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Zu Besuch bei: Elea Brandt

Heute bin ich gar nicht so weit weg, sondern im schönen Passau, wo ich Elea Brandt, eine in Fantasykreisen durchaus bekannte Kollegin, besuchen darf. Elea Brandt wurde mit ihrem beeindruckenden und sehr vielschichtigen High Fantasy Roman „Unter einem Banner“ von Andreas Suchanek für den Fantasy-Skoutz 2019 nominiert und das ist natürlich ein perfekter Anlass für ein ohnehin überfälliges Interview. Da sie wie ich auch begeisterte Rollenspielerin ist, mache ich mir keine Sorgen, dass uns der Gesprächsstoff ausgehen könnte.

Zu Besuch bei Elea Brandt, die sich beim „Schreibdecken“ schon mal von Affen besuchen lässt.

In einem Wort: Was bedeutet für dich „Schreiben“?

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Das gefällt mir. 

Was ist der seltsamste Ort, an dem du je geschrieben hast?

Elea Brandt PortraitHmm, ich bin als Pendlerin ziemlich flexibel, was meine Schreibplätze angeht (Schreibtisch, Couch, Bett, Zug, U-Bahn, Parkbank, Starbucks), aber nicht so richtig
exotisch.

Wobei, exotisch ist ein gutes Stichwort. Vor einigen Jahren habe ich mal zwei Monate auf Barbados verbracht, da hatten wir eine wunderschöne Terrasse unter Palmen und manchmal kam ein Affe vorbei. Das war schön.

Ich häng ja noch an Frage 1 bzw. deiner Antwort dazu, weil da in einem Wort so viel potentielles Abenteuer enthalten ist. Lass uns nochmal über dein Schreiben sprechen.

Wie entstehen deine Geschichten?

Puh.

Ja?

Also am Anfang ist da meistens ein Setting oder eine Stimmung für die Geschichte. Ist sie düster oder märchenhaft? Spielt sie im Weltraum oder in einem mittelalterlichen Fantasy-Setting? Vielleicht sogar beides?

Haha, wenn  man sich vorher festlegen will, lässt  man sich so alle Möglichkeiten offen. Wie geht es weiter?

Und dann taucht meistens die erste Figur auf und erzählt mir ihre Lebensgeschichte oder einen wichtigen Konflikt, mit dem sie sich herumschlagen muss. In der Regel bleibt diese Figur auch nicht lange alleine, sondern bringt gleich eine ganze Reihe von Freundinnen und Freunden mit, die sich sofort alle in den Mittelpunkt drängen. Aus dieser Konstellation
bastle ich mir dann einen groben Fahrplan für meinen Plot, an dem ich mich entlang hangeln kann.

Und das klappt? Meine Figuren jedenfalls lassen nichts unversucht, um meine wohldurchdachten Plots ad absurdum zu führen. 🙂

In der Regel kommt irgendwann tatsächlich der Punkt, an dem meine Figuren das Ruder übernehmen und ich ihnen nur hastig hinterher schreiben kann, um ja nichts zu verpassen. Am Ende bin ich wohl doch nur die Chronistin meiner Charaktere. Wobei ich ihnen schon mal einen Schubs in die eine oder andere Richtung gebe, wenn sie sich vergaloppieren.

Das klingt jetzt eher nach Mediation als nach autoritäter Erziehung. 

„Es wird immer weniger gelesen“
Wie reagierst du auf diesen Satz?

Um ehrlich zu sein, ich sehe ihn als Herausforderung. Ich finde es toll, dass mittlerweile so viele Möglichkeiten existieren, Geschichten zu erzählen und zu erfahren.

Wie meinst du das?

Es gibt hervorragend erzählte Serien und Filme, die weit über das alte TV-Angebot hinausgehen, viele Videospiele sind narrativ großartig aufgebaut und auch der Buchmarkt ist vielfältiger und interaktiver geworden. Da hilft es nicht, seufzend in die Vergangenheit zu blicken und zu jammern, dass früher doch alles besser war.

Das ist ja, wenn ich deine Antwort richtig verstehe, zumindest aus Empfängersicht deiner Meinung nach ohnehin falsch. Wie siehst du das aus Autorensicht?

Ich denke schon, dass es schwieriger geworden ist, Leser zu erreichen, aber das Gefühl, wenn die eigene Geschichte gelesen und gemocht wird, ist immer noch genauso einmalig wie immer.

Das belohnt dann auch dafür, dass man sich mehr strecken muss, um bemerkt zu werden. Wobei ich persönlich gar nicht sagen würde, dass es schwieriger geworden ist. Anders durch die von dir angesprochene Interaktivität. Man erreicht heute viel leichter als früher den Leser selbst. Crowdfunding, Schnipsel während des Schreibprozesses, Social Media Marketing – das alles bietet enorme Chancen. Aber es verlangt vom Autor, auch wenn er über den Verlag geht, eben deutlich mehr Engagement neben dem Schreibprozess als früher. 

Wie stehst du zu Schreibregeln, die bestimmen, was der 1. Satz auf keinen Fall enthalten darf, welche Worte man verwenden soll und welche zu vermeiden sind, wie lang ein Satz sein darf, etc.?

Regeln sind da, um gebrochen zu werden.

Das ist die Rebellenvariante.  

Nein, im Ernst: Beim Schreiben gilt für mich, alles kann, nichts muss. Schreibregeln sind sinnvoll, es ist klug, sich mit ihnen auseinanderzusetzen, denn sie haben durchaus ihre Berechtigung.

Ich bin da berufsbedingt moderater und sage, sie sind dazu da, dass man nachdenkt bevor man sie bricht.

Nichts ist unangenehmer als Autoren, die sich vehement gegen alle Vorschläge und Ideen wehren, weil sie sich und ihren Stil für unantastbar halten. Zugleich wird man aber
auch nicht zum guten Autor, nur, weil jeder Satz die perfekte Anzahl an Wörtern besitzt oder jedes Kapitel mit einem extremen Cliffhanger endet. Voltaire sagte mal:

„Jede Art zu schreiben ist erlaubt, nur die langweilige nicht.“

Das ist eine gute Daumenregel.

Ja, das finde ich auch.

Welches Buch hat dich am meisten geprägt und warum?

Puh, eine schwierige Frage.

Wir geben uns wirklich redlich Mühe. 

Ich fürchte, meine Antwort ist ganz unkreativ tatsächlich „Harry Potter“.

Da befindest du dich doch in wirklich allerbester Gesellschaft. 

Ich habe diese Buchreihe viele Jahre lang gelebt, bin zu Mitternachtslesungen gegangen, habe mir Fanfictions ausgedacht (wenn auch nie aufgeschrieben) und die neuen Bücher zum Teil binnen einer einzigen Nacht ausgelesen. Der erste fertige Roman, den ich in meinem Leben geschrieben habe (so mit 13 Jahren) war ebenfalls sehr stark von Harry Potter inspiriert. Es ging dabei um ein Mädchen in einer Klosterschule, die ein Portal in eine Fantasy-Welt entdeckt.

Ist das nicht eher Lewis‘ Narnia? Um mal so die Fantasy-Klassiker abzuarbeiten … Aber wie ging es mit dir und Harry weiter?

Heute sehe ich viele Aspekte in Harry Potter deutlich kritischer als damals, und das zeigt mir auch ganz gut auf, wie sich mein Blick auf die Welt und das Schreiben verändert hat. Trotzdem ist fraglich, ob ich je so intensiv in die Fantasyliteratur eingetaucht wäre, wenn es Harry Potter nicht gegeben hätte.

Elea, das klingt unfassbar spannend, aber das sprengt leider den Rahmen, ich muss ja noch weiter zu anderen Autorenkollegen. Aber bitte lass uns doch mal ein Harry-Special-Interview machen, das gerade diese Veränderungen in der Adaption beleuchtet. Das würde mich wirklich brennend interessieren. 

Wenn wir hier schon so intensiv über Bücher und Bucheindrücke sprechen …

Wenn du für einen Tag in ein Buch reisen könntest, in welches würde es dich ziehen?

Oje, ich lese ja vor allem düstere, dreckige und zum Teil auch ziemlich brutale Fantasy oder Science-Fiction lese, von daher fühlt sich davon nichts so richtig nach Urlaubsparadies an. Genau deswegen mag ich ja solche Geschichten: Wenn es mir zu viel wird, kann ich einfach die Buchdeckel zuklappen. Von daher würde ich wohl einfach eine Reise nach Zarbahan buchen, in die Welt von „Sand & Wind“, meinem Orientmärchen.

Warum? Was würdest du da machen?

Da würde ich gemütlich über den knallbunten Basar schlendern, mit meinem Protagonisten Süßigkeiten essen, einen magischen Kochtopf kaufen und den Palast besuchen. Und vermutlich würde ich am Ende feststellen, dass alles gar nicht so ist, wie ich das beschrieben habe. Uhh, wäre das peinlich.

Ach was, du hast ja oben schon gesagt, dass du eher Mediator als Gestalter bist. 🙂
Stell dich also der literarischen Realität (lach). Bringt mich gleich zur nächsten Frage …

Bist du ein mutiger Mensch? Wann hast du das letzte Mal was zum ersten Mal gemacht und was war das?

Uff, um ehrlich zu sein, ich bin ein ziemlicher Feigling.

Das zuzugeben, ist ja für sich schon wieder mutig. Darum glaub ich das jetzt mal einfach nicht. 

Aber ich habe mich trotzdem dieses Jahr für einen Anfängerkurs im historischen Schwertkampf angemeldet, und das obwohl ich eine komplette Bewegungslegasthenikerin bin. Was tut man nicht alles für gute Recherche, so als Fantasy-Autorin? (Mit Muskelkater gesendet)

Oh ja! So einen Kurs mit allen Höhen und Tiefen und blauen Flecken habe ich auch schon hinter mir. Mein Hund hält mich auch immer für total bescheuert, wenn ich im Hausgang irgendwelche Duellszenen nachstelle, ob das so überhaupt funktionieren  kann.

Für welches Produkt würdest du als Testimonial Werbung machen? 

Scrivener, das Schreibprogramm, mit dem ich arbeite.

Warum?

Ich glaube, das quatsche ich ohnehin schon jedem Autor auf, der nicht schnell genug weglaufen kann. Ich kriege aber kein Geld dafür, ehrlich.

Ich habe mir das jetzt zwar zugelegt, aber wirklich aktiv nutze ich es noch nicht. Da komme ich evtl. noch mal mit der Bitte um Nachhilfe auf dich zu.

Was machst du, wenn du eine Nacht im Kaufhaus eingeschlossen wärst?

Erstmal den Süßigkeitenladen plündern und alles durchprobieren, bis mir schlecht ist.

Das hast du mit Cliff Allister gemeinsam. Der wollte auch erst mal in die Delikatessenabteilung. 🙂
Und dann?

Dann würde ich es mir vermutlich in einem hübschen Buchladen gemütlich machen und nach Herzenslust schmökern. Oder auf den riesigen Fernsehern im
Elektronikmarkt „Game of Thrones“ gucken.

Was ist der erste Gedanke nach dem Aufstehen? Was machst du in der ersten Stunde nach dem Aufstehen?

Mein erster Gedanke ist meistens: „O Gott – schon morgen?“

Oh ja, das kenne ich. Ich bin da allerdings einsilbiger und belasse es bei einem „Och neee!“
Und dann?

Dann wanke ich eine Stunde lang wie ein Zombie durch die Wohnung und mache mich dann auf den Weg zur Arbeit. Dort gibt‘s dann den ersten Kaffee und ich wache so ganz langsam auf. Ich bin trotzdem immer müde. Außer wenn ich schlafe. Dann geht‘s.

Von Aufwachen abgesehen …

Welche Superkraft hättest du gerne?

Teleportieren oder fliegen wäre klasse.

Oft gehört. Was fasziniert dich daran besonders?

Es gibt so viele tolle Menschen, die viel zu weit weg wohnen und die ich so gerne öfter besuchen würde. Auch das Pendeln wäre plötzlich kein Thema mehr und ich könnte spontan alle Orte besuchen, die in meinen Büchern vorkommen (oder von denen ich mich inspirieren lasse). Das wäre der Hammer!

Welcher Irrtum kursiert über dich?

Ich wäre nett. Hahaha. Haha. Hahahaha. *insert manisches Lachen*

Oh. Äh … ich fürchte, wir werden mit diesem Interview auch weiter an dem Mythos bauen. Sorry. 

Was würdest du deinem 10 Jahre jüngeren Ich raten?

Mini-Me, auch, wenn du das manchmal nicht sehen kannst: Du bist auf dem richtigen Weg, zieh dein Ding durch! Ich weiß, im Moment kannst du dir nicht vorstellen, dass du jemals ein Buch veröffentlichen wirst, aber du wirst das schaffen. Wird ein Haufen Arbeit, aber du kriegst das hin! Go for it.

Und nun nochmal für alle … 

Was wolltest du der Welt schon immer einmal sagen? Raus damit!

Ihr Lieben, die Welt der Fantasy- und Sciene Fiction-Bücher ist groß und bunt und vielfältig – was ihr täglich in den Medien seht, ist nur die Spitze des Eisbergs. Werft doch auch mal einen Blick auf Kleinverlage, unterstützt Own Voice-Autoren probiert ganz neue Genres aus. Seid mutig, seid kreativ, seid neugierig und lasst euch nicht verbiegen.

Dem ist nichts hinzuzufügen. Ich bin begeistert. Liebe Elea, es war mir ein Fest und ich freue mich schon darauf, mit dir dieses Harry-Thema nochmal aufzugreifen. Jetzt aber erst einmal noch viel Erfolg im weiteren Verlauf des Wettbewerbs. Ich würde mich freuen, wenn wir uns im Oktober auf der Skoutz-Gala sehen. 

 

Hier könnt ihr Elea Brandt treffen: 

 

Skoutz-Lesetipp: Sand & Wind – Orientalischer Märchenzauber von Elea Brandt

Tief in der Wüste regt sich uralte Magie. Mit dem roten Sand fegt sie durch die Gassen der Stadt Zarbahan und enthüllt ein lange gehütetes Geheimnis.
Während der vorlaute Gauner Quiro seinen Lebensunterhalt mit Taschenspielertricks verdient, versucht der junge Schah Elis, den brüchigen Frieden im Land zu bewahren. Eines Tages begegnen die beiden einander – und die Ereignisse überschlagen sich. Elis verschwindet unter mysteriösen Umständen und Quiro findet sich mitten in den Ränkespielen der Mächtigen wieder, wo ihn jeder Fehler den Kopf kosten kann. Denn dunkle Kräfte ruhen im Wüstensand – und nur Quiro kann sie aufhalten.

Skoutz meint: Man meint, dass beim Lesen ein Hauch von Zimt durch die Wohnung zieht, wenn Elea Brandt ihre Leser in ein Märchen entführt, dass Sherezade in der 1002. Nacht erzählt haben könnte. Märchenhaft konsequent entsprechen die Figuren typischen Prototypen, die aber genug Eigenheiten entwickeln, um spannend und interessant zu sein und den Leser bei dem großen Abenteuer mitfiebern lassen.
Besonders gut hat uns ein Nebenaspekt gefallen: Eleas gut durchdachte Orient-Welt ist in Bezug auf Liebesbeziehungen deutlich liberaler als es der echte Orient wäre, und die selbstverständliche Art, mit der das einfach eingeführt und vorausgesetzt wird, zeigt eindrucksvoller als jeder zwanghafte Gleichbereichtigungsappell, wie albern an dieser Stelle Diskriminierung doch ist. 

Wer neugierig geworden ist, kann sich über unseren Affiliate-Link auf Amazon eingehender über dieses 2018 im Verlag Ohneohren veröffentlichte, wirklich lesenswerte Buch informieren (externer Link).

 

Hinweis:

Elea Brandt - Unter einem BannerElea Brandts Mittelalter-Fantasy-Roman “Unter einem Banner” – im Januar 2018 beim Deadsoft Verlag veröffentlicht – gefiel dem Oberzauberer unserer diesjährigen Jury, dem Vorjahressieger Andreas Suchanek.  so gut, dass er den rasant erzählten, fantastischen Antikriegsroman um Offizier Reykan und seine gefährliche Mission aus der Fantasy-Longlist auf seine persönliche Midlist wählte.

Wir haben das Buch, das damit gute Chancen auf den Fantasy-Skoutz 2018 hat, bereits gelesen und euch hier vorgestellt (weiterlesen).

 

Wer das Buch schon kennt, kann (und soll!) es auf Skoutz.net bewerten, damit  unsere Buchsuche besser werden kann (weiter).
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