Skoutz-Classics: Cthulhu-Mythos von H.P. Lovecraft

Die Frage, ob der Cthulhu-Mythos von H.P. Lovecraft gruselige Fantasyliteratur oder fantastischer Horror ist, ist ungefähr so zielführend wie der Streit, ob ein Zebra schwarze Streifen auf weißem Grund trägt, oder umgekehrt. Unbestritten ist der enorme Einfluss von H.P. Lovecrafts surrealem Werk auf zeitgenössische und nachfolgende Autoren aller Spielarten der Phantastik. Und deshalb darf unserer Meinung nach eine Vorstellung des Cthulhu-Mythos‘ und seines heimlichen Hauptdarstellers, des berühmt-berüchtigten Buches Necromonicum in einer Liste der Fantasy-Klassiker nicht fehlen.

 

Um was geht es im Cthulhu-Mythos?

Der Begriff Cthulhu-Mythos ist ein Kunstbegriff, den sein geistiger Vater, H.P. Lovecraft, so gar nie verwendet hat. Mit ihm wird eine lose Sammlung von Novellen und Kurzgeschichten zusammengefasst, deren einheitlichen Hintergrund Lovecraft erst nach und nach entwickelt hat und der früh schon von anderen Autoren aufgegriffen, adaptiert und weiter ausgebaut wurde.

Vor der Kulisse Neuenglands etwa in der Zeit von 1920 bis 1937 werden an fiktiven Orten mysteriöse Ereignisse geschildert, und mit immer wiederkehrenden, symbolträchtigen Gegenständen und Figuren Geschichten von Wahnsinn und Untergang erzählt. Viele dieser Ereignisse sind dabei auf die (großen) Alten gerichtet, Aliens aus weit entfernten Galaxien, die dank ihrer gottgleichen Macht über den Naturgesetzen zu stehen scheinen. Im Vergleich zu ihnen ist das Individuum vollkommen bedeutungslos, woran die Protagonisten häufig zerbrechen.

Besonders faszinierend ist beim Cthulhu-Mythos, dass okkulte Bücher, wie das Necromonicum, nicht nur das Wissen über diese Alten offenbart, sondern ihre Leser unmittelbar beeinflussen. So kann die Lektüre dieses Buches bereits zu Wahnsinn führen.

Zahlreiche Autoren haben Elemente Lovecrafts aufgegriffen und zusammen mit ihm bzw. im Zeichen seines geistigen Erbes den Cthulhu-Mythos fortgeführt und in ihren Geschichten weiterentwickelt. Deshalb ist es auch so schwierig, Cthulhu präzise zu fassen.

Wie fanden wir den Cthulhu-Mythos?

Wir stellen hier die im Festa-Verlag erschienene Sammelausgabe vor, die in zwei Bänden die vollständigen Werke Lovecrafts zum Cthulhu-Mythos´zusammenfasst und von dem anerkannten Lovecraft-Experten Marco Frenschkowski ausführlich und kenntnisreich erläutern lässt.

Neben allen Kurzgeschichten sind auch die berühmten Novellen wie Berge des Wahnsinns, Der Schatten über Innsmouth oder Der Fall Charles Dexter Ward enthalten. Auch wenn es (siehe unten) den Cthulhu-Mythos auch legal kostenlos zu beziehen gibt, möchten wir dieses Buch, gleichwohl allen Interessierten empfehlen.

Die Faszination des Cthulhu-Mythos besteht in seinem neuen Ansatz, sich Grauenvollem und Abgründigen zu stellen und bietet daher einen im Vergleich zu seinen mit klassischen Elementen arbeitenden Zeitgenossen wie E.A. Poe und Bram Stoker, völlig neue Leseerfahrungen. Lovecrafts Grauen bedient sich bei den Urängsten der Menschen, die lange vor jedem kulturellen, zivilisatorischem Ansatz entstanden sind: Untergang, Kontrollverlust, Wahnsinn.

Historisch ist der Cthulhu-Mythos so interessant, weil er als Literatur der amerikanischen Prohibitionszeit nicht aussprechen konnte. Alles, was gegen die engen moralischen Vorstellungen der Zensoren verstoßen könnte – Andersartigkeit, Gewalt und natürlich Geschlechtlichkeit – durften nicht thematisiert, sondern konnten höchstens angedeutet werden. Herausgekommen ist eine bildgewaltige, metpahernreiche Sprache, die den Leser zwingt, seine Fantasie zu gebrauchen, um die Andeutungen mosaikartig selbst zu seinem persönlichen Gesamtbild zusammenzusetzen. Das steht in krassem Gegensatz zu der heute üblichen detailreichen Schilderung von Sex- und Gewaltszenen. Das wirkt einerseits altmodisch und passend zum Setting, andererseits aber zeigt es, das Lovecraft ein Meister des Kopfkinos ist.

 

Wem verdanken wir den Cthulhu-Mythos?

Skizze von HP Lovecraft (Quelle: Wikipedia)

H.P. Lovecraft ist für Stephen King: „Der größte Horrorautor des 20. Jahrhunderts (…) – daran gibt es keinen Zweifel.“

Howard Phillips Lovecraft wurde 1890 in Providence, Rhode Island geboren und wuchs, gezeichnet von gesundheitlichen und psychischen Problemen dort auch auf. Seine literarische Begabung zeigte sich bereits früh und veranlasste ihn, eine Laufbahn als Journalist einzuschlagen. Da sein Werk zu Lebzeiten nicht wirklich eine breite Leserschaft erreichte, verarmte Lovecraft immer mehr. Gezeichnet von einer schmerzhaften Darmkrebserkrankung versuchte er, sich seinen Stolz und seinen künstlerischen Anspruch zu bewahren. Er lehnte niedere Tätigkeiten als Auftragstexter oder Groschenheftautor ab und konzentrierte sich beharrlich auf kunstvoll komponierte Erzählungen in einer auf kunstvolle Effekte ausgerichteten Sprache.

Grundthema Lovecrafts ist die Auseinandersetzung mit den ihn persönlich bewegenden Themen, wie die Abkehr vom biblischen Weltbild, das den Menschen als Krone der Schöpfung sah, die Entdeckung der Unendlichkeit des Alls, die großen archäologischen Erfolge dieser Epoche, aber auch die Angst vor historischem Verfall. Persönliche Ängste wie die vor Degeneration und Dekadenz, aber auch ein grundlegender Rassismus prägen sein Werk.

Nach seinem Tod 1937 führten befreundete Autoren sein Werk fort und hielten die Erinnerung an Lovecraft am Leben. Und so erfreut sich Lovecraft heute eines späten Ruhms bei einer eingefleischten Leserschaft.

 

Hier gibt es den Cthulhu-Mythos

 

Weitere Klassiker der Fantasy (oder genauer der phantastischen Literatur) haben wir euch in unserer Fantasy-Classics-Liste vorgestellt.

 

 

 

 

 

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