lassen muss. Und will. Weil man zurückblättert und einen Absatz nochmal liest. Langsam, halblaut. Weil es schön ist, wuchtig, brachial, zart und wehmutgenerierend. Zum Dahinschmelzen schön. Ein ungewöhnliches Buch, das ich jedem ans Herz legen will, der sich etwas Besonderes gönnen möchte (kn).

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Hinweis

Jenny Bünnig hat wirklich eine Hammer-Midlist zusammengebastelt. Gut, die Longlist Contemporary 2022 hatte wirklich mit fast 200 Titeln großartige, kreative, schräge, abgefahrene und anrührende Geschichten zu bieten.

Besonders haben wir uns gefreut, als wir einen alten Bekannten entdecken durften: Salih Jamal, der in „Das perfekte Grau“ von einem Roadtrip einiger Freunde, von der Vielschichtigkeit unserer Welt  und unserer Seele und den Gefühlen dazwischen erzählt. Wir haben das Buch, das von Freundschaft und Heimat erzählt, schon gelesen und euch hier vorgestellt.

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Wer die Bücher schon kennt, kann (und soll!) sie bei uns natürlich auch bewerten, damit  unsere Buchsuche weiter wächst.

Mit der Skoutz-Buchfieberkurve bewertet ihr mit fünf einfachen Klicks ein Buch anhand von fünf Kriterien statt fünf Sternen. So seht ihr auf einen Blick, wie das Buch wirklich ist. So schön kann Bücher suchen sein. Natürlich gibt es dort auch noch andere Bücher, Rezensionen und vieles mehr

 

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