Zu Besuch bei: Jeffrey Archer
Was ich an meiner Interview-Arbeit so liebe, sind die Besuche bei all den verschiedenen Autoren – bekannten, unbekannten, Debütanten und alten Hasen …
Und obwohl das Frage-Gerüst immer dasselbe ist, wird doch jedes Gespräch zu einem sehr persönlichen, ganz besonderen. Heute bin ich in London bei Jeffrey Archer zu Besuch, einem der ganz großen Kollegen, der nicht nur einer der erfolgreichsten englischen Autoren ist, sondern überall auf der Welt die Bestseller-Listen stürmt – vielleicht auch weil er selbst ein so bewegtes Leben hat? B.C. Bolt hat er jedenfalls so mit seinen Clifton Chronicles begeistert, dass sie ihn für die Midlist History des Skoutz Awards nominiert hat.
Ich bin gespannt…
Zu Besuch bei Jeffrey Archer, der Geschichten für seine Leser erzählt
Was ist dein „Sprit“, was treibt dich an zu schreiben?
Ich muss zugeben, dass die wunderbaren Briefe, E-Mails, Kommentare, die ich von meinen Fans aus aller Welt erhalte, mein Hauptantrieb sind, immer weiterzumachen.
Ist das wirklich alles? Du schreibst nur, um deinen Fans zu gefallen? Dann ist es beeindruckend, wie exakt du deren Wünsche triffst, aber das allein als Antrieb fällt mir schwer zu glauben.
Nein, es macht mir auch viel Freude zu schreiben – speziell die Clifton Chronicles, und ich bin jetzt schon traurig, wenn der letzte Band Ende des Jahres erscheint.
Aha! Mal abgesehen davon, dass du einen Proteststurm deiner Leser aushalten müsstest, …
Was würdest du tun, wenn du nicht mehr schreiben könntest?
Schon der Gedanke daran ist unerträglich …
Komm, trau dich!
Das war schon schwierig, als ich die Clifton Chronicles beendet habe und so habe ich sofort eine Reihe von Kurzgeschichten klar gemacht und einen Roman geplant, der fraglos die größte Herausforderung meiner schrifstellerischen Laufbahn werden dürfte…
Hm…. Ich nehme an, du willst uns dazu jetzt noch nicht mehr verraten?
Bei welchen Gelegenheiten hast du mit dem Gedanken gespielt, mit dem Schreiben aufzuhören?
Niemals!
Niemals?
Aber ich gebe zu, wenn mir mal die Ideen ausgehen sollten, würde ich aufhören. Schreiben um des Schreibens willen kommt für mich nicht in Frage.
Was war dein emotionalstes Schreiberlebnis?
Der Beginn jedes Buches ist immer eine beängstigende Herausforderung.
Inwiefern? Ich persönlich bin immer, wenn ich zu schreiben beginne, richtig heiß auf die Geschichte und darauf, mich auf meine Figuren, die ich zu dem Zeitpunkt interessant finde, aber noch nicht wirklich kenne, einzulassen.
Man beginnt mit einem weißen Blatt Papier, dann schreibt man die erste Zeile in der Hoffnung, den Leser dazu zu verleiten, umzublättern … und so geht es weiter. Das ist eine Herausforderung, die niemals endet.
Ja, deine Leserbeziehung ist wirklich sehr ausgeprägt. Aber ist das nicht mehr Verstand als Emotion?
Ja, vielleicht ist der emotionalste Augenblick der, wenn man ENDE unter den Absatz schreibt und dann das Buch dem Verleger übergibt.
Das jedenfalls ist immer ein besonderer Moment, den viele, viele unserer Kollegen ganz ähnlich erleben.
Ich habe ja schon erwähnt, dass ich deine Vita sehr faszinierend finde, darum interessiert mich die nächste Frage ganz besonders:
Wie viel Autobiografie steckt in deinen Geschichten?
Ich vermute, die meisten Autoren schreiben über Dinge, die sie kennen.
Ja, das sehe ich genauso, auch wenn ich das häufig mit Kollegen diskutiere. Wo genau ist jetzt die Autobiografie zum Beispiel in den Clifton Chronicles?
Natürlich ist das in den Clifton Chronicles genauso. Meine Erfahrungen als Autor fließen in die Beschreibungen von Harry ein und die meiner Frau als Oxford und Cambridge Dozentin, als Vorsitzende einer großen Klinik und nunmehr eines naturwissenschaftlichen Museums prägen viele Details auf so ziemlich jeder Seite. Ich bin politisch sehr interessiert und meine Haltung zum House of Lords erkennt man deutlich in Giles Barringtons Leben. Von daher sind die Clifton Chronicles beinahe autobiographisch.
Was wäre für dich das größte Kompliment, dass man dir als Autor machen kann?
Das größte Kompliment das ich bisher bekommen habe, war, als mich die Washington Post als den „neuen Dumas“ bezeichnete und die New York Times schrieb, dass meine Kurzgeschichten besser wären als alles was Somerset Maugham je geschrieben hat.
Wow! Das sind natürlich schwere Kaliber, da wäre ich auch glücklich. Andererseits sagen Kollegen wie der Horror-Autor Oke Gaster, dass sie genau solche Vergleiche eigentlich gar nicht mögen, weil sie für ihr Werk geliebt werden und eigene Maßstäbe setzen wollen. Eine Ansicht, die auch was hat, wie ich finde.
Wer ist für dich der perfekte Leser?
Jeder Mann und jede Frau zwischen 14 und 114, die auf der Suche nach einer Geschichte sind, die sie unterhalten kann.
Hahaha! Das ist mal eine präzise Zielgruppenanalyse!
Zu welchem deiner Protagonisten würdest du den Beziehungsstatus als „schwierig“ beschreiben?
Fraglos beim Schreiben über Lady Virginia Fenwick.
Das kam ja schnell! Wieso?
Mit ihrer Angewohnheit, einfach alles und jeden, die mit ihr in Kontakt kommen, durcheinander zu bringen, war sie eine ungeheure Herausforderung. Speziell, als ich sie gegen Ende des zweiten Bandes loswerden wollte – und die Fans darauf bestanden, dass sie überlebt.
Und wieder ist es eigentlich die Beziehung zu deinen Lesern… Wobei ich zugebe, dass ich Virginia auch sehr unterhaltsam fand.
Und zum Schluss: Welche Frage möchtest du einfach nur mit einem „Ja“ beantworten?
Hältst du dich selbst eher für einen Geschichtenerzähler als einen Autor?
Das ist eine sehr, sehr schöne Frage.
Lieber Jeffrey, ich bedanke mich sehr für das wundervolle Gespräch und wünsche dir viel Erfolg für den weiteren Wettbewerb.
Hier könnt ihr Jeffrey Archer treffen:
Autorenhomepage von Jeffrey Archer
Jeffrey Archer auf Facebook
Jeffrey Archer auf Twitter: @Jeffrey_Archer
Skoutz-Lesetipp: Kain und Abel – eine historische Familiengeschichte von Jeffrey Archer
Nichts verbindet die beiden Protagonisten miteinander als ihr Geburtstag kurz vor der Jahrhundertwende. Geboren an zwei gegenüberliegenden Orten dieser Welt, in verschiedenen Klassen, führt sie das Schicksal doch in den USA zusammen und verbindet ihre Leben durch eine Tragödie miteinander, die sie durch die Jahrzehnte nicht mehr loslässt. Der Hass zwischen den beiden scheint nur im vollständigen Untergang von einem von ihnen ein Ende finden zu können. Jeffrey Archer erzählt die Lebensgeschichte dieser beiden Männer – Kain und Abel – über 3 Generationen und 60 Jahre hinweg vor dem Hintergrund von Krieg, Glück und Elend und einem nie endenden Kampf um den Sieg, den nur einer erringen kann.
Skoutz meint: Es hat Gründe, warum dieses Buch sich über 33 Millionen mal verkauft hat. Die Charaktere, so verschieden sie sind, sind plastisch nachvollziehbar, mit Stärken und Schwächen und gerade weil man in der Unausweichlichkeit der Situation selbst so schwankt, zu wem man halten soll, liest man sich fest und folgt Jeffrey Archer Seite für Seite auf einer Reise durch die Zeit und die Abgründe menschlicher Gefühle.
Zum 30-jährigen Jubiläum hat Jeffrey Archer diesen epochalen Roman überarbeitet. Das Buch ist auf Englisch als Taschenbuch erhältlich und hoffentlich auch bald als deutsche Ausgabe.
Jeffrey Archer zur Jubiläums-Ausgabe: Kain und Abel war mein Durchbruch als Autor und ist bis heute das erfolgreichste meiner Bücher. Das nahm ich zum Anlass, das Buch 30 Jahre nach seinem Erscheinen neu zu schreiben. Oder vielmehr komplett zu überarbeiten – denn das trifft das, was ich dann neun Monate lang getan habe, besser. Trotz einiger grundlegender Anpassungen ist der Plot selbst unverändert geblieben.
Link zur englischen Seite: http://jeffreyarcher.co.uk/books-and-plays/fiction/kane-and-abel/
(Neben Verkaufslinks gibt es hier auch ein Videointerview und Leseproben)
Hinweis:
Der erste Band „Spiel der Zeit“ von Jeffrey Archers im Interview mehrfach erwähnten „Clifton Chronicles“ (Clifton-Saga) wurde von B.C. Bolt in die Midlist History des Skoutz-Awards 2016 gewählt. Es handelt sich um eine 560 Seiten starke, im Juli 2015 vom Heyne Verlag veröffentlichte packende Familiensaga über die Schicksale zweier Familien, einer verborgenen Wahrheit und dem Ringen um Freundschaft und Liebe. Dieses Buch wurde von den Lesern und der restlichen Jury in die Shortlist gewählt. Das heißt „Spiel der Zeit“ tritt im September bei der Wahl zum History-Skoutz 2016 an, der dann im Oktober anlässlich der Frankfurter Buchmesse verliehen wird.
Wenn ihr mehr über dieses Buch, das wir uns natürlich genauestens angesehen haben, wissen wollt, müsst ihr hier weiterlesen.