Shortlist SF – Paracelsus von Arno Endler
Die Longlist Science Fiction wurde lange Zeit klar dominiert von einer Handvoll vielfach vorgeschlagener Titel. Einige von ihnen hat Karsten Kruschel dann auch mit erstaunlich sicherem Gespür für die Midlist nomiert. Dort entbrannte dann ein enges Rennen um die begehrten Plätze der Shortlist, dass in einem wahren Foto-Finish durchaus für Überraschungen gesorgt hat. Jetzt steht jedenfalls fest, welche 3 Bücher es ins Finale um den Science Fiction-Skoutz 2016 geschafft haben, weil es ihnen gelungen ist, die Herzen der Leser und der Jury gleichermaßen zu begeistern.
Paracelsus von Arno Endler ist eines davon.
Bei Paracelsus handelt es sich um einen 246 Seiten starken, im Februar 2015 vom Atlantis Verlag veröffentlichten düsteren Science Fiction-Roman. Ein Space-Krimi, der in den unendlichen Weiten des Alls gekonnt mit Klaustrophobie und Paranoia spielt und so auch Leser anderer Genres begeistern dürfte. Das Buch haben wir bereits anlässlich seiner Midlist-Nominierung ausführlich vorgestellt (weiterlesen).
Natürlich waren wir auch bei Arno Endler für ein Interview, bei dem wir einiges über die genaue Lage von schwarzen (Autoren-)Löchern, den Sinn von Interviews mit Protagonisten und Whiskey erfahren haben (weiterlesen).
Die Titel der Shortlist, die im Finale stehen, haben wir allerdings alle nochmal aus dem Skoutz-Buchregal herausgeholt und Science Fiction-Juror Karsten Kruschel vorgelegt, damit er euch als Entscheidungshilfe ausführlich seine Expertenmeinung zu dem Buch gibt.
Doch das lest ihr am besten selbst.
Karsten Kruschel bespricht: Paracelsus von Arno Endler
Der Roman „Paracelsus“ ist ein Spiel auf mehreren Ebenen. Zum einen geht es um das Spiel mit der Realität, vorgespiegelten Realitäten und der Frage, ob man die Wahl hat – also in etwa die Frage, ob man die rote oder die blaue Pille schlucken soll.
Zum anderen spielt der Autor mit den Erwartungen und dem Hintergrundwissen des Lesers. Er borgt hier etwas Stimmung aus „Alien“ und dort etwas Dramatik aus „Matrix“. Er spielt eine klaustrophobische Version von den zehn kleinen Negerlein. Dann streut er ein wenig „Cargo“ und „Event Horizon“ darüber, und so weiter … (natürlich läßt er auch nicht die Gelegenheit verstreichen, die Zahl 42 irgendwie unterzubringen).
Auch die überraschenden Handlungsumschwünge sind Teil des Spiels. Etwa wenn die Hauptfigur beim Herumtappen in dem rätselhaften Raumschiff unversehens mit einer üppigen nackten Frau zusammenstößt, und das wortwörtlich.
Hinzu kommt Arno Endlers Eigenart, seine an Wendungen nicht gerade arme Handlung mit Dialog voranzutreiben. Mehr als einmal meint man einem Schauspiel beizuwohnen, allerdings einem aus der eher absurden Ecke. Wenn der anfangs namenlose Ich-Erzähler erst nach und nach herausfindet, dass er wohl der Kapitän des riesigen Raumschiffes ist, und alle anderen Charaktere schräg, kaputt oder einfach nur befremdlich.
Und dann gegen Ende der eine Twist (der nicht verraten werden soll), der alles umstülpt. Ein seit Ambrose Bierce und der Eulenfluß-Brücke immer wieder gern verwendeter Kniff, der auch furchtbar in die Hose gehen kann. Aber hier nicht.
Für alle, die wir neugierig machen konnten, ist das Buch unter anderem hier zu erwerben.