Titelschutz

Skoutz-Wiki: Titelschutz

Als sei es nicht schwierig genug, einen Titel für sein Buch zu finden! Eines der Themen, die bei uns immer wieder im Coaching angesprochen werden, ist Titelschutz.  Dabei ist eigentlich alles einfach: kein Buch ohne Titel und kein (geschützter) Buchtitel ohne Inhalt. Vielleicht sehen das Dadaisten anders, aber an die richtet sich dieser Beitrag nicht. Für alle anderen ist mit dieser Faustregel das Mysterium Titelschutz schon mal ganz gut erklärt.

Dennoch besteht bei vielen Autoren erhebliche Unsicherheit, wenn es darum geht, ihrem neuesten Werk einen Namen zu geben. Dabei sind zunächst Marketingaspekte zu berücksichtigen. Ein Name, bei dem man nicht weiß, was sich dahinter verbirgt, hat mehr Nachteile als Vorteile. Auchin Buchtitel, den sich kein Mensch merken kann, ist schwerer ins Buchregal zu vermitteln als ein griffigerer. Stichwort Wiedererkennungswert. 

Vor allem aber sind auch Rechtsfragen betroffen, denn weder will man – mit womöglich schmerzhaft teuren Konsequenzen – fremde Rechte verletzen, noch das eigene Werk von Dritten missbraucht sehen. Und die sehen wir uns jetzt im Wiki an.

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Titelschutz für Bücher in Kürze

Titelschutz für Bücher will sicherstellen, dass der mühsam ersonnene grenzgeniale Titel vor den gierigen Konkurrenten sicher ist. Aber eben auch, dass nicht für die Buchbeschreibung wichtige Begriffe für nachfolgende Werke gesperrt werden. Mit anderen Worten, es geht um Wiedererkennungswert und Unterscheidungskraft.

Der Titelschutz regelt, wie dicht man an bereits existierende Titel heranrücken darf, ohne deren Rechte zu verletzen. Dafür gibt es im Markengesetz eine eigene Schutzkategorie,  der sich speziell mit dem Kennzeichnungsrecht von Werken wie in unserem Fall Büchern und E-Books, Comics, Magazinen oder Hörbüchern befasst.

Titelschutz genießt, wer das Recht an einem Titel besitzt, das dem zusteht, der ihn als erster gebraucht. Im Besitz dieses Titelrechts kann man denjenigen, der später einen identischen oder ähnlichen Titel so benutzt, dass dieser mit dem geschützten Titel verwechselt werden kann, auf Unterlassung und bei schuldhaftem Handeln auch auf Schadenersatz in Anspruch nehmen.

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Titelschutz etwas ausführlicher

Genauer betrachtet wird es tatsächlich auf den ersten Blick erst einmal kompliziert, bevor es dann wieder einfach wird. Also vertraut uns. 🙂
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Rechtsgrundlagen

Der Titel eines Buches ist nach § 5 Abs. 3 MarkenG eigenständig geschützt. Es handelt sich dabei um ein sogenanntes Kennzeichenrecht, das weder mit einer Marke noch einem Urheberrecht verwechselt werden darf.

Geschützt ist vielmehr der Buchtitel, sobald er geeignet ist, das jeweilige Buch von einem anderen zu unterscheiden. Eine reine Beschreibung wäre also kein schutzfähiger Titel, „Liebesroman“ zum Beispiel.
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Was kennzeichnet eigentlich der Buchtitel?

Das Buch, was sonst? mag die Antwort auf diese Frage sein. Natürlich ist es nicht ganz so einfach. Im Gesetzestext ist von Werktitel die Rede, was auch begrifflich schon zeigt, dass ein Titel ohne Werk nicht geschützt werden kann. Mit anderen Worten: Ohne dazugehöriges Buch gibt es keinen Titelschutz.

So sieht das auch der BGH, denn nach dessen ständiger Praxis dient ein Werktitel im Regelfall nur dazu, ein konkretes Werk von einem anderen zu unterscheiden. Das ist ein wichtiges Detail, das insbesondere dann zum Tragen kommt, wenn sich zwei um einen Titel streiten.
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Was gehört zum Titel?

Der Titel selbst zunächst, mit dem das Buch bezeichnet wird, also die konkriete Wort- und Zahlenkombination. Dazu gegebenenfalls auch ein Untertitel.

Autor im Titel? Wer das Werk geschaffen hat („betrieblicher Herkunftshinweis“), kennzeichnet der Titel hingegen in den meisten Fällen nicht. Darum steht bei Büchern immer beides: neben dem Titel auch der Autor. Wenn die Nennung des Autors in den Verkehrskreisen für das Werk selbst steht, mag in Ausnahmen etwas anderes gelten. So etwa für Mediziner beim Pschyrembel oder Juristen beim Palandt, auch bei Kochbüchern mag es da ein paar Exemplare geben.  Etwas anderes gilt, wenn der Name im Titel eingebaut ist. „Zeidlers wunderbare Welt des Fußballs“ etwa, auch wenn das jetzt eine Fernsehsendung ist.

Eher unwahrscheinlich ist, dass die Namen von Figuren aus dem Werk Titelschutz beanspruchen können, soweit sie nicht auch zugleich Teil des Titels sind. Harry Potter ist also durch den Titel geschützt; Hermine Granger oder Dumbledore hingegen in den meisten Fällen nicht (wobei wir gleichwohl abraten jetzt ein Buch mit Dumbledore im Titel herauszugeben, es gibt durchaus Möglichkeiten hier anderweitig für Schutz zu sorgen).

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Die Unterscheidungskraft des Titels

Ein aussageloser Titel ist wertlos. Er kann das mühsam erstellte Werk nicht von anderen unterscheiden. Das sieht auf den ersten Blick wie eine Marketingforderung aus, ist aber rechtlich von Bedeutung. Denn jeder Titelschutz setzt voraus, dass der fragliche Titel Unterscheidungskraft aufweist. Insofern ist der Titelschutz dem Urheberschutz nicht ganz unähnlich, nur die Maßstäbe sind andere.

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Ein guter Titel ist individuell, aber keine Beschreibung

In den Worten des BGH ist Unterscheidungskraft „die Eignung eines Titels, ein Werk als solches zu individualisieren und von einem anderen zu unterscheiden (BGH Urt. v. 28. 1. 2016 – I ZR 202/14 Rn. 19 – wetter.de). Erschöpft sich der Titel darin, den Werkinhalt zu beschreiben, fehlt die Unterscheidungskraft. Die Bezeichnung „Titelschutz“ für ein Werk über den Titelschutz genießt daher zum Beispiel keinen Titelschutz.

Wann ein Werk ausreichend unterscheidungskräftig ist, beschäftigt die Rechtsprechung kontinuierlich und unterliegt auch veränderten Sprachgewohnheiten und -erwartungen. Die Ergebnisse sind daher nicht immer vorhersehbar, was in der Natur der Sache liegt.

Immerhin sind die Anforderungen an die Unterscheidungskraft nicht besonders hoch. Es gibt viele Werke, so dass die Titelfindung auf der Jagd nach einem aussagekräftigen Titel, mit knappen Ressourcen zu kämpfen hat. Jedenfalls für Zeitungen oder Zeitschriften geht der BGH davon aus, dass der Verkehr sich an mehr oder weniger farblose Bezeichnungen gewöhnt habe (BGH Urt. v. 22. 3. 2012 – I ZR 102/10 Rn. 19 – Stimmt’s). Zugespitzt formuliert entscheidet damit der Abstumpfungsgrad der jeweiligen Lesergruppe. Im Romance-Bereich, wo in bestimmten Sub-Genres ohne ergänzenden Untertitel gar kein freier Titel mehr zu finden ist, wird es mit dem Schutz tatsächlich inzwischen schwierig. Es gibt eben nur eine überschaubare Kombination mehr oder minder sinnhaltiger Millionärsbeschreibungen.

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Wie entsteht der Schutz eines Buchtitels?

Der Schutz eines Buchtitels entsteht an sich recht einfach: Der unterscheidungskräftige Titel muss für das Werk im geschäftlichen Verkehr „in Gebrauch genommen werden“. So formuliert es die Rechtsprechung. Das heißt mit anderen Worten:

  • Es muss ein reales Buch existieren. Maßgeblich ist, dass es öffentlich zum Verkauf angeboten wird. Das kann auch eine zeitlich begrenzte Leseerlaubnis an die Öffentlichkeit sein („Buchleihe“). Auf die Auflagenhöhe kommt es dabei nicht an. Ebenso wenig kommt es darauf an, dass Umsätze erzielt werden.
  • Die Form der Veröffentlichung ist dabei egal. E-Books sind gleichberechtigt. Auch die Werbung für ein etwa elektronisch veröffentlichtes Buch stellt einen Titelgebrauch dar.
  • Die Subskription ist ein guter Ansatz, um Titelschutz zu erzielen, etwa über die Vorbestellungsfunktion bei Amazon. Vorsicht ist allerdings geboten, wenn ein Buch mit fertigem Titel einem begrenzten Personenkreis zum Probelesen übermittelt wird. In diesem Fall ist das Buch noch nicht auf dem Markt. Titelschutz entsteht daher in der Regel noch nicht.

Der Schutz entsteht laut Gericht also durch die „Ingebrauchnahme„. In die Praxis übersetzt: Mit Veröffentlichung oder ernsthaften Verkaufsvorbereitungen. Ob die Werbung für ein Buch mit festem Veröffentlichungstermin ausreicht, ist umstritten. Damit hat man sicherlich ein gutes Argument, aber mangels einer diesbezüglichen höchstrichterlichen Bestätigung noch keine Rechtssicherheit.

Titelschutz vor der Veröffentlichung

Vor der Veröffentlichung schützen daher nur konkrete Titelschutzmaßnahmen, also die öffentliche Ankündigung eines Werkes unter seinem Titel. Hierunter stellt sich der BGH derzeit  die Veröffentlichung im Börsenblatt des Deutschen Buchhandels vor (BGH Urt. v. 22. 6. 1989 – I ZR 39/87 – Titelschutzanzeige), die für Nichtmitglieder 50 Euro kostet.

Theoretisch geht das auch in einer der vergleichbaren Gazetten, die ähnliche Preise aufrufen. Hier ist Vorsicht geboten, denn maßgeblich sind nur Publikationen, die branchenbekannt sind, wobei das im Streitfall die Gerichte entscheiden, die das bislang eben nur belastbar für das Börsenblatt bestätigt haben.

Achtung: Die Titelschutzanzeige ist nur wirksam, wenn das Buch in angemessener Zeit unter dem Titel erscheint. Man ahnt es, dass man über den Begriff „angemessen“ unangemessen lange streiten kann. Als Faustregel gelten 6 Monate. Innerhalb dieser Zeit muss das Buch auf den Markt gebracht werden. Je kürzer dieser Zeitraum ist, desto besser.

In jedem Fall kann man dadurch Titeldieben mit etwas Geschick das Handwerk legen. Wer sich eines Titels öffentlich berühmt, muss dafür irgendwann ein Werk vorweisen. Wird ein solches Werk nicht binnen 6 Monaten auf den Markt gebracht, kann der Titeldieb keine Ansprüche mehr geltend machen. Eine Vorratsspeicherung, wie sie von ein paar Spezialisten in der Buchwelt betrieben wird, bringt also nichts. Also bleibt erst mal ruhig , wenn jemand euch gegenüber behauptet, Inhaber des Buchtitels zu sein, ohne ein veröffentlichtes Werk vorweisen zu können. Mit Blick auf das Datum der Titelschutzanzeige und die daraufhin erforderliche Veröffentlichung eines entsprechenden Werkes läuft die Zeit für euch.  Verstreicht die Frist, ist die Titelschutzanzeige wirkungslos, der Titel wird wieder frei. Nicht benutzte Titel kann man sich durch neuerliche Anzeigen auch nicht für sich reservieren.

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Wie wähle ich den Titel meines Buches?

Bei der Wahl des Buchtitels müsst ihr einiges beachten, was schon oben angedeutet wurde. Euer Buchtitel muss vor allem unterscheidungskräftig sein und er darf nicht mit einem anderen Titel verwechselt werden.

Am Anfang steht damit die Recherche.

Es empfiehlt sich,

  • die Titelschutzanzeigen* im Börsenblatt,
  • Amazon* und
  • das VLB*

nach identischen oder ähnlichen Titeln zu durchforsten.

Wann ein Titel ähnlich ist, richtet sich nach dem „Gesamteindruck“ der jeweiligen Titel, eine typische juristische Formulierung aus der Wortschmiede des Bundesgerichtshofs. Allerdings neigen die interessierten Leser – juristisch gesprochen: die Verkehrskreise – dazu, den Titel zu verkürzen. Dies bedeutet zweierlei: Wählt den Titel möglichst kurz. Wenn er zu lang ist, kürzen ihn die Leser. Auf der anderen Seite müsst ihr auch nach sperrigen Titeln Ausschau halten, die ein Schlagwort eures Titels aufgreifen. Das mag in Einzelfall ein ziemlich komplexes Unterfangen sein, aber es vermeidet spätere Streitereien. Haltet in jedem Fall den größtmöglichen Abstand zu anderen Titeln. Dabei kommt es auf die Wortwahl an. Eine andere Schreibweise, eine andere Interpunktion oder gar Gendersterne genügen nicht. Auch Freibeuter*innen können mit Freibeutern verwechselt werden.

Um angesichts eines nur beschränkten marketingtauglichen Vokabulars Ärger im Vorfeld zu verhindern, sollte man mit Titel und Untertitel arbeiten, die gemeinsam das Problem zwar nicht vollständig lösen, aber jedenfalls entzerren.

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Bonuswissen (Klugscheiß-Modus):
Fremde Namens- und Persönlichkeitsrechte

In jedem Fall sollte man es vermeiden, in dem Buchtitel bekannte Personen des aktuellen Tagesgeschehens zu verwenden. Dies wird in aller Regel deren Namens- und Persönlichkeitsrecht verletzen. Bei bekannten Personen der Zeitgeschichte muss man aufpassen: Auch nach dem Tode genießt das Persönlichkeitsrecht einen zeitlich begrenzten Schutz. Für Emil Nolde und Konrad Adenauer hat die Rechtsprechung einen solchen Schutz auch 30 Jahre nach deren Tod angenommen. Ein gewisses Restrisiko bleibt also.

Was passiert bei einer Verwechslungsgefahr?

Um all die Theorie etwas verdaulicher zu gestalten, spielen wir das Thema einmal an einem Beispiel durch: Unsere Chef-Redakteurin Kay Noa hat ein Buch mit dem Titel „Brombeerprinzessin“ veröffentlicht. Ein objektiv mäßig kreativer, subjektiv aber dafür umso mehr von seinen Fähigkeiten überzeugter Kollege entwickelt daraufhin ein Werk mit dem Titel „die Himbeerfürstin“, mit einem gleichfalls brombeerumrankten Schriftzug auf dem Cover. Was nun?

Ein bestehender Titel genießt Schutz gegenüber einem jüngeren Titel, wenn dieser zum Verwechseln ähnlich ist. Diese sog. Verwechslungsgefahr ergibt sich aus einer komplexen Analyse. Es kommt dabei darauf an, ob der ältere Titel kennzeichenstark ist, ob die Titel ähnlich sind und wie ähnlich die Werke sind. Bei Büchern wird man meist von identischen Werken ausgehen können, wohlgemerkt: aus juristischer Sicht. Es kommt bei der titelschutzrechtlichen Betrachtung einzig auf das Medium, nicht auf dessen Inhalt an. Daher ist es völlig belanglos, ob der Inhalt des Buches „Brombeerfürstin“ ähnlich ist oder nicht. Auch die Literaturgattung spielt keine Rolle (Krimi, Fantasy, Romanze usw.). Belletristik ist Belletristik.

Das Beispiel zeigt übrigens, wie wichtig die Wahl eines unterscheidungskräftigen Titels ist. Eine Beerenfrucht mit dem Titel einer Thronfolgerin zu verknüpfen, ist mindestens eigenwillig und prägt sich daher ein. Je eigenwilliger der Titel, desto besser ist er geschützt. Der Autor von „Brombeerfürstin“ entkommt dem nicht. Er hat nur einen Adelstitel gegen einen anderen ausgetauscht. Das ist zu wenig.

Wie geht man vor?

Aber was macht man nun, wenn man gegen einen verwechslungsfähigen Titel vorgehen will oder gar aus einem solchen Titel in Anspruch genommen wird?

Häufig hilft es, sich abzustimmen und die Titel ggf. etwas anzupassen.

Wenn eine Einigung scheitert, weil die Brombeerfürstin die -Prinzessin vom Thron (oder aus dem Buchregal) stürzen will, bleibt nur die Aufforderung zur Abgabe einer Unterlassenserklärung, die üblicherweise für alle zukünftige Fälle eine Strafe vorsieht. Wenn der Autor der Brombeerfürstin diese nicht unterzeichnet, bleibt nur noch der Weg zum Gericht, das den Fall dann kostenpflichtig klärt. Auch wenn derjenige diese Kosten tragen muss, der vor Gericht verliert, muss der Kläger die Kosten erst einmal vorstrecken.

Darum ist allen am meisten geholfen, wenn man verhandelt. Hier gibt es einen bunten Strauß von Möglichkeiten. Im Verlagswesen wählt man meist die vergleichende Titelanzeige, in der die ähnlichen Titel für unterschiedliche Werke gemeinsam im Börsenblatt dargestellt werden und darauf hingewiesen wird, dass beide Bücher (von unterschiedlichen Verlagen und ggf. verschiedenen Genres) lieferbar sind. Dies funktioniert natürlich auch für Eigenverlage oder Selfpublisher.

 

One Comment

  • Aleshanee

    Schönen guten Morgen!

    Das ist echt interessant und es wundert mich immer wieder, wie viele gleichlautende Titel es gibt.
    Wenn ich bei goodreads nach einem Buch suche, werden mir sehr oft mehrere Bücher angezeigt, die teilweise genau den gleichen Titel haben – da frage ich mich schon warum das geht …

    Liebste Grüße, Aleshanee

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