Sprichwörtlich #4 – auf den Hund gekommen
Sprichwörtlich #4 befasst sich mit einer der größten Bild-Gruppen, die das Deutsche zu bieten hat, den Redewendungen und Sprichwörtern mit Hunden. Kein Wunder, dass die wechselvolle Beziehung zwischen Hund und Herrchen, zwischen Zamperl, Köter und Pudel, ihre Spuren auch im Sprachschatz hinterlassen hat.
Der Hund ist nicht nur der treueste, sondern auch der älteste Freund des Menschen. Er gilt als erstes domestiziertes Haustier, das sich schon den indogermanischen Stämmen angeschlossen hat, als Helfer bei der Jagd, Wächter, Freund und gelegentlich auch als Delikatesse.
Lasst uns also in den Lexika schnüffeln …
Sprichwörtlich #4 auf den Hund gekommen
Auffallend ist, dass es sehr viele Redensarten gibt, die eher negativ belegt sind. Anders als bei Pferdesprichwörtern sind Hunde nicht zu allen Zeiten die heißgeliebten Begleiter gewesen, die wir heute in ihnen sehen.
Wie sind wir eigentlich auf den Hund gekommen?
Schon die Grimms haben in ihrem Deutschen Wörterbuch etwas resigniert vermerkt: „(Die) Redensart, ‚auf den Hund kommen‘ ist mehrfach zu erklären versucht worden“. Mit anderen Worten: So genau weiß man es nicht, warum man in misslicher, meist wirtschaftlich angespannter Lage, ausgerechnet auf den Hund kommt.
Am wahrscheinlichsten ist es dem mittelalterlichen Brauch geschuldet, Geldschatullen mit einer Schnitzerei auf dem Boden zu verzieren, die einen Hund mit gefletschten Zähnen zeigt und Diebe erschrecken sollte. Und wenn man den sieht, also auf den Hund kommt … tja, dann ist man pleite. Oder hat – bildlich leicht erklärbar – Schulden wie ein Hund Flöhe.
Eine weitere Lesart meint allerdings, dass wenn die Jagd lang genug erfolglos blieb, habe man eben die Wach- und Jagdhunde geschlachtet. Aber da gefällt uns die Schnitzerei schon besser.
Vor die Hunde gehen
also in einen vergleichbar armseligen Zustand geriet man ganz ohne Gebell historisch unter Bergleuten. Denn die Karren, die Untertage bewegt wurden, hießen gleichfalls „Hund“. Legenden, wonach sonst Hunde, die Karren gezogen hätten, sind jedenfalls nicht namensgebend. Der kam von „hunten“ (drunten, hie unten). Diese Hunde zu ziehen, war kein besonders begehrter Job, mehr also eine Strafe. Und auf die bezieht man sich heute, wenn man meint, dass einer vor die Hunde geht.
Es ist wirklich hundsgemein, wenn man einen
wie einen Hund behandeln
will. Denn anders als heute, wo sich ein milliardenschwerer Markt etabliert hat, um Zamperl-Wünsche zu erfüllen, war auch bei uns früher eher eine schlechte Behandlung des Hundes üblich. Sein Leben war in der Regel sprichwörtlich so erbärmlich, hundeelend eben, dass man seit dem 16. Jahrhundert die Armut mancher Menschen am hündischen Schicksal maß.
Vielleicht kommt es auch daher, dass man bei einem
Hundewetter keinen Hund vor die Tür jagt
Während man im Englischen großzügiger von It’s raining cats and dogs spricht, hat sich hierzulande für starken Regen der Begriff Hundswetter durchgesetzt. Auch wenn es gemeinhin heißt, dass der Ursprung letztlich unbekannt sei, mag da ein Zusammenhang darin bestehen, dass nasse Hunde im Allgemeinen wenig ansprechend riechen, was den wasserabweisenden Fetten in ihrem Fell geschuldet ist. Hundebesitzer aller Zeiten jedenfalls wissen, dass wenig auf dieser Welt anhänglicher ist als ein nasser Hund.
Hundstage
hingegen haben nichts mit unseren Fellnasen zu tun. Dieser Name für die Tage zwischen dem 23. Juli und dem 23. August stammt aus dem alten Ägypten. Denn deren Jahr begann mit dem Erscheinen des Sirius am Himmel, der als Leitstern des Sternbilds „Großer Hund“ auch Hundsstern genannt wird. Während es bei uns da üblicherweise ziemlich heiß ist, fielen in diese Zeit in Ägypten früher starke Regenfälle und die Nilflut. Was auch ein Grund für das „Hundswetter“ sein könnte.
Speziell bei warmen Wetter sieht man Hunde faul herumliegen. Grundsätzlich schläft oder döst ein Hund so etwa 16 Stunden am Tag, was auch erklärt, dass man von hundemüde spricht.
Was uns zur Jagdkunde bringt:
Man kann den Hund nicht zum Jagen tragen
bzw. die meist genervte Erkenntnis, dass man jemanden zum Jagen tragen muss, ist so alt wie die Partnerschaft mit Hunden. Der unwillige Hund bei der Jagd als Metapher für jemanden, der träge und unmotiviert ist, findet sich jedenfalls schon in der römischen Antike, z. B. bei Plautus.
Agiler wird es, wenn man
Jemanden der Meute vorwirft oder überlässt.
Diese Redensart stammt aus der Jägersprache, wo mit Meute seit dem 18. Jahrhundert eine zur Jagd abgerichtete Schar Hunde bezeichnet wird. Das Wort Meute selbst stammt ab von lat. movere (bewegen) und mittellat. movita (Bewegung), das auch im Begriff Meuterei (Aufstand) steckt.
In jedem Fall ist es nicht angenehm, wenn man wie schwächliches Wild der aufgeregten und unkoordinierten Meute überlässt. Dem tierischen Äquivalent eines Mobs, der ähnliche sprachliche Wurzeln hat.
Den letzten beißen die Hunde
Auch dieses Sprichwort kommt aus der Jagd. Dabei wird das langsamste Tier Opfer der Hundemeute. Es ist schon sehr alt und findet sich bereits in Texten aus dem frühen 16. Jahrhundert.
Das zeigt, dass allgemein bei Hunden Vorsicht angezeigt ist. So will man nicht
Schlafende Hunde wecken
Das wusste schon der des Meistersinger Hans Sachs, der sich auf Texte aus dem 12. Jahrhundert bezog („Den slaffenden hunt sal nymant wecken.“). Vordergründig bezieht sich der Ratschlag auf den Hund als Wächter von Haus und Hof. Hinzukommt aber auch, dass aufgeschreckte Hunde oft reflexartig heftig reagieren und dann auch Freunde beißen.
Mit Vorsicht ist daher auch das nächste Sprichwort zu genießen:
Hunde, die bellen, beißen nicht
Schon der römische Historiker Quintus Curtius Rufus (1. Jhdt.) schreibt „Ein ängstlicher Hund bellt stärker als er beißt“. Tatsächlich blaffen Hunde gern, woher sich auch das aus dem Englischen zurückgekehrte Wort „Bluff“ ableitet. Aber während Quintus noch wusste, dass der Hund trotzdem beißen kann, unterschlägt das unser Sprichwort etwas fahrlässig.
Tatsächlich hat Hundegebell sehr verschiedene Gründe.
Getroffene Hunde bellen am Lautesten
Das dem Sprichwort zugrunde liegende Bild ist schon sehr alt. Schon in den „Colloquia“ von Martin Luther wird dieses Bild verwendet und seither so erklärt: „Wenn Thorheiten und Laster im allgemeinen verspottet werden, so trifft der Stachel vorzüglich den, der sich schuldig fühlt.“
Darum bietet es sich auch heute noch an, speziell in gewissen Online-Diskussionen abzuwarten, bis sich die Meute müde gekläfft hat. Oder eben
mit eingezogenem Schwanz
davonschleicht. Der eingezogene Schwanz ist das Kennzeichen des feige davonlaufenden Hundes. Die Wendung ist seit dem 16. Jahrhundert belegt. Auf denselben Vorgang bezieht sich übrigens auch das Verb „kneifen“ (den Schwanz zwischen die Beine klemmen).
Wenn
der Schwanz mit dem Hund wedelt
wundert man sich hingegen speziell im Englischen weniger über Feigheit als umgekehrt darüber, dass der (freche) kleinere Partner gegenüber dem großen die Regeln bestimmt. Im Amerikanischen sagt man speziell im Politischen „the tail wagging the dog“ seit 1872 in einem Zeitungsartikel über die Demokratische Partei, dies redensartlich wurde.
Verhunzen
also völlig verderben, muss man damit etwas noch nicht. Der Begriff wurde früher noch mit „d“ geschrieben und verriet so eher den Ursprung. Er stammt originär aus der Küche. Wenn ein Essen so misslang, dass man es nicht mal mehr dem Gesinde, sondern nur noch den Hunden geben konnte, war es eben verhunzt.
Spannend ist, warum unter allen Hunden gerade der Pudel so prominent vertreten ist.
Pudelwohl und Pudelnass
Im Niederdeutschen bedeutet Pudel: Pfütze oder Morast. „Sich pudeln“ hieß herumplanschen. Hunde, die man seit dem 17. Jhdt für die Jagd auf Wasservögel abrichtete, nannte man Pudelhund oder eben Pudel. Der erbärmliche Anblick des nassen und frierenden Pudels hat zur Redeweise vom begossenen Pudel geführt, die als nasser Pudel auch in Schillers „Räubern“ vorkommt.
Des Pudels Kern
hingegen verdanken wir seinem Kollegen Goethe und dessen Faust. Während Faust auf einem Osterspaziergang mit seinem Freund über die Sinnlosigkeit seines Lebens klagt, trifft er einen schwarzen Pudel, der sich ihm anschließt. Zu Hause angekommen entpuppt sich das eigenartige Tier als Mephisto, was Faust zu der berühmten Aussage verleitet:“Das also war des Pudels Kern!“
Da wird der Hund in der Pfanne verrückt
Mit anderen Worten ist man sehr erstaunt. Auch dieser auf den ersten Blick sinnfreie Spruch ist literarischen Ursprungs. Denn angeblich war Till Eulenspiegel mal für einen Bierbrauer tätig, der einen Hund namens Hopf hatte. Als Till den Hopfen sieden sollte, packte der kurzerhand den völlig zurecht erstaunten Hund in die heiße Pfanne, in der er dann wie verrückt herumsprang.
Bekannt wie ein bunter Hund
war Till Eulenspiegel nicht nur zu seiner Zeit. Und auch heute sagt man das noch von jemand, der erkannt wird, wo immer er erscheint. Das liegt daran, dass Hunde zumeist ein- oder zweifarbig sind. Ungewöhnlich bunte Hunde fielen daher auf. Bei Katzen unterstellt man ähnlich farbenfrohen Exemplaren übrigens, dass sie Glück brächten. Beide Redewendungen kennt man seit dem 17. Jhdt.
Nicht minder bekannt ist natürlich das nächste Exemplar, das in so ziemlich jedem Haushalt anzufinden sein dürfte:
Den Schweinehund überwinden
will man seit dem Mittelalter. Ursprünglich war es der zur Wildschweinjagd eingesetzte Sauhund, der sehr zäh und clever war, um es mit den ebenso starken wie schlauen Keilern aufnehmen zu können. Den zu überwinden war und ist also tatsächlich gar nicht so einfach.
Die Kombination aus den beiden negativ besetzten Tieren galt dann lange Zeit als böse Beschimpfung. Seine Verinnerlichung verdankt dagegen der Schweinehund Kurt Schuhmacher der erschreckend modern vor den aufkommenden Nationalsozialisten warnte: „Die ganze nationalsozialistische Agitation ist ein dauernder Appell an den inneren Schweinehund im Menschen. Wenn wir irgendetwas an den Nationalsozialisten anerkennen, dann dies, dass ihnen zum ersten Mal in der deutschen Politik die restlose Mobilisierung der Dummheit gelungen ist„.
Der heutige Gebrauch stammt tatsächlich aus der Soldatensprache, wo man den harten Drill damit begründete, so Soldaten dazu zu bringen, ihrem Körper etwas Außerordentliches abzugewinnen und den inneren Schweinehund zu überwinden.“
Rätselhaft bleibt, woher die für Unverschämtheiten herangezogenen
Dicken Hunde
kommen. Richtig durchgesetzt hat er sich erst im 20. Jhdt. Allerdings vermerkten bereits die Grimms in ihrem Wörterbuch, dass es im Mittelalter als schwere Beleidigung galt, jemandem als Gabe einen (toten) fetten Hund vor die Tür zu werfen.
Heulen wie ein Schlosshund
tut man heute, wenn man auf hohem Niveau jammert. Klar, Hunde, die in Schlössern leben, sollten eigentlich keinen Grund zur Klage haben. Doch der Schlosshund ist kein Schoßhund. Im Gegenteil! Wenn besagter Hund dem Wetter ausgesetzt an der Burgmauer angekettet ist, also mit einem „Schloss gesichert“, dann versteht man, warum der Schloss- oder Schließhund eigentlich so heult. Letzter ist übrigens nicht mit dem sprichwörtlich aufmerksamen Schießhund zu verwechseln. Jagdhunde, die darauf abgerichtet sind, so lange regungslos und aufmerksam zu warten, bis der Jäger zum Schuss bereit ist, und dann auf das kleinste Zeichen, das Wild aufscheuchen.
Da liegt der Hund begraben
Die Redensart ist so doppeldeutig wie ihre Herkunft. Denn zunächst ist genau dort das verzweifelt Gesuchte, wo der Hund begraben liegt. Früher glaubte man, vergrabene Schätze würden von einem schwarzen Hund bewacht. Man nannte gar solche vergrabenen Schätze einfach Hunde. Auch Mephisto, der schwarze Ex-Pudel von oben, verspottet die Menge, die seine Fähigkeit als Schatzgräber anzweifelt: „Da stehen sie umher und staunen, vertrauen nicht dem hohen Fund. Der eine faselt von Alraunen, der andre von dem schwarzen Hund!“
Zugleich – und zur Verwirrung nicht nur von Fremdsprachlern – kann man mit dem Verweis auf Hundegrabstätten auch meinen, dass dort absolut nichts los ist. Also ein Ort, wo man früher die verendeten herrenlosen Tiere entsorgte, um Seuchengefahren zu bannen. Es gibt aber auch eine anderslautende (und sehr hübsche) Sage dazu:
Die bezieht die Redensart auf den treuen Stuczel, den Hund der schönen Grafentochter Hillerie. Für die trug er heimlich Botschaften zu ihrem Geliebten Kurt, sodass sie unbemerkt von ihren zerstrittenen Familien, ihre Liebe aufrecht erhalten konnten. Anders als bei Romeo und Julia geht es gut aus. Letztendlich versöhnten sich alle und als Stuczel im hohen Alter starb, wurde ihm zu Ehren ein Grabmal erbaut. Dieses ist auch heute noch erhalten – und die einzige Sehenswürdigkeit in Winterstein. Denn in dem verschlafenen Örtchen ist nichts los, außer dem begrabenen Hund!
In Bayern würde man jetzt anerkennend durch die Zähne pfeifen oder sagen
A Hund war a scho
Anders als in den übrigen Teilen des Landes ist ausgerechnet bei den sonst eher jubelfaulen Bayern der Hund positiv besetzt. „So a Hund“ ist ein Ausdruck höchster Anerkennung und Respekts.
Ob das nun am Hang für bayrische Sonderwege liegt oder an der Christianisierung durch irische Mönche, ist nicht restlos geklärt. Für letztere Erklärung spricht, dass das irische Wort „cú“ nicht nur „Hund“ meint, sondern auch den Cú Chulainn und damit synonym für „Held“ verwendet wird. Und diese Übersetzung sollen auch die Bayern übernommen haben. Gelehrte streiten sich darüber
wie Hund und Katz
Also zwei für gewöhnlich miteinander verfeindete Tiere, deren Dauerstreit seit der Antike sprichwörtlich ist. Viel spannender aber ist der wissenschaftliche Blick auf die Ursache: Ein Kommunikationsproblem. Denn Gesten wie Wedeln oder Ohren anlegen sind bei Hund und Katz völlig unterschiedlich besetzt. Sobald die beiden aber gelernt haben, dass der andere im Prinzip immer das Gegenteil von dem meint, was er sagt … klappt es wunderbar.
Davon können wir nur lernen. Obwohl …
Alte Hunde lernen keine neuen Tricks
Das weiß man in England spätestens seit dem 16. Jhdt. und meint damit, dass es sinnlos ist, mit zunehmenden Alter noch grundlegende Änderungen von Ansichten oder Gewohnheiten zu verlangen. Doch der Wahrheitsgehalt darf im wortwörtlichen wie übertragenen Sinne angezweifelt werden.
Manche Dinge sind aber auch in Worten nicht zu beschreiben und erschließen sich mit der Visualisierung am allerbesten. So etwa der vielzitierte
Hunde- oder Dackelblick …
Auch wenn der evolutionär als heimtückische Manipulation identifiziert wurde, den sich Hunde erst im Umgang mit uns Menschen angewöhnt haben, um uns zu einem vom Hund gewünschten Verhalten zu motivieren (weiterlesen*)
In der Skoutz-Redaktion sind wir uns jedenfalls einig, was unser Lieblingssprichwort ist:
Ein Hund ist ein Herz auf vier Beinen
Und das war es mit sprichwörtlich #4. Der nächste Beitrag steht schon fest. Da ist dann alles für die Katz. Seid gespannt.
Wer sich für den Unterschied von Sprichwort und Redensart interessiert, kann das hier im Skoutz-Wiki nachlesen.
Die bisherigen Folgen von „sprichwörtlich“ findet ihr hier. Vorschläge für künftige Beiträge sind uns wie immer willkommen. Meldet euch!