Interview mit Francis Knirps

Zu Besuch bei Francis Kirps

Heute ist der Skoutz-Kauz zusammen mit Heike zu Besuch bei Francis Kirps.

Der Grund dafür ist ein schöner: Sein Titel „Eber im Nebel – Von Tieren und anderen Verwandten“ hat unseren Juror Thiago Ruiz überzeugt und ihn auf die Midlist Anthologie gewählt. Auch die Leser sind sehr begeistert und mittlerweile steht sein Buch auf der Shortlist. Wir sind sehr nervös und freuen uns auf unseren Gesprächstermin und sind sehr gespannt auf Francis als Mensch.

Zu Besuch bei Francis Kirps der gerne ein Schneeleopard wäre

Hallo lieber Francis, wir freuen uns sehr, dass wir heute bei dir sein dürfen und sind schon ganz neugierig, was du uns alles zu erzählen hast. Am liebsten würden wir sofort anfangen, OK?

Wenn du ein Tier wärst, wärst du ein …?

Ein Schneeleopard

Warum?

Dann gäbe es einen mehr, diese Tiere sind ja eher selten (nach letzten WWF-Zählungen gibt es 953 Stück, mit meiner Wenigkeit wären es dann schon 954)

Das finde ich einen guten Grund.

Katzen mag ich generell, kleine und große, wilde und zahme, und von allen Katzenarten finde ich den Schneeleopard am coolsten.

Da hast du Recht, das sind schon coole und schöne Tiere!

Ich (also meine menschliche Version) ist nicht schwindelfrei, wäre ich ein Schneeleopard, dann könnte ich also zum ersten Mal von einem Berggipfel hinunter auf die kleine Welt blicken, ohne dass sich alles dreht und mir übel wird …

Dann lass mich auch ein Schneeleopard sein 😀

(Es sei denn, als Schneeleopard würde ich meine menschlichen Eigenschaften behalten: in dem Fall wäre ich ein nicht schwindelfreier Schneeleopard mit 6 Dioptrien, dann wäre es vielleicht schwieriger im Hochgebirge zu überleben …)

Nein, du bekommst alle Eigenschaften die ein Schneeleopard hat.

Außerdem wäre ich als Schneeleopard das Wappentier von Almaty, der größten Stadt Kasachstans.

Womit kann man dich im Alltag glücklich machen?

Indem man mir nicht sagt, was ich tun oder lassen soll.

Das kann ich auch nicht leiden.

Wir alle haben Wünsche, für uns, für die Welt. Was sind deine und was tust du, damit deine Wünsche in Erfüllung gehen?

Wir leben ja in eher dystopischen Zeiten, zumindest ist das der Eindruck, wenn man sich das Weltgeschehen anschaut. Von daher ich wäre schon ganz glücklich, wenn wir Menschen irgendwie die Kurve kriegten, und die Welt nicht in den nächsten Jahren oder Jahrzehnten untergeht, sei es durch Krieg oder Umweltzerstörung.

Ja, das ist ein guter Vergleich. So geht es mir auch, wenn ich mir die neuesten Meldungen ansehe!

Die fortschreitende Zerstörung der Natur durch uns Menschen ist für mich das größte Problem für die Zukunft, ich versuche in meinen Texten, vor allem den Tiergeschichten, darauf hinzuweisen, ohne allzu moralisch, didaktisch daherzukommen.

Aber es kann ja nicht Schaden, immer wieder drauf hinzuweisen finde ich. 

Da man Worten Taten folgen lassen soll, versuche ich das auch soweit wie möglich in meinem Alltag umzusetzen. Das Auto habe ich vor einigen Jahren endgültig abgeschafft und fahre wenn`s geht Zug und reise nicht mit dem Billigflieger in Gegenden, wo ich nichts verloren habe, probiere möglichst lokal zu kaufen und nichts zu verschwenden. Aber das klappt auch nicht immer.

Manchmal stößt man da wirklich (leider) an Grenzen! Aber lass uns trotzdem über Bücher reden, ich bin ja mit ein paar Fragen zu dir gekommen. 

Welches Buch hat dich am meisten geprägt?

Das kann ich nicht beantworten, es sind zu viele, und eines herauszustellen, wäre ungerecht all den anderen gegenüber.

Verständlich, das ist auch ganz schwer.

Welcher Klassiker liegt allen Vorsätzen zum Trotz immer noch auf deinem SuB?

Ursula K. Le Guin: The Earthsea Cycle.

Ich habe es seit längerem, aber mir hat bisher einfach die Zeit gefehlt, mich hineinzulesen. (leider oft der Fall bei großangelegten Fantasy- oder SF-Epen)

Ja die Zeit, das kenne ich sehr gut.

Und welches Buch hätte deiner Meinung nach deutlich mehr Aufmerksamkeit verdient und warum?

Shirley Jackson: We have always lived in the Castle.

Eine der besten Autorinnen des 20. Jahrhunderts, finde ich, weit über Genre-Grenzen (Horror / Gothic) hinaus.

Von Shirley Jackson habe ich auch schon etwas gelesen, war toll!

Ihr bekanntestes Buch ist ja „The Haunting of Hill House“, aber das hier finde ich noch besser und es steht leider immer etwas im Schatten von „Haunting“.

Und die Kurzgeschichte „The Lottery“ sollte man unbedingt auch gelesen haben, eine der fiesesten Stories die ich kenne.

OK, die werde ich mir mal ansehen. Aber jetzt hätte ich auch ein paar Fragen zum Schreiben. 

Themen finden ist oft einfacher als aus den vielen Ideen, die richtige Auswahl zu treffen. Wie entscheidest du, welches Projekt du als nächstes verwirklichst?

Oft entscheiden andere das, wenn zB Aufträge reinkommen, für ein bestimmtes Format oder zu einem bestimmten Thema, und dann überleg ich mir was dazu oder schau ob ich passende Entwürfe auf Halde habe.

Ah, OK.

Wo stehst du beim Schreiben einer Szene? Bist du eher der aufmerksame Beobachter und Dirigent oder mittendrin in allen Höhen und Tiefen mit Blut, Schweiß und Tränen?

Da ich viel satirisch-humoristisches schreibe bin ich oft der (Ironisch)-distanzierte Beobachter. Auch in der ersten Person verrate ich meist nicht mehr als nötig über das Innenleben/die Gefühlswelt der Figur, sondern zeige es durch ihre Aktionen oder Dialoge. Nach Mark Twain: „Show, don´t tell“.

Klingt gut!

Bei längeren Formaten wie Roman oder Novelle bin ich näher an den Personen, als bei Kurzformaten, da die ironische Distanz bei der Langstrecke irgendwann nicht mehr funktioniert, man kommt den Figuren automatisch näher und muss ihnen mehr Tiefe geben, sie nicht bloß als Karikaturen skizzieren.

Verstehe ich gut. 

Welche Szenen fallen dir beim Schreiben am schwersten und wie meisterst du sie trotzdem?

Szenen, in denen meine Figuren leiden. Weil man da als Autor automatisch mitleiden muss um sich hineinzuversetzen und somit auch den Leser mitfühlen zu lassen.

In den Büchern, die ich lese, leide ich auch immer mit den Protagonisten mit. 

Dialoge sind generell schwierig, die Gefahr dass es hölzern oder artifiziell rüberkommt , ist immer vorhanden, selbst bei viel Schreib-Erfahrung. Oft muss man sich da Zeit lassen, bis der richtige „Flow“ sich einstellt.

Was ist dir beim Schreiben deiner Geschichten am wichtigsten, worauf achtest du besonders?

Auf den Stil: Wichtig ist dass der Stil, die Sprache zum Thema , zum Inhalt des Textes, zu den Figuren passen.

Genau. 

Da meine Geschichten oft fantastisch, grotesk, over the top, sind, versuche ich die Sprache knapp und klar zu halten, um die unglaublichen Begebenheiten auf lakonische Weise zu erzählen, das macht die Wirkung stärker, finde ich. Ausrufezeichen, Adverbien, Metaphern sind stilistisches Gift und werden so sparsam wie möglich eingesetzt.

Ist für mich nachvollziehbar. Aber lass uns mal das Thema wechseln.

Es heißt, jeder Künstler muss auch ein bisschen wahnsinnig sein. Was ist dein Schuss „Wahnsinn“?

Keine Ahnung wer das behauptet hat. Wahnsinn ist eine Krankheit, das Wort würde ich nicht inflationär benutzen. Ich denke nicht dass ein Künstler krank sein „muss“ um Großes zu schaffen.

Da hast du Recht.

„Verrückt“, im Sinne von „nicht normal“ wäre hier wohl der treffendere Begriff, aber ob ich das bin mögen andere entscheiden, ich selbst find mich ganz normal.

Ich bin ja eigentlich auch total normal, hab aber ein paar Macken.

Ich bin ziemlich eigensinnig, manchmal stur, und kann mich sehr in einen Text oder ein Buch hineinsteigern, bis in die winzigsten Details. Das kenne ich aber von vielen Kolleginnen und Kollegen.

Ich glaube, jeder kann an gewissen Punkten stur sein. 

Beschreibe dein aktuelles Buch in 3 Sätzen

„Eber im Nebel“ sind 13 Geschichten, in denen es um Tiere und ihr Verhältnis zu Menschen geht. Es sind Texte die zum Lachen anregen, aber vor dem Hintergrund des Artensterbens einen ernsten Hintergrund haben. Es kommen aber auch Außerirdische und ein untoter Stand-up-Comedian im Buch vor.

Ich fand alle sehr gut zu lesen!

Was würdest du noch gerne lernen und wozu?

Ich würde gerne durch die Zeit reisen können.

(Rückwärts vor allem)

Nimmst du mich mit?

Welcher Moment im Leben hat dich besonders geprägt?

Das gibt es mehr als einen, aber das ist privat und gehört demzufolge nicht hierher.

Alles klar, weiter zur nächsten Frage

Was sollen deine letzten Worte sein?

Bitte nicht

Und mit welchen Worten soll dieses Interview enden?

Vielen Dank.

Lieber Francis, und schon ist die Zeit um. Vielen lieben Dank für deine Zeit und deine Antworten. Wir haben unser Gespräch sehr genossen und es hat uns wirklich viel Spaß gemacht, Dankeschön. 

 

Mehr über Francis Kirps erfahrt ihr hier:

 

Skoutz-Lesetipp

Die Klasse von 77: Ein Punkrock-Roman von Francis Kirps

Wir schreiben das Jahr 1977. In einem verschlafenen Nest irgendwo in der Provinz geht das Leben seinen gewohnten, langweiligen Gang. Das ändert sich, als das erste Album der Ramones den Weg ins Kinderzimmer unseres neunjährigen Helden findet. Von nun an ist nichts mehr so, wie es war. Die neue Musik aus New York wirkt wie ein Weckruf, ein Signal zum Aufbruch aus der Provinz. Zusammen mit seinem besten Freund Ralphie und dem Schulschwänzer Krusti gründet er seine eigene Band, und die drei Jungs treten an, um der Welt zu zeigen, dass auch Viertklässler Punkrock spielen können. Aber die Hürden, die sie nehmen müssen, sind hoch: Woher bekommen sie Instrumente? Wie schreibt man griffige Punktexte? Wo findet sich ein geeigneter Proberaum? Und vor allem: Wie verhindert man, dass Eltern und Lehrer sich einmischen und alles kaputtmachen?

Im Jahr 2016 feiert Punk seinen vierzigsten Geburtstag. Diese Geschichte führt uns zurück in die Zeit, als er noch in den Kinderschuhen steckte, und das im wahrsten Sinn des Wortes. Man stelle sich Tom Sawyer und Huckleberry Finn als Dorfpunks vor. »Die Klasse von 77« ist eine schillernde Pop-Satire, ein Coming-of-Age-Roman der etwas anderen Art, urkomisch, laut und schnell. Wie Punkrock eben.

Auf seinem Weg zum Punk-Olymp bekommt das eigensinnige Trio es unter anderem mit einem merkwürdigen Krautrock-Kaplan zu tun, einem geschäftstüchtigen Hausmeister und den neugierigen Mädchen vom Enid-Blyton-Club. Am Ende treffen sie sogar auf eine vergessene Hippie-Kommune. Und immer steht die Frage im Raum: Wird irgendwann eine Plattenfirma aus London anklopfen und die Band unter Vertrag nehmen? Wird sich der Traum von der internationalen Karriere erfüllen?

 

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Hinweis:

In diesem Jahr haben sich Sylvia Witt und Oliver Uschmann durch die Longlist Humor  gearbeitet und haben ohne Rücksicht auf die Lachmuskeln die vielfältigen Buchtitel betrachtet, gelesen und eine richtig breite Mischung aus diesem Genre für die Midlist bestimmt.

Eber im Nebel: Von Tieren und anderen Verwandten ist eine Geschichtensammlung, von Francis Kirps, die es geschafft hat, sich gegen knapp 200 Titel durchzusetzen und nun auf der Midlist Humor steht. Sie wurde im Mai 2021 über den Satyr Verlag herausgegeben. Eber im Nebel vereint dreizehn Erzählungen, in denen Tiere uns auf unerwartete und komische Weise den Spiegel vorhalten.

 

 

 

 

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