zu Besuch bei: Hanna Nolden
Heute bin ich zu Besuch bei Hanna Nolden, die ich gefühlt schon ewig von Social-Media-Plaudereien und diversen Messetreffen kenne. Deren Bücher über alle möglichen mehr oder weniger fantastischen Themen ich sehr schätze und immer gerne lese. Da freue ich mich natürlich sehr auf unser erstes hochoffizielles Interview.
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Zu Besuch bei Hanna Nolden, die gern im Wald steht
Hanna, vielen Dank, dass du mich hier als Südimport im hohen Norden empfängst. Ich glaub, wir stehen im Wald. Das ist echt schön hier, so mitten im Grünen. Ich bin begeistert …
Aber bevor jetzt mein naturverbundenes Herz einen Infarkt erleidet, lass uns beginnen:
Wie würdest du dich in einem Wort beschreiben?
Menschlich.
Das kann ich bestätigen. Keine Schuppen, keine Zombiehinweise. Und das Gefühl verbreitend, bei dir willkommen zu sein. Das ist wohl das Wichtigste.
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Beruf oder Berufung – was macht dir an deinem Job als Autor am meisten Spaß?
Tatsächlich liebe ich das Schreiben vom ersten Wort an. Ich liebe es, Exposees zu schreiben.
Wie bitte? Ich kann richtig hören, wie alle dieses Interview lesen werdenden Kollegen bei diesen Worten, in Schnappatmung verfallen.
Ja, wirklich! Das ist immer der erste Schritt. Ich treffe eine Figur, die mir ihre Geschichte erzählen will und als erstes setze ich mich hin und schreibe ein Exposé.
Da sind deine Figuren eindeutig orientierter als meine! Die wissen immer selbst nicht, was sie eigentlich wollen (Lach). Und wie geht es dann bei euch weiter?
Dann kann ich meistens nicht länger warten und schreibe direkt den Anfang. Erst danach schreibe ich den Plot. So entsteht Stück für Stück ein neues Buch.
Und welche Stücke machen dir in diesem Prozess am meisten Spaß?
(Ihr müsstet Hanna jetzt hier mit leuchtenden Augen sitzen sehen …)
Am meisten liebe ich es, mir meine Rohfassungen selbst vorzulesen, meine Lieblingsszenen wieder und wieder glattzuschleifen. Richtiges Überarbeiten mit Blick auf Wortdopplungen, Füllwörter und unnötige Passagen ist jedoch richtig Arbeit für mich. Ebenso Lektorate und das Prüfen von Druckfahnen. Ich bin da immer sehr gewissenhaft und da tritt der Spaß dann in den Hintergrund und das ernste Arbeiten beginnt.
Das macht aber den Reiz deiner Geschichten aus. Man liest ihnen an, dass sie wirklich in jedem Arbeitsschritt gewissenhaft und liebevoll behandelt wurden.
Danke.
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Wann hast du dein erstes Buch veröffentlicht und wie lange hast du daran geschrieben?
Mein erstes Buch wurde 2013 veröffentlicht. Das muss ich übrigens immer nachsehen, wenn mich jemand danach fragt. Ich kann mir überhaupt keine Zahlen merken.
Da sind wir schon zwei! Ich armes Kind war nur schlecht in Mathe und musste in die Nachhilfe. Heute hätte ich Dyskalkulie und alle Mitleid mit mir.
Ich weiß meistens aus dem Kopf nicht einmal mein Alter.
Das ist auch nicht so wichtig. Wichtiger finde ich deine Bücher … ?
Ich kann inzwischen nicht mehr sagen, wie lang ich am Katzenschatz geschrieben habe. Bestimmt nicht länger als ein halbes Jahr. Es ist ein recht kurzes Buch und war nicht das erste, das ich geschrieben habe, auch wenn es das erste war, das veröffentlicht wurde.
Dann lass uns die Zahlen beiseite schieben und lieber über die Geschichten hinter den Geschichten sprechen.
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Wie läuft ein typischer Tag als Autor bei dir ab?
Mein eigentlicher Arbeitstag beginnt immer erst um 19 Uhr, wenn mein Kleiner ins Bett geht. Vorher schaffe ich es mit Glück, ein paar Nachrichten zu beantworten und meine Social Media-Kanäle zu füttern. Eigentlich geht der Zwerg vormittags in den Kindergarten und manchmal schaffe ich es sogar in der Zeit zu schreiben, aber generell bin ich eher der Abendschreiber.
Das geht mir ähnlich. Meine Bücher sind, da ich nach Büro-Feierabend erst mal Skoutz versorgen muss, selten vor Mitternacht dran.
Wie schreibst du denn?
Ich arbeite mit Word und pflege nebenbei eine Exceltabelle, in der ich festgelegt habe, wie viele Wörter ich in einem Jahr schreiben möchte. Die Tabelle rechnet mir dann aus, wie vielen Wörtern am Tag das entspricht. Wenn mir das gelingt, bin ich im grünen Bereich. Und da ich sehr ehrgeizig bin, versuche ich, immer grün zu sein. Meistens gelingt mir das, obwohl ich gern mal zwei Stunden lang auf Facebook versumpfe.
Prokrastination ist die weit verbreiteste Autorenkrankheit, keine Frage. Eine heimtückische, hochansteckende Seuche ganz eigener Art.
Aber lass uns wenigstens kurz mal von einer anderen Seuche sprechen…
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Wie sehr beeinflusst Corona deinen Schreiballtag?
Corona hat für uns als Familie alles geändert. Als es vor einem Jahr hieß, dass die Schulen in den Onlinebetrieb gehen, entschied mein älterer Sohn, von nun an dauerhaft bei uns zu wohnen. Vorher lebte er an zwei Wochen im Monat bei seinem Vater. Der Kindergarten machte zu und ich hatte auf einmal 24 Stunden am Tag zwei Kinder im Haus und konnte die nicht einmal von den Großeltern betreuen lassen, die wir sonst mindestens einmal die Woche gesehen haben. Mein Mann, der für gewöhnlich im Außendienst tätig ist und drei von sieben Tagen in der Woche quer durch Deutschland reist, war plötzlich auch dauerhaft zu Hause. Ich hatte von jetzt auf gleich überhaupt keine Ich-Zeit mehr, die für mich und das Schreiben absolut notwendig ist.
Das klingt tatsächlich dramatisch. Noch dazu so von hier auf jetzt. Wie habt ihr das gemeistert?
Wir haben einen ganzen Moment gebraucht, um uns neu zu organisieren, aber inzwischen klappt es sehr gut und wir sind als Patchworkfamilie deutlich zusammengewachsen. Um schreiben zu können und Zeit für mich zu haben, dehnte ich meine abendlichen Schreibsessions immer weiter aus und kam teilweise pro Nacht bloß auf vier Stunden Schlaf. Inzwischen hat unser Kindergarten wieder geöffnet, aber die Vormittagsstunden nutze ich derzeit lieber für Sport oder dafür, mich noch einmal hinzulegen, Kraft zu tanken für den nächsten Lockdown. Geschrieben wird weiterhin abends.
Dann lass uns doch mal über dein Schreiben an sich sprechen. Ich weiß jetzt, dass du nachts deine Excel-dokumentierte Schreibziele verfolgst, aber wie schreibst du?
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Kreativ oder doch eher regeltreu? Wie flexibel bist du beim Schreiben?
Ich plotte zwar sehr gründlich, aber das bedeutet nicht, dass meine Figuren oder ich den Plot nicht mittendrin einfach umwerfen können. Ich bin da gern flexibel, denn meistens weiß ich erst beim Schreiben, was funktioniert und was nicht. Was Genreregeln angeht, schreibe ich nach dem Standpunkt „Wer die Regeln kennt, darf sie durchaus auch mal brechen.“ und gelegentlich tue ich das sogar.
Mir hat ein schlauer Prota mal mitten in der Nacht erklärt, Regeln seien dazu da, dass man nachdenkt, bevor man sie bricht. Und das ist tatsächlich so. Nicht nur beim Schreiben, aber da vor allem.
Lass uns mal übers Lesen sprechen …
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Welches war dein erstes selbstgelesenes Buch? Und hast du es heute noch?
Ich hatte sehr viele Pixi-Bücher, die ich leider alle verschenkt habe. Die habe ich geliebt und jeden Tag gelesen. Aufbewahrt habe ich sie in einem roten Koffer. Ich bereue heute sehr, dass ich sie als Teenager verschenkt habe.
Das glaube ich. Und wie ging es dann lesenderweise nach den Pixis weiter?
Ich habe früh zu lesen begonnen und habe Bücher wirklich verschlungen. Wir waren auch oft in der Bibliothek, meine Mutter und ich. Daher kann ich die Frage leider nicht präzise beantworten. Aber ein Buch ist in meinem Kopf noch sehr präsent. Das Buch hieß „Das Baby im Gras“ von Beatrix Sayer. Das muss in der Grundschule gewesen sein und ich habe es an einem Tag gelesen, obwohl es wirklich dick war. Darauf war ich sehr stolz. Ich könnte mir vorstellen, dass das Buch noch irgendwo bei meinen Eltern auf dem Dachboden liegt.
Das klingt, als solltest du mal nachsehen. 🙂 Wollen wir noch ein bisschen bei deinen Buchhelden verweilen.
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Stell dir vor, du könntest eine beliebige Figur aus einem Buch zum Essen treffen. Was würde passieren?
Aus einem meiner eigenen oder einem gelesenen Buch?
Egal.
Ich tue mich immer schwer damit, mir vorzustellen, dass Romanfiguren ihr Buch verlassen. Ich wäre vermutlich komplett überfordert, wenn das wirklich passieren würde.
Da es in den meisten Buchwelten auch Gelegenheiten zum Essen gibt, könntest du ja auch einen Gegenbesuch machen.
Ich bin sowieso recht schnell sozial überfordert und mit jemandem essen zu gehen, den ich nicht gut kenne … ich fürchte, da würde gar kein wirkliches Gespräch aufkommen.
Dann lass mich weiterfragen …
Auf welche Frage hattest du in letzter Zeit keine Antwort und hast du sie finden können?
Wie geht eigentlich Schnipsen?
Äh … was?
Im Ernst! Ich habe erst letztes Jahr im Alter von vierzig Jahren Schnipsen gelernt. Wie das geht und wie man das lernt, habe ich im Internet gefunden. Tatsächlich habe ich das für mein Buch gebraucht, in dem eine Figur der anderen Schnipsen beibringt. Und ich habe es gleich mit gelernt. Danke, Sten!
Schnipp, schnipp … nächste Frage …
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Wie oft schaust du täglich auf dein Handy?
Viel zu oft, leider. Während der Anwesenheit des Kleinkindes versuche ich, es zu vermeiden, aber das gelingt mir nicht immer. Zumal ich mit dem Ding meine Kalorien zähle und natürlich Pokémon Go spiele.
Dem habe ich mich in weiser Voraussicht versagt. Mein Zeitplan hat definitiv keinen Platz für die dann bei mir unvermeidlichen Pokémon-Exzesse. 😀
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Was darf in deinem Kühlschrank niemals fehlen?
Milch! Ich brauche morgens meinen Kaffee, und zwar blond und süß. Ohne Milch bin ich da aufgeschmissen.
Pssst. Wenn es da je zu Engpässen kommen sollte, lass Gundel Steigenberger nicht ins Haus, die ist auch so ein Milch-Junkie, habe ich kürzlich gelernt.
Ist notiert.
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Für welche drei Dinge in deinem Leben bist du am dankbarsten?
Meine Familie inklusive meines Katers. Wir halten zusammen, sind füreinander da und haben meistens viel Spaß zusammen.
Das war das erste …
Mein Haus im Grünen ohne Nachbarn. Ich habe die Natur, den Wald und meinen Garten direkt vor der Haustür, aber niemand nervt mich und ich muss mich niemandem gegenüber rechtfertigen. In unser Waldhaus zu ziehen war die beste Entscheidung ever!
Das verstehe ich sehr, sehr gut. Das war das zweite …
Für unsere finanzielle Sicherheit. Ich bin in meinem Leben lange Zeit sehr arm gewesen. Mein Sohn und ich mussten immer sparsam einkaufen und er hat im Supermarkt nie um etwas gebettelt. Manchmal hat er gefragt, ob wir eine Ananas oder eine Mango kaufen können, aber oft genug hat das Geld dafür nicht gereicht. Heute habe ich meinen Mann, der wirklich hart für unseren Lebensunterhalt arbeitet und mir ermöglicht, mich ganz aufs Schreiben und die Kinder zu konzentrieren. Das ist ein großes Geschenk.
Das verstehe ich ebenfalls sehr gut. Ich wünsche dir von Herzen, dass das auch so für euch bleibt!
Danke dir.
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Zeitreisen – ein spannendes Mysterium. Wohin würdest du wollen?
Eindeutig Woodstock! Ich liebe die Musik, die Zeit, die Klamotten, das Feeling. Das war legendär und ich wäre zu gern dabei gewesen.
Lustig, wo es doch heißt, wer sich erinnern könne, sei nicht dabei gewesen. Jedenfalls wünschen sich das sehr, sehr viele Kollegen. Ich fürchte, wenn das mal klappen würde, bräuchten wir Zeit-Shuttle-Busse und es würde ein sehr autorenlastiges Treffen werden.
Aber wenn wir schon bei Events sind …
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Über welches Thema könntest du eine 30-minütige Präsentation halten, ohne jede Vorbereitung?
Fibromyalgie. Leider. Ich leide seit über zwanzig Jahren an dieser Krankheit, kenne die neusten Forschungsergebnisse, sämtliche Behandlungsmethoden und jede Form von Schmerz. Mein Schmerztherapeut meinte vor ein paar Jahren sogar, ich könnte seinen Job machen, so gut kenne ich die Krankheit. Tatsächlich bin ich inzwischen oft Anlaufstelle, wenn jemand die Diagnose bekommt.
Das ist das traurige an medizinischen Themen für Nichtmediziner. Man hat sein Wissen immer mit Blut, Schweiß und Tränen erworben. Ich wünsche dir, dass du irgendwann mal auf Laienstatus zurücksinkst.
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Was würdest du rückwirkend ändern, wenn du die Möglichkeit dazu hättest?
Ich würde ein paar Exfreunde aus meiner Liste streichen. Sorry, Jungs! Aber auf ein paar von euch kann ich echt gut verzichten. Ein paar andere sind echt gute Freunde geworden, doch da waren schon echt viele Reinfälle bei.
Da müssen sie durch!
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Was wünschst du dir für die Zukunft?
Den Weltfrieden? Das Ende von Corona? Rückkehr zur Normalität? Irgendetwas in der Art.
Das ist anspruchsvoll, aber ich kann dir von Berufs wegen versichern, sehr, sehr viele Menschen arbeiten da sehr ernsthaft daran. Andere – in allen möglichen Positionen – leider … weniger. Und was machen wir dann?
Ich will wieder auf Buchmessen gehen, meine Freunde treffen, Sicherheit für meine Kinder. Das wäre wirklich schön. Ich hoffe, wir finden einen Weg.
Das ist auch ein wunderbares Schlusswort!
Liebe Hanna, vielen Dank für dieses schöne Gespräch. Ich wünsche uns von dir noch viele herzenswarme Bücher für die Zeit bis wir diesen Weg gefunden haben, der uns dann hoffentlich möglichst ohne Umwege zu einem richtig geilen Autoren-Reunion-Woodstock führt.
Dankeschön!
Hier könnt ihr Hanna Nolden treffen
- Hanna Nolden auf Facebook*
- Instagram-Account von Hanna Nolden
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Skoutz-Lesetipp
Tripod, das schwarze Kätzchen – Jugendfantasy von Hanna Nolden
Ben ist sauer. Von seinen Klassenkameraden wird er gemobbt, die Schule tut nichts dagegen und seine Mutter glaubt, ein dreibeiniges Kätzchen würde all seine Probleme lösen. Als ob er nicht eh schon ständig an sein verlorenes Bein denken müsste!
Lieber flüchtet er sich in das Onlinerollenspiel „Knights of Maira“, wo er mit seinem besten Freund Oliver Abenteuer erlebt. Doch sein Kätzchen Tripod hat sich in den Kopf gesetzt, etwas gegen das Mobbing zu unternehmen, und Ben begegnet ausgerechnet in Maira einem Mädchen, das seine Welt auf den Kopf stellt. Ein Mädchen mit einem Knall. Kann das gutgehen?
Skoutz meint: Ja, das kann gutgehen! Die Art, wie Hanna Nolden sich diesem sensiblen Thema Behinderung annimmt, ist herzerwärmend ohne kitschig zu sein. Aus der Sicht von Tripod geschrieben redet sie die Beeinträchtigungen nicht schön, zeigt aber auch, dass man Schwäche überwinden und in Stärke gießen kann. Dass es im Leben meist eine Frage der Einstellung ist und dass ganz andere Dinge wichtig sind.
Die Figuren wachsen an sich und über sich hinaus und das beschreibt Hanna Nolden in schlichten aber poetisch bildstarken Worten.
Wunderschön und bezaubernd.
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