zu Besuch bei S.K. Tremayne
Heute bin ich mit dem Skoutz-Kauz unterwegs nach London zu einem Autor, der mich mit seinen subtil ausgetüftelten Psycho-Thrillern jedes Mal mitreißt.
Umso mehr freue ich mich über den Grund meines Besuchs bei S.K. Tremayne, nämlich die Nominierung seines Horror-Thrillers „Die Stimme“ auf der Midlist Horror des Skoutz Awards 2021 durch unseren Dungeon-Master André Wegmann und nun auch die Shortlist 2021 erreicht hat.
Mal sehen, was Sean mir und dem Skoutz so erzählen mag.
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Kay zu Besuch bei S.K. Tremayne, der gerne mit Dämonen speist
Lieber Sean, vielen Dank, dass wir dich besuchen dürfen. Als international enorm erfolgreicher Bestseller-Autor hast du gewiss viel zu tun. Umso schöner ist es, dass du dir Zeit für uns und unsere Fragen genommen hast.
Lass uns am besten gleich anfangen.
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Bitte beschreibe dich in einem Wort!
Begeisterungsfähig!
Das ist für einen Autor schon mal sehr gut!
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Was ist für dich die größte Herausforderung, der sich ein Autor stellen muss?
Ideen, Ideen und nochmal Ideen! Es gibt da diese berühmte Geschichte von einem Drehbuchschreiber aus Hollywood, der sein ganzes Leben damit zugebracht hat, nach dem perfekten, dem Wahnsinns-Plot zu suchen. Und dann verfügte er, dass folgende Inschrift auf seinen Grabstein sollte: Endlich ein Plot! (Das funktioniert im Englischen, weil dort Plot auch das Wort für letzte Ruhestätte ist).
Das ist schade, dass man das nicht wirklich ins Deutsche übertragen kann, weil uns diese Doppeldeutigkeit fehlt. Aber was genau macht Ideen für dich zur Herausforderung? Ich meine, es gibt doch auch jenseits des Platzes am Friedhof gewiss für jede Idee auch den passenden Plot.
Gute Ideen sind wie Goldstaub und man kann sie nicht einfach wie eine Pizza bestellen. Das beste, was man tun kann ist, sich selbst offen und kreativ zu halten. Musik spielen, einen guten Wein trinken, lange Spaziergänge machen, irgendwas mit Wasser …
Was? Wasser?!
Ja! Das funktioniert wirklich. Agatha Christie sagt, ihr seien die besten Ideen beim Abwasch gekommen. Wasser – duschen, schwimmen, abwaschen – bringt den Geist zum Fließen.
Ich werde das versuchen! Im ungünstigsten Fall ist danach meine Küche sauber. Aber wenn wir schon so von den Ideen auf dem Weg zum Buch sprechen …
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Wann hast du dein erstes Buch veröffentlicht und wie lange hast du gebraucht, um es zu schreiben?
Mein erstes Buch war ein Roman. “Absent Fathers” wurde veröffentlicht – da war ich so ungefähr 35. Es verkaufte sich nicht besonders, einmal hab ich so gar eine Tantiemenabrechnung mit „Null“ bekommen. Wortwörtlich null! Also habe ich wohl kein einziges Buch verkauft.
Und wieviel Zeit hat es dich gekostet?
Ich habe ungefähr ein Jahr daran geschrieben. Aber so ist es halt. Jeder muss dieses verflixte erste Buch irgendwie auf den Weg bringen. Irgendwie habe ich es geschafft. Auch wenn ich es nie wieder gelesen habe.
Dann lass uns doch einen Blick auf deine aktuellen Schreibgewohnheiten werfen…
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Bitte beschreibe doch mal so einen typischen Tag in deinem Autorenleben.
Manchmal ist der das reinste Chaos – Corona war da keine Hilfe. Aber eigentlich schreibe ich am besten mit einer festen Schreibroutine.
Wie sieht die aus?
Eigentlich ganz einfach: Ich fange sofort nach dem Aufstehen, bewaffnet mit meinem ersten Kaffee, an zu schreiben und schreibe dann für mindesten zwei bis drei Stunden. Man darf niemals vor dem Schreben essen – das macht das Gehirn träge.
In Deutschland sagt man darum auch: Voller Bauch studiert nicht gern, aber das ist für mich gar nicht das Problem. Ich esse eher während des Schreibens, Nüsschen, Schokoloade, all die Dinge, die man gut neben die Tastatur stellen kann.
Da wäre es besser, wenn man erst Mittag macht, wenn man sein Pensum erfüllt hat. Also bei mir klappt das wirklich! Und das beste an dieser Technik ist, dass man dann den Rest des Tages wirklich frei hat.
Das kann ich mir gut vorstellen, aber leider geht das nur bei Vollzeitautoren. Und in Deutschland können sich selbst gut eingeführte und bekannte Autoren nicht wirklich leisten, nur vom Schreiben zu leben. Vermutlich ist der deutsche Markt einfach nicht groß genug und der Sprung ins internationale Geschäft ist schwer.
Bleiben wir mal noch bei deinem Schreiballtag …
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Hast du „Lieblingsworte“, die vom Lektorat regelmäßig in deinen Skripten angestrichen werden?
“Just”. Das ist so ein einfaches englisches Wort, aber ich übertreibe es einfach. Das gilt auch für „very“. Die muss ich nachher wirklich einzeln ausmerzen. Und ich versuche gestelzte, komplizierte Worte zu vermeiden, die schon laut „Literatuuur“ schreien. Ich mag es lieber eingängig.
Das klingt mir recht vertraut. Ich bin groß darin, „dann“s einzufügen. Aber die schöngeistigen Wörter möchte ich doch verteidigen, denn ein Stück weit müssen wir sie schützen und pflegen, um unsere Sprache(n) farbig und vielseitig, fantasievoll, zu halten. Und eben auch unsere Leser in Übung. Davon abgesehen hast du aber recht, Texte, die so bemüht versuchen, den Ansprüchen an „gehobene Literatur“ gerecht zu werden und darum bestimmte Worte aus keinem anderen Grund verwenden, als dem, möglichst gebildet zu wirken – sind … puh!
Aber nachdem wir jetzt schon ein bisschen technisch geworden sind …
Bist du eher das kreative Genie oder schreibst du regeltreu?
Ich fühle mich nicht wohl dabei, von mir selbst als Genie zu sprechen!
Nur keine falsche Bescheidenheit, immerhin hängt das ja von der Definition ab (Lach) 0
Wie dem auch sei – ein guter Autor braucht beides, Talent UND Wissen.
Das erklär mir doch bitte.
Völlig egal wie klug und witzig oder beredt du sein magst, am Ende musst du dich hinsetzen und die Ochsentour gehen, das alles aufzuschreiben. Schreiben ist eine verdammt einsame Arbeit. Und manchmal kommt nichts dabei heraus – oder man verbrennt einen ganzen Tag damit, etwas zu schreiben, was abends in die Tonne wandert. Letztlich könnte das ganze Buch nur mittelmäßig werden. Man schreibt letztlich immer im Blindflug. Schreiben ist eine Reise zu unbekannten Gefilden und niemand weiß, was hinter dem Horizont liegt – vielleicht fällt man von der Scheibe. Aber da müssen wir alle durch! Anker lichten und Segel setzen!
Das ist wohl wahr. Es gibt keine wichtigere Regel als „Schreib!“ Vermutlich antworten deshalb auch so viele Kollegen wie z.B. E.F. von Hainwald auf meine Frage nach der Herausforderung mit Durchhalten!
Der Erfolg eines Buchs hängt meiner Meinung nach auch sehr von seinen Figuren ab. Werden die Leser sie mögen oder gar lieben?
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Hast du einen Trick, wie du aus Figuren „richtige“ Persönlichkeiten machst?
Ihnen den richtigen Namen zu geben ist WIRKLICH wichtig.
Das klingt spannend.
Wenn du ihnen ein Namensschild umhängst, hast du im Prinzip den Charakter schon. Das weckt beim Leser Erwartungen.
Das stimmt. Es gibt schon Namen, die eher ein Klischee sind.
Absolut. Ich habe schon ganze Bücher geschrieben, bei denen ich den Namen nicht richtig gewählt habe. Und schon hat der Figur dann Tiefe und Glaubwürdigkeit gefehlt. Das lag daran, da bin ich sicher. Das ist eine ganz abgefahrene Magie, die da wirkt.
Ich persönlich bestätige dir das gerne. Ich neige tatsächlich dazu, meine Figuren in der Mitte des Buchs umzubenennen, wenn wir uns miteinander angefreundet haben und ich sie besser kenne. Das klingt zwar verrückt, aber für mich ergibt das durchaus Sinn. Schließlich werden auch in vielen Kulturen Kindernamen ausgetauscht, wenn ihr Träger das Erwachsenenalter erreicht.
Lass uns für eine letzte Frage noch bei den Figuren bleiben …
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Stell dir vor, du könntest mit einer imaginären Figur zu Abend essen, wen würdest du warum einladen?
Ich würde den Dämonen aus „Der Exorzist“ einladen!
Huh?
Pazuzu – den Windämon, der das kleine Mädchen besetzt. Zum einen, weil es sicher lustig wäre, mit einem Dämonen zu Abend zu essen, aber zum anderen, weil der wirklich einen düsteren Humor hat. Das würde sicherlich sehr amüsant. Darin liegt für mich auch der Reiz des Buchs, dass der Dämon so ein einzigartiger und kluger Charakter ist, der die Story viel glaubwürdiger und auch beängstigender macht.
Ganz ohne Zweifel! Darum wäre ich vermutlich auch zu verschreckt, um das Essen genießen zu können.
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Welche drei Dinge sind dir aktuell am Wichtigsten?
Meine beiden Töchter und dann das nächste Buch.
Das wird deine Fans freuen!
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Wofür würdest du mitten in der Nacht aufstehen?
Für richtig gute Austern!
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Was ist deine größte Stärke?
Wahrscheinlich Willenskraft.
Wahrscheinlich?
Ich bin undiszipliniert, oft faul, sehr leicht abzulenken, deutlich zu interessiert an schlechten Scherzen und Social Media – aber wenn es wichtig ist, kann ich mich sehr gut konzentrieren und bringe meine Aufgaben zuverlässig zu Ende.
Das ist toll. Ich kann das immer nur, wenn die Deadlines zu Ende gehen, meist an dem Punkt, an dem normale Leute aufgeben würden, weil es in der Restzeit nicht zu schaffen ist. Wie machst du das, gleich konzentriert zu sein?
Ich faste, wie ich oben schon gesagt habe. Notfalls kann ich Tage nichts essen und Fast ist wirklich sehr segensreich für die Kreativität und jede Art von Lösungssuche. Der Körper stellt dann übrig gebliebene Energie dem Kopf zur Verfügung.
Ich fürchte, ich könnte mich dann auf nichts anderes mehr konzentrieren als auf die nächste Mahlzeit. Ein guter Freund von mir, eine absolute Koryphäe in der Chirurgie sagt aber dasselbe wie du.
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Welche fiktive Figur findest du unbeschreiblich, obwohl sie im normalen Leben unerträglich wäre.
Jehovah im Alten Testament.
Das ist jetzt eine ziemlich philosophische Antwort und gewiss würden viele Leute an dieser Stelle auch widersprechen wollen, aber erzähl mal weiter …
Er ist absolut beeindruckend, zum Beispiel im Buch Hiob. Aber würdest du ihn auf einen Drink einladen wollen? Wahrscheinlich würde er den Pub mit einem Felsen zerschmettern.
Das ist ein Aspekt, über den ich erst in Ruhe nachdenken muss.
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Zeitreisen sind immer faszinierend. Bei welchem historischen Ereignis wärst du gern dabei gewesen und warum?
Ich würde gerne in die Zukunft zu dem Punkt reisen, an dem Zeitreisen erfunden wurden. Wie die Leute darauf wohl reagieren? Das wäre tatsächlich faszinierend.
Coole Antwort! Wenn du dazu ein Buch schreibst, werde ich es definitiv lesen.
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Gibt es etwas, dass du besser als die meisten anderen Menschen kannst?
Ich koche ein hervorragenden Singapur Chicken Laksa mit frittierten Tofu-Chips. Das kann zwar jeder theoretisch lernen, aber es dauert, bis man darin wirklich gut wird.
Und ich habe jetzt nach all dem Reden über Fasten vorhin Hunger! Lass uns weitermachen, damit wir anschließend Essen gehen können!
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Gibt es etwas, das du in deinem Leben bereust, das du nach Möglichkeit anders machen würdest?
Ich war ein wirklich schlimmer junger Mann. Alkohol, Drogen, leichte Mädchen … Es war damals eine tolle Zeit, aber ich habe zuviele Jahre damit verbracht und das Leben ist zu kurz. Wenn ich könnte, würde ich meinem jüngeren Ich raten, auszunüchtern und mich zusammenzureißen. Ein paar Jahre früher als ich es wirklich tat.
Wärst du denn dann noch der, der du heute bist? Ich finde es sehr schwer, Erfahrungen abzuwiegen und daher – obwohl ich selbst ziemlich lange auf sehr verschiedenen Pisten unterwegs war – würde ich zögern, wenn ich entscheiden sollte, an welcher Stelle ich besser das Gleis gewechselt hätte.
Aber genug von der Vergangenheit. Lass uns zum Schluss nach vorne schauen:
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Was wünscht du dir für die Zunkunft?
Die Rückkher in eine Welt, in der man sich frei bewegen kann. Das ist das, was mich wahrscheinlich an Corona am meisten belastet.
Oh ja! (Seufz) Wir sind inzwischen alle etwas müde geworden.
Lieber Sean, es war wie erwartet ein wunderbares Gespräch, mit vielen neuen Aspekten, über die ich mich gern mal wieder mit dir unterhalten würde. Viel Erfolg für den weiteren Wettbewerb, aber bitte bleib uns in jedem Fall gewogen und lass uns wissen, wenn du neue Projekte planst, wir berichten gerne!
Thank you very much!
Hier könnt ihr S.K. Tremayne erreichen:
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Skoutz-Lesetipp:
Eisige Schwestern – subtiler Psychothriller von S.K. Tremayne
Ein Jahr nachdem die sechsjährige Lydia durch einen tragischen Unfall ums Leben kam, sind ihre Eltern Sarah und Angus psychisch am Ende. Um neu anzufangen, ziehen sie zusammen mit Lydias Zwillingsschwester Kirstie auf eine atemberaubend schöne Privatinsel der schottischen Hebriden. Doch auch hier finden sie keine Ruhe. Kirstie behauptet steif und fest, sie sei in Wirklichkeit Lydia und die Eltern hätten den falschen Zwilling beerdigt. Bald hüllen Winternebel die Insel ein, Angus ist beruflich oft abwesend, und bei Sarah schleicht sich das unheimliche Gefühl ein, etwas stimme nicht. Zunehmend fragt sie sich, welches ihrer Mädchen lebt.
Als ein heftiger Sturm aufzieht, sind Sarah und Kirstie komplett isoliert und den Geistern der Vergangenheit ausgeliefert.
Skoutz meint: Wie wohltuend, wenn ein Thriller mal ohne mehr oder minder kaputte und gestresste Ermittler auskommt. Der Reiz dieses Buches ist das Spiel mit der besonderen Verbindung zwischen Zwillingen und der Herausforderung für Eltern, sich dieser zu stellen. Das ist schon für sich faszinierend und die Geschichte, die S.K. Tremayne daraus entwickelt ist so spannend, mitreißend und voller Wendungen, dass man einfach nicht aufhören kann, noch wenigstens eine Seite weiterzulesen. Auch der Schluss ist überraschend und unvorhersehbar, aber psychologisch nachvollziehbar und rückblickend konsequent. Klare Leseempfehlung! (kn)
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Mehr Info
S.K. Tremayne wurde mit „Die Stimme“, einem Horror-Thriller über künstliche Intelligenz und allzu smarte Zuhause für die Midlist Horror des Skoutz-Awards nominiert. Natürlich haben wir das Buch bereits gelesen und können es empfehlen (weiterlesen).
Wir sind gespannt, wie sich das Buch im weiteren Verlauf des Wettbewerbs schlagen wird, hoffen aber, dass es sich mit künstlicher Intelligenz im Finale durchsetzen kann.
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Hinweis:
Wenn ihr die das Buch schon kennt, würdet ihr uns, dem Autor und allen lektüresuchenden Lesern einen großen Gefallen, wenn ihr das Buch in der Skoutz-Buchdatenbank mit einer Skoutz-Buchfieberkurve bewerten würdet. 5 Klicks statt 5 Sterne. Einfacher lässt sich eine Rezension nicht schreiben, bequemer kann man sein nächstes Buch-Date nicht finden. Und so helft ihr, dass unsere Buchfindemaschine weiter wächst.