Interview Jens Bühler

zu Besuch bei Jens Bühler

Heute verschlägt es den Skoutz-Kauz und mich nach Frankfurt, wo wir mit Jens Bühler verabredet sind, einem der Thriller-Autoren, die wirklich wissen, wovon sie schreiben, denn erste Kontakte mit dem Verbrechen knüpfte Jens Bühler bei der Kripo.

Mit „Meer der Stille“ wurde er allerdings von Dominik A. Meier, der es auch gerne spannend mag, für die Midlist Science Fiction nominiert, wo Jens Bühler nun im Finale steht und trotz einer wirklich intergalaktischen Konkurrenz gute Chancen auf den SciFi-Skoutz 2021 hat.

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Kay zu Besuch bei Jens Bühler, dem Mann ohne Eigenschaftswörter

Lieber Jens, vielen Dank, dass du dir Zeit für uns genommen hast.

Ich freue mich sehr, dich kennenzulernen, denn dein Award-Titel „Meer der Stille“ hat mich wirklich gefangen genommen, schon weil ich auf offen bekennende Cross-Genre-Titel stehe. Dass du nach eigenem Bekunden neben dem Kripo-Alltag gerne Schach spielst, merkt man schon auch an deiner Schreibe.

Fangen wir aber gleich mal mit meinen Fragen an:

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Welches ist die größte Herausforderung, der man sich als Autor stellen muss?

Unabhängig davon, ob ein Buch gut oder schlecht geschrieben ist, kann man sich nie sicher sein, dass es die Leser erreicht.

Wie meinst du das?

Nun, das heißt, der Autor muss in der Lage sein, monatelang intensiv zu arbeiten, obwohl er möglicherweise am Ende nur den Schredder mit seinem Manuskript füttert.

Wenn man es in den Schredder gibt, kann man den Leser aber auf keinen Fall erreichen, oder? Aber lass uns doch mal über die Monate davor sprechen, also über die Schreibarbeit.

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Hast du Lieblingsworte in deinen Skripten, die vom Lektorat regelmäßig angestrichen werden?

 

Lieblingswörter sind weniger mein Problem.

Nicht? Was dann?

Ich neige dazu Nebensätzen Sätze zu oft mit „das“ einzuleiten. Obwohl ich das weiß, passiert es mir trotzdem laufend. Aber dafür hat der Herrgott glücklicherweise das Lektorat erfunden (oder waren es die Schweizer?).

Haha, die haben, wie ich von Sarah Malhus und Astrid Töpfer lernte, zumindest Bedarf, denn da geht es dann auch noch um Schweizer Spezialausdrücke – obwohl ich die jetzt durchaus in einem Buch reizvoll finde, wortverliebt wie ich bin.

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Was ist deine präferierte Erzählform?

Das kommt ganz auf die Geschichte an. Ich habe sowohl Romane aus der Ich-Perspektive in der Gegenwartsform geschrieben, wie aus der dritten Person in der Vergangenheitsform.

Erklär mal!

Solche Schablonen wie Akt-Struktur oder Heldenreise beachte ich generell nicht. Damit konnte ich noch nie etwas anfangen. Die Dramaturgie ergibt sich auf natürlicherweise im Zuge des Schreibprozesses. Wie jeder andere auch, habe ich meinen Leben so viele Geschichten konsumiert, dass ich weiß, wann Spannung angesagt ist und wann ich das Tempo rausnehmen muss.

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Bist du im Team Adjektiv oder bevorzugst du eher einen „schnörkellosen“ Stil?

Ich habe oder hatte niemals Kontakt zu Adjektiven noch stehe ich in Verbindung mit ihnen.

Huh! Das ist jetzt die bislang krasseste Aussage, obwohl Andreas Gruber und David Reimer da auch schon ziemlich streng unterwegs waren.

Sollten in meinen Büchern Adjektive zu finden sein, wurden sie nachträglich durch meine Lektorin eingefügt, die irritierenderweise keine Schweizerin ist.

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Hast du einen speziellen Trick, um aus deinen Figuren echte Persönlichkeiten zu machen?

Damit Personen „echt“ wirken braucht es im Wesentlichen zwei Dinge.

Die da wären?

Sie müssen immer über Stärken und Schwächen verfügen und sie benötigen immer eine nachvollziehbare Motivation für ihre Handlungen.

Ja, das unterschreibe ich sofort. Ich bin da bei meinen Figuren sehr streng, was mich oft in Konflikt mit meiner Plotplanung bringt. Weil die Figuren dann nicht so wollen, wie es gerade schreibtechnisch praktisch wäre. Mir ist da allerdings dann die Charakterentwicklung wichtiger.

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Welchen Fehler darf man beim Schreiben keinesfalls machen?

Das sind einige.

Nur zu! Hau raus!

Charaktere verfügen über keine vernünftige Motivation für ihr Handeln.

Das hatten wir schon!

Ziellose und unnötige Dialogen, welche die Geschichte nicht voranbringen. Mangelnde Fähigkeit zur Selbstkritik. Die „Hand Gottes“ wird unbedarft eingesetzt – also diese Rettung in letzter Sekunde, aus dem Nichts heraus.

Irgs! Das kann ich auch- außer bei Maradona –  gar nicht leiden. Der einzige Grund, da nicht sofort abzubrechen, ist für mich der Umstand, dass es meistens auf den letzten Seiten passiert. Umso ärgerlicher, wenn einem da der ganze Spaß am Buch verdorben wird.

Dann noch Infodumping. Der Leser wird mit Informationen zugeschüttet, die er nicht braucht. Mangelndes Vertrauen in den Leser.

Wie meinst du das?

Der Autor wiederholt immer wieder Dinge, weil er den Leser für zu blöd hält seine Story zu verstehen.

Öhm …

Natürlich ist das grundsätzlich richtig, aber man sollte es dem Leser nicht auf die Nase binden.

Das ist sicherlich zutreffend, aber dann ist es das „Plumpe“, das stört. Oft vergeht ja zum Beispiel bei einer Reihe doch einiges an Zeit, bis man weiterlesen kann und da bin ich als viellesendes Siebhirn durchaus dankbar, wenn irgendwie unaufdringlich rekapituliert wird, wer jetzt gleich wieder wer war. Natürlich nicht so im Stil von „Oh James, mein geliebter Bruder, dem ich nicht so ganz verziehen habe, dass er Lucy, meiner Freundin aus Kindertagen das Herz gebrochen und unter der alten Eiche, die Unschuld geraubt hat, weshalb sich Lucy dort erhängte, könntest du mir bitte den Zucker reichen?“

Aber wenn wir gerade schon von Lesen sprechen …

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Welches Buch liegt gerade auf deinem Nachttisch?

Die Schweizer Ausgabe vom Hexenhammer.

Dem historischen? Also von Heinrich Kramer das Malleus Maleficarum? Das ist ja spannend. Noch dazu als Nachtlektüre.

Da bekommt die nächste Frage gleich einen ganz anderen Unterton …

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Welche 3 Dinge sind dir aktuell am wichtigsten im Leben?

Meine Familie. Ende.

Wenn die aus mehreren Personen besteht, ist da auch Ende.

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Wenn du wählen könntest, wärst du lieber extrem intelligent oder gut im Umgang mit Menschen?

Da ich beides bin, verstehe ich die Frage nicht.

Ups.

Eigentlich empfinde ich sie ein wenig beleidigend.

Aber da du ja gut im Umgang mit Menschen bist, siehst du, dass das überhaupt nicht bös gemeint war und schlau wie du bist, ahnst du auch, dass wir hier einen für mehrere Autoren konzipierten Fragebogen durchgehen, weshalb du hinnehmen kannst, dass einzelne Fragen auf einen so herausragenden Geist wie dich naturgemäß nicht so exakt passen können … 🙂

Kommen wir zu was viel Banalerem …

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Wofür würdest du mitten in der Nacht aufstehen?

Wenn ich auf die Toilette muss. Ich halte es für unhygienisch es nicht zu tun.

Ich vermute, dass du da durchaus Mainstream bist.

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Was ist deine größte Stärke?

Im Allgemeinen das Verschieben wichtiger Aufgaben auf den nächsten Tag.

Oh, dazu würden wir dich sofort für einen Kurs buchen. Und präziser aufs Autorendasein fokussiert?

Was das Schreiben angeht, habe ich tatsächliche eine große Stärke. Ich kann mich gut mit Kritik auseinandersetzen, zumindest solange sie positiv ist.

Was bei so viel Empathie und Intelligenz, gepaart mit Schweizer Präzision sicherlich der Regelfall sein dürfte.

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Wenn dein fünf-jähriges Selbst plötzlich deinen jetzigen Körper bewohnen würde, was wäre das Erste, das dein fünf-jähriges Selbst tun würde?

Mit dem Rauchen aufhören.

Vermutlich keuchend und hustend. Oder wann hast du angefangen?

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Welcher fiktionale Charakter ist in Buch/Serie/Film unglaublich, wäre aber in banalen alltäglichen Situationen unerträglich?

Alle Charaktere die übermenschlich sind. Superman, James Bond.

Die hatten wir jetzt beide noch nicht. Warum, wenn ich fragen darf?

Im Ernst, wer will mit denen befreundet sein? Da müsste sich jedes Selbstwertgefühl sofort in Rauch auflösen.

Das ist in der Tat vermutlich richtig.

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Stell dir vor, du würdest einen Geheimbund gründen, wie würdest du ihn benennen und was wäre eure Mission?

Ich soll jetzt ernsthaft meinen Geheimplan zur Erlangung der Weltherrschaft preisgeben?

Nein, nicht im Detail, ein grobes Konzept würde reichen.

Netter Versuch. Wo habt ihr denn gelernt so geschickte Fragen zu stellen?

Learning by doing, aber wir arbeiten noch an der Verfeinerung unserer Verhörmethoden. Aber vielleicht kannst du uns da mal gelegentlich ein paar Tipps geben, so als Kriminaler …? 

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Gibt es etwas, das du kannst, die meisten anderen Menschen aber nicht?

Ich kann so viel Knoblauch essen wie ich will und man riecht es nicht. Ist jetzt kein Witz, ist wirklich so. Eine unglaubliche Fähigkeit die keinen interessiert.

Oh doch! Deine Familie gewiss, vor allem, wenn man unterstellt, dass es anders wäre und du gerne Knoblauch isst. Und als Vampirjäger hättest du damit auch Vorteile, denn du wärst die perfekte Falle! Der Vampir erkennt erst viel zu spät, dass du gefeit bist.

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Was wolltest du der Welt schon immer einmal sagen? Raus damit!

Ich hatte immer gehofft, die Welt würde mich in Ruhe lassen, wenn ich sie auch in Ruhe lasse.

Und? Klappt nicht so ganz, fürchte ich.

Nein, das tut sie nicht, sie macht mich jeden Tag älter und das bereits seit über fünfzig Jahren. Hat sie denn nichts Besseres zu tun? Ich finde das doof.

Ich auch, aus eigenem Erleben. Geh dich schämen, Welt! Wobei ich ja schon zufrieden wäre, wenn die Natur das mit den Falten am Fuß und nicht im Gesicht anfangen würde. Mannmannmann….

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Lieber Jens, wie erwartet war das ein außerordentlich unterhaltsames und weitgehend adjektivloses Gespräch, das ich wirklich gerne fortsetzen würde. Ob das jetzt anlässlich eines neuen Buchs oder bei der Verleihung des Skoutz-Awards ist, wäre mir egal.  Vielleicht magst du auch der Skoutz-Gruppe beitreten? Wir machen gern Aktionen mit Autoren für Leser, da wärst du sicherlich mit deinen Büchern eine Bereicherung.

 

Dankeschön!

 

Hier könnt ihr Jens Bühler erreichen:

Homepage* von Jens Bühler

 

Skoutz-Lesetipp:

Reset – Apokalyptischer Thriller von Jens Bühler

Hauptkommissar Markus Steller leitet einen Polizeieinsatz von Spezialkräften in der Frankfurter Innenstadt.
Zeitgleich, nur wenige hundert Meter entfernt, überfällt Demir Kara zusammen mit seinem Komplizen einen Diamantenkurier.

Beide Unternehmungen versinken im Chaos, als sich die Stadt innerhalb von Minuten in ein Tollhaus verwandelt. Von rasender Wut besessen beginnen die Menschen übereinander herzufallen. Wer sich nicht in Sicherheit bringt, wird in Stücke gerissen. Verzweifelt versuchen beide Männer, gemeinsam mit anderen Überlebenden, der Hölle zu entkommen.

Während die Welt dem Wahnsinn zu erliegen droht, erfährt die Kommandantin des Forschungsbunkers Fenris, Generalmajor Aila Torbeck, dass der Feuersturm der Wut, der die Welt verbrennt, erst der Anfang ist. Der Druck, der auf Torbeck lastet, ist gewaltig. Sie und ihre Mitarbeiter sind die letzte Hoffnung auf Rettung vor dem drohenden Untergang. Aber die Kommandantin hat noch ganz andere Sorgen. Wie soll sie ihre Tochter Katta retten, die alleine in Frankfurt um ihr Leben kämpft?

Beim Kampf ums Überleben zählt nur der Sieg. Zweite Plätze gibt es nicht.

Skoutz meint: Ich habe ein spannendes Buch erwartet und diese Erwartung wurde übererfüllt. Der Klappentext deutet schon an, dass es rasant wird und das wird es auch. Darüber hinaus aber, ist die spannendere Frage nach Anlass und Ursuche dieses Fiaskos sehr clever erzählt, genau so, dass man immer grübelt, wie es weitergeht, nur um dann doch überrascht zu werden. Auch die sehr verschiedenen Figuren in der Geschichte sind geschickt gewählt, denn ihre Sichtweise, Reaktionen und Handlungsweisen runden das Ganze glaubwürdig zu einem wirklich herausragend gut zu lesenden Thriller im allerbesten Wortsinn ab (kn)

 

 

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Mehr Info

Meer der Stille - Shortlist 2021 Skoutz AwardMeer der Stille ist ein clever choreographierter Thriller, der gekonnt einen guten Plot mit einem genialen Set verbindet und zu einem echten Lesegenuss verbindet (weiterlesen).

Wir hoffen natürlich, dass auch dieses Interview von Jens Bühler dazu bei trägt, dass sein Buch nun von der Shortlist 2021 aus im Finale seine Chance bekommt und drücken fest die Daumen.

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Hinweis:
Wenn ihr die Bücher schon kennt, dann würdet ihr uns, dem Autor und schließlich allen lektüresuchenden Lesern einen großen Gefallen, wenn ihr das Buch in der Skoutz-Buchdatenbank mit einer  Skoutz-Buchfieberkurve bewerten würdet. 5 Klicks statt 5 Sterne. Einfacher lässt sich eine Rezension nicht schreiben, bequemer kann man sein nächstes Buch-Date nicht finden. Und so helft ihr, dass unsere Buchfindemaschine weiter wächst.

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