Skoutz-Autoreninterview M.H. Steinmetz

Zu Besuch bei M. H. Steinmetz (Jury Science Fiction)

Schon im vergangenen Jahr waren wir bei M. H. Steinmetz und durften ihm Fragen stellen. Und da er sich in diesem Jahr bereit erklärt hat, den Juryposten im Bereich Science Fiction zu übernehmen, haben der Skoutz-Kauz und ich uns heute auf den Weg gemacht, um ihn ein weiteres Mal zu besuchen. Den Weg kennen wir ja schon und sind auch gerade angekommen. Jetzt freuen wir uns auf unser Wiedersehen und sind gespannt auf die Dinge, die wir erfahren.

Zu Besuch bei M. H. Steinmetz, den Musik überall begleitet, nicht nur beim Schreiben

Hey, schön dass wir dich heute wieder besuchen dürfen. Wir freuen uns schon sehr auf unser Gespräch. Wir haben für jeden eine extra scharfe japanische Instant Nudeln (keine Suppe!) und einen japanischen Suntory Hibiki Whiskey mitgebracht, wir hoffen, wir haben alles richtig besorgt. Das passt ganz gut und du bleibst deiner Cyberpunk-Linie dabei auch noch treu, obgleich wir wissen, dass du Kumiko eher einen Whiskey aus genmanipulierten Seelinsen von der Tankstelle bevorzugen würdest

Aber lass uns einfach erst mal anfangen …

Bist du eher ein Hunde- oder ein Katzenmensch? Oder hast du einen Vogel? Oder? Wir freuen uns über Autorentier-Bilder!

Ich habe sogar einen ganzen Vogelschwarm – im Kopf. Alles Papageien, die durcheinander plappern. Tschip Tschip … Ne, Spaß. Oder nicht?

Na ja, so ein Schwarm kann vielleicht auch noch einiges an Input bringen. Aber Spaß beiseite, wir hatten früher Papageien und einer hat nur gesungen und der andere hat viel geredet, am allerliebsten böse Worte … 😀 Von daher … 

Wie auch immer. Ich bin ein extremer Hundemensch, hab ja selber zwei der Fellnasen hier.

Toll, ich bin auch im Team #Hund! Ich freu mich auch immer, wenn du von ihnen auf Facebook erzählst. Aber weil sie ja noch nicht alle kennen, stell sie doch mal vor!

Einen roten Rehpinscher namens Lee, den manche als dauerbellende Bestie bezeichnen – und einen schwarz-weißen, inzwischen eher grauen Mischling namens Jack, der wirklich eine treue Seele ist.

Ja, unser Mischling ist auch eine extrem treue Seele und bereichert unseren Alltag. 

Ich hatte auch ein echt schlechtes Gewissen, weil ich als wichtigen Bestandteil meines Cyberspace göttliche Katzen für eine gute Idee hielt – und recht behalten sollte.

Dann ist doch alles wirklich gut gelaufen! Schlechtes Gewissen? Nein, das brauchst du dann aber nicht haben. Solang du privat auf den Hund kommst, werden sie dir literarisches Fremdgehen gewiss verzeihen. Wenn wir aber schon von Freunden sprechen … 

Hast du Freundschaften in der Autorenzunft, vielleicht sogar Schreib-Buddys?

Logisch, jede Menge sogar.

Hau raus!

Ich schreibe schon viele Jahre mit Anja Hansen zusammen, was manche für ein sehr schräges Experiment halten, denn immerhin kommt sie aus dem Saarland und ich aus Rheinland-Pfalz. Und gerade deswegen sehe ich uns als Bonny und Clyde des Horrors. Wir sind uns für nichts zu schade.

Da kenne ich natürlich auch einige Bücher von euch beiden und kann das nur bestätigen. 

Wenn wir schon bei der Horrorfamilie sind: Die wunderbar einzigartige Faye Hell und ich haben Rednecks zusammen geschrieben, diverse Herausgeberschaften gemeistert und tatsächlich auch eine ansatzweise lustige Kurzgeschichte über einen Kopfgeldjäger und eine Katzoide (autsch, ja, schon wieder Katzen – dieses Mal auf einem Gesteinsbrocken im Weltall in beste Serenity-Manier) verfasst.

Wunderbar, das hört sich so an, als ob ihr beim Schreiben schon viel Spaß gehabt habt. Sonst noch was, weil aller guten Dinge drei sind …?

Uuund ganz aktuell arbeite ich mit Jacqueline Mayerhofer an einem saucoolen Cyberpunk Projekt, worüber ich allerdings noch nicht viel sagen darf, außer, das viele bekannte Namen der phantastischen Szene darin enthalten sein werden.

Wir sind natürlich extrem gespannt drauf! 

Was ist dir in deinem Jurorenamt wichtig?

Das ist eine echt gute Frage, denn ich war noch nie Teil einer Jury.

Gut so, dann gehst du frisch an die Sache ran! Aber du hast ja bestimmt Grundsätze, Richtlinien, an den du dich abarbeitest. 

Sehr wichtig wäre mir, wenn die Geschichte über den Namen dominiert. Wer das Buch geschrieben hat, darf keinen Einfluss auf die Geschichte haben. Allerdings wird sicher zur Herausforderung werden, die einzelnen Werke unabhängig dessen zu bewerten – und noch schwerer wird es sein, persönliche Vorlieben auszublenden, da muss ich ehrlich sein.

Ja, das ist klar. Da kommen schnell persönliche Vorlieben zum Vorschein. Andererseits darf und soll deine Liste auch eine persönliche Note haben, darum wechselt beim Skoutz-Award ja auch die Jury, denn auch das zeigt dann wieder Vielfalt. Solange nicht nur cybergepunkt oder gegruselt wird …

Ich werde mein Bestes geben und freue mich sehr, dieses Jahr die Ehre zu haben.

Da liegt die Ehre aber ganz auf unserer Seite! Wir freuen uns jedenfalls schon sehr! 

Womit wird dich ein Buch überzeugen können?

Die Geschichte muss eine Seele haben.

Das klingt sehr poetisch. Wie darf ich mir das vorstellen?

Sie muss leben und atmen, weinen und lachen. Ich muss es fühlen können, mich hineinversetzen.

Ja, das sind immer die besten Geschichten überhaupt!

Das kann vor einem ganz profanen Hintergrund spielen oder in einem coolen, abgefahrenen Setting. In Gibsons Idoru spielt zum Beispiel eine Fahrradkurierin eine wichtige Rolle, dann ein gescheiterter Security. Ein Japaner, der Geschichten in der Geschichte schreibt. Eigentlich Profane Charaktere in einer kaputten Welt, die einem durch ihre ganz spezielle Art ans Herz – ins Herz – gehen. So kann mich ein Buch überzeugen, auch wenn ich das jetzt vermutlich ein wenig verworren dargestellt habe.

Hm, ich glaube, ich habe es richtig gedeutet und verstanden. Das sind einfach Geschichten die mein Herz erreichen, die ich praktisch lebe. 

Welche Erwartungen knüpfst du an dein Genre? Was ist typisch Science Fiction?

Was ich von Science Fiction erwarte? Epische Weltraumschlachten? Auch, ja, aber das ist nur eine Randerscheinung. Science Fiction kennt keine Grenzen, also erwarte ich, das diese niedergerissen werden. Es soll futuristisch sein. Dystopisch. Dreckig und ultra clean. Tragisch, traurig, hoffnungslos, aber zugleich im Schein des harten Lichts implodierender Sonnen erstrahlen. Es soll voller Neon sein, von plärrender Werbung überlagert und dröhnenden Motoren. Ich erwarte Grenzenlosigkeit in Geist und Körper.

Das hört sich echt toll an, die Grenzenlosigkeit in Geist und Körper. Ich bin jedenfalls schon sehr, sehr, sehr gespannt, was du aus der Longlist fischst und uns vorstellst. 

Welcher Buchhype spricht dich gar nicht an?

Farbige Buchschnitte. Sehen ohne Frage super schön aus, aber fressen den Inhalt und machen jene Bücher, die in reinem weiß daher kommen, nichtig.

Das ist sehr schön formuliert, was mich auch stört, ohne dass ich so den Finger darauf legen konnte. Ja, „nicht machen“ passt.

Ich meine, das Cover beeinflusst uns schon genug, da braucht es keine farbigen Seiten mehr. Meiner Meinung nach stellt das die Story in den Hintergrund, macht sie zur Nebensache. Wie sagte ein wunderbarer Schreibmensch kürzlich? Der farbige Buchschnitt ist das Arschgeweih des Buchdrucks … oder so …

Oh ja, das bin ich voll bei dir. Klar sehen diese Farbschnitte super aus aber mir ist die Geschichte wichtig, mir ist wichtig dass mich eine Geschichte mitnehmen kann. Außerdem sieht man diese Farbschnitte in meinem Regal gar nicht, wenn ich sie einsortiert habe. Bleiben wir noch kurz bei Hypes

BookTok ist gerade der neue heiße Scheiß. Wie stehst du dazu?

BookTok? Was ist das?

😀

Ah, hab gegoogelt … wie konnte mir das nur verborgen bleiben? Nein, im Ernst, es schaut aus wie eine weitere Bewertungsplattform. Muss mich da aber ehrlich gesagt erst einlesen … und fühle mich gerade alt

Ach was! Alter bemisst sich an allem möglichen, aber gewiss nicht an Booktok.

Welche Buchmarkt-Entwicklung beschäftigt dich gerade besonders (positiv wie negativ)?

Was mich als Autor aktuell sehr beschäftigt, ist, dass Verlagsverträge immer, hm, unfairer gegenüber den Schreibenden werden. Bindung okay, aber so mancher Vertrag grenzt schon fast am Raub des geistigen Eigentums. Das trifft natürlich nicht auf alle zu, aber dennoch …

Ja, ich bekomme sowas immer am Rande mit. Klar, habe ich da nicht wirklich einen guten Einblick weil ich rein als Leser draufschaue aber man liest immer wieder etwas und in der Redaktion ist das natürlich auch Thema. Wobei es diese Knebelverträge schon immer gegeben hat, oder? Aber das ist was, für mehr Zeit und intensivere Betrachtung. Dann habe ich auch gleich einen guten Grund, dich noch einmal zu besuchen. Ha! Und sonst? 

Ansonsten hatte ich befürchtet, dass der zukünftige Trend eher zu Ebooks geht, doch das hat sich zum Glück nicht bewahrheitet. Physische Bücher sind nach wie vor gefragt und das macht mich glücklich, denn nichts geht über ein Buch zum anfassen.

Ja, das stimmt auf jeden Fall. Liegt natürlich auch daran, dass ein Buch dekorativ ist. Im Regal wirkt ein Reader einfach nicht so wie eine schöne Buchsammlung. Insofern unterstützen Farbschnitte die Prints. Kein Schaden ohne Nutzen. Wobei ich E-Books auch nicht verteufeln will. Ich beschäftige mich immer wieder damit mehr Platz für meine Bücher zu suchen, momentan eher ein hoffnungsloses Unterfangen. 

Kürzlich habe ich einige Heftromane veröffentlicht, mir damit einen lang gehegten Wunsch erfüllt und festgestellt, das Hefte nach wie vor boomen. Und das ist auch gut so, denn sind wir ehrlich, haben wir nicht alle mit Heftromanen angefangen? Finde ich cool und absolut positiv. Das soll noch sehr lange so bleiben!

Ja 😀 Ich habe früher unheimlich viele Heftromane gelesen und bin immer wieder zum Kiosk gelaufen um mir Nachschub zu besorgen. Heftromane wären auch so ein Thema für einen Spezialartikel. Wir sollten eine Kolumne aus diesen Besuchen machen. (Lach)

Vielen Dank, aber für dieses Mal! Wir waren sehr gerne bei dir und würden – wie gesagt – auch gerne mal wieder kommen. Jetzt zum Schluss möchten wir noch eines wissen:

Was macht dich glücklich?

Wie ich schon sagte, extra scharfe japanische Instant Nudeln (Suchtfutter) und ein leckerer Whiskey. Manche behaupten ja, das der Schottische was taugen soll, aber nach einigen Selbstversuchen bleibe ich dann doch lieber beim Bourbon.

OK, also Bourbon für dich. Ich erinnere mich, das letzte Interview war in der Bar, gell? Und sonst, so außer Nudeln, Whiskeys und deinen Hunden?

Dann wäre da noch Musik, denn die ist für mich ausgebrochen wichtig. Die begleitet mich nicht nur beim Schreiben, sondern einfach überall.

Oh ja – ohne Musik ohne mich! Da ticken wir sehr gleich. Weiter?

Filme? Aber ja, natürlich. Besonders im Kino.

Ist ja auch echt immer etwas besonderes, so ein Kinobesuch. Weiter?

Comics? Definitiv. Je krasser, desto besser.

Da taste ich mich gerade immer weiter ran, an die Comics. Und Bücher auch, oder?

Natürlich Bücher. Viele davon, denn ich liebe Geschichten. Deswegen sind wir hier, nicht wahr?

Auf jeden Fall! Ich bin und bleibe ein absoluter Buchmensch; ohne geht gar nicht. 

Von meinen Tieren und der Familie fange ich erst gar nicht an, aber ihr seht schon, es gibt vieles, was mich glücklich macht und das ist gut so. Ich bin ein positiver Mensch, auch wenn das zumeist nicht so rüber kommt. 🙂

Auch das ist wieder etwas, wo wir gleich ticken. Meine Fellnase und meine Familie sind mir so unglaublich wichtig. Täusch dich aber nicht, gerade das Horrorkollegium ist überwiegend wirklich nett, positiv und offen. Vielleicht, weil sie ihre dunklen Fantasien zwischen den Zeilen lassen und nicht im Normalleben ihren Mitmenschen auf den Keks gehen? Noch ein interessantes Thema. Also bis zum nächsten Mal!

Hier gibt es mehr über M. H. Steinmetz

  • Autorenseite von M.H. Steinmetz*
  • M.H. Steinmetz auf Facebook*
  • und Instagram*
  • und hier auf Skoutz, z.B. bei unserem letzten Interview, wo wir mit Herrn Steinmetz über Whiskey, den Abgrund im Horror-Schreiben und künstliche oder auch unkünstliche Intelligenz philosophiert haben (weiterlesen).

Skoutz-Lesetipp

Shinigami² – Bioware von M. H. Steinmetz 

Nach dem Hattori-Run in New Babylon haben sich Amy und Kumiko nach Barrow, Alaska abgesetzt, um fernab der Entität Shinigami im ewigen Eis ein Offline-Leben zu führen.
Die KI hat die Edgerunner jedoch nicht vergessen und setzt die skrupellose Söldnerin Grey auf sie an. Mithilfe des Soul-Eater Bootprogramms soll sie die Frauen überwältigen und zur Bewusstseins-Extraktion in die Konzernzentrale nach Anchorage bringen.
Als Kumiko bei einem Unfall auf einer Bohrinsel schwer verletzt wird, geht sie einen Deal mit Wilcox-Biotechnica ein, der ihr mittels einer experimentellen Bioware Heilung verspricht. Doch auch das ist nur eine weitere Lüge.
Es beginnt eine gnadenlose Jagd durch die eisige Wildnis des North Slope Borough, ein Inupait-Cyber-Schamane prophezeit Amy eine düstere Zukunft und ein wahnsinniger Prediger ist davon überzeugt, das nur das virtuelle Licht des Cyberspace die Rettung bringen kann.
Dem nicht genug, lauert jenseits des virtuellen Lichts eine uralte Bedrohung, die ihre ganz eigenen Interessen verfolgt …

Skoutz meint: Wer das erste Shingami gemacht hat, wird hier mindestens dieselbe Freude haben. Die Story ist wendungsreich, rasant, hinreichend abgefahren und als Bonus enthält sie reichlich Anspielungen auf den ersten Band und das Genre an sich. Großes Kino, für das sich das Buch übrigens auch allerbestens eignen würde. (kn)

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