zu Besuch bei Jana Oltersdorff

Heute bin ich bei Horror-Autorin Jana Oltersdorff zu Gast und freu mich schon riesig, denn ich kenne sie von etlichen Messen seit Jahren persönlich. Nichtsdestotrotz bin ich ein wenig aufgeregt, man hat schließlich nicht jeden Tag die Chance, einen Blick hinter die Kulissen zu bekommen. Mal sehen, was die ehemalige Skoutz-Jurorin so alles ausplaudern wird und ob ich dabei vielleicht auf ein Geheimnis stoßen werde …

 

zu Besuch bei Jana Oltersdorff, deren Geschichten sich heimtückisch in den Kopf schleichen und dann von hinten zu wirken beginnen …

 

In einem Wort: Was bedeutet für dich „Schreiben“?

Kreativität.

Eine schöne Assoziation.

 

 

Was ist der seltsamste Ort, an dem du je geschrieben hast?

Die Orte, an denen ich schreibe, sind ziemlich unspektakulär, würde ich meinen.

Wo schreibst du in der Regel?

Meist zu Hause am Esstisch, manchmal mit Laptop auf dem Schoß auf dem Sofa und wenn es sich ergibt, im Zug oder in einem Café.

 

 

Wie entstehen deine Geschichten?

Für meine Kurzgeschichten brauche ich in der Regel einen Impuls von außen. Deshalb liebe ich Ausschreibungen und Einladungen zu Anthologien so sehr. Da habe ich dann ein Motto oder Thema, das mein Leuchtturm im rauen Meer der Ideenfindung ist. Daran kann ich mich orientieren.

Wenn du nun die Idee im Kopf hast, wie geht das weiter?

Für den groben Plot muss ich einige Male zum Brotjob und zurück fahren und viel bügeln, denn beim Autofahren und beim Bügeln kann ich mich am besten auf solche Dinge konzentrieren und mir einen Plot, ein Setting und die Figuren überlegen, denke mir oft schon den ersten Satz aus und lasse mir ein Ende einfallen. Geschrieben wird dann, sobald ich Zeit und Ruhe habe, am Laptop.

Nachdem das Wörtchen Ende unter der Story oder dem Skript steht, wie läuft der Rest dann ab?

Wenn eine neue Kurzgeschichte fertig ist, gönne ich ihr einen, manchmal zwei Tage, bevor ich mich ans Überarbeiten mache. Ungefähr zwei bis drei Durchgänge gebe ich mir, bevor ich einen Haken dransetze. Ich versuche immer noch einmal, die Geschichte laut vorzulesen, bevor ich sie als fertig betrachte und abschicke.

 

 

„Es wird immer weniger gelesen“ – Wie reagierst du auf diesen Satz?

Leicht verschnupft, ehrlich gesagt.

Wieso? Kannst du mir das erläutern?

Ich beobachte das ja auch bei meinen eigenen Kindern und deren Freunden. Bücher gehören bei ihnen heute längst nicht mehr so zum täglichen Leben, wie das noch bei mir der Fall war in dem Alter. Aber ich sehe immer noch viele Leute jeden Alters mit Büchern vor der Nase, sei es in der S-Bahn, im Wartezimmer beim Arzt oder auf einer Parkbank. Es wird immer noch viel gelesen, aber die Lesegewohnheiten scheinen sich geändert zu haben, was sicherlich an der Zeit liegt, in der wir leben. Internet, Smartphones, soziale Netzwerke, Online-Medien – alles ist jederzeit verfügbar, aber das alles frisst auch Zeit. Ein Buch zu lesen ist inzwischen mehr als nur eine Freizeitbeschäftigung, es ist der luxuriöse Moment, aus dem rasend schnell gewordenen Alltag auszusteigen und sich eine Auszeit zu gönnen.

 

 

Wie stehst du zu Schreibregeln, die bestimmen, was der 1. Satz auf keinen Fall enthalten darf, welche Worte man verwenden soll und welche zu vermeiden sind, wie lang ein Satz sein darf, etc.?

Kurz gesagt: Regeln sind dazu da, gebrochen zu werden.

Eine Revoluzzerin?

Jetzt kommt das Aber: Um die Regeln gekonnt brechen zu können, muss man sie kennen und beherrschen. Und ich finde, ein paar Regeln, die irgendwann von irgendwelchen klugen Leuten verkündet wurden, haben schon ihre Berechtigung.

Okay, also eine Sache des Gefühls und wenn dann ein bewusster Regelverstoß. Gibt es bei dir etwas, dass du immer beachtest?

Ich lege zum Beispiel großen Wert auf gelungene erste Sätze und gebe mir bei meinen eigenen Geschichten da immer viel Mühe. Was das Verwenden bestimmter Worte und die Länge von Sätzen angeht, gilt für mich grundsätzlich: Dient es der Geschichte? Macht es die handelnden Figuren authentisch? Liest es sich flüssig? Dann nur zu!

 

 

Welches Buch hat dich am meisten geprägt und warum?

Schwer zu sagen.

Fällt dir spontan gar nichts ein?

Was die Macht der Fantasie angeht, spielt Michael Endes „Unendliche Geschichte“ eine große Rolle. Ich kann gar nicht sagen, wie oft ich das gelesen habe. Und was den Stil und die Art des Geschichtenerzählens betrifft, hat mich mit Sicherheit Stephen King stark beeinflusst, auch weil ich als Teenager und junge Frau ganz viele seiner Bücher gelesen habe. Stellvertretend kann ich da „Das letzte Gefecht“ nennen. Das ist so episch und großartig, voller lebendiger Figuren und so dermaßen spannend! Ich habe es auch mehrfach gelesen.

 

 

Wenn du für einen Tag in ein Buch reisen könntest, in welches würde es dich ziehen?

Auf keinen Fall in ein Horrorbuch.

Ach komm schon … Warum nicht?

Ich lese das zwar gerne, aber ich bleibe lieber die Betrachterin von außen, als dass ich mich freiwillig in Gefahr begeben möchte. In diesen Büchern wimmelt es vor Monstern, tödlichen Fallen und solchem Grauen, ich würde da keinen Tag, nicht einmal eine Minute verbringen wollen!

Na gut, wenn nicht Horror, was dann?

Aktuell fände ich einen Tag in den Vier Landen ganz interessant, in denen die Shannara Chroniken von Terry Brooks spielen. Es sollten nur nicht gerade der Hexenmeister oder die Dämonenarmee des Dagda Mor im Anmarsch sein, denn dann ist es auch dort nicht besonders gemütlich.

*lach* Ja, die sind doch eher wieder Horror … Was würdest du in den Vier Landen erleben wollen?

Ich würde dort gerne mal nach den Spuren und Relikten der Alten Welt suchen, die ja die unsere ist, in der wir aktuell leben. Gerade das finde ich nämlich an diesen Büchern so reizvoll.

 

 

Bist du ein mutiger Mensch? Wann hast du das letzte Mal was zum ersten Mal gemacht und was war das?

Ob ich mutig bin?

Ja 🙂

Inzwischen nicht mehr so wie früher. Als Teenager verbrachte ich mal einen Sommer in den USA, und da habe ich ganz viele Dinge zum ersten Mal gemacht, zum Beispiel Free Climbing, White Water Rafting oder Bogenschießen. Ich dachte nicht einmal darüber nach, was alles schiefgehen könnte. Da bin ich heute anders, was sicher auch daran liegt, dass ich älter und Mutter bin.

Was ändert sich dadurch?

Man denkt einfach mehr über die Gefahren und möglichen Konsequenzen nach, bevor man etwas tut.

Und wann hast du dein letztes erstes Mal gehabt?

Das ist noch gar nicht lange her: Eine Küchenparty mit Kollegen. Es wurden Lose gezogen und Teams gebildet, mit denen man einen Gang für die ganze Truppe kochen sollte. Das mag nicht besonders mutig sein, aber es war auf jeden Fall etwas Neues und hat wirklich viel Spaß gemacht.

 

 

Für welches Produkt würdest du als Testimonial Werbung machen? Warum?

 Glaubhaft oder ironisch?

Hmmm … gute Frage …

Vielleicht für meine Lieblingslakritze Spunk. Kennst du das?

Nein, leider nicht 🙂 Bei uns ist mein Mann der Lakritz-Kenner …

Das sind so kleine schwarze Pappschachteln mit winzigen Lakritzpastillen aus Dänemark. Die Packungen sind ernsthaft als „Erwachsenenlakritze“ gekennzeichnet.

Ohhhh … Spunk kenne ich zwar nicht, aber mein Mann mag auch die starke Lakritze mit den Warnhinweisen, dass Kinder sie definitiv nicht essen sollten. Das ist wohl das richtig harte Zeug 🙂

Ich habe immer welche im Auto. Nicht ohne mein Spunk! Siehste, den passenden Slogan hätte ich auch schon.

Absolut, würde ich Bärendreck, wie mein Opa das für mich immer so treffend genannt hat, mögen, würde ich sofort zuschlagen 🙂

 

 

Was machst du, wenn du eine Nacht im Kaufhaus eingeschlossen wärst?

Ich würde Klamotten ausprobieren, die ich normalerweise nie tragen würde, einfach mal so, um zu sehen, wie ich darin aussehe.

Die ganze Nacht?

Und ich würde in der Feinkostabteilung vermutlich ein ziemliches Chaos hinterlassen …

 

 

Was ist der erste Gedanke nach dem Aufstehen? Was machst du in der ersten Stunde nach dem Aufstehen?

Der erste Gedanke ist immer: Och nö. *lach*

Sinngemäß lautet mein erster Gedanke auch so 🙂

Mein Wecker klingelt einfach immer viel zu früh. In der ersten Stunde bereite ich die Pausenbrote für die Familie vor, trinke meinen ersten Kaffee, surfe durch Facebook, Instagram und Twitter, mache mich für den Tag fertig, trommle die Kids aus dem Bett, und dann muss ich auch schon los – der Brotjob wartet bereits.

 

 

Welche Superkraft hättest du gerne?

Ich würde manchmal gern in der Lage sein, die Zeit anzuhalten.

*hält in ihrer Bewegung inne, als wäre sie eingefroren* … Nur Spaß, das wollte ich schon immer mal machen 🙂 Was würdest du mit dieser Fähigkeit anstellen wollen?

Dann könnte ich ein paar dringende Dinge in aller Ruhe erledigen und die Zeit weiterlaufen lassen, wenn ich fertig bin. Wenn ich währenddessen auch nicht altere, wäre das doch ideal.

 

 

Welcher Irrtum kursiert über dich?

Ich glaube, kein einziger.

Wenn mir was zu Ohren kommt, sag ich Bescheid 🙂

 

 

Was würdest du deinem 10 Jahre jüngeren Ich raten?

„Passt schon. Mach alles genauso, wie du denkst.“

Du würdest also gar nichts ändern wollen?

Möglicherweise würde ich mir vorher noch die Lottozahlen von einem Tag vor ungefähr zehn Jahren einprägen und sie meinem jüngeren Ich beibringen. Man weiß ja nie.

 

 

Was wolltest du der Welt schon immer einmal sagen? Raus damit!

Erzählt mir niemals, ihr hättet keine Zeit zum Lesen. Lest mehr Kurzgeschichten! Denn für die ist immer Zeit. 😉

Dem kann ich nichts mehr hinzufügen. Tausend Dank, Jana Oltersdorff, dass du dir die Zeit genommen hast, mich zu treffen und mit mir zu plaudern. Deiner Anthologie wünsche ich für den weiteren Wettbewerb viel Erfolg. Ich freu mich schon auf unseren nächsten Plausch auf der Messe und wer weiß, vielleicht sehen wir uns ja auch auf der Verleihung des Skoutz-Awards wieder.

 

Mehr über Jana Oltersdorff und ihre Bücher findet ihr auf:

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Hinweis:

In “Dunkle Begegnungen”, das im Februar 2018 von der Autorin selbst veröffentlicht wurde, zeigt uns Jana Oltersorff ihre düstere Sicht der Welt. Horror, Grusel und Abenteuer genüsslich erzählt und spannend vorgetragen. Lasst euch auf 231 Seiten in Janas düsteres Reich entführen!

Unsere Skoutz-Jurorin Stella Delaney jedenfalls hat sich getraut und so könnt ihr “Dunkle Begegnungen” stellvertretend für über 300 Titel der Anthologie-Longlist in Stellas persönlicher Midlist wiederbegegnen. Und wer weiß, vielleicht haben wir hier schon den Anthologie-Skoutz 2019 vor uns?

Mehr Details bekommt ihr wie immer in der ausführlichen Buchvorstellung. (Weiterlesen)

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