Zu Besuch bei Marcel Riepegerste (Jury Crime 2023)
Schon im vergangenen Jahr waren wir bei Marcel Riepegerste und durften ihm Fragen stellen. Und da er sich in diesem Jahr bereit erklärt hat als Juror für den Skoutz Award 2023, in der Kategorie Crime, dabei zu sein, hat sich unsere Ela den Skoutz-Kauz geschnappt und ist nun sehr gespannt, was es über ihn und seine Bücher an Neuigkeiten gibt.
Zu Besuch bei Marcel Riepegerste – der zu frischem Kaffee nicht plottet!
Hallo und vielen Dank lieber Marcel, dass wir dich ein weiteres Mal besuchen dürfen. Nun sind wir doch super gespannt, was du uns dieses Mal so zu erzählen hast. Darum lass uns doch gleich anfangen, bevor der Skoutz-Kauz dir hier noch irgendetwas durcheinander bringt.
Wo sitzen wir denn, also wo willst du uns empfangen?
Da es noch mitten im Winter ist, sitzen wir in der Küche. Dort haben wir alles, was wir für ein gutes Gespräch benötigen (am Wichtigsten selbstverständlich frischer Kaffee!).
Oh ja, so ein heißer Kaffee griffbereit hat schon was.
Im Sommer hätte ich euch auch gerne im Garten empfangen und den Grill angeschmissen 😉.
Oh ja, da wäre ich dabei, würde auch gleich noch etwas zum Grillen mitbringen. Das schaffen wir dann, wenn wir die Shortlist besprechen! Aber nachdem wir hier jetzt gemütlich beisammensitzen und Kaffee trinken, lass uns doch mal reden.
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Nach welchem Motto lebst du? Und wirkt sich das auch auf dein Schreiben aus?
Ein wirkliches Lebensmotto habe ich nicht. Ich versuche aber mittlerweile mutig zu sein und meine Lebenszeit mit den Dingen zu füllen, die mir Spaß machen.
Das sollte man aber auch, denn das Leben ist viel zu kurz. Carpe diem, fällt mir da ein! Und wie nutzt du das fürs Schreiben?
Bezogen auf das Schreiben, heißt das für mich, dass ich aktuell auch den Mut habe, mich in neuen Genres auszuprobieren und Bücher zu veröffentlichen.
Das finde ich jetzt aus nicht ganz uneigennützigen Gründen sehr schön. 🙂
Es heißt zwar immer, gerade ein Autor soll bei seinem Genre bleiben. So aus Marken- und Marketinggründe. Aber ich kenne viele Skoutzis, die sich gerne überraschen lassen und auch Autoren, die sich bewusst nicht, in einer Schublade – oder einem Buchregal – häuslich einrichten. Deine Kollegin Janna Ruth zum Beispiel.
Was ist dein erster Gedanke, wenn ich dich frage, was du GAR NICHT magst?
Zu warten.
Puh! Gut, dass wir pünktlich waren. Und warum?
Ich bin ein wahnsinnig ungeduldiger Mensch und hasse es einfach, zu warten. Ob nun im Wartezimmer beim Arzt, an der Bushaltestelle oder auf eine Verabredung zu warten, spielt dabei keine Rolle. Diese „toten Zeiten“ finde ich schrecklich.
Oh, versuche es doch mal mit Yoga, vielleicht hilft dir das ja. 🙂 Aber ich kann dich gut verstehen, ich finde auch, dass Zeit unter Beobachtung anfängt, sich zu dehnen! Aber heutzutage, wo man mit dem Smartphone ja im Prinzip seinen halben Hausrat inkl. Buchregal dabei hat, finde ich, dass die Warterei nicht mehr ganz so schlimm wie früher ist.
Aber lass uns doch einfach gleich mal weiter machen und ein bisschen über deinen neuen Job in der Skoutz-Jury plaudern. Vielen lieben Dank an dieser Stelle gleich nochmals!
Was hat dich bewogen, bei der Skoutz-Jury mitzumachen?
Ich habe mich über die Anfrage sehr gefreut und – nachdem ich den Umfang der Aufgabe abgeklärt hatte – schnell spontan zugesagt.
Das ist sehr lieb von dir, denn das System des Skoutz-Awards lebt davon, dass sich genug Freiwillige finden, die mit ihrer Expertise die Jury stellen. Durch den Wechsel bleibt der Wettbewerb lebendig und immer wieder spannend. Wir freuen uns schon darauf, welche Bücher du für die Midlist zusammenstellst. Aber Arbeit bleibt es natürlich. Was also hat dich gefreut, wenn wir dich einspannen wollen?
Ich meine, vor gar nicht allzu langer Zeit kannte mich als Autor noch kein Mensch und nun darf ich der Juror in der größten Kategorie des Skoutz Award sein – das ist eine riesengroße Ehre für mich.
Awww jetzt wird der Skoutz-Kauz gerade richtig rot bei deinem tollen Lob. Was motiviert dich neben der Ehre?
Das Lesen und Schreiben spannender Bücher begleitet mich schon mein halbes Leben, deshalb fühle ich mich in der „Crime“ Kategorie dabei bestens aufgehoben.
Sehr schön! Kommen wir zur Auswahl …
Was macht für dich ein gutes, was ein sehr gutes Buch aus?
Unabhängig vom Genre sollte ein gutes Buch beim Lesen berühren.
Na, auf jeden Fall! Und was macht es dann zum sehr guten?
Ein sehr gutes Buch sollte einen über das Lesen hinausbewegen und im besten Fall das Potential haben, das eigene Leben zu verändern.
Das ist eine schöne Definition, aber ein hoher Anspruch!
Durchaus. Das schaffen nur wenige Bücher, aber das ist es, zu dem große Literatur imstande ist.
Buchmagie …
Jetzt hast du ja schon gesagt, dass du in diesem Jahr die größte Gruppe betreust. Da ist die nächste Frage besonders spannend …
Wie kann ein Buch deine Aufmerksamkeit erregen?
Ich glaube, dass wir Buchbegeisterte da doch alle sehr ähnlich sind. Titel, Cover, Klappentext – das sind die ersten drei Eindrücke eines Buches, die darüber entscheiden, ob unser Interesse geweckt ist und wir uns näher mit dem Werk beschäftigen möchten.
Wir Buchfreunde sind halt doch auch visuelle Wesen *schmunzel*. Und wie verjüngen wir den Stapel weiter?
Natürlich schaue ich auch darauf, ob anderen das Buch gefallen hat, doch am Ende sind die Lesebedürfnisse so verschieden, dass ein und dasselbe Buch völlig unterschiedlich wahrgenommen werden kann.
Ja, Kay sagt auch immer wieder, dass wohl nie zwei Menschen dasselbe Buch lesen werden. Dan lass uns jetzt mal über dein eigenes Schreiben reden. Zum Beispiel über Klischees. Als Klischee wird man nicht geboren, sondern muss sich den Titel erarbeiten. Klischees sind so praktisch wie lästig.
Wie gehst du persönlich mit ihnen um? Beim Schreiben wie im Leben?
Von Klischees halte ich im Leben wie beim Schreiben wenig. Wir Menschen sind alle verschieden und das ist gut so – ich mache mir gerne von jedem ein eigenes Bild.
Das schließt sich ja nicht notwendig aus, wenn sie sich dann doch je nach Anforderung in bestimmte Gruppen – Klischees – zusammenfassen lassen. Aus verschiedenen wiederkehrenden Farben wird ja auch ein individuelles Bild. Genres, sind ja zum Beispiel auch so eine Art literarisches Klischee …
In welchen Genres schreibst du? Hast du dich bewusst dafür entschieden oder hast du nachher überlegt, wie du deine Geschichte einordnest?
Die allermeisten kennen mich sicherlich als Autor von spannenden Thrillern.
stimmt! Mit Raum 211 warst du letztes Jahr auch auf der Shortlist! Doch du sagst das, als würdest du da noch ein Aber haben …
Ja! Denn mittlerweile probiere ich mich aber auch in anderen Genres aus. So war meine letzte Veröffentlichung ein biografisches Drama nach einer wahren Kriminalgeschichte.
Damit bleibst du zumindest in der Nähe des Thrillers. Und war das eine bewusste Entscheidung?
Da ich nicht plotte, sondern einfach drauf losschreibe, entwickelt sich auch das Genre meist erst beim Schreiben. Ich weiß also vorher selbst noch nicht genau, was für ein Buch es denn am Ende werden wird.
Dann sind also deine Geschichten auch für dich jedes Mal eine Überraschung. Das finde ich echt spannend. Da passt die nächste Frage richtig gut:
Von wem kommt deine strengste Kritik? Und wie gehst du mit ihr um?
Die strengste Kritik kommt von mir selbst, weil ich sehr perfektionistisch bin.
Das hören wir echt häufig, Schreiben scheint unweigerlich auf Perfektionismus hinzuführen. Wie äußert sich das bei dir?
Ich arbeite so lange an einem Buch, bis ich mich selber wohl damit fühle und mir nichts mehr einfällt, um es besser zu machen.
Das ist eine schöne Definition, aber vermutlich schwer zu finden.
Dann kommt der Punkt, der Mut erfordert: die Geschichte loszulassen.
In den Coachings haben wir das öfter, dass es emotional wirklich schwierig ist, einem Buch zuzutrauen, dass es „so“ jetzt gut genug für den Markt ist. Für uns ist das auch eine Art „Schreibblockade“, mit ganz ähnlichen Ursachen. Ich hoffe sehr, dass das nie für dich wirklich zum Problem wird, weil wir noch gerne viele, viele Bücher von dir lesen wollen!
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Lesen ist ein wunderbares Stichwort. Lass uns doch mal zu einem weiteren Thema kommen, denn auch du liest ja oder?
Ein Sprichwort sagt „Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt.“ – Wie findest Du diesen Satz?
Ein schöner Satz 😊
Kurz und knapp. Wobei es schade ist, dass man dich jetzt nicht lächeln sieht!
Mit welchem Buch wurde deine Liebe zu Büchern geweckt?
Für mich fing das Lesen und kurz darauf auch das Schreiben mit dem Thriller Der siebte Tod* von Paul Cleave an. Mehr als zehn Jahre danach liegen unsere Bücher zusammen in Buchhandlungen und Paul und ich sind befreundet. Manchmal lohnt es sich, an Märchen zu glauben.
Shuhu! Da sprichst du ein wahres Wort gelassen aus!
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Wir Skoutze sind ja unglaublich neugierig, so fragen wir uns, wie es in deinem Bücherregal so aussieht. Lass uns doch mal einen Blick drauf werfen.
Wie sortierst du dein Buch-Regal? Nach Alphabet, nach Farbe? Mit Deko oder ohne?
Ich muss zugeben, dass ich leider aktuell gar kein Buchregal habe, sondern meine zahllosen Bücher gut verpackt in Kartons in der Garage stehen.
Oh weh, na das solltest du aber schleunigst mal ändern! Wie konnte denn das passieren?
Das ist dem Umstand geschuldet, dass die Rückkehr in meine Heimat NRW nur ein Übergang sein sollte, aus dem jetzt doch schon anderthalb Jahre geworden sind.
Wollen wir doch hoffen, dass das bald ein Ende hat und du endlich ankommst, wo auch immer. Die armen Bücher!
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Lass uns doch mal auf was Aktuelles schauen. Kunstfreiheit auf dem Prüfstand! Die gesellschaftliche Diskussion über das, was man in der Kunst tun und lassen darf, ist zurzeit sehr hitzig.
Wie stehst du dem gegenüber und wie beeinflusst das deine eigene Arbeit?
Ich sehe diese Debatten sehr kritisch und beteilige mich nicht an ihnen. Für meine eigene Arbeit versuche ich mich davon nicht beeinflussen zu lassen und gebe mir ohnehin immer größte Mühe, den Menschen in meinen Geschichten respektvoll zu begegnen.
Ich vermute mal nicht nur in deinen Geschichten, sondern auch in deinem Leben. So nehme ich dich jedenfalls wahr. Wobei die Diskussion ja noch viele weitere Facetten hat. Das macht auch die Frage so spannend. 🙂
Spannend ist auch unsere nächste Frage, denke ich mal: Chat GPT und andere KI-Apps sind gerade in aller Munde.
Was hältst du davon, dass KI Geschichten, ja ganze Bücher alleine verfassen kann? Sind das für dich überhaupt richtige Werke?
Das halte ich für eine schreckliche Entwicklung. Generell sehe ich die zunehmende Macht, die wir Künstlicher Intelligenz, Maschinen und Algorithmen geben, äußerst kritisch.
Generell? Also nicht speziell auf Kunst-Werke bezogen?
Sorgen für die Kunst mache ich mir da aber weniger. Ein Buch, das von KI ebenso gut geschrieben werden könnte, braucht die Welt auch nicht. Wirklich gute Autoren haben etwas, das keine Maschine besitzt!
Was?
Herz und Leidenschaft!
Ja, denn das ist es, was uns Buchmenschen über Zeit und Raum, über Kulturen und Klassen hinweg verbindet. Das ist auch ein schöner, runder Schluss für unser Gespräch, das ich – ebenso wie den Kaffee – sehr genossen habe!
Aber eines wollen wir zum Schluss noch wissen:
Welche Frage sollen wir dir nächstes Jahr im Interview stellen?
Mit welcher Methode es mir nach all den Jahren gelungen ist, endlich den Lotto-Jackpot zu knacken.
*lol* also wenn du sie kennst, sag unbedingt Bescheid. Ich hoffe, dass wir dann in deinem neuen Domizil plaudern können und deine Bücher ein Zuhause gefunden haben.
Genau! Dann sehen wir uns natürlich auf den Malediven am Strand wieder.
Alles klar, der pinke Strandkorb am Wasser ist meiner. Was für ein Traum!
Träumen sollte ja auch erlaubt sein 😉.
Aber natürlich, was wäre ein Leben ohne Träume? Leer!
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Lieber Marcel, wir sind schon heute sehr gespannt auf ein nächstes Mal bei dir, in NRW oder auf den Malediven, und natürlich auf viele wundervolle Geschichten aus deiner Feder, über die wir gerne jederzeit berichten!
Hier erfahrt ihr mehr über Marcel Riepegerste
Wie gesagt haben wir Marcel auch im letzten Jahr schon wegen seiner Nominierung von Raum 211 besucht und mit ihm über um mit ihm über die Härten des Schreibens, Koalabären, Hemingway und guten Wein zu plaudern (weiterlesen).
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Skoutz Buchtipp:
Stich ins Leben – Kriminal-Drama nach einem wahren Fall von Marcel Riepegerste und André Müller-Jekosch
April 2006. Das Wetter ist schön, der Dienst in einer forensischen Klinik ruhig. Bis ein neuer Patient aufgenommen wird. Was niemand weiß: Er hat ein Messer bei sich und ist fest entschlossen, zu töten.
Andre Müller-Jekosch, damals Stationsleiter, erzählt zusammen mit dem Autor Marcel Riepegerste (»Raum 211«) seine wahre Geschichte. Über den schlimmsten Tag seines Lebens, den tiefen Fall in Drogenmissbrauch und Traumatisierung und den langen Weg zurück in ein glückliches Leben.
»Stich ins Leben« ist eine Mischung aus biographischer Erzählung, einem wahren Kriminalfall und dem Drama eines verzweifelten Lebens.
Skoutz meint: Ich habe das Buch noch nicht ganz gelesen, aber ich bin schwer beeindruckt. Ich habe lange als Strafverteidiger mit Straftätern gearbeitet. In der Verteidigung versucht man naturgemäß immer auch nicht nur die Tat und das Ermittlungsverfahren, sondern auch die Menschen zu verstehen. Was treibt jemanden zu solchen Taten, was ist das Motiv, was macht die Tat alternativlos, was treibt sie, bedrängt sie … und all diese Fragen schlüssig und klug in einem Buch behandelt zu sehen, ist Lesespaß vom Feinsten. (kn)
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Wer das Buch schon kennt, kann (und soll!) es auf Skoutz.net bewerten, damit unsere Buchsuche besser werden kann.
Mit der Skoutz-Buchfieberkurve bewertet ihr mit fünf einfachen Klicks ein Buch anhand von fünf Kriterien statt fünf Sternen. Auf einen Blick seht ihr dann, wie das Buch wirklich ist. So schön kann Bücher suchen sein.