zu Besuch bei Oliver Pötzsch

„Geschichte schreibt die besten Geschichten“ – Auf diesen spannenden Satz bin ich bei meiner Recherche zu Oliver Pötzsch gestoßen und ich finde, schöner und prägnanter kann man es nicht ausdrücken. Schon in seiner Kindheit begann sich seine Faszination für Geschichten zu zeigen. Als ihn der Rollenspiel-Virus erwischte, tauchte er tief ab in die Welt der Zauberer, Elfen und Zwerge, was darin gipfelte, dass er seine Mitspieler einmal unglaubliche achtzehn Stunden am Stück in einer Geschichte fesselte … natürlich nur im übertragenden Sinn. Das Schreiben liegt ihm im Blut und egal ob als Journalist, Liedtexter der grandiosen Deutschrock-Band „Pretzls & Punch“, Schriftsteller, Filmautor und so vieles mehr, er konnte immer begeistern. Ich bin schon sehr neugierig auf den Menschen, der einen so vielseitigen und bewegten Werdegang hinter sich hat. Mal sehen, welche Details ich ihm noch entlocken kann …

 

 

zu Besuch bei Oliver Pötzsch, dessen Bücher wir einem Teddybär verdanken …

 

©Frank Bauer

In einem Wort: Was bedeutet für dich „Schreiben“?

Kopfreisen

Ein schöner Vergleich.

 

 

 

Was ist der seltsamste Ort, an dem du je geschrieben hast?

Hm, ich denke, das war noch in meiner Zeit als Journalist.

Wo warst du und an was hast du gearbeitet?

Eine Reportage über Life-Rollenspiele auf einer Burg in der Provence. Ich tippte die Geschichte nachts in eine alte Reise-Schreibmaschine, deren Buchstabe W klemmte. Als Tisch diente ein Rest der Burgmauer. Licht spendete allein eines dieser magischen Knicklichter, welches ich vorher noch einem Elfen abgekauft hatte.

Spannend. Ich dachte, die Elfen hätten den Knicklichterhandel schon vor vielen Jahren eingestellt 😉 Wie ging es weiter?

Zum Faxen musste ich runter in den Ort, in meiner Kriegerverkleidung …

 

 

 

Wie entstehen deine Geschichten?

Oft gibt es eine erste Idee, geboren aus irgendeiner Notiz, einem Zeitungsartikel, einer Geschichte, die ich irgendwo aufgeschnappt habe … Dann beginne ich zu recherchieren, immer auch vor Ort. Ich bin ein sehr akribischer Rechercheur, der fast alle seine Handlungsorte abläuft, auch bei Regen und Schnee. Liegt wohl an meiner journalistischen Vergangenheit …

Sehr gewissenhaft und hilft sicher, die Handlung und das Setting authentisch zu beschreiben. Was kommt danach?

Dann folgt ein grobes Konzept, schließlich beginne ich mit dem Schreiben.

Wie oft schreibst du und gibt es etwas, das nicht fehlen darf?

Sechs Tage die Woche, immer vormittags mit viel Pfefferminztee. Am Nachmittag überarbeite ich die Seiten, pro Tag komme ich so auf vier bis sechs Manuskriptseiten. Wenn alles fertig ist, lasse ich den Text erstmal liegen, wie einen Hefeteig, der gären muss. Dann setze ich mich nochmal hin und überarbeite alles. In einem Jahr entsteht so ca. ein Buch. Ohne Disziplin geht bei mir nichts.

 

 

„Es wird immer weniger gelesen“ – Wie reagierst du auf diesen Satz?

Stimmt so ja nicht.

Sondern?

Die Schere geht bloß immer weiter auseinander zwischen den Viellesern und den Weniglesern bzw. Nichtlesern. Wenn ich die vielen Leute in der U-Bahn sehe, die in ihr Handy starren, werd ich immer ein wenig traurig und greife zum Buch. Aber vielleicht lesen die ja alle auf ihrem Handy Ulysses … Die Hoffnung stirbt zuletzt.

 

 

Wie stehst du zu Schreibregeln, die bestimmen, was der 1. Satz auf keinen Fall enthalten darf, welche Worte man verwenden soll und welche zu vermeiden sind, wie lang ein Satz sein darf, etc.?

Es gibt ein riesiges Regelwerk, das ich hier jedem zukünftigen Autoren ans Herz lege: Es heißt Literatur.

Spannend 🙂

Schreiben lernt man nicht durch Regeln, sondern nur durch Lesen, Lesen, Lesen! Interessanterweise haben die Verfasser solcher Werke oft selbst nur sehr wenige Bücher geschrieben …?

 

 

Welches Buch hat dich am meisten geprägt und warum?

Dieses Buch gibt es nicht. Es gibt allerdings Bücher, die mich in gewissen Lebensphasen geprägt haben: Die Brüder Löwenherz, Bücher von Wolfgang Hohlbein, Der Herr der Ringe, Es von Stephen King, die Deutschstunde von Siegfried Lenz, Terror von Dan Simmons, Goethes Faust …

Die Auswahl ist ziemlich breit gefächert und äußerst interessant …

 

 

Wenn du für einen Tag in ein Buch reisen könntest, in welches würde es dich ziehen?

Also okay, ihr habt mich … Es ist „Der Herr der Ringe“.

Ein wirklich spektakulärer Klassiker 🙂

In dieses Buch bin ich schon mal so abgetaucht, dass ein ganzer Norwegen-Urlaub darin verschwunden ist.

*Huch*

Hm, vielleicht war ich 1985 ja auch gar nicht in Norwegen, sondern in Mittelerde.

 

 

 

Bist du ein mutiger Mensch? Wann hast du das letzte Mal was zum ersten Mal gemacht und was war das?

Ich bin furchtbar ängstlich, nur in meiner Fantasie bin ich mutig. Das ist das Gute an der Schriftstellerei, ich lass andere für mich mutig sein.

 

 

 

Für welches Produkt würdest du als Testimonial Werbung machen? Warum?

O wie peinlich, dieses Wort war mir bislang nicht geläufig.

Ist ja auch nicht so gängig 🙂

Als Autor historischer Romane genieße ich gewisse Privilegien in unserer Familie. Ich kenn mich auch nicht mit der Fernbedienung des Fernsehers aus, komme mit Apps durcheinander, vergesse alle meine Passwörter und bringe ständig den Computer zum Abstürzen. Vielleicht als Testimonial für alte Richtschwerter oder Doktor Faustus‘ original Theriak …?

 

 

Was machst du, wenn du eine Nacht im Kaufhaus eingeschlossen wärst?

Die Betten probeliegen und darin lesen.

Sehr guter Plan 😉

Am Morgen alle Kaffeemaschinen durchprobieren.

 

 

 

Was ist der erste Gedanke nach dem Aufstehen? Was machst du in der ersten Stunde nach dem Aufstehen?

Das, was auch der Papst und die Kanzlerin vermutlich tun. Ich geh ins Bad, putze mir die Zähne, dusche und frühstücke. Alles was vor dem ersten Kaffee am Frühstückstisch besprochen wird, dringt nicht bis zu mir durch.

Also eher nicht der Morgenmensch … Verstehe ich nur zu gut 🙂

 

 

 

Welche Superkraft hättest du gerne?

Grenzenlose Hoffnung, um nie zu verzagen.

*guckt etwas irritiert*

Ist es ein Vogel, ein Flugzeug, nein, es ist HOPEMAN! Alles auf der Erde wird gut …

*lach* Der Superheld fehlt wirklich dringend im Heldenuniversum … 

 

 

 

Welcher Irrtum kursiert über dich?

Dass ich in einem Schäferwagen wohne.

Wie kommen die denn auf so etwas?

Ich SCHREIBE darin, das reicht. Alles weitere verursacht auf Dauer grauenhafte Kreuzschmerzen.

 

 

 

Was würdest du deinem 10 Jahre jüngeren Ich raten?

Sich mehr um seine Zahnpflege zu kümmern. Dann bräuchte sein zehn Jahre älteres Ego keine teuren Implantate, die seine Tantiemen auffressen.

Ein wirklich weiser Ratschlag … Und bevor ich dich wieder verlasse, wüsste ich noch gern …

 

 

Was wolltest du der Welt schon immer einmal sagen? Raus damit!

LEST … MEHR … BÜCHER!!!

 

SOFORT!!! Vielen Dank, lieber Oliver Pötzsch, dass du dir die Zeit genommen hast, mich zu treffen und mir all meine Fragen zu beantworten. Es war wirklich spannend und ich hoffe, wir haben mal wieder die Chance zu plaudern. Ob du den Skoutz-Award mit nach Hause nehmen darfst, sehen wir schon in wenigen Tagen und ich drück dir fest die Daumen.

 

 

Mehr über Oliver Pötzsch und seine Bücher erfahrt ihr auf:

seiner Homepage

Facebook

 

Skoutz-Lesetipp: Die Henkerstochter – spannender Auftakt zur historischen Henkerstochter-Saga von Oliver Pötzsch

Kurz nach dem Dreißigjährigen Krieg wird in der bayerischen Stadt Schongau ein sterbender Junge aus dem Lech gezogen. Eine Tätowierung deutet auf Hexenwerk hin und sofort beschuldigen die Schongauer die Hebamme des Ortes. Der Henker Jakob Kuisl soll ihr unter Folter ein Geständnis entlocken, doch er ist überzeugt: die alte Frau ist unschuldig. Unterstützt von seiner Tochter Magdalena und dem jungen Stadtmedicus macht er sich auf die Suche nach dem Täter.

 

Skoutz meint: Das Geschichte nicht langweilig sein muss, beweist Oliver Pötzsch mit diesem Buch sehr eindrucksvoll. Unglaublich gut recherchiert, entführt uns der Autor  ins 17. Jahrhundert und erzählt uns eine spannende Story, in der Pötzschs Vorfahren in einer fiktiven Story lebendig werden. Doch nicht nur die vielschichtigen und interessanten Figuren machen den Roman besonders, auch das Setting und die packende Handlung nehmen einen vollkommen ein. Ein gelungener Auftakt, der nicht nur Lust auf die anderen Bände macht, sondern auch in Erinnerung bleibt.

 

 

Hinweis:

In seinem historischen Roman “Der Spielmann”, der im September 2018 bei List erschienen ist, erzählt Oliver Pötzsch auf 784 Seiten die spannende Geschichte des Johann Georg, auch Faustus genannt. Der Autor hat aus dem interessanten Leben des fahrenden Astrologen, Zauberers und Quacksalbers, der an der Grenze zwischen Mittelalter und Renaissance wirklich lebte, eine unglaublich unterhaltsame Story gesponnen.

Mit seinem farbenfrohen Mittelalterroman über die spannende Reise Johann Georg Faustus konnte Oliver Pötzsch unseren Skoutz Juror Andreas Otter überzeugen, „Der Spielmann“ aus über 130 Titeln der History-Longlist zu erwählen. Er ergatterte einen der begehrten Midlist-Plätze, wurde auf die Shortlist gewählt, und hat damit die Chance auf den Skoutz Award 2019.

Mehr Details bekommt ihr wie immer in der ausführlichen Buchvorstellung. (Weiterlesen)

 

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