zu Besuch bei Moe Teratos
Heute besuche ich Moe Terato und wie immer, wenn ich mich zu Horror-Autoren wage, ist mir ein bisschen mulmig zumute. Ich bewundere Horror-Autoren dafür, wie sie Ängsten hinterherfühlen, sie wie einen Stier an den Hörnern packen und mit einer literarischen Hebelbewegung in die Knie zwingen. Ich kann das nicht und bin schon beim Lesen dank meiner sehr bildhaften Fantasie schnell an einem Punkt, bei dem ich dringend betreutes Lesen benötige…
Aber genug vorgeplänkelt, ich bin angekommen, atme durch und drücke auf die Klingel (die klingt schon mal ganz normal).
Zu Besuch bei Alptraumweberin Moe Terato
Was ist dein »Sprit« beim Schreiben, woher nimmst du deine Ideen?
Die Ideen fliegen mir meistens in Alltagssituationen zu.
Und wo trifft man dich dann mit Netz und Käscher?
Ob beim Einkaufen oder auch beim Autofahren. Inspiriert werde ich aber auch von Filmen, Computerspielen und Musik.
Was würdest du tun, wenn du nicht mehr schreiben könntest?
Schwierige Frage.
Danke! Wir geben uns auch wirklich Mühe. 🙂
Ich wäre wahrscheinlich wochenlang traurig und würde mir über kurz oder lang überlegen müssen, ob ich einer anderen kreativen Tätigkeit nachgehen könnte. Vielleicht singen oder malen … leider kann ich beides nicht, also sollten wir alle hoffen, dass dieser Fall niemals eintritt.
Klar doch! Wir drücken dir (und uns) die Daumen.
Zu welchen Anlässen hast du schon überlegt, mit dem Schreiben aufzuhören?
Bisher habe ich noch nie daran gedacht, und ich hoffe, dass das auch so bleibt.
Nach der Gesangsandrohung oben hoffen wir das auch. *lach*
Was war dein emotionalstes Erlebnis beim Schreiben?
Als sich eine meiner Romanfiguren von ihrem geliebten Hund verabschieden musste.
So wie du das sagst, bin ich jetzt schon ergriffen. Puh. Komisch, wenn man bedenkt, was in deinen Büchern sonst so passiert. Aber mir passiert es auch oft, dass einem oft die “kleinen” Szenen auch beim Lesen mehr an die Nieren gehen, als irgendwelche finalen Mega-Showdowns.
Wie viel Autobiografie steckt in deinen Geschichten?
Ich fürchte zu viel 🙂
Okay, dann bin ich jetzt gnädig und frage ausnahmsweise nicht weiter nach. Ich habe Angst, dass du mir antwortest und ich dann als Zartbesaitete und Fantasiebegabte nächtelang nicht schlafen kann.
Was wäre das größte Kompliment, das man dir als Autor machen kann?
Dass man beim Lesen meiner Bücher die ganzen lästigen Probleme des Alltags für ein paar Stunden vergessen kann.
Das klingt genau nach meiner Lektüre! Wobei man erwähnen sollte, dass bei Moe Terato die Alltagsprobleme einfach neben den Problemen der Protagonisten einfach nur noch lächerlich wirken. Es könnte ja soooooo viel schlimmer kommen. 🙂
Wer ist für dich dein idealer Leser?
Alle meine Leser.
Bei welchem deiner Protagonisten würdest du den Beziehungsstatus mit dir als »schwierig« bezeichnen?
Bei keinem, ich hab sie alle lieb, auch wenn sie noch so verrückt sind.
Wenn das eine Horrorautorin sagt, die danach ihre Protas auf ein paar hundert Seiten nach allen Regeln literarischer Kunst misshandelt, dann macht mich das etwas nervös… *Räusper* Doch das ist eigentlich nicht die Frage! Manchmal ist es ja schwieriger, jemanden zu lieben. Und darüber schreiben wir doch auch…
Und zum Schluss: auf welche Frage in einem Autoreninterview möchtest du einfach nur mit »Ja« antworten?
Ob ich glücklich darüber bin, dass Quentin Tarantino eines meiner Bücher verfilmt. Man wird ja noch träumen dürfen ;).
Liebe Moe, unbedingt! In 3D und Farbe! So oft und intensiv du willst – wenn du dann darüber schreibst!
Vielen Dank erst einmal für das für eine Horror-Autorin unerwartet heitere Gespräch und weiterhin viel, viel Erfolg im Wettbewerb! Ich hoffe, wir sehen uns in Frankfurt auf der Skoutz-Leserparty.
Hier könnt ihr Moe Teratos treffen:
Moe Teratos auf Facebook
Autorenhomepage von Moe Terratos
Lesetipp: Dort unten stirbst du – ungewöhnlicher Horrorroman von Moe Teratos
Zwei Menschen, die keine Gemeinsamkeiten haben und verschiedener nicht sein könnten, werden durch das Schicksal zusammengeführt.
Die eine ist Jana Heinkamp, die mit ihrer Schwester Polly in der elterlichen Konditorei arbeitet und sich mehr und mehr verdrängt fühlt.
Der andere ist ein Einzelgänger. Er weiß nicht, wer seine Eltern sind, und hat die schlimmen Erlebnisse seiner Kindheit nie verarbeitet. Aber er ist gar nicht so allein, wie es auf den ersten Blick scheint. In seinem Keller bewahrt er Frauen auf, zehn an der Zahl, und nicht alle von ihnen sind am Leben …
Skoutz meint: Wer sich gefragt hat, warum die Hölle in unserer Vorstellung “unten” ist, hat nach der Lektüre zumindest das Gefühl, dass das Richtig ist. Die Hölle ist ein Keller mit einem Psychopathen! Das Buch ist mit seinen bildhaft beschriebenen Szenen und den bis in die Nebenrollen starken Charakteren eindeutig für fortgeschrittene Horror-Fans und harte Mägen. Aber es ist gut. Das ist das Fiese. Denn obwohl man weiß, dass man es bereuen wird, sobald das Licht ausgeht, muss man einfach weiterlesen. Muss man einfach wissen, ob und wie Jana ihrem Folterknecht entkommt, der – und das ist das perfide daran – so geschildert wird, dass er auch eher tragisch als teuflisch wirkt.
Hinweis:
Vertusa, Moe Terratos Vision von der Zukunft, spart nicht mit Horror in all seinen Schattierungen, während ihre Protagonisten ums nackte Überleben kämpfen. Damit gelangte dann das im November 2016 von der Autorin selbst herausgegebenen Buch auf die persönliche Midlist Horror 2017 unseres Vorjahressieger Simon Geraedts. Damit tritt Vertusa aus über 150 Vorschlägen der Longlist Horror um die Ehre des Horror-Titels beim Skoutz-Award an. Wir haben uns deshalb das Buch genauer angesehen und euch hier vorgestellt.
Bildrechte Cover: ©Timo Kümmel