Skoutz-Autoreninterview Odine Raven

Zu Besuch bei Odine Raven

Heute sind wir unterwegs um uns mit der Autorin Odine Raven zu treffen. Sie wurde von Michael Siefener mit ihrem Titel Dornröschen spinnt!auf die Midlist Fantasy gewählt. Der Titel ist eine humorvolle Märchenadaption und hat unseren Juror sofort begeistert.

Wir haben Odine zwar schon ein paar Mal auf der Messe getroffen, aber noch nie persönlich besucht und freuen uns schon darauf, das jetzt nachzuholen. Wir sind gespannt, wo sie uns empfängt und was sie zu unseren Fragen zu sagen hat. *Schaut sich suchend um* – Ah, Skoutzo schau mal, hier sind wir richtig.

Zu Besuch bei Odine Raven, die keine Zwiebeln mag

Hallo, liebe Odine, schön, dass wir dich heute besuchen dürfen und du unsere Fragen beantworten möchtest. Wir freuen uns schon sehr darauf, mit dir zu Plaudern. Schau, unser Skoutzi ist notorisch neugierig und schaut sich gerade schon mal ungefragt bei dir um …

Wo sitzen wir denn, also wo willst du uns empfangen?

Wir sitzen auf dem Sonnendeck im Garten hinter der alten Tabakscheune. Da haben wir eine gemütliche Sitzecke direkt unterm Hollerbaum (Holunder), der gerade wunderbar geblüht hat.

Das ist so wunderschön hier, ich könnte einfach nur hier rumsitzen um mich umzuschauen. Was gluckt denn da so? 

Links von uns gackern die Hühner am Zaun ihres Auslaufs und hoffen, dass sie was von der Schokoladensahnetorte abbekommen.

Schokoladensahnetorte … WOW, das ist fein 😀 Hab ich erwähnt, dass ich Torte total liebe? 

Nach welchem Motto lebst du? Und wirkt sich das auch auf dein Schreiben aus?

„Don’t Panic“ – erstens kommt alles anders, und zweitens als man denkt.

Da ist was dran!

Oder auch: „Volentes ducunt fata, nolentes trahunt“ – die Willigen führt das Schicksal, die Unwilligen zerrt es.

Hm … das Vertrauen fehlt mir. Ich fürchte eher, vor Schadenfreude ist auch das Schicksal nicht gefeit. 🙂  Wirkt sich das Motto dann auch auf deine Autorentätigkeit aus, und wenn ja, wie?

Deshalb schreibe ich! Die Geschichten sind in meinem Kopf und müssen da raus, Widerstand zwecklos.

Das klingt schon fast etwas fremdgesteuert. Aber ich habe mal gehört, das sei das Zeichen des Genies, das sich immer irgendwie seinen Weg bahnt. 

Was ist dein erster Gedanke, wenn ich dich frage, was du GAR NICHT magst?

Zwiebeln. Schüttel …

😀 Oha, das kam schnell! Aber hier unterm Hollerbaum sind wir ja weit von allen Zwiebeln weg. Lass uns schnell weitermachen. 

Als Klischee wird man nicht geboren, sondern muss sich den Titel erarbeiten. Klischees sind so praktisch wie lästig. Wie gehst du persönlich mit ihnen um? Beim Schreiben wie im Leben?

In Rezensionen meiner Bücher lese ich immer wieder sowas wie „spielt mit Klischees“ – ich finde, man darf das ruhig tun, damit das Klischee überhaupt sichtbar wird und wir uns fragen können, woher es stammt, wie wir dazu stehen, was wir dagegenhalten wollen. Und dann ist es ja auch überaus amüsant.

Genau, da triffst du es auf den Punkt. Klischees sind – Florian Scheibe hat das schön erläutert – sehr praktisch im Alltag, weil sie eben auch schnell eine erste Einschätzung erlauben. Aber wie du sagst, man darf sie nicht unbeaufsichtigt lassen und muss sie immer wieder überprüfen, nachjustieren oder eben, wenn sie sich überlebt haben, über Bord werfen. Du hast jetzt schon gesagt, dass du das auch beim Schreiben tust. Da sind die Klischees und Lesererwartungen ja sehr vom Genre abhängig … 

In welchen Genres schreibst du? Hast du dich bewusst dafür entschieden oder hast du nachher überlegt, wie du deine Geschichte einordnest?

Romantic Urban Fantasy. Das Einordnen war echt schwierig, bis ich auf diese Bezeichnung gestoßen bin, aber das war im Nachhinein schon immer mein Zuhause – fantastische Wesen in unserer unmittelbaren Nachbarschaft, was kann es Spannenderes geben?

Wunderbar! Ein ganz toller Genre-Mix, der genug von allem hat, finde ich. Ich kann in diese Mischung aus Vertraut und Fantastisch immer gut eintauchen und dabei für eine Weile meinen Alltag vergessen. Aber verkürzt sprechen da viele auch von Romantasy und das oft mit gerümpfter Nase, oder?

Man wird da natürlich gerne mal – gelegentlich sogar mitleidig – in die Ecke „Vampirromane“ abgestellt. Stimmt ja irgendwie auch, und da fühle ich mich auch sauwohl. Kann mich jeder gerne dort besuchen, aber Vorsicht! Suchtgefahr!

Absolut. Vampirifiziert wurde ich schon vor langer Zeit! Guter Konter! Aber du bist doch jetzt eigentlich mit einem Märchen nominiert. 

Märchenadaptionen haben es mir auch sehr angetan. Märchenfiguren sind ebenso wie Vampire letztlich Projektionsflächen unserer ureigensten menschlichen Sehnsüchte und Ängste.

Märchen, würde ich sagen, filtern und kanalisieren diese ja seit Menschengedenken. Ich meine, vermutlich waren schon die allerallersten Geschichten, die man sich im Neandertal über die Jagdabenteuer des Tages erzählte, mit fantastischen Elementen durchzogen, um unseren sonst nicht greifbaren Emotionen ein Gesicht zu geben. Und bis in unsere heutige technokratische Welt haben sie nichts von ihrer Macht eingebüßt. Oh, man merkt vermutlich: Märchenadaptionen gehören zu meinen Lieblingsgeschichten. 

Von wem kommt deine strengste Kritik? Und wie gehst du mit ihr um?

Von meiner Testleserin Susanne von Sannebooks. Sie liest wahnsinnig viel und querbeet und kennt sich deshalb richtig gut aus. Wenn sie sagt das geht so nicht, dann geht das so auch nicht.

Das ist schön, wenn du jemanden hast, auf den du dich so verlassen kannst. Das ist für dich bestimmt auch ein gutes Gefühl. Oder auch nicht? Wir haben schon gehört, dass es für Autoren manchmal gar nicht leicht ist, die Kritik auch zuzulassen. 

Ich bin ihr unendlich dankbar, dass sie mich klipp und klar darauf hinweist. Sie mag meine Geschichten trotzdem und möchte ja auch nur, dass sie so gut wie möglich erzählt werden, da vertraue ich ihr auch voll und ganz. Und Lob bekomme ich ja auch mal zwischendurch.

Das gehört ja auch dazu! Mit Zuckerbrot und Peitsche zur perfekten Geschichte. 🙂

Ein Sprichwort sagt „Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt.“ – Wie findest Du diesen Satz?

Hmmm … ein Garten, in dem die Fantasie blüht und aus einer Idee eine Geschichte wächst – das ist doch ein treffender Vergleich.

Uns gefällt dieses Sprichwort auch sehr gut, die Vorstellung ist einfach schön. 

Macht aber auch eine Menge Arbeit, so ein Garten, bis er den Betrachter erfreuen kann, schaut euch nur hier um, und ist nie fertig.

Ja, natürlich. Und wenn man dann doch fertig ist, muss man am Anfang wieder anfangen, das kenne ich wohl. Aber so ist es ja auch mit Büchern, nicht wahr? Schreiben, überarbeiten, nochmal überarbeiten, Marketing, neue Ideen, Fortsetzungen … Das ist auch ein ewiger Kreislauf, so wie im Garten. Aber lass uns beim Lesen bleiben …

Mit welchem Buch wurde deine Liebe zu Büchern geweckt?

Grimms Märchen! Keine Kinderbuchausgabe, sondern die echten gesammelten Werke. Wow! Was für eine fantastische Welt zum Hineinträumen, notfalls mit Taschenlampe unter der Bettdecke.

WOW – wir hatten so ein Märchenbuch Zuhause und abends bekam ich immer ein wenig daraus vorgelesen. Das war so schön. Und immer wenn ich heute ein Grimms Märchenbuch sehe, denke ich automatisch an die Kindheit zurück. Wir haben den Hausmärchen sogar einen Artikel in unserer Skoutz-Classics-Abteilung gegönnt (Weiterlesen).

Wie sortierst du deine Buch-Regale? Schmückst du sie auch, wenn du so fantasievoll bist?

Oh, für Deko und so hab ich keinen Ehrgeiz mehr, fürchte ich.

Dann nicht. Oft ist es auch eine Platzfrage. 🙂 Wie behältst du dann die Übersicht?

Meine Bücher sind nach Sachgebieten und Genres geordnet, vielleicht noch nach Sprache und ehrlich gesagt nach der Höhe der Regalböden von Hemnes. Das wollt ihr nicht sehen …

Nein? Warum nicht? Nötigenfalls zeige ich dir auch ein Bild von meinen Regalen, da magst du auch nicht sehen, wie ich da (nicht)sortiert habe … Aber wenn wir hier schon bei Geständnissen und Unaussprechlichem sind …

Die gesellschaftliche Diskussion über das, was man in der Kunst tun und lassen darf, ist zur Zeit sehr hitzig. Wie stehst du dem gegenüber und wie beeinflusst das deine eigene Arbeit?

Ich finde die Diskussion interessant, leider geht das Zuhören momentan, glaub ich, leider ein wenig unter.

Oh ja! Und nicht nur bei diesem Thema. Jeder brüllt seine Meinung in den Äther und interessiert sich gar nicht dafür, was der andere eigentlich zu sagen. Das sollte besser gehen.

Deshalb versuche ich, erstmal die verschiedenen Sichtweisen kennenzulernen, bevor ich selbst Position beziehe.

Und beziehst du Position, beim Schreiben, meine ich?

Ob das meine Arbeit beeinflusst, kann ich gar nicht sagen. Ich will mit meinen Geschichten unterhalten, nicht erziehen.

Das schließt sich ja nicht aus. Im Gegenteil, ich finde so eine in einen Scherz oder eine spannende Geschichte verpackte Wahrheit, die sich leise durch die Hintertür in unser Bewusstsein schleicht, viel nachdrücklicher und wirkungsvoller als die vor Betroffenheit triefenden Geschichten, bei denen ich mich schlecht, belehrt oder beides fühle. Was du da zeigen kannst, hängt natürlich auch von der Story ab.

Genau. Dass ein 900 Jahre alter Vampir da vielleicht andere Ansichten hat über gesellschafliche Strömungen als eine studierte junge Frau unserer Gegenwart, halte ich für glaubwürdiger als jede versteckte politische Stellungnahme.

Das ist logisch, und allein dadurch zeigst du ja auch schon wieder, dass vieles heute Selbstverständliche nicht selbstverständlich war und morgen auch schon wieder nicht mehr selbstverständlich sein muss. Das ist aber eher mittelbar. 

Auf die Stimmen meiner Figuren hat die Diskussion also eher keinen Einfluss. Das „Dornröschen“ ist allerdings unter anderem deshalb entstanden, weil ich herausfinden wollte, ob und wie man den bekannten Fluch abwenden könnte, und siehe da, Prinzessin Ellis kann sich wohl behaupten und kontert erfolgreich, wenn man sie in eine traditionelle Rolle zwängen will. Das darf und soll Kunst, oder?

Ja, das IST Kunst, würde ich sogar sagen. Und es zeigt mir noch was: Ich glaube, man kann gar keine Geschichte erzählen, wenn man gar keine Botschaft reinpackt. Dein Dornröschen sagt mir jedenfalls deutlich, dass man Dinge nehmen muss, wie sie kommen, aber keinesfalls so lassen sollte.

Kommen wir zu einem anderen Thema, einem das wie ein Märchen spannend ist, lichte und dunkle Aspekte hat und mit unseren Ängsten und Sehnsüchten spielt: 

Chat GPT und andere KI-Apps sind gerade in aller Munde. Was hältst du davon, dass KI Geschichten, ja ganze Bücher alleine verfassen kann? Sind das für dich überhaupt richtige Werke?

ChatGPT ist faszinierend.

Tatsächlich? Ich habe mich in der letzten Zeit sehr damit beschäftigt, für mich ist das nicht immer schlüssig. Bei mir pendelt die Faszination zwischen Neugier und Grauen … Bei dir klingt die Faszination eher positivé: 

Ja. Aber man muss das Ergebnis immer hinterfragen. Kommt auch echt viel Quark dabei raus – wie der Herr, so’s Gescherr, fällt mir dazu ein.

Jepp, das stimmt. Und noch ein schönes Sprichwort. Du meinst, weil die KI selbst nichts schafft, sondern nur neu kombiniert?

Die KI kann ja nur zusammenwürfeln, was sie bei uns gesehen hat.
Als Lehrerin stellen sich mir die Nackenhaare auf, als Fantasyautorin läuft das Kopfkino …

OK, ja das kann ich gut verstehen! Da tanzen dann zwei Teufelchen bei dir im Kopf, denke ich mir. Bei unserer Juristin in der Redaktion sieht man auch eher entschlossene Verteidigungsbereitschaft. So faszinierend die Möglichkeiten sind, die Spielregeln, mit denen wir uns dieser bedienen sollten, werden uns noch viel Arbeit kosten. Odine, wie mir schon in der Redaktion versichert wurde, war es sehr spannend bei dir und mit dir. Bevor ich jetzt endgültig über die Schokosahne herfalle, haben wir aber noch eine klitzekleine Frage an dich:

Welche Frage sollen wir dir nächstes Jahr im Interview stellen?

Vor einem Jahr hätte ich gesagt „Wie würdest du dich mit einem Buch auf der Skoutz Midlist fühlen?“

Aha, und im nächsten Jahr?

Nächstes Jahr … vielleicht in Richtung „Was hat das mit dir als Autorin gemacht?“ und vor allem, „Welche Geschichte erzählst du uns als nächstes?“

Spannend, habe ich mir beide auch schon notiert. Tatsächlich wäre das mal ganz spannend, was so ein Award mit einem Autor macht … 🙂

Liebe Odine, leider ist unser Interview schon zu Ende, Schade. Wir haben uns hier sehr wohlgefühlt und wie du gesehen hast, der Skoutz hat sich hier im Hollerbusch schon eingelebt. Ich möchte mich ganz herzlich für deine Zeit bedanken und dass du uns empfangen hast. Für den weiteren Wettbewerb wünschen wir dir viel Erfolg. 

Hier gibt es mehr über Odine Raven:

Skoutz Lesetipp:

Das Geheimnis des Monsieur Arnaud – Phantastische Mystery von Odine Raven 

Als die junge Colette das Haus in der Rue de Belfort betritt, sieht alles nach einem ganz normalen Auftrag für ihren Pflegedienst aus.
Unter ihrer Fürsorge erwacht der schrullige Monsieur Arnaud zu neuem Leben.
Die Erinnerung an Fleur, Arnauds Geliebte, die vor vielen Jahren den Freitod wählte, wirft jedoch immer unheimlichere Schatten auf Colettes Welt.
Gleichzeitig häufen sich nachts in der Stadt die mysteriösen Vorfälle.

Skoutz meint: Ein interessanter, märchenhafter Ansatz über das, was uns Altern lässt. Odine Raven erzählt von Monsieur Arnauds Geheimnis in einem gekonnten Mix aus Liebesgeschichte und Krimi und lässt trotz einer eher ruhigen Erzählweise keine Langeweile aufkommen. Die fantastischen Elemente der Geschichte folgen ihrer eigenen Logik und sorgen so für Überraschungen, die das Buch zu etwas Besonderem machen, das ich gerne weiterempfehle (kn).

Und wenn ihr jetzt neugierig geworden seid, schaut euch das Buch doch genauer an. Hier über unseren Amazon-Affiliate-Link*

 

Hinweis:

Odinve Raven steht mit ihrem Titel Dornröschen spinnt!auf der Midlist Fantasy von Michael Siefener.  Ihr mit viel Gefühl und Herz geschriebenes emanzipiertes Märchen hat damit natürlich die Chance auf den Award im Bereich Fantasy.

Wir haben das Buch gelesen und euch hier auch schon vorgestellt.

 

 

 

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