zu Besuch bei: Christina Wermescher
Heute bin ich mit dem Skoutz-Kauz zu Besuch bei Christina Wermescher, die ihrer Leidenschaft als Schriftstellerin im schönen Bayern nachgeht. Da haben wir allerdings Glück gehabt, denn die anglophile Weltenbummlerin zieht es gerne in die Welt hinaus und so hätte es gut sein können, dass wir ihr bis nach China hinterherreisen müssten, woher sie uns auch ihre wundervolle Krimi-Anthologie mitgebracht hat, durch die wir auf sie aufmerksam wurden …
Zu Besuch bei Christina Wermescher, die für ihre Brille dankbar ist
Wie würdest du dich in einem Wort beschreiben?
neugierig
Beruf oder Berufung – was macht dir an deinem Job als Autor am meisten Spaß?
Beruf oder Berufung? Ich würde sagen beides! Jeder ist ja im Grunde auf der Suche nach einer Beschäftigung, bei der Beruf und Berufung zusammenkommen, Pflicht und Spaß miteinander verschmelzen, und auch Konfuzius rät: „Wähle einen Beruf, den du liebst, und du brauchst keinen Tag in deinem Leben mehr zu arbeiten.“
Weise Worte, die aber eben bei vielen Menschen doch an der Realität scheitern und so hässlichen Sachzwängen, dass Rechnungen – egal wie – bezahlt werden müssen. Seufz. Darum sind ja viele Autoren auch nur nebenberuflich in ihrer Berufung tätig. Wie erlebst du denn den Berufungs-Teil an deinem Autorendasein?
Besonders gefällt mir am Schreiben, etwas zu erschaffen, einen kreativen und sichtbaren Output zu haben. Ich denke, dieses befriedigende Gefühl hat man durchaus auch in anderen Berufen, der Malerei zum Beispiel oder der Schreinerei. Doch meine Bilder sehen aus, als seien sie im Kindergarten entstanden, und das Arbeiten mit Holz macht mir zwar Spaß, aber über das Bastelstadium bin ich dort nie hinausgekommen. Mein Medium sind die Worte.
Das ist bei Autoren auch das Beste … Musik ginge evtl. noch, wenn man sieht, dass auch Sänger den Literatur-Nobelpreis bekommen können. Aber da sind mir persönlich Bücher als Ausdrucksmittel schon lieber. Was mich gleich zur nächsten Frage bringt …
Wann hast du dein erstes Buch veröffentlicht?
Mein erster Roman wird im November 2020 bei Piper Digital erscheinen.
Oh, wie schön! Ich gratuliere. Erzähl doch ein bisschen mehr darüber, bitte!
Ich habe ihn zusammen mit meiner Freundin und Autorenkollegin C.K. Zille geschrieben- sie die Kapitel aus der Perspektive der Protagonistin und ich aus der Sicht der männlichen Hauptfigur. So konnten wir uns schön abwechseln. Für das Manuskript haben wir knapp 4 Monate gebraucht.
Um was geht es denn? Oder darfst du uns das noch nicht sagen?
Es ist ein romantischer Krimi, der zur Weihnachtszeit in München spielt. Die Studentin Kira will zusammen mit einer kleinen Gruppe von Gaunern einen Coup landen. Schnell hat die hübsche Diebin sich das Vertrauen des Direktors erschlichen, in dessen Museum sich die begehrten Stücke befinden. Doch sie hat nicht mit dem smarten Polizisten Jan gerechnet, der nicht nur Kiras Pläne, sondern auch ihre Gefühle gehörig durcheinanderwirbelt.
Das gefällt mir! Ich bin als gebürtige Münchnerin natürlich immer begeistert, wenn meine Heimatstadt den Rahmen bietet!.
Wer nun neugierig geworden ist, sollte sich schon mal den Titel „Die Weihnachtsdiebin. Eiskalt erwischt“ merken
Da sind der Skoutz-Kauz und ich auf alle Fälle schon mal sehr gespannt!
Wie läuft ein typischer Tag als Autor bei dir ab?
Normalerweise arbeite ich vormittags, wenn mein Kleiner im Kindergarten ist. In Zeiten von Corona funktioniert das natürlich nicht – die Schreibroutine ist dahin, aber es gibt Schlimmeres. Ich komme gerade zwar etwas langsamer voran, aber ein Stündchen hier und da findet sich. Auch mein Mann ist bemüht, mir am Wochenende immer wieder etwas Schreibzeit zu ermöglichen, da ich ohne meinen kreativen Ausgleich irgendwann etwas unleidig werde XD
Hahaha, also ist in dem Liebesbeweis ein gewisser Anteil Selbstschutz enthalten. Das sollte ich mal bei mir Zuhause durchblicken lassen. Und wie gestaltet sich bei dir der Schreibprozess?
Wie flexibel bist du beim Schreiben?
Ich bin niemand, der einfach losschreibt, ohne eine Ahnung zu haben, wo es hingehen soll. Zumindest mache ich das nicht, wenn ich an meinen Geschichten arbeite. Als Schreibübung habe ich das schon ausprobiert, und es hat erstaunlich gut funktioniert. Für einen längeren Text kann ich mir das aber nicht vorstellen.
Ich finde das immer eine der spannendsten Fragen in unseren Interviews. Autoren sind so unterschiedlich in ihrer Herangehensweise. Ich zum Beispiel verliere, wenn ich zu detailliert an einem Plot vorplane, komplett die Lust zu schreiben, weil ich dann schon weiß, was passiert. Wie sieht dieses Planen denn bei dir genau aus?
Meine Romane beginne ich meistens damit, dass ich die Haupthandlung grob niederschreibe. So sehe ich erstens, ob sie überhaupt funktioniert, und zweitens habe ich auch gleich die Inhaltsangabe fürs Exposé, ohne Nebenkriegsschauplätze mühsam ausblenden zu müssen, denn die gibt es ja noch gar nicht.
Siehst du, ans Exposé denke ich da noch gar nicht. Mit genau den von dir genannten Konsequenzen. Und wie sehr gehst du da dann schon ins Detail?
Die Feinheiten ergeben sich dann beim Schreiben.
Welches war dein erstes selbstgelesenes Buch?
Ich habe als Kind die Leselöwen Geschichtenbücher geliebt und auch Hanni und Nanni standen hoch im Kurs.
Enid Blyton hat vielen das Lesen beigebracht, das stimmt. Und wie ging es dann literarisch weiter?
Ungefähr in der fünften Klasse dann habe ich meine Liebe zu Michael Ende entdeckt. Die Bücher habe ich natürlich alle noch, zumindest die, die ich selbst besessen habe. Ich war damals aber auch Stammgast in der Schülerbibliothek.
Das ist sehr löblich. Wir hatten auf dem Land leider keine, aber dafür eine florierende Pausenhof-Buchtauschbörse. Das hat auch funktioniert. Aber wenn wir hier schon über unsere Buchlieblinge plaudern …
Stell dir vor, du könntest eine beliebige Figur aus einem Buch zum Essen treffen. Was würde passieren?
Oh, das ist eine schwierige Frage, da es so viele wunderbare Figuren gibt.
Sorry, aber aus schwierigen Fragen entwickeln sich die spannendsten Interviews … Also?
Spontan würde ich mich heute für Zejn aus der Black Alchemy Reihe von Katharina V. Haderer entscheiden. Die Bücher haben mir sehr gut gefallen und waren irgendwie genau das Richtige zur richtigen Zeit für mich. Zejn ist ein toller Charakter mit Ecken und Kanten, so wie ich es mag. Ich würde ihn gerne über das Soldatenleben ausfragen, und vielleicht könnte er mir den einen oder anderen coolen Kampfmove zeigen.
Oh! Dann bin ich lieber vorsichtig, nicht dass du mich als Sparringspartner willst. 🙂
Auf welche Frage hattest du in letzter Zeit keine Antwort und hast du sie finden können?
Puh, ich habe grundsätzlich mehr Fragen als Antworten. Doch immer wieder finde ich eine und dann freue ich mich.
In diesem Sinne, Waidmannsheil!
Wie oft schaust du täglich auf dein Handy?
Ich bin Teil einer regen, kleinen Gruppe von Autorinnen. Wir tauschen uns im Grunde täglich aus. Und auch auf Instagram bin ich inzwischen gerne aktiv, obwohl es mir anfänglich etwas suspekt war. Da mein Handy grundsätzlich lautlos eingestellt ist, und außerdem meine Mails darauf landen, schaue ich bestimmt stündlich mal drauf, ob es was Neues gibt.
Nachts wird es konsequent ausgeschaltet, da ich mir einbilde, ich bekomme rote Augen, wenn es eingeschaltet beim Schlafen neben mir liegt – fragt nicht, ich kann das nicht erklären, aber manchmal reicht ein Gefühl als Grund eben aus.
Mein Handy darf nicht mal ins Schlafzimmer. Von daher kann ich das weder bestätigen noch bestreiten.
Was darf in deinem Kühlschrank niemals fehlen?
Milch
Für welche drei Dinge in deinem Leben bist du am dankbarsten?
Meine Familie, Haushaltsgeräte und meine Brille.
Da habe ich jetzt kurz gestutzt. Aber du hast recht! Ich bin selbst Prothesenträger und würde tatsächlich mein Leben ohne Linsen/Brille nicht leben können wie ich es lebe. Das ist mir so aber noch nie aufgefallen. Wow!
Da habe ich gleich noch eine spannende Frage …
Bei welchem historischen Ereignis wärst du gern dabei gewesen und warum?
Ich denke, jede Zeit hatte ihre interessanten Facetten.
Oh ja! Aber welche würde dich besonders reizen? So ganz spontan!
Vermutlich würde ich mein Reiseziel auswürfeln. Zur Auswahl müsste auf jeden Fall die Eröffnung des ersten Streckenabschnitts der Londoner U-Bahn im Jahr 1863 stehen. Außerdem wäre ich gerne Crewmitglied eines Entdeckerschiffes, und das Alte Rom würde mich auch reizen.
Hui! Da würde ich überall mitkommen wollen. Wobei ich beim Alten Rom Angst hätte, dass ich in einer nicht so hübschen Rolle landen würde. So als Sklave in der Cloaka Maxima oder als Gladiator in der Arena fände ich es nicht so nett.
Über welches Thema könntest du eine 30-minütige Präsentation halten, ohne jede Vorbereitung?
Insolvenzen. Darüber habe ich nämlich gerade promoviert.
Gratuliere zum Doktor, aber ich hoffe trotzdem, dass wir das Thema hier bei Skoutz nicht so bald brauchen.
Was würdest du rückwirkend ändern, wenn du die Möglichkeit dazu hättest?
Ich würde mich früher professionell mit dem kreativen Schreiben auseinandersetzen.
Das wäre sehr gut gewesen, denn dann würden wir nicht noch so lang auf dein Buch warten müssen. 🙂
Was wünschst du dir für die Zukunft?
Gesundheit und Glück für meine Familie und ein bisschen auch für mich selbst.
Das wünschen wir dir natürlich auch! Und viel Erfolg im weiteren Wettbewerb mit deiner Anthologie. Dankeschön für das schöne Interview!
Bitteschön, sehr gerne.
Hier könnt ihr Christina Wermescher erreichen:
Skoutz-Lesetipp: Tod des Verlegers – Eine PhAnthologie mit gleich zwei Geschichten von Christina Wermescher
Die Kurzgeschichte ist tot!
Davon ist Katja, Schwester eines glücklosen Verlegers, zutiefst überzeugt. Seine Bitte um ein Darlehen für sein Herzensprojekt, eine Anthologie mit phantastischen Kurzgeschichten, schmettert sie ab. Kurz darauf stirbt ihr Bruder. Doch für Katja fangen die Probleme gerade erst an.
Ein verschlossener Keller. Eine Kiste voller Geschichten, in denen ein Geheimcode versteckt ist. Und ein tickendes Kästchen, das nur mit der richtigen Kombination geöffnet werden kann – das sind die Dinge, die der tote Verleger seiner Schwester hinterlässt. Seine Abschiedsnachricht an sie: »Lies oder stirb.«
Eine Liebeserklärung an die Kurzgeschichte – für all jene, die glauben, dass die richtige Geschichte zur richtigen Zeit ein Leben verändern kann.
Skoutz meint: Uns muss man ja nicht zum Lesen zwingen, wenn Anthologie auf dem Buchdeckel steht. Aber ich gebe offen zu, dass mich das Konzept schon sehr amüsiert hat. Für mich wird aus einer Geschichtensammlung eine Anthologie, wenn ein übergreifendes Motiv die einzelnen Beiträge zu einem Ganzen zusammenschweißt und so der Gesamteindruck über die Summe der Beiträge hinausgeht. Das ist hier vorzüglich gelungen und erinnert in der Wirkung an einen Altman-Film. Unbedingt lesenswert und ein wundervoller Beitrag, um die deutschen Berührungsängste gegenüber Kurzgeschichten und ihrer Rudelbildung in Anthologien endlich zu überwinden!
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Hinweis:
Mord süß-sauer – eine kulinarische Krimi-Sammlung von Christina Wermscher
Mit süß-sauren Morden und einem guten Schuss Exotik konnte Christina Wermescher gut 200 Titel der Longlist Anthologie hinter sich lassen und unsere Vorjahresgewinnerin Miriam Schäfer dazu bringen, Mord süß-sauer auf die Midlist Anthologie 2020 zu setzen.
Damit hat die 2019 bei Bookspot verlegte Anthologie alle Chancen, um sich den Anthologie-Skoutz 2020 zu sichern. Ein tolles Buch, das nicht nur geeignet ist, alle Diätvorsätze über den Haufen zu werfen, sondern auch wirklich Lust auf China macht. Und auf viele weitere Geschichten von Christina Wermescher!
Mehr Informationen bekommt ihr wie immer in der ausführlichen Buchvorstellung. (Weiterlesen)
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