Shortlist Horror: Des Nachts im finstren Wald von Jana Oltersdorff
Während die Longlist Horror noch darunter litt, dass sehr, sehr viele genrefremde Bücher vorgeschlagen worden waren (nicht jede quietschende Tür macht ein Buch zum Horror-Roman). entbrannte aus der von der Horrorhexe der Jury, der Autorin Demetria Cornfield, vorgestellte Midlist Horror eine nervenzerreißende Jagd um die begehrten Plätze der Shortlist, denn 5 Titel waren nur wenige Stimmen auseinander, sodass am Ende wirklich jede Stimme zählte.
Doch jetzt stehen sie fest, die 3 Bücher, die sich den Lesern stellen, die bestimmen, wer den Horror-Skoutz 2016 erhält.
Des Nachts im finstren Wald von Jana Oltersdorff ist eines davon.
Es handelt sich bei Des Nachts im finstren Wald um ein 280 Seiten starkes, im Februar 2015 von der Autorin unter dem Independentlabel Qindie selbst veröffentlichtes Märchenbuch mit herrlich gruseligen, finsteren und abgründigen Geschichten. Anlässlich seiner Wahl in die Midlist Horror haben wir das Buch näher angeschaut und euch ausführlich vorgestellt (weiterlesen).
Anlässlich ihrer Nominierung für die Midlist Horror zum Skoutz-Award 2016 hat Kay Noa Jana Oltersdorff besucht. Herausgekommen ist ein spannendes Gespräch über Grusel, die kleine Schwester des Horrors, Autorenselbsthilfegruppen und einiges mehr (weiterlesen).
Doch damit nicht genug. Nachdem Wasser es auf die Shortlist geschafft haben, war es Zeit, das Buch noch einmal aus dem Skoutz-Regal zu nehmen und Demetria Cornfield zu bitten, das Buch noch einmal einer Expertenuntersuchung zu unterziehen.
Lest selbst, was dabei herausgekommen ist.
Demetria Cornfield bespricht: Des Nachts im finstren Wald von Jana Oltersdorff
Der Gedanke, bekannte Märchen könnten „entschärfte“ Versionen mündlicher Überlieferungen sein, ist mir schon öfters gekommen. Ich muss zugeben, dass ich ebenso schon mal über blutrünstige Begebenheiten nachgedacht habe, auf denen die Erzählungen basieren könnten. Jana Oltersdorf geht aber noch weiter: Stellenweise hat sie meine boshaften Gedanken sogar übertroffen.
Dabei geht die Sammlung mit der ersten Geschichte relativ harmlos los. Im typischen Märchen-Ezähl-Stil wird von dem garstigen Rotkäppchen erzählt, das überlegt, die lästige Großmutter loszuwerden, weil sie die ständigen Besuche satt hat.
Es folgt das Schneewittchen, das die sieben Räuber austricksen muss. Bei dem Massaker, das da entstand, dachte ich bereits: Oha.
Dann das Mädchen mit den Schwebelhölzchen, bei dem die Autorin dann den Stil langsam wechselt und die Geschichte wirklich gruselig wird.
Mit jeder Neuerzählung kommt ein weiteres Stilelement dazu, und wechselt schließlich bei den letzen Geschichten in komplette Neuinterpretationen, die in der heutigen Zeit spielen. Sterntaler beispielsweise, wurde von der Autorin als Dystopie angelegt – auf diese Idee wäre ich niemals gekommen.
Ganz besonders gut gefallen hat mir die „Brezelfrau“, eine Amityville-Adaption von Hänsel und Gretel. Da hat Frau Oltersdorf ihr wahres Können für das Grusel-Horror Genre gezeigt. Ich war ganz hingerissen vom Spannungsaufbau und der Erzähltechnik, auch die Auflösung hat mich sehr zufrieden gestellt.
Fazit: Eine sehr gelungene Zusammenstellung böser Märchen, die es in sich haben, und bei der Jana Ottersdorf die Bandbreite ihres Schreibkönnens präsentiert. Ich drücke ihr auf jeden Fall für die Endrunde alle Daumen!