Skoutz-Autoreninterview Veronika Carver

Zu Besuch bei Veronika Carver

Der Skoutz und ich haben heute einen Termin mit Veronika Carver. Sie hat es mit ihrem Titel „V-Sights: Die Realität ist nicht genug“ auf die Midlist Science Fiction von Janna Ruth geschafft und für uns ist das natürlich ein sehr guter Grund sie zu besuchen.

Ich freue mich immer, wenn ich neue Autoren kennen lernen darf und Veronika kenne ich bisher nicht persönlich. Auch der Skoutz-Kauz ist total neugierig auf den Mensch hinter dem Buch und wo wir dann gleich empfangen werden.

Aber dort hinten an der Ecke, da steht sie und wartet auf uns – auf ins Abenteuer!

Zu Besuch bei Veronika Carver, die sich in der Phantastik Zuhause fühlt

Hallo liebe Veronika, schöne, dass es heute mit uns geklappt hat. Wir freuen uns sehr, dass wir dich heute besuchen dürfen und mit dir ein wenig Plaudern dürfen. Unser Skoutz-Kauz ist wie immer vorwitzig und würde sich gerne vorab bei dir umschauen …

Wo sitzen wir denn, also wo willst du uns empfangen?

Wir befinden uns in meinem Wohnzimmer, da es draußen auf der Terrasse viel zu heiß ist.

Sehr gut, ich kann mich bei der Hitze auch ganz schlecht konzentrieren. Schön ist es bei dir. 

Sogar die Hunde verstecken sich unterm Bett.

Haha meiner liegt bei der Hitze immer neben meinem Bett, die kühlste Ecke in unserer Wohnung. 

Nach welchem Motto lebst du? Und wirkt sich das auch auf dein Schreiben aus?

Spread love not fear!

Kluges Motto! Und wie setzt du das um?

Ich beschäftige mich seit einigen Jahren stark mit Themen wie Diversität, Ableismus, Queerness und Mental Health und versuche sie subtil und casual in meinen Büchern einzubauen. Die Phantastik mit allen ihren Unter-Genres eignet sich hervorragend dafür.

Da hast du Recht, das kann man in einem Set, das man sich selbst zimmern kann, natürlich super einbauen und ich persönlich finde das auch echt wichtig, gerade wenn es casual erfolgt und damit die Selbstverständlichkeit, die wir uns wünschen, demonstriert, statt die Moralkeule zu schwingen. 

Was ist dein erster Gedanke, wenn ich dich frage, was du GAR NICHT magst?

Ignorante alte weiße Männer lach.

Zumindest konsequent … 😀  Aber erklär mal genauer …

Natürlich ist es viel komplexer und ich bediene mich hierbei eines Klischees (das sich leider viel zu oft bewahrheitet). Im Grunde sind es Abgehobenheit, Intoleranz und Engstirnigkeit, denen wir alle in einem gewissen Maß erliegen. Es liegt an uns, jeden Tag ein Stückchen besser zu werden – doch dafür muss man es zunächst einsehen.

Weil du gerade schon von Klischees sprichst …

Als Klischee wird man nicht geboren, sondern muss sich den Titel erarbeiten. Klischees sind so praktisch wie lästig. Wie gehst du persönlich mit ihnen um? Beim Schreiben wie im Leben?

Klischees gehören zum Leben dazu wie gleichermaßen das Gegenteil davon.

Das klingt spannend. Erklär das mal genauer, bitte!

Sie vermitteln ein Gefühl von Normalität oder Augenrollen, je nachdem wie man es in einer gewissen Situation auffasst bzw. ob man es überhaupt bemerkt.

Das ist sicherlich richtig, was unter dem einen Aspekt lustig ist, kann unter einem anderen ganz deplatziert sein. Es kommt eben immer auch auf den Kontext an. Wie gehst du dann mit all den uns umzingelnden kleinen und großen Klischees um?

Meine Frau und ich machen uns im (Arbeits-) Alltag einen Spaß daraus, sie zu benennen. Beim Schreiben versuche ich sie zu umgehen und divers zu sein, oder mich ihrer bewusst zu bedienen. Das kommt ganz aufs Projekt und die Zielgruppe an.

Das kann man ja auch nicht „über einen Kamm scheren“, was ja auch schon wieder ein Klischee wäre. Ich finde deine kritisch neutrale Einstellung jedenfalls genau richtig.

Du hast vorhin die Fantasy erwähnt und bist für ein Science Fiction Buch nominiert …

In welchen Genres schreibst du? Hast du dich bewusst dafür entschieden oder hast du nachher überlegt, wie du deine Geschichte einordnest?

Ich schreibe in allen Unter-Genres der Phantastik (auch Science Fiction), Jugendbücher, New Adult und manchmal sogar Erotik.

WOW, da bist du breit aufgestellt, finde ich gut. 

Die Phantastik ist mein Steckenpferd und wird mich immer leidenschaftlich begleiten, die anderen Genres habe ich bewusst ausprobiert. Alle haben ihre eigenen Vor- und Nachteile, sie hier aufzuzählen, würde etwas den Rahmen sprengen 😃

OK, da müsste man vermutlich einen Extratermin für vereinbaren. Aber wenn nicht grad der Award-Trubel tobt, dann sind wir für solche Betrachtungen immer offen. Das ist ja auch für andere Schreibwillige sehr spannend und passt gut in unsere Schreibschule. Wir alle wollen ja besser werden, wobei Verständnis niemals schadet. 

Besser werden! Gutes Stichwort:

Von wem kommt deine strengste Kritik? Und wie gehst du mit ihr um?

Ich bin selbst am pingeligsten.

Aha, habe ich aber schon oft gehört. Laura Gambrinus letztens erzählte, dass sie richtig aufpassen muss, um überhaupt zur Abgabe zu kommen. Wie pingelst du an deinen Skripten herum?

Ich verliere mich oft stundenlang in Recherchen, die vielleicht ein Wort im Manuskript ausmachen und die nie jemand bemerken würde.

Aber du würdest ja immer wieder drüber stolpern, oder?

Ansonsten muss ich meine Lektorin Teja Ciolczyk nennen, aber mit ihr zusammen zu arbeiten macht einfach nur Laune, weil wir uns extrem gut verstehen.

Das sind perfekte Voraussetzungen und das hört sich nach bester Teamarbeit an. Lektoren sind vielleicht nicht die Mamas eines Buchbabys, aber vielleicht die Patentanten. Wenn wir schon so metaphorisch werden, passt die nächste Frage ja auch gut: 

Ein Sprichwort sagt „Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt.“ – Wie findest Du diesen Satz?

Wer auch immer diesen Spruch gebracht hat, hatte wohl keinen Garten 😃 Das wäre sonst eine sehr schmutzige Tasche.

Kommt darauf an, ob es eine Herausnehm- oder eine Umkrempel-Tasche ist. Und wie man Schmutz definiert. Da wären wir schon wieder bei Wertung und Klischee … 🙂

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Mit welchem Buch wurde deine Liebe zu Büchern geweckt?

Gelesen habe ich viel, sobald ich lesen konnte. Das fing mit den Olchies an, glaube ich. Meine Liebe für die Phantastik verdanke ich der ‚Alanna von Trebond‘-Reihe von Tamora Pierce.

Da kenne ich auch einige von und habe sie total gerne gelesen. 

Ich habe die Bücher vor ungefähr zwanzig Jahren zum ersten Mal aus unserer Stadtbibliothek ausgeliehen und sie erstmal liegen lassen. Aber weil die Jugendbuchabteilung bei uns sehr klein war, kam ich irgendwann darauf zurück und war derart geflasht davon, dass ich mein winziges Taschengeld zusammengekratzt und mir meine ersten eigenen Bücher gekauft habe, um sie immer griffbereit zu haben.

So habe ich mir meine ersten Bücher auch selbst gekauft, irgendwann fand ich das Ausleihen nicht mehr gut genug – ich wollte sie einfach Zuhause haben. Im Schrank und immer zur Hand …

Wie sortierst du deine Buch-Regale?

Shame on me, seit ich mit meiner Frau zusammengezogen bin, herrscht reines Chaos.

Ist doch nicht schlimm, das Sortieren (irgendwann) kann ja dann auch mit vielen schönen Erinnerungen verbunden sein, meinst du nicht? Bis dahin vertreiben wir uns die Zeit mit spannenden, aktuellen Fragen:  

Die gesellschaftliche Diskussion über das, was man in der Kunst tun und lassen darf, ist zur Zeit sehr hitzig. Wie stehst du dem gegenüber und wie beeinflusst das deine eigene Arbeit?

Ich bin dafür, Dinge auszuprobieren. Ein absolutes No Go ist für mich jedoch, das auf den Schultern Einzelner oder bestimmter Gruppen zu tun, ohne eine gebührende Gegenüberstellung zu haben, bzw. ohne es zu hinterfragen.

Das ist ein sehr schöner Ansatz, der einerseits Freiheit schützt, aber andererseits eine gute und logische Richtschnur bietet. Wenn Kunst nicht kontrovers sein darf, nimmt man ihr viel, finde ich. 

Natürlich soll man auch schockieren dürfen. Ohne dabei die nötigen Fragen zu stellen, ist das für mich allerdings reine Diskriminierung.

Mit anderen Worten, ein Weckschuss ist künstlerisch okay, aber er erfordert dann auch im Nachgang eine differenzierende Auseinandersetzung mit dem, was man da alles aufgeschreckt hat. Auch das ist wieder ein schlauer Ansatz, der Freiheit und Verantwortung gut kombiniert. Das werde ich sicherlich noch ein paar Mal zitieren. 🙂

Jetzt bin ich gespannt, ob du auf die nächste Frage auch eine so hilfreiche Antwort hast:

Chat GPT und andere KI-Apps sind gerade in aller Munde. Was hältst du davon, dass KI Geschichten, ja ganze Bücher alleine verfassen kann? Sind das für dich überhaupt richtige Werke?

Aktuell sehe ich noch kein Problem, da es bisher keine ‚guten‘ KIs dafür gibt, und nutze solche Apps zu Recherchezwecken selbst sogar sehr gerne.

Das habe ich auch schon von einigen gehört, dass sie diese KIs für Recherchezwecke nutzen. Wie machst du das?

Generell stehe ich neuen Techniken offen gegenüber und bin dafür, die Chancen darin hervorzuheben. Wir entwickeln uns – besonders in den letzten Jahrzehnten – rasant weiter (und müssen das auch).

Haha, natürlich. Das bestreitet keiner. Aber viele fürchten, dass wir die falsche Richtung einschlagen. 

Eine generell ablehnende Haltung schadet dabei nicht nur einem selbst, sondern auch dem Umfeld.

Warum?

Am Beispiel der KIs sind noch viele Fehlinformationen im Umlauf.

Klar. Das geht schon damit los, was alles aktuell als KI bezeichnet wird. Aber wenn man jetzt KI im eigentlichen, sich selbst verbessernden Sinne, meint, wir würde da das Schreiben im Hybrid-Verbund, KI und Mensch, ablaufen?

So ist es zum Beispiel vor allem im Sachbuchbereich eine Möglichkeit, eine sehr rudimentäre Rohversion, ein Konstrukt, erstellen zu lassen. Ohne das eigene Know-how und die Überarbeitung und Überprüfung auf Korrektheit sind solche „Sachbücher“ natürlich potenziell gefährlich. Deshalb bin ich für eine Hinweispflicht darauf, ob und in welchem Umfang eine KI bei der Erstellung behilflich war.

Ja, ich finde auch, dass dieser Hinweis enthalten sein sollte. Ich habe mir letztens den Wirsing-Test angesehen, bei dem in einem Forschungsprojekt die KI mit Texten und dem Wort Wirsing gefüttert wurde, und teils wirklich erschütternd glaubwürdige, aber trotzdem völlig falsche Texte herauskamen. „Gretel Wirsing war eine Muse von Goethe …“ Wer nachlesen will, kann das hier* tun. Das belegt genau die von dir skizzierten Gefahren. Aber du willst ja auch positiv eingestellt sein …

Grundsätzlich kann KI richtig angewendet unheimlich zeitsparend sein. Man spricht bei einem Verhältnis von 30/70 von einem gesunden Verhältnis zwischen KI-generiertem Text (30%) und eigenem Wissen und Überarbeitung (70%). Gehen wir auf Romane ein, sieht es meiner Meinung etwas anders und doch ähnlich aus.

Wirklich? Bei Romanen bin ich eher skeptisch. 

KIs können einfach schneller recherchieren und Marktforschung betreiben als beispielsweise einzelne Personen. Die meisten Romane basieren auf einem bestimmten Plot-System. Warum sich das also nicht zunutze machen? Welches Genre, welche Tropes und Klischees verkaufen sich denn aktuell besonders gut? Wie entwickelt sich der amerikanische Markt, der zeitverzögert auch den deutschen Markt beeinflusst?

Oh, OK. Aus dem Blickwinkel habe ich das noch gar nicht gesehen. Das ist aber eigentliche keine KI, sondern normale Texterkennung, die nur heute schneller mehr Daten auswertet und dann sagt: Paranormal Cosy Crime mit Albino-Vampiren ist der neue heiße Scheiß.   

Ich möchte damit nicht sagen, dass KIs ganze Romane schreiben sollen, sondern dass sie als Hilfsmittel beim Brainstorming und Plotten nützlich sein können. Solange KIs auf urheberrechtlich geschützte Texte zurückgreifen, um zum Beispiel eigene Stile zu kreieren, dieses Vorgehen aber straffrei ist und man sich berechtigt die Frage nach dem Copyright stellen darf, sollten wir dringend die Finger davon lassen.

Die rechtliche Frage ist komplett offen und wir sprechen da in der Redaktion auch mit Rechtskundigen, die zwar gut die Probleme herausarbeiten, aber noch nicht wirklich praktikabel lösen können. Gerade die Verantwortung zwischen Programmierung, Upload von z.B. zu analysierenden und dann weiterverwerteten Texten, und Anwender in Bezug auf urheberrechtlich geschützte Teile des KI-generierten Werks, ist aktuell ungeklärt. Ganz unabhängig von der Frage, ob man wirklich solche auf einen möglichst breiten Markt optimierte Bücher schreiben mag. 

Bestimmt! Mir persönlich würde ja der Spaß an der Sache verloren gehen, denn meine Schreibmotivation hängt nicht an Verkaufszahlen.

Ja, ich denke, das ist bei der Kunst und der Leidenschaft für Geschichten nicht das Wichtigste. In den Interviews hören wir oft, dass die Sprache, die Feinheiten wie Wortspiele oder auch die Inhalte, die unausgesprochen mitschwingen – etwa deine bewusst Klischee vermeidenden Themen von vorhin – schwer von KI zu erfassen sein dürften. Selbst lernend ist das eine. Wirklich kreativ das andere… 

Ach, wie die Zeit vergeht! Wir waren sehr gerne bei dir und würden auch gerne mal wieder kommen. Daher wollen wir zum Schluss noch eines wissen:

Welche Frage sollen wir dir nächstes Jahr im Interview stellen?

Ob sich meine Meinung zu KIs geändert hat 😃

Alles klar, ist notiert 😀 Und neben diesem Genre-Kurs würden wir das Gespräch sehr gern fortsetzen!
Liebe Veronika, für heute sind fertig mit unseren Interview. Wir bedanken uns ganz herzlich bei dir, für deine Zeit und deine ausführlichen Antworten. Wir haben uns hier total wohl gefühlt und kommen sehr gerne wieder. Vielleicht für das Siegerinterview? Wir drücken dir und deinem Buch Daumen und Flügel! 

 

Hier gibt es mehr über Veronika Carver:

 

Skoutz Lesetipp:

Wyvern: Das Streben des Jägers von Veronika Serwotka

Fantasy»Du hast sicherlich schon von den Reitern gehört?«
»Gerüchte, ja. Blutreiter vom Roten Gebirge. Menschen, die ihre Seelen der Wilden Jagd verkauft haben, derer sie nun dienen. Schauermärchen.«
»Ganz und gar nicht. Wie so oft versteckt sich die Wahrheit in einer Hülle aus Hirngespinsten und Legenden.«

Der unehrenhafte Tod Jergan van Cohens liegt lange zurück. Sein Zögern, einen Blutreiter zu töten, wurde ihm im Kampf gegen dessen Wyvern zum Verhängnis. Tarik verschreibt sein Leben dem Ziel, den Namen seines Vaters reinzuwaschen. Als Jäger will er sich und seinen zehnjährigen Bruder Quirin aus den Armenvierteln Canthars herausbringen doch obwohl er zu den besten Schülern der Akademie gehört, will ihm die Kommission die Zulassung zur letzten Prüfung erneut verweigern. Sein Mentor Khaled setzt sich für ihn ein, doch da verstößt Quirin gegen eines der strengsten Gesetze der Stadt. Er versteckt das Ei eines Wyvern in einer Grotte. Und die geflügelte Echse schlüpft.

Skoutz meintEin gelungener Auftakt einer sehr schönen High Fantasy-Saga, die mit einer spannend entworfenen Welt, authentischen Charakteren, viel Genre-typischen und einigen Überraschungen aufwartet. Ein Buch das man gut wegsuchten kann, obwohl man mehr davon hätte, wenn man sich Zeit dabei lässt. Auf jeden Fall, aber sollte man es lesen. (kn)

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Hinweis:

Viktoria Caver steht mit ihrem Titel „V-Sights: Die Realität ist nicht genug“ auf der Midlist Science Fiction von Janna Ruth. Die in der nahen Zukunft angesiedelte Dystopie punktet mit klugen Beobachtungen und gewagten Theorien, wie sich unsere Gesellschaft weiterentwickelt. Damit hat sie natürlich die Chance auf den Award im Bereich Science Fiction.

Wir haben das Buch gelesen und euch hier auch schon vorgestellt.

 

 

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