zu Besuch bei: Benedict Wells

Banner Benedict Wells

Der gebürtige Münchner Benedict Wells lebt nach einem Ausflug nach Barcelona heute in Berlin, wo ich ihn auch besuche. Ein bisschen neugierig bin ich auf den Kollegen mit der Musterschülervita schon. Verlegt in angesehenen Verlagen, Gewinner so wichtig klingender Preise wie dem European Union Prize For Literature 2016, den er für sein auch bei uns nominiertes Buch erhalten hat – und schließlich einer, der geschafft hat, was sich so viele Kollegen wünschen: Dass eines seiner Bücher verfilmt wurde…

 

Zu Besuch bei Benedict Wells, einem der intuitiv zum Star wurde

 

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© Bogenberger/autorenfotos

Was ist dein »Sprit« beim Schreiben, woher nimmst du deine Ideen?

Ich schreibe eigentlich sehr intuitiv, aus dem Inneren heraus.

Wie sollen wir uns das vorstellen? Auch uneigentlich …

Das führt dazu, dass ich hin und wieder selbst überrascht bin, wie sich manche Figuren verhalten oder in welche Richtung sich die Geschichte entwickelt. Das bewusste Planen von Szenen und Einflechten von Ideen kommt dann meist später.

So arbeitest du, aber wie beginnt ein Wells-Roman? Woher stammt der Same?

Oft ist es jedenfalls ein bestimmtes Gefühl, eine Erinnerung oder eine Beobachtung, die sich dann zu einer Geschichte auswächst. Manchmal auch nur ein Bild.

 

Was würdest du tun, wenn du nicht mehr schreiben könntest?

Filme haben mich immer interessiert, vielleicht würde ich mehr in diese Richtung gehen.

Da hattest du auch eine Ausbildung gemacht, habe ich gelesen. Ist Film eine echte Konkurrenz oder anders formuliert …

 

Zu welchen Anlässen hast du schon überlegt, mit dem Schreiben aufzuhören?

Nie. Ich bin natürlich nicht sicher, wie lange ich noch schreiben werde, doch so lange ich Leidenschaft und Gefühl für die Geschichten habe und es mir solchen Spaß macht, wie jetzt, gibt es für mich nichts anderes. Und wenn das alles nachlässt, höre ich sofort auf. Ich hoffe zumindest, dass ich dann so konsequent bin.

Eine interessante Sichtweise, die mich aus verschiedenen Gründen zum Widerspruch reizt. Zunächst einmal ist das etwas, was ich im Interesse deiner Leser nicht hoffen möchte. Dann aber finde ich auch, dass man für etwas, das man liebt, kämpfen sollte. Gleich, ob es um Menschen oder um Passionen geht, und zwar nicht nur gegen äußere Widerstände, sondern auch gegen sich selbst. Wofür sonst lohnt es zu kämpfen?

 

Was war dein emotionalstes Erlebnis beim Schreiben?

Der Tod einer bestimmten Figur.

Das höre ich öfter. Ich frage nicht nach, denn wir wollen nicht spoilern.

 

Wie viel Autobiografie steckt in deinen Geschichten?

Eher wenig. Aber dafür sehr viel Persönliches.

Das finde ich auch sehr spannend. Kann man denn etwas anderes in seine Autobiografie schreiben als Persönliches? Oder anders gefragt – was wenn nicht das Persönliche macht uns aus? Erklärst du mir das genauer?

Für „Vom Ende der Einsamkeit“ habe ich eigene Erfahrungen mit Veränderung, Verlust und Einsamkeit genommen und damit diese Geschichte geschrieben. Auf dem Papier ist mir wenig davon selbst passiert, doch die Gefühle hinter den Szenen sind echt. Sie waren quasi die Tinte, mit der ich den Roman geschrieben habe.

 

Was wäre das größte Kompliment, das man dir als Autor machen kann?

Es gibt da keinen Superlativ.

Das ist bescheiden. Wodurch erfreut man dann ungesteigert dein Autorenherz?

Ich freue mich einfach über jeden, der meine Geschichten mag oder von ihnen berührt wurde.

 

Wer ist für dich dein idealer Leser?

Im Schreibprozess ist es jemand, der mir vertraut und auch offen für neues ist, aber dabei immer ehrlich – und verdammt kritisch.

Und danach nicht mehr? Ist nicht nach dem Buch auch vor dem Buch? Ich persönlich freue mich über jeden, der mit mir über meine Bücher spricht. Weil mich jedes dieser Gespräche auf meinem Autorenweg beeinflusst. Auch winzige Kurskorrekturen machen auf langer Strecke große Unterschiede aus.

 

Bei welchem deiner Protagonisten würdest du den Beziehungsstatus mit dir als »schwierig« bezeichnen?

Alva war bisher die größte Herausforderung für mich. Rauli dagegen die Figur, die ich bis heute am meisten mag. Neben Marty.

Und mit diesem Hinweis möchte ich ihre Geschichten gleich noch einmal lesen.   🙂

 

Und zum Schluss: auf welche Frage in einem Autoreninterview möchtest du einfach nur mit »Ja« antworten?

Sollen wirklich mehr Menschen Joey Goebel lesen?

Darauf fällt auch mir nur eine Antwort ein: Ja!

(Joey Goebel ist ein amerikanischer Autor, der mit seinem wirklich einzigartigen Schreibstil Gesellschaftssatire pflegt und ein Muss für Freunde ungewöhnlicher wortverspielter Unterhaltung.)

 

Hier könnt ihr Benedict Wells treffen:

Benedict Wells auf Facebook

Benedict Wells bei Diogenes

 

Cover fast genialSkoutz-Lesetipp:  Fast genial – ein Selbstfindungs-Roman von Benedict Wells

›Ich habe das Gefühl, ich muss meinen Vater nur einmal anschauen, nur einmal kurz mit ihm sprechen, und schon wird sich mein ganzes Leben verändern.‹ Die unglaubliche, aber wahre Geschichte über einen mittellosen Jungen aus dem Trailerpark, der eines Tages erfährt, dass sein ihm unbekannter Vater ein Genie ist, und sich auf die Suche nach ihm macht. Eine Reise quer durch die USA – das Abenteuer seines Lebens.

 

Skoutz meint: Ein Teenie, der vom Start weg im Leben keine Chance hatte, ergreift sie trotzdem und macht sich mit zwei Freunden auf, um seinen Vater zu suchen. Herausgekommen ist dabei ein Roadtrip auf der Suche nach den eigenen Wurzeln und über allem die Frage nach Glück. Wie Perlen auf einer Schnur reihen sich die Episoden aneinander, mal spannend, mal besinnlich, heiter und nachdenklich. Mit jeder Meile führt Benedict Wells mit seiner unaufgeregten Erzählweise dem Leser auch das Innenleben der Reisenden vor und je mehr davon nach außen dringt, desto mehr Raum finden Hoffnung in der Tristesse und Zweifel in der Sinnsuche. Beeindruckend fanden wir als bei aller Liebe zu Büchern doch leicht gelangweilte Vielleser den Schluss, der den Rezensenten zufolge sehr polarisierend, weil völlig überraschend ist und das Kopfkino noch lang über die letzte Seite hinaus beschäftigt.

 

 

Cover Einsamkeit - WellsHinweis:

Benedict Wells vielgelobter Roman „Vom Ende der Einsamkeit“ fand auch unser Juror Jannis Plastargias so bemerkenswert, dass er ihn aus über 100 vorgeschlagenen Titeln für die Midlist Contemporary des Skoutz-Awards 2016 ausgewählt hat. Und von dort aus hat er es mit Hilfe zahlreicher Leser und der restlichen Skoutz-Jury in die Shortlist geschafft, aus der dann im September der Titel gewählt wird, der den Contemporary-Skoutz 2016 erhält.

Wir haben uns den im Februar 2016 vom Diogenes Verlag veröffentlichten Roman über das Überwinden von Verlust und Einsamkeit und über die Frage, was in einem Menschen unveränderlich ist, nochmals genauer angeschaut und euch das Buch hier auch ausführlich vorgestellt.

 

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