Skoutz-Wiki: Rezension

 

Weil immer wieder die Diskussion darüber losbricht, was eine Rezension ist, wer Rezensent sein darf und was man in einer Rezension unbedingt – oder auf gar keinen Fall – schreiben soll, hat Skoutz sich das jetzt einmal genauer angesehen. Tatsächlich ist es auch dieses Mal wieder so, dass irgendwie alle recht haben. Oder auch keiner. Jedenfalls ist die Aufregung unbegründet und schon gar nichts, weswegen man sich gegenseitig an die Kehle gehen müsste:

 

Die Rezension in Kürze:

Zunächst einmal ist eine Rezension ein Artikel, in dem etwas kritisch beurteilt wird. Im Ergebnis erwartet man bei einer Rezension eine kritische, objektive Bewertung von Werken, die wissenschaftliche oder belletristische Bücher (Romane) betreffen können. Aber auch Filme, Theaterinszenierungen, Konzerte, Computerspiele und andere Werke können Gegenstand einer Rezension sein.

 

Die Rezension ausführlicher betrachtet:

Wie der lateinische Name (recensio = Musterung, Betrachtung) vermuten lässt, erhebt die Rezension zumindest als Literaturgattung und im journalistischen Kontext einen gewissen Anspruch, der sich auch in Formvorgaben ausdrückt. Hier besteht die Rezension vereinfacht aus zwei Teilen, der inhaltlichen Wiedergabe und der persönlichen Untersuchung oder auch Auseinandersetzung mit dem Werk.

Typisch für die echte Rezension ist also immer die vollständige Auseinandersetzung mit dem Werk, zu dem auch eine eigenständige Zusammenfassung des Inhalts gehört, die durchaus Spoiler enthalten kann.

Von der Rezension abzugrenzen ist zunächst die reine Zusammenfassung, die sich einer Bewertung entzieht, in wissenschaftlichen Zusammenhängen spräche man hier von einem Abstract. Und andererseits ist eine reine Meinung eben auch keine Rezension, sondern eine Kundenbewertung oder Kundenmeinung in Form einer Kaufempfehlung (oder auch Kaufwarnung).

Ursprünglich war die Literaturkritik oder Rezension mit erheblichem wissenschaftlichen Ansatz meist in der Form einer Monografie gefasst. Sie enthält eine ausführliche Auseinandersetzung mit dem zu besprechenden Werk im Verhältnis zu den anderen Büchern des Autors oder dessen Leben, der Entstehungszeit und seines Einflusses auf andere Autoren oder die Gesellschaft. Häufiger findet man die verkürzte Form des Essays im Feuilleton, die anders als die Monografie meist schon durch die Perspektivwahl (Ich-Form) eine deutliche persönliche Einschätzung – oft in pointierter Form beinhaltet.

Durch das Internet und die großen Online-Verkaufsportale ist die Kundenmeinung deutlich in den Vordergrund gerückt und wird heute – fälschlich – oft mit Rezension gleichgesetzt. Aus Sicht von Skoutz ist das der Hauptgrund für die immer wieder ausbrechenden Streitereien um die „richtige Art der Rezi“.

 

Äußerer Aufbau einer Rezension

Bei einer Rezension geht es darum, dem Leser anhand von bestimmten Kriterien und Argumenten eine Hilfestellung bei der Entscheidung für oder gegen ein Buch an die Hand zu geben.  Damit auch andere Leser Lust haben, das vorgestellte Buch zu lesen/kaufen, sollte man eine aussagekräftige Rezension verfassen. Dazu gehört zum Beispiel, dass man nicht alle Informationen wild durcheinander schreibt, sondern eine gewisse Struktur einhält.

Zu den bibliografischen Angaben (Autor, Titel, Verlag, Preis, Erscheinungsjahr, etc.) und der Beschreibung äußerer Merkmale (Cover, Druckbild, Illustrationen etc.) gehört bei der Rezension eine Vorstellung von Aufbau, Inhalt und Zielsetzung des Werkes, sowie eine persönliche Würdigung bzw. Beurteilung der Qualität des Textes (Spannungsaufbau, Originalität, Sprache und Charakterentwicklung der Figuren) anhand objektiver Kriterien mit nachvollziehbarer Begründung.

 

Was gehört jetzt in eine Buchbesprechung oder Rezension?

Das hängt zunächst einmal von dem Ort der Veröffentlichung ab. Auf einem persönlichen Blog oder in einem Magazin, wo der Leser eures Textes das erste Mal vom Buch erfährt, wird man um eine Inhaltsangabe (mindestens Klappentext) nicht herumkommen. Auf einer Verkaufsseite wie z.B. Amazon oder Thalia, wo man ja in der Regel über das Buch zur Besprechung vorstößt, kann man darauf gut verzichten, um die Leser nicht zu langweilen (sie wissen ja, wozu sie eine Meinung abfragen). Gleiches gilt für Angaben zu ISBN, Verlag, Preis etc.

Beim Rest gilt: In eine echte „Rezension“ gehört das hinein. In eine qualitativ nicht schlechtere, aber eben formfreie „Buchbesprechung“ kann man so mischen, dass am Schluss ein interessant und unterhaltsam zu lesender Text entsteht, bei dem der Leser idealerweise sofort euren Blog abonniert.

 

Zutaten für eine gelungene Rezension:

Der erste Eindruck macht’s! Auf sämtlichen Portalen werden Besprechungen gut beurteilt, die mit einem guten einleitenden Satz, einer schmissigen Überschrift oder einem vergleichbaren Teaser beginnen.

Die Herkunft des Buchs ist zunehmend und gerade in Zeiten sehr agressiver Verlagsbestechungsversuche für viele Rezensionsleser ein wichtiger Aspekt bei der Beurteilung der Rezension oder Buchbewertung. Schreibt also, wie ihr zu dem Buch gekommen seid, ob im Rahmen eines Verlagsprogramms, als Betaleser des Autors, in der Buchhandlung, auf Empfehlung … das stellt auch gleich eine persönliche Verbindung zwischen euch und euren Lesern her.

Über den Autor (des Buches) sollte man immer auch ein Wort bei einer Rezension verlieren. Sonst können solche Informationen sinnvoll sein, wenn es für die Buchbesprechung wichtig ist, sie sind aber nicht zwingend. Gleiches gilt in jedem Fall für die Person des Rezensenten (z.B. wenn er besondere Fachkenntnisse hat, z.B. als Rechtsanwalt einen Justizthriller beurteilt).

Eine kurze Inhaltsangabe gehört unserer Meinung nach in jedem Fall dazu, auch wenn man sie so gestalten sollte, dass sie nicht spoilert (auf Verkaufsportalen werden ja erst neue Leseschnäppchen gesucht), ansonsten sollten sie mindestens als Spoiler gekennzeichnet werden. Interessant vielleicht auch die Frage, welchem Genre der Rezensent das Buch zuordnen würde.

Worum geht es in dem Buch (also über die reine Inhaltsangabe hinaus)? Ist dieses Thema außergewöhnlich spannend, aktuell, antiquiert usw.? Welche Grundaussagen werden vermittelt? Gesellschaftskritik, Umgang mit Problemen, bestimmte Erfahrungen, Unterhaltung …? Und wie war dazu euer Eindruck beim Lesen?

Wie ist der Spannungsbogen aufgebaut? Wird man direkt ins Geschehen geworfen oder hat man Gelegenheit, die Welt und ihre Figuren erst kennenzulernen? Steigert sich die Spannung fortlaufend oder gibt es Längen oder Sprünge? Sind zum Schluss alle Fragen beantwortet oder bleiben lose Fäden übrig?

Konnte man die Figuren in dem Buch verstehen? Ihre Lebensumstände, ihre Verhaltensweisen und Eigenarten? Wie haben sie sich entwickelt? Verständlich und logisch? Wirkten sie echt oder eher klischeeartig? Würde man mit ihnen befreundet sein wollen, sie anhimmeln oder verteufeln und warum?

Mit wenig verrät ein Autor mehr von sich als mit seiner Sprache. Sie – oder vielmehr sein Umgang damit – ist sein unverkennbares Charakteristikum. Daher sollte man ein, zwei Sätze darüber verlieren wie ein Buch geschrieben ist. Ist die Sprache und Wortwahl lustig, traurig, spannend, leicht oder schwer verständlich? Hat der Autor seine eigene unverwechselbare Handschrift und woran erkennt man sie (z.B. typische Motive, Themen, Metaphern …)?

Natürlich sollte man die Schwächen eines Buches auch erwähnen. Aber wer sagt, er sei nicht unhöflich, sondern ehrlich, hat etwas übersehen. „Höflich“ ist die Verpackung und „ehrlich“ der Inhalt. Ein Autor hat viel Zeit und Liebe in sein Werk gesteckt. Auch wenn das schlicht misslungen ist, muss man ihm nicht mehr als nötig weh tun. Bei der Rezension ist jegliche Polemik ausdrücklich verpönt. Bei der Buchbesprechung wirkt sie zumindest unprofessionell. Gebt jedem Buch die Chance, seine Leser zu finden, auch wenn ihr es nicht seid. Hilfreich ist immer ein positiver Abschluss.

Reines Lob wirkt dagegen gerne wie eine gekaufte Gefälligkeit. Eine Rezension sollte sich von der Verlagswerbung abheben und auch wenn man natürlich nicht krampfhaft nach einem Haar in der Suppe und dem Kommafehler auf Seite 345 suchen muss, sollte die Begeisterung auf persönlichen Eindrücken bestehen. Das heißt auf jedes „Super“ sollte auch ein den Leser interessierendes „weil“ folgen. 🙂

In einer Rezension gehört zum Schluss ein Vergleich im Kontext. Also z.B. das Buch innerhalb seines Genres oder im Vergleich zu anderen Büchern des Autors oder innerhalb eines aktuellen politischen/gesellschaftlichen Themas. Bei der Buchvorstellung gehen die Meinungen auseinander. Auch innerhalb der Redaktion und den Autoren, mit denen wir so sprechen, mögen manche diese Vergleiche mit anderen Autoren und andere wieder nicht. Das heißt: Am Ende entscheidet euer Geschmack. Falsch ist beides nicht.

 

Ethik einer Rezension

Rezensenten, Buchblogger, Buchbesprecher sollten ein paar einfache Regeln beachten, die wir als ethische Anforderungen bezeichnen würden. Sie betreffen nicht „nur“  rechtliche Gebote, die ihr aus eigenem Interesse beachten solltet, sondern allgemeine Regeln, die Konflikte vermeiden helfen.

  • Beachten des Persönlichkeitsschutzes (keine falschen Tatsachen oder Schmähkritik, das kann auch rechtliche Konsequenzen haben)
  • Zitate oder Verlagstexte sollten kenntlich gemacht werden, das gebietet auch das Urheberrecht.
  • Kenntlichmachen von Freiexemplaren oder einer anderen Herkunft (Betalesen, Gewinnspiel, Geschenk, Blogtour …)
  • Wie man korrekt mit dem #Werbung umgeht, haben wir in einem eigenen Artikel ausführlich beleuchtet.
  • Spoiler sind zwar grundsätzlich zulässig, aber es ist ein Gebot der Fairness, dass man den Lesern der Rezension nicht den Spaß am Buch verdirbt, indem man erwähnt, wer der Mörder ist (oder andere Dinge ausplaudert, die man eigentlich beim Lesen selbst entdecken will).
  • Vergesst nie: Eine Rezension ist keine reine (begeisterte oder enttäuschte) Meinungsäußerung des Verfassers. Der Leser der Rezension kann einen ganz anderen Geschmack, andere Lesegewohnheiten und Bedürfnisse haben als der Verfasser. Überschwängliches Lob oder vernichtende Kritik ohne Begründung sind daher fehl am Platze.

Bonuswissen zur Rezension („Klugscheißermodus“):

Vielleicht weil die Rezension so oft auch liebevoll „Rezi“ abgekürzt wird, liest man immer wieder auch von Rezession. Und das ist ein Fehler, den man einfach mit nichts und auch nicht mit einem übereifrigen wirtschaftsortientierten T9 entschuldigen kann. Eine Rezession ist der Rückgang oder Flaute in der wirtschaftlichen Entwicklung. Und damit eine der vier Phasen, die der Konjunkturzyklus einer Volkswirtschaft durchlaufen kann (neben Expansion (Aufschwung), (Hoch)Konjunktur (Boom) und Depression (Konjunkturtief). Und jeder Rezensent, der nicht eine Rezession bei seinem Ruf auslösen will, sollte diesen Unterschied kennen.  🙂 Genaueres liefert zuverlässig Wikipedia.

 

 

 

 

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