Zu Besuch bei Judith und Christian Vogt

Heute ist der Skoutz-Kauz, gemeinsam mit Ela, unterwegs zum Autorenduo Judith und Christian Vogt, die schon beinahe Dauergäste beim Skoutz-Award sind. Das liegt an ihren tollen Büchern, die neben Spannung immer auch ungewöhnliche Themen bieten.

In diesem Jahr ist „Anarchie Deco“ unserer Vorjahressiegerin und History-Jurorin Astrid Töpfner so positiv aufgefallen, dass sie es in ihre Midlist History 2022 gewählt hat. Für uns ist das der perfekte Grund, um mal wieder ein Interview mit dem engagierten Duo zu führen.

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Zu Besuch bei Judith und Christian Vogt

Hallo ihr zwei, der Skoutz-Kauz und ich freuen uns riesig, dass wir wieder einmal bei euch sein dürfen. Und nun, nachdem der Kaffee serviert ist, freuen wir uns schon sehr auf ein tolles Gespräch!

Also lasst uns doch einfach gleich anfangen.

Wenn ihr ein Tier wärt, wärt ihr ein …?

AUTORENPROFIL - Judith & Christian Vogt - Skoutz Interview

Christian: Gleich mehrere: Wildschwein, Otter und Kopffüßler – aus verschiedenen, wenn auch offensichtlichen Gründen.

*lach* nun stell` ich mir diese bunte Mischung gerade vor und muss echt schmunzeln. In der bayrischen Skoutz-Redaktion würden wir von einem Wolpertinger sprechen. Bei dir käme ein ziemlich interessantes Wesen heraus würde ich sagen.

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Womit kann man euch im Alltag glücklich machen?

Judith: Sugar and Spice and Reproductive Rights!

Wie kommst du denn darauf? Die ersten zwei kapier ich, aber …

Das steht so auf einem meiner liebsten Shirts und drückt aus, dass ich glücklich wäre mit netten Kleinigkeiten und feministischen alltäglich-politischen Grundprinzipien.

Na perfekt, dann ist es gut, dass wir Kekse mitgebracht haben, denn das ist doch genau die Portion Süß, derer es heute bedarf *lach*. Aber bei soviel Engagement passt die nächste Frage vermutlich perfekt und ihr habt ganz viel dazu zu sagen: 

Wir alle haben Wünsche, für uns, für die Welt. Was sind deine und was tust du, damit deine Wünsche in Erfüllung gehen?

Christian: Ich wünsche mir für die Welt, dass wir weniger nach unten treten, um von den massiven Missständen auf dem Planeten abzulenken, und stattdessen die Mächtigen in die Verantwortung nehmen.

Nach unten treten ist auf jeder Ebene blöd, das stimmt und lässt sich auch umsetzen. Aber wie kommen wir an die Mächtigen heran?

Persönlich können wir nicht viel dafür tun, außer über Gemeinschaften und Revolutionen zu schreiben und Räume für Gleichgesinnte zu bieten.

Mh, vielleicht können wir persönlich schon ein wenig machen. Denn wenn wir gar nicht anfangen damit, dann wird es nie was. Von daher ist es doch schon mal viel, wenn man mainstreamtauglich darüber schreibt! Darum ist die Feder doch so mächtig, um mal ein Sprichwort zu bemühen. Aber das Thema nun auszuweiten, würde hier leider den Rahmen sprengen. Aber vielleicht könnten wir das mal als Special aufgreifen. Was kann die Buchgemeinde tun, oder so? 

Aber jetzt lasst uns doch mal zu Büchern kommen. Darum sind wir ja eigentlich hier. Erst mal zu denen die ihr lest und jenen die ihr schreibt.

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Welche Bücher haben euch am meisten geprägt?

Judith: Das kann ich gar nicht sagen.

Ach, versuch es doch einfach mal, liebe Judith. Zu leicht dürfen unsere Fragen ja nicht sein. 

Natürlich habe ich viele Klassiker gern gelesen und ohne sie vielleicht nicht mit dem Schreiben begonnen. Gleichzeitig möchte ich die heute niemandem mehr ans Herz legen, weil wir einfach zu viel ollen Kram lesen. Ich finde es auch prägend, auf eine Entwicklung oder Bewegung zu blicken und eine Kontinuität oder einen Weg zu entdecken.

Damit ist ja zumindest mal die Richtung vorgegeben. Wenn man auf die Entwicklung schaut, kann man logischerweise auch immer erst rückwirkend sagen, welches Buch in der Strömung dann wirklich die Weichensteller-Position hatte. Da ist es knifflig, eines vorab zu benennen. 

Bleiben wir noch kurz beim Buchregal und schauen, was da so steht.

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Welcher Klassiker liegt allen Vorsätzen zum Trotz immer noch auf deinem SuB?

Judith: Ich habe von Ursula K. Le Guin* tatsächlich nur Science-Fiction und Essays gelesen, mir fehlen nach wie vor die „Erdsee*“-Romane!

Den ersten Band der Erdsee-Reihe der leider schon verstorbenen Autorin Ursula K. Le Guin, haben wir im Magazin vorgestellt, vielleicht hilft dir unsere Buchbesprechung ja und die nimmst dir die Bücher vor.

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Und welches Buch ist hätte deiner Meinung nach deutlich mehr Beachtung verdient und warum?

Was meiner Meinung nach ein deutlich größeres Publikum verdient hätte, ist die deutschsprachige Progressive Phantastik der letzten Jahre.

Oh, und wieso?

Ich finde die Bewegung so wichtig, und es ist bereits spürbar, dass sie für viele Verlage nur dann ein lohnenswertes Unterfangen ist, sich mit Phantastik und ihren Stereotypen progressiv auseinanderzusetzen, wenn die Verkäufe besser aussehen. Da muss dringend mehr passieren, was die Reichweite dieser „Underdogs“ angeht.

Damit hast du vollkommen recht, hoffen wir, dass es sich bald ändert. Wir in der Redaktion bemühen uns jedenfalls redlich, das zu ändern. Ein Teil dieser Bemühungen ist auch der Award hier. 🙂 

Kommen wir doch nun mal zum Schreiben deiner/eurer Bücher und wie du/ihr dabei vorgeht.

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Themen finden ist oft einfacher als aus den vielen Ideen, die richtige Auswahl zu treffen. Wie entscheidet ihr, welches Projekt ihr als nächstes verwirklicht?

Christian: Aus den möglichen Ideen und Dingen, die uns begeistern, erstellen wir kurze Pitches.

Damit vertagt ihr aber das Problem doch nur, oder? Welcher Pitch macht dann warum das Rennen?

Bei der Realisierung haben dann die Projekte Priorität, deren Pitches das Interesse eines Verlags geweckt hat. Parallel laufen aber auch immer noch Herzensprojekten, die weniger Verkäufe bringen werden, die wir aber gerne umsetzen wollen. Zwischendurch findet sich immer mal wieder Zeit dafür, allerdings reduzieren wir dafür meist den Umfang (in meinem Fall oft auf Novellenlänge), damit das zeitlich möglich wird.

Wow, das so zu planen ist sicher sehr professionell, erfordert aber auch Disziplin, nehme ich mal an. Wie geht ihr mit den Emotionen beim Schreiben um, zum Beispiel: 

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Wo steht ihr beim Schreiben einer Szene?

Judith: Unterschiedlich! Wenn ich merke, ich kann durch die Szene nicht so frei Schnauze navigieren, setze ich mich mit einem Notizbuch hin und plane sie durch – oder wenn jemand von uns feststeckt, gehen wir eine Runde spazieren und argumentieren uns so durch.

Das hört sich gut an, das ist der Vorteil, wenn man im Team schreibt, nicht wahr? So ein Spaziergang macht den Kopf wieder frei für Neues.

Welche Szenen fallen beim Schreiben am schwersten und wie meistert ihr sie trotzdem?

Christian: Ich habe meist den Luxus, Szenen, die ich nicht mag, an meine Co-Autorin abtreten zu können.

So kann man es auch machen *lach*. Gemeinsam stark. Und wo passiert das dann?

Grundsätzlich gibt es keinen speziellen Szenentyp, den ich ausschließen würde.

Was ist euch beim Schreiben eurer Geschichten am wichtigsten?

Judith: Dass wir die Geschichte erzählen, die wir erzählen wollten.

Soll es nicht immer so sein? Wie äußert sich das?

Dass das Gefühl, wenn der Roman fertig ist, dem Bedürfnis entspricht, das wir beim Planen hatten.

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Kommen wir doch mal zu dir/euch als Künstler.

Es heißt, jeder Künstler muss auch ein bisschen wahnsinnig sein. Was ist Euer Schuss „Wahnsinn“?

Christian: Das Wort „Wahnsinn“ bedient viele Klischees über neurodiverse Menschen, ich denke, das hat nichts mit Kunst zu tun.

Nun, wir hatten beim Stellen der Frage tatsächlich weniger den pathologisch-medizinischen Sinn des Wortes im Kopf, als den von der literarischen Romantik geprägten, im Sinne von „Genie und Wahnsinn“. 

Was in vielen Künsten hilft, ist aber eine Portion Nerdigkeit und Geekness – das bedeutet für mich, für die eigenen Lieblingsthemen zu brennen.

Also doch ein klitzekleines Bisschen Wahnsinn.

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Nun würden wir super gerne noch einen Blick in eines eurer Bücher werfen, also sehen, was beim Schreiben rauskommt:

Beschreibt bitte euer aktuelles Buch in 3 Sätzen

Judith: „Schildmaid – Das Lied der Skaldin“ ist eine Nordsee-Odyssee im Viking Age. Eine feministische Fabel. Und ein Buddy Movie mit 20 Frauen auf einem Schiff.

Oh, das ist spannend. Ich bin neugierig, ob sich der Schiffsalltag dann ändert und wenn ja, wie. 

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Wo wir so beisammensitzen, lass uns doch noch ein wenig mehr über dich/euch erfahren.

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Was würdest du noch gerne lernen und wozu?

Christian: Ich würde gerne lernen, Raumjäger zu fliegen, aber die Chancen dafür stehen schlecht.

Ach, warum nicht? Vielleicht ergibt sich ja was über die technischen Möglichkeiten. Es ist absolut faszinierend, was mittlerweile moderne Simulatoren alles können. Bei der Pilotenausbildung sind sie nicht mehr wegzudenken. Warum also nicht auch hier. 

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Welcher Moment im Leben hat dich besonders geprägt?

Judith: Wir haben ja viele gemeinsame Momente, gleichzeitig glaube ich, dass es den einen prägenden Moment für uns beide nicht gibt, ebenso wenig wie den „wichtigsten / schönsten / whatever Tag im Leben“. Und als Personen sind wir eh nie fertig oder abgeschlossen, eigentlich prägen uns doch alle möglichen großen und kleinen Momente, ständig.

Nun, das ist sicher richtig, aber die meisten Menschen haben doch, wenn sie nach innen horchen, spontan das eine oder andere – damals noch nicht mal notwendig als „groß“ empfundenes Bild im Kopf. Kollegin Meike Eggers etwa ein Gespräch mit einem Fremden in einem Berliner Club.

Aber eure Erklärung hört sich trotzdem gut an. Danke dafür.

Nun sind wir leider schon fast am Ende dieses tollen Gespräches, und wir nähern uns den Schlussfragen:

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Was sollen deine letzten Worte sein?

Christian: Und was macht dieser Knopf?

*lach* hoffentlich meinst du damit jetzt nicht den roten Knopf *grins*.

Und mit welchen Worten soll dieses Interview enden?

Judith: The story is a dream of the revolution, but it is not a revolution on its own. The people must make their own revolutions. – Kai Cheng Thom

Diese Geschichte ist ein Traum von der Revolution, aber nicht die Revolution selbst. Das Volk muss seine eigenen Revolutionen schaffen. 

Was für schöne letzte Worte, über die sich nachzudenken lohnt. Wir sagen Dankeschön euch beiden für das wundervolle und interessante Interview.

 

Judith C. VogtNoch mehr über J.C. Vogt gibt es hier:

Bereits 2017 durften wir das Autorenduo interviewen und haben uns sehr angeregt über den perfekten Fan, schwierige Figuren und isländische Ferienhäuser unterhalten. Und natürlich über Bücher. So auch in einem Interview mit Judith 2019.

 

Skoutziger Buchtipp

Schildmaid – Das Lied der Skadlin von Judith & Christian Vogt

Schildmaid - Das Lied der Skaldin - Judith & Christian Vogt - BUCHCOVER

Eine göttliche Stimme aus der tiefgrünen See.
Ein blaues Segel in einem Traum.
Und der Aufbruch zu einer Reise, von der es kein Zurück mehr gibt …

Seit sieben Jahren baut die Einzelgängerin Eyvor ein Drachenboot in einem Fjord. Als sich immer mehr Außenseiterinnen um sie scharen, wird sie unerwartet zur Kapitänin eines Schiffes, das eigentlich niemals in See stechen sollte.
Die Letzte, die sich ihr anschließt, ist Herdis, das Krähenkind: Verfolgt von Berserkern zwingt sie die Gruppe zum Aufbruch. Es beginnt ein tödliches Wettrennen vom skandinavischen Festland bis ins Land der Eisriesen hinein, an dessen Ende nichts Geringeres droht als Ragnarök, das Weltenende selbst.

Mystisch, mitreißend und abenteuerlich: eine moderne Neuinterpretation nordischer Sagen.

***»Schildmaid. Das Lied der Skaldin« ist ein Einzelband.***

 

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Hinweis:

Wer das Buch schon kennt, kann (und soll!) es bei uns natürlich auch bewerten, damit unsere Buchsuche weiter wächst.

Mit der Skoutz-Buchfieberkurve bewertet ihr mit fünf einfachen Klicks ein Buch anhand von fünf Kriterien statt fünf Sternen. So seht ihr auf einen Blick, wie das Buch wirklich ist. So schön kann Bücher suchen sein.
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