zu Besuch bei Matthias Schneider-Dominco

Heute bin ich zu Besuch bei Matthias Schneider-Dominco und schon ziemlich gespannt auf unser Interview, denn der Autor, der 2003 sein erstes Werk veröffentlichte, ist ziemlich musikalisch. Sehr viel mehr konnte ich allerdings nicht herausfinden, weshalb ich natürlich doppelt so neugierig auf seine Antworten bin. Mal sehen, was ich aus ihm herauskitzeln kann und ob dabei vielleicht das ein oder andere Geheimnis zu entdecken ist.

 

 

zu Besuch bei Dominic Schneider-Dominco, der für verschiedene Kulturinstitute als Programmbuchautor und Musikrezensent schreibt …

 

Beschreibe dich in einem Wort!

Neugierig

… da bin ich ja mal gespannt 🙂

 

 

Strukturierter Planschreiber, Bandenmitglied oder kreativer Chaot – was ist dein Schreib-Erfolgs-Konzept?

Also, bei bin schon allein wegen der größeren Pausen eher der Typus Einzelkämpfer, nach kreativ-chaotischer Manier.

Allein kann man sich auch ganz anders austoben und sich die Zeit so einteilen, wie man es braucht …

Ausnahme war das „Das große Natur-Lesebuch“, das in enger Zusammenarbeit mit dem bayerischen Erfolgsautor Andreas A. Reichelt 2017 entstand. Hier hat zwar jeder seine eigenen Geschichten geschrieben, aber wir haben uns schon intensiv ausgetauscht.

Und wie sammelst du deine Ideen?

Ein kleines Notizbüchlein dient als tragbarer Thesaurus. Dort notiere ich Beobachtungen, Skizzen, polyvalente und schöne Wörter, an die sich Fantasie und Erinnerung andocken oder entzünden können. Flankierend zu dieser Materialsammlung muss natürlich auch hier und da recherchiert werden. Meist ist dann schnell eine Grundidee da, die sich mehr oder weniger nach der Schneeflockenmethode auswächst.

Das heißt genau?

Wenn sich konkrete Bilder im Kopf ergeben oder gar eine Bilderfolge, dann halte ich mit Bleistift und Papier so etwas wie einen groben Handlungsverlauf fest. Könnte man auch Plot nennen. Der ist aber recht offen. Manches Geschreibsel reicht zwar nur für den Rundordner, ist aber wohl nötig, um zum Wesentlichen vorzudringen.

 

 

Welche Taste ist die am meisten abgenutzte auf deinem PC?

Keine Ahnung. Muss die KTU klären.

*macht sich einen Vermerk, dass sie unbedingt nachschauen muss, was KTU bedeutet* 

Kriminaltechnische Untersuchung, aber ich hab mich nicht getraut nachzufragen 🙂

 

 

Wenn eine Fee dir einen perfekten Autorentag anböte, wie sähe der aus?

Oh, dachte zunächst ans Ausschlafen.

Kann ich sehr gut verstehen …

Aber nein – im Gegenteil!

*huch*

Sie müsste mir nach der ersten und vor Eintritt in die zweite Tiefschlafphase die nötige Selbstdisziplin verleihen, aufzustehen und Ideen aufzuschreiben. Dann am Vormittag ein Frühstück mit Muße, Kaffee und Zeitungslektüre.

Noch etwas? 🙂

Sport. Ja, und dann schreiben so lange es geht. Mehr eigentlich nicht.

 

 

Wie viel Autobiografie steckt in deinen Geschichten?

Ein wie auch immer gearteter Bezug zum Stoff ist wohl immer gegeben.

Weil …?

Warum sollte man sich sonst länger mit ihm beschäftigen.

Ja, bei genauerer Betrachtung … sinnig.

 

 

Was ist dein Geheimrezept, um die Muse anzulocken und Schreibblockaden (große und kleine) zu überwinden?

Die ist rehscheu.

So schüchtern? Und wie lockst du sie dann an?

Anlocken – ne, sie kommt, wann sie will. Erzwingen kann man da nichts. Selbst Korruptionalien ziehen da nicht, auch wenn die werten Kolleginnen da gerne mit dem Hinweis auf Schokolade kokettieren 😉

Ja, das habe ich auch schon des Öfteren gehört 🙂

 

 

Welchen Anteil hat das reine Schreiben im Autorenjob und was gehört noch dazu?

Bislang läuft das kreative Schreiben für mich eher nebenher, phasenweise, wenn’s mal ruhiger läuft. In meinem Brotjob arbeite ich als Cello-Lehrer in einer privaten Musikschule. Im Nebenjob bin ich als Programmbuchautor für verschiedene Kulturinstitutionen unterwegs (Konzerteinführungstexte, Pressetexte, Konzertrezensionen usw.).

Beeindruckend und sehr kreativ. Da bleibt sicher nicht so viel Zeit für den eigentlichen Schreibprozess. Holst du dir daher Hilfe bei Covergestaltung und Lektorat, oder machst du das allein?

Die Cover-Gestaltung lege ich in professionelle Hände, ebenso das Lektorat. Ist zwar eine Vorabinvestition als Selfpublisher, aber unabdingbar. Tja, und dann gilt es, sich dem Marathon-Hürdenlauf zu stellen, um auf das Buch aufmerksam zu machen.

Ein Marathon-Hürdenlauf … Ein guter Vergleich.

Ohne eine Marketingabteilung im Rücken, sieht das am Anfang zwar hoffnungslos aus. Aber es ist wohl wie der Alphabetisierungsprozess am Instrument: Stück für Stück. Zeitungen und Magazine kontaktieren, Flyer erstellen und auslegen, Social Media etc. Am wirkungsvollsten ist und bleibt aber der direkte Kontakt mit potentiellen Lesern. An Lesungen heranzukommen muss – um im Wortbild des Langlaufes zu bleiben – das erklärte Ziel bleiben.

 

 

Was macht für dich ein gutes Buch aus?

Es hat natürlich seinen Reiz, wenn ein Autor es schafft, bereits auf den ersten Seiten einen Sog entstehen zu lassen, der den Leser packt, nicht mehr loslässt und geradezu ins Buch reißt.

Absolut. Kannst du ein Beispiel nennen?

Bei Jack Londons „Seewolf“ ging mir das so. Aber das kann nicht das alleinige Kriterium sein. Manch ein Roman kommt auf leiseren Sohlen daher, entwickelt dann aber seine eigentliche Größe.

Und dann liest du und lässt dich unterhalten oder analysierst du gleichzeitig auch?

Glücklicherweise lese ich eigentlich immer ohne im Lektorenmodus zu sein. Einfach, weil es Spaß macht. Besonders, wenn die Geschichte sprachlich gekonnt daherkommt.

Hast du da vielleicht auch ein Beispiel für mich?

Klaus Modick „Konzert ohne Dichter“ oder Erri de Lucas „Das Gewicht des Schmetterlings. Da kann man gar nicht mehr ans Handwerkliche denken. Ist wie bei einem Konzert eines großen Künstlers, wenn die Sternstunde gelingt. Wer wollte da noch an technische Schwierigkeiten denken, wie rasende Tonleitern und sonstiges Passagenwerk. In solch großem Zusammenhang sind sie lediglich Mittel zum Zweck. Ein angenehmer Zustand.

 

 

Welche Gefahren lauern im Alltag auf deine Manuskripte, was kann dich von deiner Geschichte trennen?

Der Alltag selbst. Zu tun gibt es immer etwas. Hinzu kommt, dass ich mich auch ehrenamtlich engagiere. Vielfalt ist mein Lebenskonzept.

Das merkt man deutlich … Sehr inspirierend.

 

 

Und wenn du mal den Kopf freibekommen willst, womit beschäftigst du dich dann am Liebsten?

Joggen in freier Natur. Und kochen.

Ich hätte jetzt ehrlich gesagt auch Musik erwartet 🙂 Spannend …

 

 

Bei welchem deiner Protagonisten würdest du den Beziehungsstatus mit dir als »schwierig« bezeichnen?

Hm, wenn ich an die Figuren aus meiner Novelle denke, ist da doch ein ziemlicher Abstand.

Gleich bei allen? Warum das?

Die sind ja norddeutsch unterkühlt, aber hoffentlich auch authentisch, trotz der leichten Überzeichnung. Ich fand den bisweilen raubeinigen Charme und Schalk im Nacken dieser Figuren faszinierend.

Das klingt nach einem Aber … 🙂

Aber im echten Leben würde es wohl kaum mehr als zu einer freundlichen Bekanntschaft reichen.

 

 

 

Wie groß ist dein SUM (Stapel ungeschriebener Manuskripte) und wie gehst du mit ihm um?

Derzeit dümpeln zwei Projekte hier im Festplattenhafen herum, ein historischer Stoff und eine etwas skurrilere Geschichte.

Wie weit bist du in der Planung?

Bei beiden ist der Plot bis auf das Ende festgelegt. Glücklicherweise habe ich für die Ausarbeitung keine Deadline im Nacken.

Zumal die Muse ja rehscheu ist und sich nicht wirklich locken lässt 😉

Manche Ideen müssen halt reifen. Wenn eine der beiden Erzählung zum Jahresausklang vom Stapel gehen könnte, wäre ich sehr zufrieden.

 

 

Was war dein emotionalstes Erlebnis beim Schreiben?

Ja, da gab es ein Erlebnis.

Verrätst du mir Details?

Ich hatte mir für die Novelle „Das havarierte Gewissen“ eine alte Schenke aus der Zeit um oder kurz vor 1800 vorgestellt, mit Reetdach, moosinselverziert, weißes Fachwerk und rotem Backstein. In einer Gewitternacht sollte ein alter Apfelbaum dem Winddruck nachgeben, in ein Fenster stürzen, um letztlich damit den Weg in die Binnenhandlung freizuschlagen. Als ich etwa vier Monate nach Erscheinen des Buches am Ort der Handlung in Otterndorf (Elbmündung) längsspazierte, besuchte ich die dortige alte Schenke, die momentan geschlossen und leider dem Verfall preisgegeben wird. Aber es war eigentlich ein Haus in der unmittelbaren Nachbarschaft, das nahezu vollständig meiner Fantasie entsprach.

Und was ist dann passiert?

Die Krönung war jedoch der Apfelbaum im Garten, der so stand, dass er bei einem Sturm genau das anrichten könnte, was ich mir beim Schreiben vorstellte.

 

 

Wie definierst du Erfolg?

Ich stehe ja erst am Anfang. Bestsellerlisten – meine Güte, die sind meilenweit entfernt und auch nicht nötig.

Was ist dir dann wichtig?

Es hat mich sehr gefreut, dass meine Bücher in meiner alten und jetzigen Heimatstadt jeweils in der Zeitung ein Echo fanden. Dass „Ganz schön knapp!“ den Sprung auf die Midlist des Skoutz Award 2018 geschafft hat, ist für mich schon echt der Hammer!

*Stolz guckt*

Immer Stück für Stück. Wenn Leser die Geschichten schön finden, die sprachliche Verpackung, dann ist es doch gut.

 

 

Und zum Schluss: auf welche Frage in einem Autoreninterview möchtest du einfach nur mit »Ja« antworten?

Wirst du weiterschreiben?

Und wir sind schon sehr gespannt, was uns noch aus deiner Feder erwartet. Vielen lieben Dank, dass du dir die Zeit genommen hast, mir all meine Fragen zu beantworten. Ich wünsche deinem Buch alles Gute für den weiteren Wettbewerb und würde mich freuen, wenn wir mal wieder so nett plaudern könnten – vielleicht ja schon in Frankfurt zur Preisverleihung.

 

Mehr Informationen zu Matthias Schneider-Domincos Büchern findet ihr auf seinem Autoren-Profil bei Skoutz.net und wenn ihr mehr über ihn wissen wollt, hab ich hier für euch den Link zum Interview mit dem Göttinger Stadtradio.

 

Skoutz-Lesetipp:

Das havarierte Gewissen: Eine norddeutsche Novelle – historische Novelle von Domini

1925. Ein Sommermorgen an der Elbmündung. Stackfischer Fritjof Dieken geht seiner Arbeit nach. Doch die Idylle täuscht. Er ahnt noch nicht, dass sein Leben am nächsten Tag vor einer schmerzlichen Wende stehen wird.
Die Spur führt in den Jahrhundertwinter des Jahres 1891. Der englische Frachtdampfer „Kaffraria“ havariert in der Altenbrucher Bucht. Während der Bergungsarbeiten stirbt ein Crewmitglied. War es ein Unfall? Und was hat das mit Fritjofs jüngst verstorbenen Stiefvater zu tun?

Skoutz meint: Eine wundervolle und sehr berührende Novelle, die mit ihrer poetischen Sprache ihre Leser mitreißt. Besonders toll sind die norddeutschen Dialoge und die Plattdeutschen Floskeln, die der ganzen Geschichte den typischen Charme verleiht. Authentisch, lebendig und sehr unterhaltsam.  

 

Bis dahin könnt ihr sein Buch über den Affiliate-Link bei Amazon beziehen.

Wer das Buch schon kennt, kann (und soll!) es auf Skoutz bewerten, damit  unsere Buchsuche besser werden kann (weiter).
Mit der Skoutz-Buchfieberkurve bewertet ihr mit fünf einfachen Klicks ein Buch anhand von fünf Kriterien statt fünf Sternen. So seht ihr auf einen Blick, wie das Buch wirklich ist. So schön kann Bücher suchen sein.

 

 

 Hinweis:

“Ganz schön knapp! Vier Rettungsgeschichten für Kinder” ist – wie der Titel schon andeutet – ein Kinderbuch. Trotzdem – oder gerade deshalb – ist es ein sehr spezielles Buch, das völlig zu Recht von Skoutz-Juror Oliver Kyr aus knapp 200 Titeln der Longlist Contemporary in die Midlist Contemporary gewählt wurde.

Es geht in Matthias Schneider-Domincos auf gut 70 Seiten im November 2017 unter dem SP-Label Twenty-six veröffentlichten Geschichten um Gefahren, um Ängste und um den Umgang mit ihnen.

Die ausführliche Buchvorstellung könnt ihr hier nachlesen.

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