Skoutz-Classics: Kinder- und Hausmärchen von Jacob und Wilhelm Grimm

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In der Rubrik Skoutz-Classics stellen wir euch Bücher vor, die jeder kennt und jeder Buchmensch mindestens einmal gelesen haben sollte. Weil sie in ihrem jeweiligen Genre, ihrer Zeit oder ihrem Ort Maßstäbe setzten. Oder weil sie insgeamt so hervorragend waren und viele andere inspirierten, dass man sie kennen sollte, um die Buchwelt insgesamt (besser) zu verstehen.

 

Eines davon ist „Kinder- und Hausmärchen“, die Märchen-Sammlung der Brüder Jacob und Willhelm Grimm, die seit Januar 1807 Märchen sammelten und zu dieser Anthologie zusammenfassten. Die Urfassung dürfte wohl das sogenannte Oelenberger Manuskript) aus dem Jahre 1810 sein. Der erste Band wurde dann 1810 in Berlin erstveröffentlicht und 1815 folgte der zweite. Es folgten mehrere Auflagen, in denen die veröffentlichten Geschichten, die von Anfang an für große Nachfrage, aber wegen der Inhalte auch für Kontroversen sorgten, teils erheblich überarbeitet (entschärft) wurden.

 

Kinder- und Hausmärchen von Jacob und Wilhelm Grimm – die Mutter aller Märchenbücher

Die „Kinder- und Hausmärchen“ gelten heute als maßgebliche und wichtigste Sammlung deutscher Volksmärchen. Sie umfassen insgesamt 210 Geschichten, wobei allerdings nicht mal ein Drittel (ca. 60) wirklich Märchen im literaturwissenschaftlichen Sinn sind. Der Rest besteht aus Sagen – oft mit lokalem Bezug – aber auch verschiedenen einfachen Legenden sowie Schwänke, die vor allem von Wilhelm Grimm eine sprachliche Überarbeitung erfuhren.

Die „Kinder- und Hausmärchen“ der Brüder Grimm gelten als das neben der Luther-Bibel bekannteste, weitestverbreitete und meistübersetzte Buch deutscher Sprache.“
(Heinz Rölleke: Die Märchen der Brüder Grimm. Eine Einführung. München, Zürich 1986)

 

Die Geschichte der Kinder- und Hausmärchen

Ursprünglich wollten die Grimms gar nicht selbst veröffentlichen. Stattdessen sammelten sie auf Anregung der berühmten Romantiker Clemens Brentano und Achim von Arnim für deren Volksliedersammlung „Des Knaben Wunderhorn“ (auch ein Klassiker), Märchen aus ihrem Umfeld. Dabei ging es allerdings eher um den volkstümlichen Wissensschatz und nicht so sehr um Literatur für Kinder. Nachdem sich Clemens Brentano gegen eine Fortsetzung des Wunderhorns entschied, veröffentlichten die Brüder Grimm ihre nun ungenutzte Sammlung in eigenem Namen. Dabei wollten sie ein preiswertes Buch, das zur Mitarbeit anregte. Daher wurde auch fragmentarisches Material abgedruckt, mit Anmerkungen direkt unter den Texten.

Entwicklung

Interessant ist unter literarischen Aspekten vor allem die Wandlung, die das Buch und seine Geschichten im Laufe der Zeit durchlaufen haben. Von den oft nach heutigem Empfinden grausamen Schilderungen mit deutlichen sexuellen und heidnischen Anspielungen bis zur jugendfreien Disney-Adaption mit Küsschen im christlich geprägten Wertekatalog war es ein weiter Weg. So wurde etwa der Sex konsequent gestrichen. Rapunzels geheime Treffen mit dem Prinzen fliegen dann nicht mehr auf, weil sie schwanger wird, sondern weil sie sich verplappert. Auch die Antigonisten den Moralvorstellungen angepasst (Während in der alten Fassung die Mutter selbst Hänsel und Gretel in den Wald jagt, ist es dann später „nur“ noch die Stiefmutter).

1819 erschien der erste Band stark überarbeitet in neuer Auflage: Es kamen weitere Märchen hinzu. Etwa ein Viertel der Geschichten verschwnad und fast die Hälfte der verbliebenen Märchen erhielten eine Überarbeitung – häufig, um die als anstößig empfundenen erotischen Anspielungen zu beseitigen. Über einen Zeitraum von 40 Jahren wuchs die Sammlung immer wieder weiter; die Geschichten wurden überarbeitet gestrichen und neue aufgenommen. So waren die Brüder Grimm waren zu Beginn ihrer Sammelarbeit noch junge Gelehrte, die sich einen Namen machen wollten in einer sich gerade erst bildenden „Wissenschaftsszene. 40 Jahre später waren sie Literatur- und Kulturwissenschaftler von Weltruhm und gelten damals wie heute als (Mit-)Begründer einer modernen Sprach- und Literaturwissenschaft.

1825 erfolgte die Herausgabe einer „Kleinen Ausgabe“, einer Auswahlausgabe speziell für Kinder, die maßgeblich zur Popularität des Stoffes beitrug. Auch dank der wundervollen Illustrationen von Ludwig Emil Grimm (noch einem Bruder 🙂 ) Bereits 1823 wurde eine illustrierte englische Ausgabe der Kinder- und Hausmärchen veröffentlicht. Bereits zu Lebzeiten der Brüder erschienen sieben Auflagen der großen deutschen Ausgabe der Märchen und zehn Auflagen der kleinen Ausgabe. Der Beginn eines Longsellers…

Um was geht’s in den Kinder- und Hausmärchen?

Viele der Märchen kennt wortwörtlich jedes Kind, und zwar lange, bevor es lesen kann. Wir alle sind mit Aschenputtel, Rotkäppchen oder dem Froschkönig groß geworden. Wir alle haben mit den 7 Geißlein und Schneewittchen mitgefiebert, wollten einen gestiefelten Kater oder ein Tischlein deck dich haben und träumten davon, den Teufel zu überlisten.

Diese Märchen berühren unsere Seele. Sie sind Teil von uns, haben unser Bild von Gut und Böse, von Richtig und Falsch, von Freundschaft und Wahrhaftigkeit geprägt.

 

Wem verdanken wir die Kinder- und Hausmärchen?

Brüder Grimm nannten sich die Hanauer Sprachwissenschaftler und Volkskundler Jacob Grimm (1785–1863) und Wilhelm Grimm (1786–1859. Während ihres Jura-Studiums in Kassel entdeckten sie ihre Liebe zur Literatur. Neben ihrer Märchensammlung begannen sie auch andere Werke zu publizieren. So zum Beispiel ihre wichtige Publikation eines deutschen Wörterbuchs. Daneben waren sie als Teil der „Göttinger Sieben“ auch politisch aktiv und versuchten, die Kleinstaaterei Deutschlands zu beenden.

 

Hier gibt es noch mehr:

  • Sehr viel mehr Details finden sich bei Wikipedia.
  • Eine vollständige Liste der Kinder- und Hausmärchen findet sich hier bei Grimmstories, wo man sie auch lesen kann.
  • Natürlich ist das Buch inzwischen gemeinfrei und über die Sammlung Gutenberg legal kostenlos zum Download zu haben. Ebenso bei Zeno.org
  • Wer mag, kann natürlich auch selbst Quellenstudium entlang der deutschen Märchenstraße betreiben, die wir mit Skoutz auf Reisen auch schon besucht haben.

 

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