zu Besuch bei Ralf Kor
Im schönen Münster treffen Skoutz-Kauz und ich heute auf Ralf Kor. Ich bin schon sehr gespannt, was wir alles bei dem Horror-Autoren erleben werden. Seine Vita liest sich zumindest schon mal sehr interessant, wirft aber auch einige Fragen auf. Bei meiner Recherche habe ich zum Beispiel herausgefunden, dass er wohl eine schwere Erkrankung des Scheitellappens hatte, die ihn dazu verdammt, die Fantasien und Geschichten, die sein Gehirn zusammenspinnt, auf Papier zu bannen, ehe sie seinen Verstand langsam und qualvoll auffressen. Ja, genauso habe ich auch erst einmal geschaut, aber kann man jemanden direkt auf so ein schlimmes Leiden ansprechen? Nein, Spaß, natürlich werde ich ihm all meine Fragen stellen und ich bin schon sehr gespannt, was ich noch so für interessante Details aus ihm hervorlocken kann …
zu Besuch bei Ralf Kor, der B-Movies, Comics, und Stephen-King-Bücher verschlingt …
So, lieber Ralf Kor, dann legen wir mal los …
Wie würdest du dich in einem Wort beschreiben?
Ehrgeizig
Beruf oder Berufung – was macht dir an deinem Job als Autor am meisten Spaß?
Definitiv Berufung.
Die Antwort kam schnell …
Müsste ich meinen Lebensunterhalt damit bestreiten, wäre ich längst verhungert. Also muss es wohl Spaß machen.
Okay, das verstehe ich. Ich glaube, die wenigsten Autoren können von ihrer Passion leben. Aber du sagtest ja, es bereitet dir Freude. Was macht dir am meisten Spaß?
Das größte Vergnügen bereitet mir, die Story zu entwickeln. Auch wenn ich häufig fluche, weil es irgendwo hakt. Wenn die Story endlich rund ist, kann ich es immer kaum erwarten, sie mit Worten zu füllen.
Wie ist dein Verhältnis zu den Figuren?
Ich kreiere gerne etwas abgedrehte, manchmal klischeehafte Figuren, die wiederum mit ihrem Klischee brechen.
Du hast also ein Händchen für die außergewöhnlichen, aber interessanten Figuren. Das freut deine Leser sicher sehr.
Schlussendlich, und das ist die Sahne mit der roten Kirsche obendrauf, sind es die Meinungen der Leser über meine Geschichten, die zählen. Man schreibt ja nicht nur für sich, sondern zur Unterhaltung. Wenn es dann gut ankommt, macht mich das wirklich glücklich.
Wann hast du dein erstes Buch veröffentlicht?
Cannibal Love ist mein erstes Buch, also der 11. Dezember 2019.
Und damit bist du direkt auf der Midlist gelandet. Respekt! Wie lange hast du für dein Debüt gebraucht?
Brutto habe ich ein knappes Jahr daran geschrieben, netto eher acht Monate.
Das ist eine Differenz von fast 4 Monaten. Wie kam die zustande?
Ich kam auf die irrsinnige Idee zwei Bücher parallel zu schreiben. Erschwerend kam hinzu, dass ich den dritten Akt drei Mal umgeschrieben habe. Zwischendurch hätte ich das Manuskript am liebsten verbrannt. Zum Glück habe ich es dann doch nicht getan.
Wie läuft ein typischer Tag als Autor bei dir ab? Immer gleiche Routine oder musst du immer wieder improvisieren?
Sowohl als auch.
Was heißt das genau?
Ich arbeite in Vollzeit, habe zwei Kinder, eine Frau und noch eine Band. Trotzdem versuche ich, jeden Tag zu schreiben.
Bei den vielen Verpflichtungen sicher gar nicht so einfach. Wann findest du am ehesten Zeit, dich kreativ auszutoben?
Meist, wenn die Kinder im Bett, und der Haushalt erledigt ist. Selbst wenn es nur für eine Stunde ist, aber besser eine Stunde produktiv geschrieben, als eine Stunde vergeudet zu haben.
Absolut. Man kommt zwar langsamer voran, aber immerhin kommt man voran.
Am Wochenende versuche ich dann auch tagsüber zu schreiben, oder Abends, wenn ich Ruhe habe. Ich improvisiere quasi in meiner Zeit, aber mit Routine.
Das Jahr 2020 stellt uns alle vor neue Herausforderungen. Wie sehr beeinflusst Corona deinen Schreiballtag?
Ich habe irgendwo gelesen, dass jetzt die beste Zeit ist, ein Buch zu schreiben.
Trifft das auch auf dich zu?
Das mag für andere passen, aber für mich bedeutet es noch mehr Stress, da ich noch mehr damit beschäftigt bin, Beruf und Privatleben unter einen Hut zu bekommen. Auch die weggefallene LBM und die fehlenden Lesungen sind ein herber Schlag.
Ja, das kann ich mir vorstellen. Ich bin gespannt, wie das alles weitergeht …
Kreativ oder doch eher regeltreu? Wie flexibel bist du beim Schreiben?
Ich bin ein Plotter.
Also eher strukturiert …
Ich brauche einen Fahrplan, da ich Sorge habe, mich zu verfransen. Wenn ich dann schreibe, passiert es nicht selten, dass sich die Story, oder die Charaktere in eine andere Richtung entwickeln, weil ich merke, dass es so besser ist.
Eine gewisse Flexibilität und Kreativität bleibt trotz Struktur somit erhalten.
Genau. Plotten bedeutet zwar viel Arbeit, aber es hat den Vorteil, dass man seltener eine Schreibblockade entwickelt, da man ja immer weiß, was als nächstes kommt. Gerade weil ich wenig Zeit zum Schreiben habe, möchte ich solche Situationen möglichst vermeiden.
Welches war dein erstes selbstgelesenes Buch? Und hast du es heute noch?
Das war das Gespensterschloss der Drei Fragezeichen.
Eine tolle Geschichte. Hast du sie noch im Regal stehen?
Leider habe ich es in meinem jugendlichen Leichtsinn wieder verkauft. Aber ich habe ja noch die Kassette.
Das gilt auch. 🙂
Stell dir vor, du könntest eine beliebige Figur aus einem Buch zum Essen treffen. Was würde passieren?
Das ist wirklich eine schwierige Frage.
Inwiefern?
Die meisten würden mich umbringen wollen, da ich viel Horror lese. Gilt auch der Protagonist des eigenen Buches?
Klar. Ist doch auch eine Buchfigur …
Dann wäre es Benny. Er ist ein witziger Kerl und hat das Herz am rechten Fleck.
Eine gute Wahl, wie mir scheint. Worüber würdet ihr euch unterhalten?
Ich würde mit ihm über Musik und Kochrezepte plaudern.
Klingt entspannt. Aber jetzt bin ich doch neugierig. Weiten wir die Frage ein wenig aus. Wenn du mit jemandem reden könntest, ohne ihn treffen zu müssen …
Dann würde ich den unbekannten Ich-Erzähler aus Fight Club von Chuck Palahniuk gerne nach seinem richtigen Namen fragen.
Und uns verraten?
Auf welche Frage hattest du in letzter Zeit keine Antwort und hast du sie finden können?
Ich frage mich derzeit, was mit den Menschen falsch läuft.
Kannst du mir das ein wenig näher ausführen?
Verschwörungstheorien, Rechte, Linke und Bürger gemeinsam auf Demos und vegane Köche, die in den Untergrund gehen wollen. Es ist unerträglich, dass so ein „bisschen“ Krise – im Verhältnis zu anderen Dingen auf der Welt – so viel Schlechtes heraufbeschwört. Ich hatte ein wenig die Hoffnung, dass mehr Solidarität, oder ein neues Verhältnis zur Umwelt entsteht. Stattdessen sehe ich noch mehr Egoismus.
Und? Hast du darauf schon eine Antwort finden können?
Nein, und die, die mir einfallen, sprechen nicht gerade für die Menschheit.
*seufz*
Aber: Think positive!
Wie oft schaust du täglich auf dein Handy?
Häufiger als nötig! Leider.
Das ist immer relativ. Was heißt das in deinem Fall genau?
Mal ein Blick in Facebook. Kurz schauen, wo mein Buch bei Amazon steht usw. usf.
Das summiert sich irgendwann …
Ja, das Handy ist ein echter Zeitfresser und ich schalte es extra stumm und lege es in einen anderen Raum, wenn ich schreibe, oder mit meinen Kindern spiele.
Was darf in deinem Kühlschrank niemals fehlen?
Tomaten-Basilikum Aufstrich.
Da musstest du nicht lange nachdenken 🙂
Ich bin total süchtig nach dem Zeug. Ein kühles Bier ist aber auch ein gern gesehener Insasse.
Klingt eher nach Kurzzeit-Aufenthalten.
Für welche drei Dinge in deinem Leben bist du am dankbarsten?
Meine Kinder. Sie sind zwei echte Sonnenscheine. Meine Frau, die mich aus dem Ruhrpott in die lebenswerteste Stadt, nach Münster, gelotst hat, und meine Fantasie.
Fantasie ist ein gutes Stichwort … Lass uns mal ein wenig fantasieren …
Zeitreisen … Bei welchem historischen Ereignis wärst du gern dabei gewesen und warum?
Als Musikliebhaber wäre ich gerne 1969 in Woodstock gewesen.
Warum ausgerechnet dorthin?
Da haben schon ziemlich geile Bands gespielt. Ich glaube, das Festival hatte tierisch viel Energie.
Über welches Thema könntest du eine 30-minütige Präsentation halten, ohne jede Vorbereitung?
Entweder über Musik oder Bücher. Beides konsumiere ich im Übermaß und habe zu allem eine Meinung. Ich frage mich nur, wer die wissen will.
Ich würde dir schon zuhören, nur habe ich noch ein paar Fragen, die ich dir gerne stellen würde 🙂 Diese zum Beispiel …
Was würdest du rückwirkend ändern, wenn du die Möglichkeit dazu hättest?
Ich hätte gerne viel früher angefangen zu Schreiben.
Was hat dich gehindert?
Lange Zeit hatte ich nicht den Mut dazu, habe andere Dinge vorgeschoben, um bloß nicht anzufangen. Dafür schreibe ich derzeit, als wollte ich die verlorene Zeit aufholen.
Was wünschst du dir für die Zukunft?
Gesundheit und immer genug Energie und Fantasie, um meine Ideen umzusetzen.
Das wünschen wir dir auch! Vielen Dank, lieber Ralf Kor, dass du dir die Zeit genommen hast, mich und den Skoutz-Kauz zu treffen und all unsere Fragen zu beantworten. Es war wirklich tolles Gespräch und ich hoffe, wir haben mal wieder das Vergnügen. Deinem Debütroman wünsche ich für den weiteren Wettbewerb viel Erfolg.
Mehr von Ralf Kor und seiner Arbeit bekommt ihr auf:
Skoutz-Lesetipp:
Macimanto – okkulter Horror von Ralf Kor
In den tiefen Wäldern Minnesotas lebt etwas Uraltes. Etwas Böses. Und es ist hungrig.
Du spürst seinen kalten Atem im Nacken, wenn der Wald die Luft anhält. Die Stämme der Cree nennen es Macimanito – Böser Geist. Manche denken, es sei der legendäre Bigfoot. Doch was ist tatsächlich für das Verschwinden zahlreicher Camper verantwortlich?
Skoutz meint: Ralf Kor versteht sich darauf, mit Urängsten zu spielen. Das Setting, die Figuren und die Handlung sind so gut auf einander abgestimmt, dass man von einem Gänsehautmoment zum nächsten getrieben wird. Dabei baut er immer wieder kleine humorvolle Sequenzen ein, die aber die Grundstimmung des Buches nicht verändern.
Dieser Roman ist definitiv nichts für schwache Nerven, wer sich aber traut, dem Geheimnis auf die Spur zu gehen, wird begeistert sein.
Hinweis:
Horror-Spezialistin Mari März, hat sich unerschrocken den gut 200 Vorschlägen der Longlist Horror gestellt und aus den dunkelsten Ecken des Buchregals die 10 schrecklichsten, abgründigsten, furchterregendsten, düstersten und grausamsten Geschichten des letzten Jahres für den Horror -Skoutz herausgeholt, um sie in die Midlist Horror 2020 zu packen.
Mit Cannibal Love kommt eine tieftiefschwarze Groteske ins Rennen. Dem im Dezember 2019 im bekannten Redrum-Verlag erschienenen Buch von Ralf Kor attestieren wir beste Chancen im Rennen um den Horror-Skoutz.
Mehr Informationen zum Roman bekommt ihr wie immer in der ausführlichen Buchvorstellung. (Weiterlesen)