Skoutz Pro & Con von Re-Reads

Bekannt und bewährt – gute Gründe für Wiederholungstäter (Re-Read)

Schon wegen Skoutz lese ich viele Bücher. In den meisten Jahren deutlich über 200. Die allermeisten Bücher sind neu für mich, aber manche machen mich zum Wiederholungstäter. Einerseits, weil ich an irgendwelchen Skoutz-Classics arbeite, aber auch, weil es mir ein Bedürfnis ist. Bücher, die mich berührt haben. Bücher, die Freunde geworden sind. Bücher, die mich verändert haben.

Ich frage mich dann immer, ob ich spinne. Lohnt es sich wirklich, ein und dasselbe Buch mehrmals zu lesen, wenn ida draußen buchstäblich Millionen anderer Titel auf ihre Entdeckung warten?

Es gibt gute Gründe, Bücher mehrmals zu lesen. Aber natürlich auch genügend, die dagegen sprechen. Wir haben dazu mal eine Übersicht gebastelt.

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PRO – Die Lust am Altbekannten

Risikofreies Lesen mit einem Re-Read

Jede Begegnung mit einem neuen Buch birgt das Risiko, dass es nicht gefällt. Da helfen weder Rezensionen, noch Empfehlungen, bevor man nicht hineingelesen hat, weiß man es nicht sicher. Und auch, wenn mir das Buch 300 Seiten lang gut gefallen hat, kann mir ein blöder Schluss rückwirkend den Lesespaß verderben. Dann hat es mir wertvolle Lesezeit gestohlen und ich bin beleidigt und schlecht gelaunt.

Das ist einer der Gründe, warum ich dann doch zu „bekannt und bewährt“ greife, und mich in bestimmten Situationen lieber einem alten Buchfreund anvertraue, von dem ich weiß, dass er mich aufheitern wird.

Reisen in die eigene Vergangenheit

Das Schöne an der erneuten Lektüre eines Buches ist, dass sie das Alte mit dem Neuen zu einer magischen Erfahrung verbindet. Bei der Lektüre eines früher sehr intensiv erlebten Buchs verwandle ich mich irgendwie in das Mädchen, das ich damals war.

Dieser Zeitkapsel-Effekt ist faszinierend. Ich kann mich dabei oft an Dinge erinnern, von denen ich aktiv gar nicht mehr wusste, dass ich sie wusste. Und dieser Dopplereffekt, das Entdecken von altem und neuem zugleich, das kann als Leseerlebnis echt einzigartig sein.

Wiedersehen macht Freude

Free Philatelist Stamp Collection photo and pictureAlle meine Lieblingsbücher hatten Figuren, die ich liebte und die ich vermisste, als das Buch zu Ende war. Wenn ich das Buch noch einmal lese, kann ich mit meinen Buchfreunden zusammen sein und die Geschichte noch einmal erleben! Es fühlt sich vielleicht nicht ganz so an wie beim ersten Mal, aber ich genieße es trotzdem, die Geschichte noch einmal zu erleben, und vielleicht fallen mir sogar einige Dinge auf, die ich beim ersten Mal nicht gesehen habe!

Und das ist der Spaß an Re-Reads, denn sind wir nicht alle ein bisschen Freud? Ich freue mich immer sehr, wenn ich allein oder mit Freunden Figuren aus Film und Buch analysieren kann. Warum sie sich so verhalten wie sie es tun oder warum sie das Naheliegende lassen! Das geht tatsächlich bei einem Re-Read deutlich besser. Da man weiß, wohin die Reise geht, erkennt man die vom Autor tückisch angebrachten Weichen viel, viel deutlicher.

Ich kann mich tierisch freuen, wenn ich beim erneuten Besuch Details einer Fantasywelt entdecke, plötzlich Figuren mit ganz anderen Augen sehe oder Anspielungen erkenne, die mir beim ersten Mal entgangen sind.

ReRead als Überraschungsei!

Wie das bei einem Re-Read? Ganz einfach, denn meist ist ja etwas Zeit zwischen dem ersten und zweiten Lesen vergangen. Die Erinnerung mag trügen und für Überraschung sorgen oder sich bestätigen und uns das Gefühl geben, schlau zu sein. In jedem Fall aber dürfte man beim neuen Lesen neue Details entdecken und das sind die Perlen, die uns beim ersten Durchgang vorenthalten blieben.

Trost und Sicherheit

Re-Read ist gemütlich (Pixabay Free License) Gerade, wenn die Welt gemein ist und sich niemand an Regeln hält – oder jedenfalls nicht an die, die ich kenne, ist es tröstlich, wenn ich wenigstens im Buch weiß, wohin die Reise geht. Eine bekannte Geschichte ist (im Buch wie im Film) irgendwie entspannend und tröstlich. Dieses Gefühl an Überlegenheit, Nostalgie und Behaglichkeit ist manchmal genau das, was ich brauche. Man muss keine Angst haben, etwas zu verpassen, weil man das Wichtigste ja schon weiß. Und wenn dann ein Zitat, das mir beim ersten Mal schon Spaß gemacht hat, wiederkommt, dann freue ich mich.

Psychologen gestehen Re-Reads sogar eine therapeutische Wirkung zu. Die Vertrautheit der Geschichte und der Figuren kann Trost spenden, Angstsymptome lindern und uns ein unvergleichliches Maß an Sicherheit und Frieden schaffen.

Wenn man genau weiß, was einen erwartet, und sich keine Gedanken über die Handlung machen muss, können manche erst den Schreibstil und die Details des Buchs entspannt genießen.

Leseflautenkiller

Was kann man gegen Leseflauten tun? Tatsächlich hilft es sehr oft, gezielt mit einem Buch neuen Schwung zu nehmen, von dem man weiß, dass es unsere Seele berührt. Das all das hat, was wir lieben. Und mit diesem Erfolgserlebnis können dann auch wieder andere Bücher angegangen werden.

Verständnis

Man sieht bekanntlich immer entweder den Wald oder die Bäume, niemals aber beides. So ist es auch beim Lesen. Um also die ganze Magie eines Buchs zu erfassen, muss man es geradezu zweimal lesen. Je komplexer ein Buch ist, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass auch ein Re-Read richtig spannend wird.

Wiederholungslesen ist auch ein Akt der Selbstreflexion. Denn weil ein  Buch sich selbst nie verändert (Modernisierungen oder Neu-Übersetzungen mal außen vor), ist es eine Konstante, die uns anhand unserer Reaktion auf das Buch zeigt, wie und wohin wir uns entwickeln.

Vladimir Nabokov vertrat sogar die Ansicht, dass man die Aussage, die in einem Buch steckt, mit einmaliger Lektüre nicht erfassen kann.

Geld sparen

Ja, das ist gerade, wenn man schlecht an Bibliotheken kommt und keine Freude an E-Books hat, ein wichtiger Grund, lieber ein Buch nochmal zu lesen.

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CONTRA – Was spricht gegen Re-Reads?

Man liest nichts Neues mehr!

Re-Read und Langeweile (Pixabay Free License) Logisch. Die Lesezeit wird ja nicht mehr, also stiehlt jedes Buch, dass wiedergelesen werden will, einem anderen die Chance, überhaupt gelesen zu werden. Angesichts der Vielzahl der Bücher, die man angesichts begrenzter Lebenszeit sowieso nicht lesen können wird, eigentlich eine unfassbare Verschwendung!

Wenn wir unsere begrenzte Lesezeit damit verbringen, unsere Lieblingsbücher nochmals zu lesen, vernachlässigen wir unseren SuB und unsere Wunschlisten natürlich schändlich! Und die so verschmähten Neulinge stehen ja nicht ohne Grund auf unserer Leseliste.

Man kann bei den neuen Trends nicht mitreden!

Im Gegenteil, auch wenn man oft beim zweiten Mal ganz andere Dinge sieht, ist es natürlich nicht wirklich neu. Mit anderen Worten, mit einem Re-Read stagniert man. Man vertieft allenfalls Bekanntes, versagt sich aber irgendwie dem Fortschritt.

Denn auf Facebook, Instagram und unter Literaten redet man eben über Neuerscheinungen, Trends und spannende Debüts – und wir Wiederholungstäter können nicht mitreden. Da verpasst man schnell auch den Anschluss in der Buchbubble. All diejenigen, die mit und über Bücher interagieren, ist das ein echtes Handicap und ein guter Grund, sich lieber zweimal zu überlegen, ob man ein Buch zweimal lesen will.

Gespoilert

Eine meiner Lieblingsbeschäftigungen beim Lesen ist dieses „Was wird als Nächstes passieren?“-Gefühl, und bei allen meinen Lieblingsbüchern konnte ich es kaum erwarten, die Seiten umzublättern, um herauszufinden, was passieren würde.

Leider ist das bei einer erneuten Lektüre nicht der Fall. Man weiß bereits, was passieren wird, und ist auf alle Überraschungen und Wendungen der Geschichte vorbereitet.

Ich habe das Gefühl, dass dies der unglückliche Kompromiss ist, den man für die Bequemlichkeit des Lesens eingeht: Wie gut es sich auch anfühlen mag, geliebte Geschichten und Charaktere wiederzusehen, man wird nicht überrascht sein oder gespannt darauf warten, wie es weitergeht.

Kennen heißt nicht verstehen

Wiederlesen führt nicht unbedingt zu einem besseren Verständnis. Jemand, der ein Buch ein Dutzend Mal gelesen hat, muss den Text nicht notwendig besser verstehen, als jemand, der es nur einmal gelesen hat. Speziell das zwischen den Zeilen Verborgene will oft bewusst gesucht werden, bevor es sich finden lässt.

Entzauberung eines Mythos!

Re-Read (Pixabay - Free License) Es ist mit manchen Büchern (und Filmen) wie mit Expartnern. So schön es war, es ist vorbei. Manchmal ist man deshalb wehmütig, manchmal aber auch peinlich berührt. Und wie bei einem Klassentreffen, wenn man sich schockiert fragt, wie man je so gefühlsverwirrt gewesen sein konnte, derart herumgeschmachtet zu haben, ist es auch mit Büchern. Thematik, Aufbau und Sprache altern nicht bei allen Büchern gleich gut. Was man als Teenie an einem Prota cool fand, wirkt zehn Jahre später eher peinlich und nochmal zehn Jahre später nur noch nervig.

Es werden eben niemals zwei Menschen dasselbe Buch lesen, auch bei einem Re-Read. Die Welt dreht sich weiter, die Lebensumstände ändern sich, die Sichtweise ändert sich, und wir eben auch. Darum lasse ich bewusst von einigen meiner Lieblinge die Finger und streiche nur manchmal in nostalgischer Stimmung sacht über den Buchrücken.

Langeweile statt Spannung?

Die Erinnerung ist speziell für alle, die Panik vor Spoilern haben, natürlich bei Re-Reads ein Spaßverderber. Denn mit dem Wissen kommt schnell auch Langeweile. Dagegen hilft dann allerdings, dass man relativ gefahrlos vorblättern kann. 🙂

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Das Gewinn-Verlust-Phänomen bei einem Re-Read

Ein Germanist hat mir mal auf einer Party erklärt, beim erneuten Lesen von Büchern müsse eine Art Gleichgewicht gefunden werden. Er meinte damit das Verhältnis zwischen dem, was man durch das zweite Lesen gewinnt, und dem, was man dabei eben auch verliert.

Ein Re-Read ist meist ein Treffen auf Distanz

Der Gewinn liegt in der Chance auf neue Perspektiven, neue Details, die man beim ersten Mal verpasst hat, und wahrscheinlich ein besseres Gesamtverständnis des Buches, speziell, wenn es komplex ist. Was man dabei aber verliert, ist die Spannung, das Mitfiebern, die Freude an der Entdeckung.

Wie holt ihr mehr aus euren Wiederholungen?

Um mehr als eine nostalgische Reise in die Vergangenheit zu unternehmen, muss man das Buch aktiv und kritisch lesen. Der Umstand, dass der Plot im Wesentlichen bekannt ist, erlaubt einen ganz anderen Blick auf Details, auf Sprache und Technik, auf das, was die Figuren lebendig macht und wie wunderschön die Landschaften beschrieben sind … Alles Dinge, die man weniger bewusst wahrnimmt, wenn man der Antwort entgegenfiebert, wer der Mörder ist, oder ob Jack seine Jill bekommt.

Überlegt euch also gut, welche Bücher ein Re-Read verdienen

Es gibt verschiedene Gründe für ein Re-Read und es ist gut, sich zu überlegen, warum es einem zu einem alten Buchfreund zieht. Nostalgie, Information, bestimmte Gefühle, Erinnerungslücken – sie alle erfordern eine unterschiedliche Herangehensweise. So oder so ist ein Re-Read immer ein Lesen unter bestimmten Aspekten.

Selektives Lesen?

Mich erstaunt oft, wieviel ich doch noch ziemlich genau auf ein oder zwei Stichworte hin erinnere, auch wenn das erste Lesen Jahre zurück liegt. Dann aber kann man auch ein paar Dinge überfliegen, speziell, wenn man auf der Suche nach bestimmten Szenen, bestimmten Emotionen ist. Das heißt, ich kann mit einem Re-Read schneller lesen und dabei ziemlich ehrlich auch meine Lesestatistik verbessern. 🙂

Der Spaß steckt im Detail!

Der Kick bei Re-Reads ist das Suchen nach verborgenen Perlen. Die Magie der Wörter, einzelne Formulierungen, kleine Anspielungen – all das übersieht man so leicht, wenn man atemlos der Handlung folgt. Re-Reads sind ein Beitrag zur Entschleunigung.

Re-Read in Fremdsprachen

Kein klassisches Re-Read ist es, wenn man ein Buch nachdem man die Übersetzung gelesen hat, nochmals im Original liest. Im Gegenteil, ich empfehle das ausdrücklich allen, die Angst vor z.B. englischen Büchern haben, weil sie meinen, ihre Sprachkenntnisse reichen nicht. Wenn man die Handlung kennt, fällt es viel leichter. Und daher ist das eine wunderbare Idee, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Wiedersehen mit Buchfreunden und Auffrischen der Fremdsprachenkenntnisse. (Weiterlesen)

Re-Re-Reads?

Ich habe einige (wenige) Bücher, die ich nicht nur zweimal, sondern viele Male lese. Weil ich die Welt, die sie mir eröffnen liebe oder weil ich bei Serien immer wieder von vorne anfange.

Und ich habe – trotz all der neuen Bücher – überhaupt kein schlechtes Gewissen dabei!

Auf jeden Fall – ob alt oder neu – solltet ihr eure Bücher in der Skoutz-Buchsuche eintragen. Um anderen die Suche nach dem perfekten Buch zu erleichtern und auch für eure Lesestatistik. Denn dann könnt ihr auf einen Blick sehen, ob eure Fieberkurve beim Re-Read genauso ausfällt wie beim ersten Mal. (hier entlang)

 

2 Comments

  • Aleshanee

    Schönen guten Morgen!

    Eine interessante Auflistung an pro und contra zu dem Thema!
    Ich lese ja seit einigen Jahren immer wieder re-reads und ja, anfangs war mir immer irgendwie die Zeit zu schade, da man ja dafür ein „neues“ Buch hätte lesen können. Aber manche Geschichten sind einfach so schön gewesen – und bei mir teilweise schon wirklich lange her – dass die Erinnerung weg ist (also oft auch keine Spoilergefahr, sogar in Krimis wusste ich nicht mehr wie die Auflösung war 😀 ) und ich erneut eintauchen konnte und es sich wie nach Hause kommen anfühlte!

    Ich hatte bisher nur bei einem Buch gemerkt, dass es mir jetzt nicht mehr so gefällt wie damals. Das hab ich dann aber recht schnell abgebrochen, um mir das Gefühl von damals zu erhalten 😉

    Dieses Jahr hab ich ja angefangen, englisch zu lesen. Und da hab ich erstmal auf Bücher zurückgegriffen, die ich schon im deutschen gelesen hab, was den Einstieg echt sehr erleichtert hat!

    Euren Beitrag hab ich heute gerne in meiner Stöberrunde verlinkt!

    Liebste Grüße, Aleshanee

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