Schreibstube: 7 Basisplots – Spannungskurven und Konflikte
Ich weiß nicht, woran das liegt.
Das Plotthema scheint sich nicht daran zu reiben, wie man eine gute Geschichte schreibt. Viel spannender scheint es, wie viele Grundformen es gibt. Und sehr oft hört man die 7. Vermutlich weil 7 seit jeher eine schöne, sympathische, Glück verheißende Zahl ist. Zwingend scheint es für mich nicht.
Dabei scheint in der Diskussion, wenn man mal etwas tiefer gräbt, schon keine Einigkeit darüber zu bestehen, was man unter Plot versteht. Geht es darum, was man erzählt? Das wäre tatsächlich im technischen Sinne der Plot. Oder eher darum, wie man es erzählt? Das wäre die Spannungskurve. Oder noch kleinteiliger, was der Ausgangspunkt dieser Sache ist. Der Konflikt nämlich. Anhand dieser Konflikte unterscheidet Christopher Booker in seinem Standardwerk „The seven Basic Plots“ auf knapp siebenhundert Seiten in sieben Grundtypen einer Geschichte.
7 Plots oder 7 Wege zur guten Geschichte
In diesem Beitrag möchte ich mir mal die 7er-Reihen in Ruhe ansehen und an ihrem Beispiel die Unterschiede aufzeigen. Nicht weil man das wissen muss. Muss man nicht. Ich weiß, wie ich ein Auto bedienen soll, die Physik dahinter ist nicht zwingend erforderlich. Aber andererseits schärft solch ein Wissen den Blick, oft befreit Technik die Geschichte, verhindert Autorenfrust und Schreibblockaden.
Die 7 Basisplots einer Geschichte nach Booker.
- Quest (Aufgabe)
- Überwinde das Monster
- Phönix aus der Asche
- Wiedergeburt
- Heldenreise
- Komödie
- Tragödie
Es gibt kluge Menschen, die zustimmen und auch meinen, mehr Geschichten gäbe es nicht. Es gibt andere, nicht minder schlaue Köpfe, die meinen es seien zu viele, und wieder andere möchten ein paar Ergänzungen. Aber Booker sagt, es sind sieben Arten von Konflikten, anhand derer man eine Geschichte entwicklen kann. Und diese sieben Basisplots sehen wir uns jetzt mal an:
Quest
Der Held und seine Helfer haben ein Ziel vor Augen, dass sie allen Widrigkeiten zum Trotz erreichen müssen. Woraus das Ziel besteht, ist dem Autor überlassen. Es kann ein Ort sein, ebenso wie ein Objekt, das gefunden werden will.
Die Geschichte erzählt von den Schwierigkeiten auf dem Weg zum Ziel, die in äußeren Gefahren ebenso wie in Krisen in der Gruppe bestehen können, und lebt von der Neugier des Lesers, ob der Held schafft, was er sich vorgenommen hat.
Beispiele: Die Odyssee, Der Herr der Ringe, Apocalypse Now, Ulysses
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Überwinde das Monster
Der Held stellt sich tapfer einem übermächtigen (meist bösen) Gegner, der ihn, seine Heimat oder seine Lieben bedroht.
Die Spannung in dieseb Basisplots ist schon im Keim angelegt, die erzählerische Herausforderung besteht darin, diese Erwartung zu entwickeln und dem Leser eine plausible Erklärung zu bieten, wie das Unmögliche, die Überwindung des Monsters eben, gelingen könnte.
Beispiele: Beowulf, David gegen Goliath, Nussknacker und Mausekönig, Dracula, Krieg der Welten, James Bond
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Phönix aus der Asche – Rags to Riches
Vom hässlichen Entlein zum schönen Schwan, von der Küchenmagd zur Prinzessin, vom schwächlichen Hirten zum Retter des Volkes, das nerdige Garagen-Start-up, das es an die Spitze schafft – das sind die Geschichten, mit denen wir uns ganz besonders gerne identifizieren.
Der Held lebt in misslichen Umständen, meist unter der Fuchtel eines Bösewichts, bis er etwas erlebt, was ihn Hoffnung schöpfen lässt. Doch es gibt Rückschläge, bevor sich alles zum Guten wendet und der Held sich endgültig erhebt.
Beispiele: Viele Märchen wie Aschenputtel oder Aladin und die Wunderlampe, Joseph aus dem Alten Testament, Rocky, aber auch Harry Potter tragen Elemente dieses Basisplots.
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Wiedergeburt
Der Gedanke, dass ein Mensch sich wirklich ändern kann – und damit auch sein Schicksal – ist ein weiterer der Basisplots, die uns in unserem Innersten berühren.
Der Held ist meist selbst ein Schurke, bevor das die Handlung tragende Ereignis ihn zu einem anderen, besseren Menschen machen und seinem Leben eine Wendung geben.
Beispiele: Eine Weihnachtsgeschichtevon Charles Dickens, die Schöne und das Biest oder der Froschkönig, die Wandlung von Saulus zum Paulus, Peer Gynt oder (umgekehrt) The Joker, wo wir die Entwicklung zum Schurken verfolgen.
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Heldenreise
Auf gewisse Weise ist die Heldenreise die Mutter aller Plots. Es geht um eine Aufgabe, ein Ziel, das der Held gegen alle Widrigkeiten unbedingt erreichen muss, so abenteuerlich der Weg dorthin auch sein mag.
Der Held erhält seine Aufgabe, die er oft widerwillig annimmt, zieht los und findet dabei Freunde (echte und falsche), muss Gefahren bestehen und erreicht zum Schluss sein Ziel.
Beispiele: Odyssee, Herr der Ringe, Findet Nemo, Robinson Crusoe – aber letztlich auch die Firmengeschichte von Amazon oder Siemens.
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Komödie
Menschen lieben es, zu lachen. Darum sind Komödien ein sehr beliebter Basisplot. Sie spielen mit Situationskomik und grotesken Szenen, die meist davon leben, dass der Leser mehr weiß oder früher als die Figuren erkennt, was tatsächlich geschieht.
Komödien bauen sich einfach auf, es gibt eine Eingangsszene, in der sich eine parallele Handlung entwickelt (ein Missverständnis, das nicht aufgeklärt wird, oder ein Geheimnis, das bewahrt werden muss, zwei Aufgaben, die voneinander nichts wissen und sich daher behindern). Irrungen, Wirrungen und aberwitzige Szenen im Hauptteil, bis sich der heillos verworrenen scheinende Konflikt zum Schluss versöhnlich auflöst.
Beispiele: Molieres „Der eingebildete Kranke“, ein Sommernachtstraum von Shakespeare, Bridget Jones
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Tragödie
Während in der Komödie, der Mensch über die Umstände triumphiert, zerbricht er in der Tragödie daran. Während heute die Komödie zumindest in der westlichen Literatur eindeutig beliebter ist, war das nicht immer so und ist es – z.B. in China immer noch nicht.
Der Held will seine Lebenssituation verändern und setzt damit einen unheilvollen Mechanismus in Gang, der in seinem Scheitern mündet. Das Unglück kann, muss aber nicht selbstverschuldet sein, der auslösende Akt kann ein moralischer Fehler gewesen sein, oder einfach Pech, ein Missverständnis …
Beispiele: Hamlet und MacBeth ebenso wie Romeo und Julia. Aber auch Goethes Faust und Kabale und Liebe, Hoffmanns „Der Sandmann“, in neuerer Zeit Nabokovs Lolita, Wildes Das Bildnis des Dorian Gray.
Fazit zu den Basisplots: Der Weg ist das Ziel.
Man kann, muss Booker nicht folgen, aber auch er belegt, dass Geschichten wie unsere Träume, Hoffnungen und Ängste Grunddstrukturen folgen, die überschaubar sind. Die Kraft, die Farbe, das Überraschende sind die Details. Wir wissen, wir erwarten, dass die Geschichte so ausgeht, wie wir es wollen. Aber der Weg dorthin … der lässt uns lesen, lieben, lachen, leiden.
Weitere Fundstellen und Beispiele hält wie so oft, die Wikipedia* bereit.