zu Besuch bei: Michael Robotham

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Heute darf ich euch eines der Interviews vorstellen, die mich persönlich an mehr als einer Stelle überrascht haben. Das Gespräch mit dem in Australien lebenden Weltbestseller-Autor Michael Robotham hat mir erstaunliche Einsichten in den Beruf des Schreibers und die damit einhergehende Verantwortung, aber auch in den respektvollen Umgang mit Büchern in meiner Eigenschaft als Leser gebracht.

Doch lest am Besten selbst.

 

Zu Besuch bei Michael Robotham, der nach Geschichten süchtig ist.

Michael Robotham PortraitWas ist dein „Sprit“, was inspiriert dich zu schreiben?

Mich inspiriert die Kraft des geschriebenen Wortes und wie eine Geschichte Wahrheiten zu Tage bringen kann. Wenn ich die Herzen von Menschen aus fernen Ländern, fremden Kulturen oder auch anderen Zeiten erreichen kann …

Ja, mich fasziniert auch seit ich lesen kann, wie Literatur tatsächlich die einfachste Form der Zeitreise ist. Oder auch ein ungemein verbindendes Element hat, weil man durch die Beschäftigung mit den Geschichten anderer Menschen (nicht nur ihrer Geschichte, sondern denen, die sie sich erzählen) so unendlich viel von und übereinander lernen könnte.

 

Was würdest du tun, wenn du nicht  mehr schreiben könntest?

Für mich ist schreiben wie atmen. Es ist kein Beruf, es ist eine Sucht. Wenn ich nicht schreiben könnte, würde ich andere Wege finden, um meine Geschichten zu erzählen. Ich würde Bilder malen oder fotografieren. Und sollte Schreiben jemals illegal werden, würdet ihr mich in meinem Kellerversteck finden, wo ich meine Geschichten im Kerzenlicht aufschreiben würde, während die Militärs durch die Straßen patrouillieren.

Das Szenario, dass Schreiben illegal sein könnte, haben wir in dieser Interviewreihe noch gar nicht besprochen. Erstaunlich gerade, wenn man unsere Zeit betrachtet, in der wir uns immer mehr Gedankenkontrolle ausgesetzt sehen und in der demokratische Regierungen die Meinungsfreiheit, die ja immer auch eine „Geschichtenfreiheit“ betrifft, einschränken.

 

Gab es Gelegenheiten, bei denen du das Schreiben aufgeben wolltest?

Schreiben muss als ein leidenschaftliches Hobby oder Zeitvertreit beginner. Wenn man sich vorstellt, dass es einen reich oder berühmt machen könnte, wird man ziemlich sicher ziemlich enttäuscht werden.

Und doch sind Karrieren wie die deine, Grund und Anlass, die Hoffnung nicht aufzugeben.

Aber wenn man schreibt, weil man es liebt, eine Geschichte zu erzählen, oder weil es einem hilft, die Welt besser zu verstehen – dann wird man nie enttäuscht sein oder mit dem Schreiben aufhören wollen.

Es sei denn, man versteht immer weniger von der Welt, je länger man sie mit der Feder betrachtet.
:)

 

Was war dein emotionalstes Erlebnis beim Schreiben?

Ich plotte nicht vorab, so bin ich immer mitten drin, wenn meine Figuren eine Felswand erklimmen oder um ihr Leben rennen. Dementsprechend weine ich auch an ihrer Stelle, wenn sie etwas trauriges erleben, fürchte mich für sie und lache mit ihnen. Der eigentliche Vorgang des Schreibens ist für mich pure Emotion.

Okay, dann passt ja die nächste Frage perfekt …

 

Wie viel Autobiografie steckt in deinen Geschichten?

Ich denke nicht, dass meine Geschichten autobiografisch sind, aber ich lasse mich von meinem Leben inspirieren, wenn ich nach Ideen oder Figuren suche. Die meisten meiner Plots haben ihre Wurzeln in irgendeinem Erlebnis oder wenigstens einer Geschichte, der ich als Journalist oder auch als Zeitungsleser begegnet bin.

Wenn deine Figuren doch Teile deines Lebens spiegeln, welche Figur kommt Michael Robotham am nächsten?

Von all meinen Figuren dürfte Professor Joe O’Loughlin mir am ähnlichsten sein. Wir haben ungefähr dasselbe alte und haben beide Töchter (ich habe drei!), aber Joe ist viel mutiger und schlauer als ich, sodass er ein Stück weit meinem Wunschdenken entspricht…

Ich glaube persönlich, dass wir das, was wir in Geschichten tun (lassen), auch im richtigen Leben tun würden, wenn wir in derselben Situation wären (sofern wir dazu körperlich in der Lage sind; ich schreibe Fantasy, da kann es bei magischen Feuerbällen zu Enttäuschungen  kommen).

Sicherlich schleichen sich bestimmte autobiografische Elemente in meine Geschichten. Gespräche mit meinen Töchtern etwa oder Redewendungen, die ich irgendwo aufgeschnappt habe.

 

Was ist das größte Kompliment, das man dir als Autor machen kann?

Ich persönlich fürchte, dass Autoren sehr große, aber sehr zerbrechliche Egos haben. Es bedarf großen Selbstbewusstseins, um sich vorzustellen, dass man etwas schreiben könnte, was ein anderer lesen wollen könnte. Deshalb fühle ich mich immer sehr geehrt, wenn ein Leser mein Buch aus den zehntausend Titeln, die im Buchladen, in der Bibliothek oder auch online angeboten werden, auswählt. Sie investieren ihre beschränkte Zeit und ihr Geld in eine Geschichte, die ich geschrieben habe. Ich finde, das ist das größte Kompliment, das ein Autor erhalten kann.

Michael, ich habe gerade eine Gänsehaut, denn das, was du über die Zeit, die ein Leser in genau diese eine (meine) Geschichte investiert, sagst, ist exakt das, was ich auch immer erzähle.

 

Wer ist für dich dein perfekter Leser?

Sie sind alle perfekt! (War ja klar, dass ich das sage). Immer wenn ich höre, dass jemand sagt, er mag keine Bücher, möchte ich antworten: „Das ist wie wenn du sagen würdest, dass du keinen Sex magst – du machst es dann eben einfach nicht richtig.“ Wenn man das richtige Buch in die richtigen Hände drückt, kann man aus jedem einen überzeugten Vielleser machen.

Amen.

Ich möchte noch ergänzen, dass ich zwar sehr gerührt bin, wenn ein Leser mir sagt, er habe einen meiner Romane in einem Zug gelesen. Und doch denkt immer ein anderer Teil von mir: „Boah, ich habe ein Jahr an diese Story geschrieben und du stopfst sie dir rein wie einen Big Mac mit Fritten. Mach langsam! Kau die Kapitel gründlich oder du wirst dir den Magen verderben.“

Wow, das habe ich so noch nie gesehen. Wobei ich als Viel- und Schnellleser dann gerne ein Buch nochmal lese, dieses mal mit mehr Blick auf die Details statt auf die Story. Es ist das Dilemma beim Lesen guter Bücher, bei jeder Seite, die man umblättert, dass man wissen will wie es weitergeht, aber nicht möchte, dass es vorbei ist.

 

Bei welchem deiner Protagonisten würdest du den Beziehungsstatus als “schwierig“ bezeichnen?

Das ist Joe O’Loughlin – ein Mann den ich liebe und bewundere, und dem ich doch schreckliche Dinge antue. Ich setze ihn unter enormen Druck und bringe ihn ständig in Gefahr. Ich muss ihm jetzt wirklich auch mal eine Freude machen.

Darüber werde ich gerne lesen und mich an dieses Interview erinnern.

 

And finally: Which question in an author’s interview would you like to answer with an simply „yes!“?

Möchten sie eine Ganzkörpermassage von Claudia Schiffer?

Ich drück dir die Daumen!

Wie ich schon sagte, es war ein tolles Gespräch, für das ich mich sehr bedanke. Auch und vor allem, weil es wieder viele neue interessante Einblicke in unsere Welt der Geschichten ermöglicht hat.

Hier könnt ihr Michael Robothom treffen:

Homepage von Michael Robotham

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Auf Leben und Tod - RobothamSkoutz-Lesetipp: Auf Leben und Tod – Thriller von Michael Robotham

Audie Palmer hat zehn Jahre im Gefängnis verbracht wegen eines bewaffneten Raubüberfalls, bei dem vier Menschen starben und sieben Millionen Dollar verschwanden. Jeder glaubt, dass Audie weiß, wo das Geld ist. Deshalb wurde er nicht nur von seinen Mitinsassen bedroht, sondern auch von den Wärtern schikaniert. Und dann bricht Audie aus – nur wenige Stunden vor seiner Entlassung. Spätestens jetzt sind alle hinter ihm her, dabei will Audie nur ein Leben retten, und es ist nicht sein eigenes …

Skoutz meint:Auch ohne Joe O’Laughlin ist dieses Buch unwahrscheinlich spannend und trotz seiner fast 470 Seiten nur schwer aus der Hand zu legen. Der Ausbruch von Audie ist zunächst unbegreiflich und allein, um dazu eine Antwort zu erhalten, liest man weiter. Routiniert verwebt Robotham sodann verschiedene Erzählzeiten (Gegenwart und Vergangeheit aus der Zeit des Raubüberfalls) und Geschichten von Jägern und Gejagten zu einem fulminanten Politikthriller. Ein Buch, das beim Lesen vor allem das mulmige Gefühl weckt, ob so etwas nicht wirklich passieren könnte…

Wer intelligente Spannung mit rasanten Wechseln, einer klugen Story aber ohne unnötiges Blutvergessen schätzt, sollte dieses Buch unbedingt lesen.

 

Robotham Cover SchlafmacherHinweis:

Für den Skoutz-Award 2016 wurde von Skoutz-Juror Andreas Adlon Michael Robothams Roman „Der Schlafmacher“ in die Midlist Crime.

Die spannende Geschichte aus der Thriller-Reihe um Joe O’Laughlin wurde daher von uns ausführlich besprochen. Wer sich für diesen Psychothriller, bei dem das Ermittler-Duo einem besonders psychopathischem Mörder auf der Spur ist, interessiert, sollte hier weiterlesen.

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