Skoutz-Classics: Der Seewolf – Abenteuerroman von Jack London

Eine der bekanntesten Abenteuergeschichten aller Zeiten dürfte Jack Londons Seewolf sein. Der 1904 erschienene Roman wurde weltweit in über 70 Sprachen übersetzt und mehrfach verfilmt. Obwohl London bereits mehrere Bücher erfolgreich veröffentlicht hatte, gelangt im mit der Seewolf der ganz große Durchbruch. Von da an erhielt er bis heute anhaltende weltweite Beachtung.

Grund genug, dem Seewolf einen Eintrag in den Skoutz-Classics zu widmen:

Der Seewolf von Jack London

Der Harte und der Zarte – eine schicksalshafte Begegnung auf hoher See. So hätte man das Buch auch nennen können, das die spannende, mit Thrillerelementen gespickte, sehr realistisch beschriebene Geschichte von zwei gegensätzlichen Männern beschreibt. Dem sadistischen Kapitän Wolf Larsen und dem feinfühligen Dandy Humphrey van Weyden, der nach einem Schiffbruch von Larsen aufgelesen wird und natürlich aneinander geraten. Herausgekommen ist ein großartiger Roman über die Vielfältigkeit der menschlichen Seele, dem Kampf des Menschen gegen die Natur und ein Psychogramm zweier Menschen mit völlig unterschiedlichen Wertvorstellungen in unterschiedlichen Situationen wie im Sturm, an Bord eines Schiffes und in der Liebe.

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Um was geht’s in der Seewolf?

Originalausgabe, 1904. (c) wikipedia.com

Der verträumte Schrifststeller Humphrey von Weyden wird nach einem Schiffsunglück vor der Westküste der USA von der „Ghost“, einem Robbenfänger, gerettet.  Doch statt ihn nun an der nächsten Küste abzusetzen, zwingt Kapitän Larsen den verwöhnten Dandy, seine Passage als Schiffsjunge abzuarbeiten.  Die „Ghost“ hält allerdings Kurs auf die Jagdgebiete vor der japanischen Küste. So hat Humphrey reichich Zeit, sich einzuarbeiten und so auch zu reifen. Die Arbeit an Bord ist sehr hart, speziell für den untrainierten Humphrey. Zudem erweist sich Larsen als tyrannischer Sadist, der seine Mannschaft mit roher Gewalt regiert und in ständiger Panik hält.

Doch zu Humphreys größtem Erstaunen und entgegen all seiner Vorurteile, erweist sich Larsen als keinesfalls dumm und ungebildet. Im Gegenteil, er liest Klassiker und ist naturwissenschaftlich sehr bewandert. Er genießt es, in Humphrey endlich einen gebildeten Gesprächspartner zu finden und verstrickt ihn in gelehrte Debatten und philosophische Diskussionen. Beide freuen sich an dem Austausch, obwohl sie für den jeweils anderen nur Verachtung empfinden. Während Humphrey an die reine Seele und das Gute im Menschen glaubt, ist Larsen ein Zyniker, der nur das Gesetz des Stärkeren gelten lässt.

Als die Ghost weitere Schiffbrüchige aufnimmt, werden die beiden Rivalen um die Gunst der hübschen Maud. Als sie sich für Humphrey entscheidet, eskaliert die Situation.  Humphrey und Maud gelingt aber eines abends die Flucht. Nach Tagen auf See verschlägt es sie auf eine kleine Insel, wo sie sich im besten Robinson Crusoe-Stil durchzuschlagen versuchen. Als eines Tages ein Schiff die Insel anläuft, schlägt Erleichterung schnell in Entsetzen um, denn der Steuermann ist kein anderer als Larsen …

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Wie hat uns der Seewolf gefallen?

Londons große Romane sind eng mit seiner Biografie verbunden. Im Seewolf hat der Autor seine eigenen Erfahrungen von der Arbeit auf einem Robbenfänger verarbeitet. Das merkt man, denn die Faszination an Londons Gesamtwerk liegt vor allem auch an seinen atmosphärisch dichten Beschreibungen, die den Leser mit wenigen Worten durch Raum und Zeit direkt in die harte Welt von Alaska oder auch auf den Pazifik versetzen.

Edward G. Robinson als Wolf Larsen

Mit Wolf Larsen hingegen ist London eine der faszinierendsten und vielschichtigsten Figuren der Literaturgeschichte gelungen. Ein dämonischer, skrupelloser Bösewicht? Aber auch ein kluger und intelligenter Mann, dessen Weltsicht man nicht teilen kann, dessen Faszination man sich aber als Leser ebensowenig entziehen kann wie Humphrey selbst.

Neben einer Auseinandersetzung mit der damals noch ganz neuen Evolutionstheorie von Charles Darwin, philosophische Fragen wie Moral und den Sinn des Lebens stellt Darwin in verschiedenen Szenen die Frage, wie Menschen miteinander umgehen sollten – mit Liebe und Vertrauen oder mit Härte und Unterdrückung. Themen, die in ihrem Aufbau sicherlich von Londons Zeit geprägt, aber in ihrer Fragestellung auch heute noch brandaktuell sind.

Fazit

Wer ein spannendes Abenteuer sucht, ein Buch, bei dem man das Gefühl hat, das Meer zwischen den Seiten rauschen zu hören, ist beim Seewolf an Bord der Ghost gut aufgehoben. Doch auch wer gerne Psychothriller liest, hat mit diesem Buch seine Freude. Zwar ist der Seewolf kein klassischer Thriller, aber das Duell der zwei so verschiedener Männer und die Frage, ob es Larsen gelingt, Humphrey zu brechen, sind für sich jeweils megaspannend.

In einem Brief schrieb London, er habe den Seewolf geschrieben, um einen Gegenentwurf zu Nietzsches Übermenschen zu entwerfen und den Philosophen zu widerlegen.

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Wem verdanken wir den Seewolf ?

Jack London kam am 12.01.1876 in San Francisco als unehelicher Sohn von Flora Wellman zur Welt. Nach eigenem Bekunden „auf der falschen Seite der Straßenbahnschienen“.  Als seine Mutter den einfachen Handwerker John London heiratete, adoptierte dieser auch das Kind. Die Familie war jedoch arm und so musste Jack schon als kleiner Junge statt in die Schule zu gehen, Zeitungen austragen und in einer Fabrik aushelfen. Lesen und Schreiben brachte er sich selbst bei.

1893 heuerte als Matrose auf der Sophia Sutherland an. Einem Robbenfänger, auf dem er die Erfahrungen machte, die er zehn Jahre später im Seewolf verarbeitete.Später zog Jack ziellos durch die Staaten und kam dabei auch mit modernen Philosophen in Berührung – Nietzsche, Darwin und Marx, der sich daraufhin politisch auf die Seite der Sozialisten schlug. Während er am Seewolf schrieb, begleitete Jack London als Reporter den Krieg zwischen Japan und Korea, um nach eigenem Bekunden Lebenserfahrung zu sammeln.

Jack London war ein sehr gut aussehender und fröhlicher, aber Zeit seines Lebens kränklicher Mann. Er führte zwei Ehen, hatte zwei Töchter und wurde mit dem Seewolf und seinen anderen Abenteuerromanen zu dem erfolgreichsten Autor seiner Zeit. In den nur 16 Jahren seines literarischen Schaffens verfasste er über 50 Bücher und unzählige Artikel über alle möglichen, politischen, wissenschaftliche und belletristische Themen. Zu Londons größten Erfolgen gehören die Romane The Call of the Wild (Ruf der Wildnis, 1903), White Fang (Wolfsblut, 1906) und Burning Daylight (Lockruf des Goldes, 1910).

Ein so intensives Leben blieb nicht ohne Folgen. Hart, ja geradezu rücksichtslos gegen sich selbst, wurde der Alkoholiker Jack London nur 40 Jahre alt. Bis heute ist ungeklärt, ob er an Nierenversagen, einem Behandlungsfehler der Ärzte oder durch Selbstmord starb.

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Was macht den Seewolf zum Klassiker?

Neben den mitreißenden Schilderungen vom Leben auf einem Robbenfänger kann man sich bis heute nicht der Faszination von Wolf Larsen entziehen, für den London angeblich sogar ganz konkrete Vorbilder hatte. Dem zynischen Philosophen in der Gestalt eines brutalen Sadisten. Ein Mann, der Stärke lebt und nur Stärke gelten lässt und letztlich daran scheitert, dass er nicht stark genug für die von ihm gewünschte Welt ist.

Der Stoff wurde mehrfach, erstmals schon zu Lebzeiten von Jack London verfilmt, in dem London sogar selbst einen kleinen Cameo-Auftritt hatte. Folgende Adaptionen beleuchteten den Stoff aus verschiedenen Perspektiven, mal mit dem Fokus mehr auf Larsen, mal auf Humphrey. Eine der bekanntesten Verfilmungen ist die Version von Casablanca-Regisseur Curtiz, mit Alexander Nox als Humphrey und Edward G. Robinson als Larsen, den er als Sadisten an der Grenze zum Wahnsinn und geühllosen Brutalo mimte.

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Weiterführende Informationen

Mehr über Jack London und den Seewolf erfahrt ihr auf den entsprechenden Seiten von Wikipedia.

Eine kostenlose Möglichkeit, das Buch zu lesen, gibt es bei readfy. Ansonsten natürlich über unseren Affiliate-Link auf Amazon.

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