zu Besuch bei Wiebke Tillenburg

Mit Wiebke Tillenburg besuche ich heute nun die zweite Herausgeberin der Anthologie „Briefe aus dem Sturm“, die Jurorin Stella Delaney auf die diesjährige Midlist gewählt hat. Die studierte Germanistin lebt in Koblenz und schreibt lieber Geschichten, als sie zu studieren. Ich bin schon sehr gespannt, was mich erwartet und was ich so alles über sie erfahren werde …

 

zu Besuch bei Wiebke Tillenburg, die ihre Fantasie in Kinderbüchern festhält …

 

In der Kürze liegt die Würze – Warum gilt das auch für Geschichten?

Die Kunst des Schreibens liegt darin, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren.

Also zu fokussieren …

Es ist wichtig zu wissen, was genau ich mit meiner Geschichte eigentlich sagen möchte oder welches Thema im Mittelpunkt stehen soll. Kurzgeschichten sind der beste Weg, auf wenig Raum viel zu vermitteln und dies sprachlich ansprechend zu gestalten.

 

 

Was bewegt dich, Anthologien herauszugeben?

Kurz gesagt, die Freude an Kurzgeschichten und die Arbeit mit vielen verschiedenen Schreibenden.

Klingt nach einer abwechslungsreichen Aufgabe.

Es bietet vielen die Möglichkeit, erstmals etwas zu veröffentlichen und alle Beteiligten können etwas dabei lernen. Auch die Herausgebenden.

 

 

Was braucht eine gute Anthologie für dich? Was ist ein gutes Anthologie-Thema?

Ich denke, das nahezu jedes Thema geeignet sein kann.

Ohne Einschränkung?

Bei entsprechender Umsetzung. Eine gute Anthologie braucht eine gute Mischung, wie eine Schachtel gemischte Pralinen. Jede ist anders und außerordentlich gut. Auch wenn ich kein Nougat mag.

 

 

Was glaubst du, wie viele Geschichten sind perfekt für eine Anthologie und wieso?

Auch das lässt sich pauschal nicht sagen.

Wieso nicht?

Eine gute Kurzgeschichte kann zehn oder aber auch zwei Seiten lang sein. Dementsprechend lässt sich da keine Aussage über die Anzahl der Geschichten treffen.

Das verstehe ich, aber wenn man von einem Erfahrungswert ausgehen würde … Da müsste doch eine grobe Richtline zu erkennen sein, oder?

Mit meinen bisherigen Erfahrungen würde ich jedoch sagen, dass eine Anthologie in einem Rahmen von 150-200 Seiten bleiben sollte. Die Lesenden wählen Kurzgeschichten oft wegen ihrer Kürze, da ist es wenig sinnvoll sie in einem dicken Schmöker zu verpacken.

 

 

Anthologien sind in Deutschland – anders als in vielen anderen Ländern – relativ schwer an den Leser zu bekommen. Woran liegt das und woher nimmst du den Mut/die Kraft/die Sturheit, es trotzdem zu versuchen?

Woran es liegt, weiß ich ehrlich gesagt nicht.

Das klingt verdächtig nach einem Aber …

Ich höre oft, dass Kurzgeschichten praktisch sind und viele Lesende mit wenig Zeit ansprechen, trotzdem haben Anthologien gewisse Schwierigkeiten. Ich verstehe es nicht und könnte nur spekulieren.

Dennoch investierst du Zeit und Arbeit, um eine Anthologie herauszugeben. 

Ich mache es gerne, das reicht mir oft als Motivation. Und ich denke, wenn man als Autor oder Herausgeber hinter einer Sache steht, kann man auch sehr gut dafür eintreten.

 

 

Nach welchen Kriterien wählst du die Geschichten aus? Vielfalt? Bekannte Namen? Persönlicher Geschmack? Würfeln oder Orakeln?

In meinem Fall ging es eigentlich nur selten um eine Auswahl.

Jetzt bin ich neugierig. Warum?

NikasErben ist ein feststehender Kreis aus Schreibenden. Allerdings ist es auch hier nicht garantiert, dass jede Geschichte aufgenommen wird.

Wie wird da ausgewählt?

Magret und ich entschieden meist nach Qualität und Vielfalt. Wenn ein Thema, eine Idee oder eine bestimmte Art der Umsetzung uns besonders überzeugte oder aus den anderen Geschichten herausstach, galt das auch schon als Argument. Dabei konnte es vorkommen, dass einer von uns ein Text weniger gefiel oder umgekehrt, aber genau das macht die Vielfalt aus.

 

 

Was war dein emotionalstes / verrücktestes / außergewöhnlichstes Erlebnis als Herausgeber?

Es gab viele Momente in allen drei Bereichen, positive wie negative. Am meisten hat mich allerdings begeistert, mit welcher Motivation und Kreativität sich unserer Schreibenden bisher bei jeder Anthologie in die Arbeit stürzten.

 

Mit vielen Autoren zusammenzuarbeiten kann schön, aber sicher auch anstrengend sein, oder?

Hier möchte ich ganz zurückhaltend und schlicht mit „ja“ antworten.

Sehr diplomatisch und ich frage da auch nicht weiter nach 😉

 

 

Was wäre das größte Kompliment für dich als Herausgeber?

Das habe ich tatsächlich schon erhalten.

Erzählst du mir davon?

Einer unser Autoren sagte und, dass er sehr traurig sei, wenn Magret und ich als Herausgeberinnen aufhören. Dies gekoppelt mit dem geäußerten Dank für unsere Arbeit einiger Autoren, ist für mich das größte Kompliment.

 

 

Wer ist für dich der ideale Leser?

Das ist schwer zu sagen.

Wenn du es doch versuchst, in Worte zu fassen?

In erster Linie sollte er mutig sein und auch vor den enthaltenen Themen in äußerlich unterhaltsamen Geschichten nicht zurückschrecken. Außerdem sollte er flexibel sein und sich auf unterschiedliche Genre, Themen und Schreibstile einstellen können.

 

 

Gibt es Unterschiede zwischen Anthologie- und Roman-Covern?

Der Anspruch ist ein anderer.

Inwiefern?

Ein Roman-Cover muss genau einem Thema, einer Geschichte und einem Genre gerecht werden. In Anthologien kann theoretisch alles vertreten sein. Meist gibt es zwar thematische Vorgaben oder das Genre ist festgelegt, aber es sind am Ende doch vollkommen unterschiedliche Geschichten, die hinter einem Cover vereint werden müssen.

Also viel zu beachten …

Ja, bei unseren Anthologien ergab sich die zusätzliche Herausforderung, dass wir gemeinsam über die Cover entschieden, das kann bei etwa zwanzig Meinungen ein zäher Prozess sein.

 

 

Welche Superkraft hättest du gern?

Ich würde gerne die Zeit anhalten können …

Sicher eine praktische Kraft 🙂

Alternativ wäre ein weiteres Paar Arme samt Hände aber auch schon hilfreich. Alles, was mich mehr Dinge gleichzeitig erledigen lässt, wäre prima.

 

 

 

Und zum Schluss: auf welche Frage in einem Buchinterview möchtest du einfach nur mit »Ja« antworten?

Bist du zufrieden mit deiner Arbeit?

Vielen Dank, liebe Wiebke Tillenburg, dass du dir die Zeit genommen hast, mich zu treffen und mir all meine Fragen beantwortet hast. Eurer Anthologie wünsche ich für den weiteren Wettbewerb voel Erfolg und wer weiß, vielleicht sehen wir uns bereits in Frankfurt zur Verleihung des Skoutz-Awards wieder.

 

 Mehr über Wiebke Tillenburg und ihre Bücher findet ihr auf:

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Skoutz-Lesetipp: Herzgezeiten – gefühlvolle Anthologie von Magret Kindermann & Wiebke Tillenburg (Hrsg)

Die Mutigen glauben an ein Happy End!
Also stürze dich in die Fluten und schwimme mit unseren Geschichten dem Horizont entgegen.
Du begegnest Liebe, die vielen Stürmen trotzte und solcher, die gerade erst an den Strand gespült und gefunden werden will. Ebenso wirst du auf Liebende treffen, die sehnsüchtig auf den frischen Wind nach langer Flaute hoffen. Sie alle wollen das Kribbeln von Salzwasser und die warme Sonne auf der Haut spüren. Und am Ende schenkt das Meer ein Herz.
Ob du es halten kannst, liegt bei dir.

Skoutz meint: Liebe hat viele Gesichter und wie vielseitig man dieses Thema interpretieren kann, zeigen die Autoren in dieser tollen Anthologie. So unterschiedlich sie alle sind, eines haben sie doch Gemeinsam: eine Menge Gefühl und ein Happy End. Diese Anthologie bietet kleine Lesehäppchen für Zwischendurch und ist somit der perfekte Begleiter. Unterhaltsame Lesestunden sind garantiert.

 

 

Hinweis:

In “Briefe aus dem Sturm”, das im Juni 2018 bei TWENTYSIX selbst veröffentlicht wurde, zeigen uns Margret Kindermann und Wiebke Tillenburg eine Sammlung mehrerer Kurzgeschichten. Auf 228 Seiten bekommen wir verschiedene Einblicke zum Thema Briefe  – eine Reminiszenz an eine aussterbende Kommunikationsform.

Mit ihrer Sammlung von ausgewählten Kurzgeschichten konnten Margret Kindermann und Wiebke Tillenburg unsere Skoutz Jurorin Stella Delaney überzeugen. “Briefe aus dem Sturm” wurde aus über 300 Titeln der Anthologie-Longlist erwählt. Sie ergatterten einen der begehrten Midlist-Plätze und damit vielleicht die Chance auf den Skoutz Award 2019.

Mehr dazu wie immer in der ausführlichen Buchvorstellung. (Weiterlesen)

 

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