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zu Besuch bei Joël Tan (aka Mara Erlbach)

Heute bin ich dem Skoutz-Kautz in den hohen Norden gereist, wo Joël Tan mit ihrer Familie lebt. Von dort aus unternimmt sie ihre Reisen in die Vergangenheit, auf die sie ihre Leser so gerne begleiten. Und neuerdings als Mara Erlbach sehr erfolgreich auch in Fantasy-Welten.

Ich aber bin heute gespannt, wie sich ihr Leben in der Gegenwart gestaltet.

Wollen wir mal sehen …

Zu Besuch bei Joël Tan, die ihren Mann in Kirchen scheucht …

Liebe Joël, legen wir gleich los!

Wie würdest du dich in einem Wort beschreiben?

Geschichtsverrückt

Das ist für eine History-Autorin natürlich eine prima Voraussetzung. Und wie gehst du an das Schreiben heran? 

 

Beruf oder Berufung – was macht dir an deinem Job als Autor am meisten Spaß?

Ich liebe so vieles daran. Wo soll ich nur anfangen?

Wo du magst, wir sind da entspannt. 

Die freie Zeiteinteilung zum Beispiel finde ich toll. Vor Sonnenaufgang bewaffne ich mich mit Kaffee und Jogginghose, dann ist mein Kopf am schnellsten. Außerdem finde ich den Gedanken spannend, womöglich etwas zu erschaffen, das mich selbst überdauert.

Hihi, der Skoutz sagt auch immer, Bücher seien die bequemste Form der Unsterblichkeit. Aber lass uns doch mal deine Autoren-Geschichte betrachten.

 

Wann hast du dein erstes Buch veröffentlicht?

Das war „Die Frau des Ratsherren“ – der erste Teil einer Trilogie, die im 13. Jahrhundert in Hamburg spielt.

Und wie lange hast du dafür gebraucht?

Ich habe ein Jahr daran geschrieben und musste danach erst einmal Google fragen, was man nun eigentlich mit einem fertigen Buch macht. Damals hörte ich zum ersten Mal das Wort „Literaturagent“. Ich habe mich bei zwölf Agenturen beworben und wurde von einer angenommen.

Wie ging es dann weiter? 

Das Buch ist dann 2011 bei Blanvalet erschienen.

Und seither folgten viele Bücher.

 

Wie läuft ein typischer Tag als Autor bei dir ab? 

Ich habe eine strickte Routine – jedenfalls seit ich Mama bin. Vorher habe ich mehr oder weniger geschrieben, wenn ich wollte.

Und was hat sich geändert?

Heute muss ich meine Zeit besser einteilen. Ich stehe deshalb in der Regel zwischen 4:00 – 5:00 Uhr auf. Nicht immer, weil ich es terminlich muss. Eher deshalb, weil ich in dieser Zeit am kreativsten bin.

Beeindruckend. Das ist die Zeit, zu der ich als extreme Nachteule ins Bett gehe. 

Gegen 12:00 Uhr habe ich meistens ein Tief und suche nach guten Gründen, um den Rechner zu verlassen – haha. Aber meistens besiege ich den Schweinehund am Ende doch.

 

Das Jahr 2020 stellt uns alle vor neue Herausforderungen. Wie sehr beeinflusst Corona deinen Schreiballtag?

Mein Platz im Homeoffice ist zwar derselbe wie vorher, aber durch Corona sind plötzlich auch meine Kinder den ganzen Tag zu Hause.

Und wie ist das?

Natürlich genieße ich es einerseits, sie bei mir zu haben. Beim Schreiben aber ist jede Art von Geräuschkulisse für mich eine große Herausforderung. Ich brauche totale Ruhe, und die gibt es gerade selten.

Da bist du nicht allein. Die Kinder des Skoutz-Teams brauchten auch so viel Betreuung, dass wir die ganze Award-Prozedur echt gut einen Monat nach hinten schichten mussten, weil es einfach nicht zu schaffen war neben Home-Schooling all die Bücher zu sichten, die Autoren zu besuchen, den Award zu planen …

Aber lass uns nach vorn schauen!

Kreativ oder doch eher regeltreu?

Eigentlich beides.

Äh ja? Regeltreu beim Kreativ sein?

Da ich vor Beginn eines Buchs ein Exposé beim Verlag einreiche, habe ich natürlich einen roten Faden, an den ich mich (anfangs) halte. Dann aber entwickeln meine Figuren immer einen eigenen Kopf. Ich lasse sie. Die kleinen aber feinen Geistesblitze während des Schreibens sind oft das Salz in der Suppe und machen eine Geschichte so richtig lebendig.

Das verstehe ich. Meine Figuren sind auch alle eher antiautoritär erzogen. Und beim nächsten Buch von dir suche ich mal gezielt nach den drüber gelegten glitzernden Geistesblitzen… 🙂

 

Welches war dein erstes selbstgelesenes Buch? Und hast du es heute noch?

Das waren wohl die Bücher von Hanni und Nanni. Mein Patentante schenkte sie mir und meiner Zwillingsschwester, und ich habe noch jedes einzelne. Wie sehr habe ich mir beim Lesen gewünscht, auch in ein Internat gehen zu dürfen!

Ich war zwar von der Fraktion Burg Schreckenstein, aber mit diesem Internatswunsch lag ich meinen Eltern auch in den Ohren.

In meiner Vorstellung war das ein Ort voller Abenteuer. Wie ein Feriencamp mit Freunden. An die Schule habe ich nicht gedacht – haha.

 

Stell dir vor, du könntest eine beliebige Figur aus einem Buch zum Essen treffen. Was würde passieren?

Ich würde wohl mit Tom Builder aus DIE SÄULEN DER ERDE zum Essen gehen.

Klar, Mittelalter. 🙂 Aber warum Tom und nicht Aliena? Die fand ich auch toll. Aber was würdest du mit Tom anstellen?

Selbstverständlich würden wir über den Bau der Kathedrale in Kingsbridge reden … Ich liebe Kirchen und Klöster, was meinen Mann schon einige Male zur Verzweiflung getrieben hat.

Da können wir uns zusammentun. Meiner hat mich buchstäblich aus der Kathedrale von Salesbury gezerrt, als ich mich mit einer der Fremdenführerinnen über die dort ausgestellte Version der Magna Carta verratscht habe.

Ich kann nicht mehr zählen, wie häufig er von mir schon „gezwungen“ wurde von der Autobahn abzufahren, weil ich irgendwo in der Ferne einen alten Kirchturm ausgemacht habe. Der Arme …

Mein Mann wird mit ihm fühlen … Der fühlt sich schon als Schlossgespenst.

 

Auf welche Frage hattest du in letzter Zeit keine Antwort und hast du sie finden können?

Warum kann der Mond fliegen, obwohl er keine Flügel hat?

Äh ja? Äh …

Natürlich habe ich versucht, meiner damals noch vierjährigen Tochter eine Antwort zu geben, die etwas mit dem All zu tun hat. Sie sah etwas überfordert aus.

Verstehe! Und wie hast du das Dilemma gelöst?

Am Ende habe ich die geht-immer-Antwort genommen: It´s magic! Damit war sie glücklich.

Und noch nicht einmal gelogen!

 

Wie oft schaust du täglich auf dein Handy?

Ich bin mal brutal ehrlich: Viel zu oft! Mein Handy klebt quasi an mir! Ich bin nicht immer glücklich darüber. Aber zum einen muss ich natürlich für Schule und Kita erreichbar sein. Zum anderen läuft die Hausklingel über das Handy. Apps wie Instagram und WhatsApp tun ihr übriges.

Das klingt obsessiv.

Ich entschuldige mein Handy-Verhalten vor mir selbst damit, dass ich keine Kollegen habe, mit denen ich sonst quatschen würde. Also schicke ich Nachrichten an Freunde und Familie.

Das klingt plausibel.

Themawechsel:

Was darf in deinem Kühlschrank niemals fehlen?

Absolut nichts sollte in meinem Kühlschrank fehlen! Das wäre der optimale Zustand. Ich liebe Essen!

Das finde ich sehr sympathisch. Aber das lässt mir meine Redaktion nicht durchgehen. Also …?

Wenn ich mich entscheiden muss sage ich: Salat, Schokolade und Wein.

Und abgesehen von diesen drei Sachen …

Für welche drei Dinge in deinem Leben bist du am dankbarsten?

Ich weiß, es klingt platt, aber tatsächlich bin ich unendlich dankbar für meine Familie, für meine gute Gesundheit und meinen tollen Traumjob.

Das finde ich überhaupt nicht! Im Gegenteil.

Aber lass uns von der Gegenwart in die Vergangenheit schauen.

 

Bei welchem historischen Ereignis wärst du gern dabei gewesen und warum?

Ich würde ins Jahr 1283 nach Hamburg reisen, um zu sehen, wie meine Heimat vor dem großen Brand ausgesehen hat, der 1284 fast die ganze Stadt zerstörte.

Würde einen das nicht unendlich wehmütig machen, wenn man wüsste, was kommt?

Meine Neugier würde definitiv siegen!

 

Über welches Thema könntest du eine 30-minütige Präsentation halten, ohne jede Vorbereitung?

Über das Schreiben von Büchern natürlich, ist ja logisch.

Sollte man meinen, aber das nennen trotzdem erstaunlich wenige Autoren in unseren Interviews.

Aber auch übers Reiten und übers Mittelalter. Beides begleitet mich auf die eine oder andere Weise schon mein ganzes Leben.

Übers Reiten können wir gern mal fachsimpeln. Da freue ich mich immer über Austausch. Unsere History-Jurorin Anna Castronovo schreibt sogar Fachbücher dazu.

 

Was würdest du rückwirkend ändern, wenn du die Möglichkeit dazu hättest?

Ich hätte früher angefangen, Fantasy zu schreiben. DIE GABE DES WINTERS ist ja mein erster Roman in diesem Genre, und ich habe mich sofort darin verliebt.

Inwiefern.

Der Schreibprozess ist anders, als bei historischen Büchern, für die man viel recherchieren muss. Ich liebe Recherche zwar sehr, aber, sie hält auf. Beim Schreiben aus der bloßen Fantasie, wachsen einem regelrecht Flügel.

Echt? Als Fantasy-Autorin bin ich da nicht so überzeugt. Wieviele Stunden ich schon über Gesellschaftsstrukturen, Schwertkampf, Seefahrt, Bogenschießen, Jagd recherchiert habe, über Vorratshaltung, über Krankheiten und Heilkunde, über Magie …

Okay, ich formuliere etwas um, denn du hast recht. Fantasy ist natürlich super vielseitig und auch in diesem Genre gibt es selbstverständlich Bücher, für die intensiv recherchiert wurde. Aber ich hatte mir bei Die Gabe des Winters regelrecht vorgenommen, nicht zu recherchieren. Stattdessen wollte ich ausschließlich meine Fantasie und das angesammelte Wissen früherer Bücher nutzen. Es war aufregend, die historischen Elemente wie Kleidung, Behausungen, Essen, Kampfkunst usw. einfach wild mixen zu dürfen und mal nicht auf die Epoche achten zu müssen. In einem Historischen Roman wäre das undenkbar … Das habe ich sehr genossen. Selten zuvor habe ich mich beim Schreiben so frei gefühlt.

 

Was wünschst du dir für die Zukunft?

Ich habe so viele Wünsche, dass ich mir vor allem ein langes Leben wünsche!

Das ist weise! Das wünsche ich dir auch!

 

Liebe Joël Tan, natürlich wünschen wir, der Skoutz-Kauz und ich auch weiterhin viel Erfolg im Wettbewerb. Ich freue mich wirklich schon auf unser nächstes Treffen.

Hier könnt ihr Joël Tan erreichen: 

 

 

Skoutz-Lesetipp: 

Die Blütentöchter - Joël TanDie Blütentöchter – Mittelalter von Joël Tan

Vom Schicksal getrennt, durch Blüten auf ewig verbunden …
Heilbronn, 1333. Die Drillingsmädchen des Hauses Laemmlin spalten seit jeher die Gemüter. Während manche in ihnen ein Zeichen der Heiligen Dreifaltigkeit erkennen, zeigen andere offen ihren Argwohn. Es ist das Glück der drei, dass sie dem Stadtadel angehören. Doch als ein Bußprediger die Stadt betritt, ist selbst ihr Stand nutzlos. Denn der prophezeit: Die Drillinge bringen Unheil! Kurz darauf wird Heilbronn von einem verheerenden Hochwasser heimgesucht. Gejagt und voneinander getrennt, bleibt jede Schwester im Glauben, die anderen seien tot. Dann aber entdeckt eine von ihnen Fragmente der heimlichen gemeinsamen Blütenkunst …

Skoutz meint: Joël Tan versteht es wie wenige andere, für ihre Leser die Zeitmaschine anzuwerfen. Das beweist sie auch wieder mit den Blütentöchtern. Wir werden von einer angenehm erzählenden Autorin in das Hochmittelalter entführt, in eine Zeit des Aberglaubens und der Hoffnung, wo Licht und Schatten so eng beisammen lagen. Die Geschichte selbst bietet abwechslungsreich und spannend jeder der Schwestern genug Raum, um Persönlichkeit zu zeigen, mit allen Ecken und Kanten, was ich sehr schön fand. Und als Blumenfan fand ich auch das verbindende Motiv dufte!

Wenn ihr neugierig geworden seid, könnt ihr euch eine Leseprobe über unseren Affiliate-Link bei Amazon* holen, wo das Buch natürlich auch käuflich zu erwerben ist.

 

Hinweis:

Die Gabe des WintersVorjahres-Siegerin Maya Shepherd war fleißig auf Weltentour, um die fantastischsten Geschichten des letzten Jahres zu suchen. Sie war im Märchenland, in geheimnisvollen fremden Welten voller Magie und gefährlicher Abenteuer ebenso wie tief in den Schatten unserer Welt, wo sich allerlei vor unseren Augen verbirgt …

Aus den über 300 Titeln der Longlist Fantasy 2020 hat sie 12 Titel ausgewählt, die von der Midlist Fantasy 2020 aus ins Rennen um den Fantasy-Skoutz 2020 gehen.

Einer davon ist „Die Gabe des Winters„, ein mittelalterlich anmutendes Märchen aus einer geheimnisvollen Winterwelt, aus der Feder von Mara Erlbach, Noel Tans fantastischem Alter Ego. Wir haben uns auch dieses Buch, das beste Aussichten auf den Fantasy-Skoutz hat und auch in der Kategorie Buchcover nominiert ist, natürlich genauer angesehen (weiterlesen).

 

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