zu Besuch bei Ann Westphal
Heute bin ich bei Ann Westphal zu Besuch, deren Erotikbücher mir dadurch auffallen, dass sie immer eine für sich schon absoult neugierig machende Grundkonstellation behandeln. Und die mit einer spürbaren Affinität für Callboy-Themen automatisch auf starke, selbstbewusste, aktiv agierende Frauen setzt, was ich angesichts der mit zerbissenen Unterlippen mehr als nur semihilflos durchs Leben und das Genre stolpernden Hascherln sehr erfrischend finde.
Entsprechend gespannt bin ich auf den Menschen hinter der Geschichte…
Zu Besuch bei Ann Westphal, bei der keine Frage offen bleibt.
Was ist dein »Sprit« beim Schreiben, woher nimmst du deine Ideen?
Impulse kommen aus Träumen, Songs, Büchern, Zeitungsartikeln, Filmen, draußen in der Natur, Alltagsbeobachtungen, kleine alltägliche Pannen, Yoga, Meditation …
Man könnte sagen, von allem, was bei „drei“ nicht auf dem Baum sitzt oder sich wieder herunterschütteln lässt.
Was würdest du tun, wenn du nicht mehr schreiben könntest?
Die Frage erinnert mich mal wieder daran, dass ich eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen wollte/ sollte … Ob diese auch bei der allseits gefürchteten Schreibblockade greift? ?
Eine sehr berechtigte Frage. Da grundsätzlich psychische Erkrankungen erfasst sind, vermutlich ja. Erstaunlich, dass du wirklich die erste bist, die dieses Thema – das übrigens bei genauerer Betrachtung gar nicht so abwegig ist – aufgreift. Aber davon abgesehen, was würdest du tun?
Nicht mehr schreiben zu können … da streikt mein Vorstellungsvermögen – wahrscheinlich aus Selbstschutz. Ein Albtraum.
Horror – und du kannst ihn nicht einmal in einen Roman packen.
Zu welchen Anlässen hast du schon überlegt, mit dem Schreiben aufzuhören?
Bislang noch nie, jedenfalls nicht ernsthaft.
Klingt, als hättest du doch?
Frustrierend sind „Phänomene“ wie E-Book-Piraterie und wiederkehrende Plagiats-Fälle.
Das sind Themen, die uns alle beschäftigen. In Bezug auf Piraten versuchen wir konsequent dagegen zu werben. Es muss einfach „peinlich“ sein, seine Bücher dort zu kaufen. So wie bei Pelzmänteln oder Froschschenkel-Gerichten, wo man auch völlig zu Recht lange Zeit schief angeschaut wurde – obwohl es sogar erlaubt gewesen wäre.
Die Plagiatsfälle sind schwieriger. Betrüger hat es immer gegeben und wenn man es erfährt, ist man als Urheber eigentlich gut geschützt, denn neben der strafrechtlichen Komponente haben Plagiatoren auch dem Rechteinhaber Schadensersatz zu bezahlen.
Was war dein emotionalstes Erlebnis beim Schreiben?
Die Entdeckung, dass ich schreiben muss, weil es gar nicht anders geht.
Das hast du jetzt schön gesagt.
Die nächste Frage ist bei Erotik-Autoren immer sehr lustig…
Wie viel Autobiografie steckt in deinen Geschichten?
Nichts Autobiografisches …
Gar nichts, wirklich nicht?
Aber mitunter fließen kleine Alltagsbegebenheiten ein.
Ha! Wusste ich es! Was denn zum Beispiel?
Zum Beispiel wurde ich auf einem Parkplatz vorm Supermarkt von einem kleinen, wilden Kläffer angegangen. Das landete sofort im nächsten Roman …
Da bin ich jetzt ein klein bisschen in meinem voyeuristischen Wissensdurst enttäuscht worden. Aber gut, was für ein Roman war das denn?
In Kapitel 11 „Der tut nichts“ in Leo – Auftragslover küsst man nicht.
Was wäre das größte Kompliment, das man dir als Autor machen kann?
Ganz „unbescheiden“?
Unbedingt!
Vielleicht die Verfilmung eines meiner Romane …
Das würde ich mir sogar anschauen.
Der Gedanke beschäftigt übrigens überraschend viele Kollegen. Unser Juror Andreas Adlon hat mir in seinem Interview sogar gleich erzählt, wie er sich die Besetzung wünschen würde.
Wer ist für dich dein idealer Leser?
Was ist schon „ideal“?
Lass uns gemeinsam überlegen…
Lesewahrnehmung ist einfach sehr subjektiv. Ich bin dankbar für Feedback, auch wenn es kritisch ist, solange das Taktgefühl gewahrt bleibt und nicht destruktiv vom Leder gezogen wird.
Den Unterschied zwischen Ehrlichkeit und Höflichkeit hatten wir hier schon öfter. Ehrlich ist der Inhalt – und das wünscht sich jeder Autor. Aber Höflichkeit ist die Verpackung und speziell in unseren Werken sind wir alle verletzbar. Und was zaubert dir dann ein Lächeln ins Gesicht?
Natürlich freue ich mich, wenn ich von Lesern höre, dass ihnen meine „Schreibe“ etwas gegeben hat und sie mehr von mir lesen möchten und mich weiterempfehlen.
Bei welchem deiner Protagonisten würdest du den Beziehungsstatus mit dir als »schwierig« bezeichnen?
Schwierig ist für mich jedes Mal die Ablösung von meinen lieb gewonnenen Heldinnen und Helden.
Wie meinst du das?
Jedes Ende ist wie eine kleine Trennung – schmerzlich, aber mit Zuversicht auf neue Geschichten, die hoffentlich folgen.
Also bittersüß? Ich halte mir ja immer die Möglichkeit einer Fortsetzung offen. Nicht, dass ich sie wirklich bringe, aber dann tut „ENDE“ nicht so weh.
Und zum Schluss: auf welche Frage in einem Autoreninterview möchtest du einfach nur mit »Ja« antworten?
Liebst Du die Arbeit und den Umgang mit Worten?
Hier könnt ihr Ann Wesphal treffen:
Ann Westphal auf Facebook
Skoutz-Lesetipp: Callboy gesucht – Engel gefunden – erotische Liebeskomödie von Ann Westphal
„Ich bin kein Heiliger.“ Sein Name: Gabriel Engel. Erfolgreicher Anwalt und weiß Gott kein Engel. Gabriel ist das, was in Liebesromanen gerne als gutaussehender, draufgängerischer Held bezeichnet wird. Dummerweise taugt die Geschichte seines Lebens zu keinem Liebesroman und er nicht zum tragischen Helden. Als er entdeckt, dass sich seine Frau heimlich mit Callboys amüsiert, rastet er aus. Im Affekt stellt er M, die Chefin der Begleit-Agentur, zur Rede und muss feststellen, dass ihn seine vermeintliche Widersacherin keineswegs kaltlässt.
Mona Sander, von ihren Mitarbeitern auch liebevoll M genannt, sucht händeringend einen Mann, am besten gleich zwei oder drei. Drei Top-Callboys haben sich kurz hintereinander aus ihrer Agentur verabschiedet, weil sie die wahre Liebe gefunden haben. Nun braucht sie dringend Ersatz. Problem: Für M dürfen nur die Besten arbeiten, und die sind nicht leicht zu finden. Als auch noch der arrogante Mistkerl Gabriel Engel ungefragt in ihr Leben platzt, geht der Ärger erst richtig los.
Skoutz meint: Die logische Konsequenz des bewährten Musters, dass man Traumtypen aus einer Rockband, Fußballmannschaft oder eben Callboy-Agentur Band für Band der Liebe zuführt, ist ein Männermangel am Ausgangspunkt. Endlich befasst sich eine Autorin auch mal mit den dadurch aufgeworfenen Fragen. Die Protagonistin und das Objekt der Begierde lassen sich Zeit miteinander und nehmen den Leser mit auf eine vergnügliche Reise voller Irrungen und Wirrungen, die zum Lesespaß einfach ebenso dazugehören wie die selbstironische pointierte Art, wie Ann Westphal Geschichten erzählt.
Hinweis:
Den im Interview erwähnten Titel „Leo – Auftragslover küsst man nicht“ hat unsere Jurorin Charlotte Taylor aus über 100 vorgeschlagenen Titeln (Longlist) in die Midlist Erotik des Skoutz-Awards 2016 gewählt.
Diesen erotischen Liebesroman über Tabus und eine verbotene Liebe zwischen einem Auftragslover und seiner verheirateten Nachbarin haben wir uns daher natürlich genauer angesehen und euch im Rahmen unserer Buchvorstellungen hoffentlich schmackhaft gemacht (weiterlesen).