Zu Besuch bei Katharina Gerlach
Ein sehr aufgeregt flatternder Skoutz-Kauz ist mit Ela unterwegs zu Autorin und Herausgeberin Katharina Gerlach. Die von ihr herausgegebene Anthologie „Waldesdunkel“ hat es nämlich in die Midlist Antholgie 2022 geschafft, nachdem Skoutz-Juror Thiago Ruiz sich an den gruseligen Geschichten spontan festgelesen hat.
Wir freuen uns jedenfalls sehr auf dieses Gespräch.
Zu Besuch bei Katharina Gerlach – die für Einhorn-Legenden schwärmt
Hallo liebe Katharina, wir zwei kennen uns ja schon ein wenig, seit ich dich bereits zu einer Online-Live-Lesung begrüßen durfte. Heute habe ich den zappeligen Skoutz-Kauz mit dabei und wir beide sind schon sehr gespannt, was wir so alles von dir erfahren dürfen, deshalb lass uns einfach gleich loslegen.
Wenn du ein Tier wärst, wärst du ein …?
Ich wäre ein Einhorn.
Warum?
Dann könnte ich alle und alles heilen, wäre für Ungläubige unsichtbar und schon zu Lebzeiten eine Legende.
So, wie du das ausdrückst, klingt Einhorn wirklich nach einem Traumjob!
.
Womit kann man dich im Alltag glücklich machen?
Wenn man mir Hausarbeit abnimmt. 😀
Na, wer wünscht sich das nicht? Welche Arbeit lässt du dir denn am liebsten abnehmen?
Am meisten hasse ich es, nasse Wäsche aufhängen zu müssen. Gleich gefolgt von Fenster putzen.
Wenn du jemanden finden solltest, der es dir abnimmt, hier wäre‘ auch noch was zu machen *lach*. Ich empfinde Hausarbeit auch oft als Strafe. Aber bevor wir hier in Haushaltstipps abschweifen, lass uns noch ein bisschen träumen …
.
Wir alle haben Wünsche, für uns, für die Welt. Was sind deine und was tust du, damit deine Wünsche in Erfüllung gehen?
Ich wünsche mir mehr Toleranz zwischen den Menschen.
Oh ja, dass mit der Toleranz … auch da bist du nicht allein. Was tust du dafür?
Meinen Kindern (und meinem ersten Enkel) versuche ich, so gut ich kann, vorzuleben, wie das geht.
Leider ist das heute nicht mehr so einfach, es unseren Kindern beizubringen. Unsere Zeit ist so furchtbar hektisch und vordergründig geworden. Da erscheint es mir auch viel wichtiger, Toleranz zu leben, statt sie zu fordern. Ich bewundere alle Menschen, denen das gelingt. Gehst du das auch als Autorin an?
Durchaus. Auch in meinen Büchern ist das immer wieder ein Thema.
Stimmt. Wobei mir bei deinen Geschichten auch immer auffällt, dass du generell auf Harmonie und Einklang in deinen Geschichten setzt. Ich liebe sie dafür!
Auch wünsche ich mir ein besseres Miteinander von Menschen und Natur. Schließlich haben wir nur diese eine Welt. Ich gebe mir viel Mühe, so umweltfreundlich wie möglich zu leben, wobei nicht immer alles umsetzbar ist.
Waldesdunkel ist ja auch eher naturnah! 🙂
Ich bin überzeugt davon, dass wir uns davon, was wir alles tun müssten, nicht davon abhalten lassen sollten, zu tun, was wir tun können. Auch wenn es lauter Kleinigkeiten sind, sind sie doch vielleicht der Anfang von etwas großem. Aber wenn wir schon von deinen Büchern sprechen, bleiben wir doch dabei …
.
Welches Buch hat dich am meisten geprägt?
Das ist unmöglich zu sagen.
Ach was, versuch es doch einfach mal!
Ich habe schon in der ersten Klasse Bücher verschlungen, habe heimlich im Supermarkt Comics und Groschenhefte gelesen und habe die Bücherei geplündert.
Also schon damals ging es nicht ohne Bücher *lach* Der Beginn einer lebenslangen Leidenschaft. Und wie ging es weiter?
Ich besitze noch heute über 2000 katalogisierte Bücher (deutsche & englische inkl. Graphic Novels), von denen ich größtenteils den Inhalt wiedergeben kann. Und das ist nur ein Bruchteil dessen, was ich gelesen habe. Sie alle haben mich geprägt.
Wow, das nenn ich mal eine private Bibliothek! Respekt, auch vor deinem Gedächtnis! Ich kann immer wieder meine Bücher lesen, weil ich mir so oft die Details gar nicht merke. Aber bei dieser Masse an gelesenen Büchern, lass uns doch mal über jene sprechen, die du noch nicht gelesen hast:
.
Welcher Klassiker liegt allen Vorsätzen zum Trotz immer noch auf deinem SuB?
Tolstoi: Krieg und Frieden* … Ich habe so oft versucht, es zu lesen, aber ich komme einfach nicht rein.
Eigentlich wirklich schade, denn das Buch gehört ja nun einmal zu den Weltklassikern. Andererseits sagt man den russischen Klassikern auch eine gewisse Sperrigkeit nach. Ich glaube, man muss sie entweder mögen oder liegen lassen. Hast du noch andere „Shoul reads“?
Genauso wie Pride & Predudice* (ich finde es soooooo langweilig).
Oh nein! Und ich liebe die Geschichte einfach nur, so unterschiedlich sind die Geschmäcker eben.
Na ja, ich kann ja nicht alles mögen.
Stimmt, da hast du vollkommen recht. Gott sei dank mag nicht jeder dasselbe, gar nicht auszudenken wie langweilig es dann wäre. Aber zurück zu Büchern, die du magst. Einen Versuch habe ich noch, vielleicht verrätst du mir so deinen Favoriten:
.
Und welches Buch ist hätte deiner Meinung nach deutlich mehr Aufmerksamkeit verdient und warum?
Bücher, die deutlich mehr Aufmerksamkeit verdient hätten, finden man bei Qindie* im Bücherregal. Da ist für jeden Geschmack etwas dabei.
Einige Leute in unserer Redaktion haben ja die Anfänge von Qindie auch aktiv begleitet. Hast du da trotzdem speziell ein paar Lesetipps für uns (ja! Ich kann beharrlich sein!)
Ganz besonders kann ich Selma J. Spiewegs und Florian Tietgens Bücher empfehlen, aber nur, weil es derzeit meine persönlichen Lieblingsbücher sind. Auch die anderen Qindie Bücher sind super. Wenn ich Lesestoff brauche, suche ich mir dort etwas aus und freue mich jedes Mal, wieder etwas Neues zu entdecken.
Oh ja! Schon beim Überfliegen sind da einige, die ich mir bestimmt mal vornehmen werde. Auf jeden Fall sprechen mich da schon mal die Cover total an. Aber lass uns jetzt mal ein bisschen über dein Schreiben reden …
.
Themen finden ist oft einfacher als aus den vielen Ideen, die richtige Auswahl zu treffen. Wie entscheidest du, welches Projekt du als nächstes verwirklichst?
Das ist meist Bauchgefühl.
Hast du da ein Beispiel?
Letztes Jahr, z.B. war mir früh klar, dass ich keinen Roman schreiben kann. Dazu hat mich das Geschehen in der Welt zu sehr abgelenkt.
Da hast du recht, was da so alles passiert ist, hat wohl bei allen von uns seine Spuren hinterlassen. Bei unseren Interviews haben uns die einen erzählt, dass sie sich in die Schreibarbeit flüchten, weil sie dort Welten gestalten können, die sie irgendwie im Griff haben, andere waren eher gelähmt. Und du? War das so eine Art Häppchen-Therapie?
Ich habe dann jede Woche eine Kurzgeschichte oder mehr geschrieben, insgesamt über 55 Stück. Das hat Spaß gemacht, ich blieb in Übung, und schaffte Platz für neue Ideen.
Klingt nach einem rundherum guten Konzept! Jede Menge Material für tolle Anthologien, Übung und Inspiration. Als Leser find ich das super!
Wo stehst du beim Schreiben einer Szene? Bist du eher der aufmerksame Beobachter und Dirigent oder mittendrin in allen Höhen und Tiefen mit Blut, Schweiß und Tränen?
Ich bevorzuge es, mittendrin zu sein.
Du bevorzugst? Das klingt, als hättest du eine Wahl?
Früher, als ich noch „Anfängerin“ war, fiel mir das immer sehr schwer. Mittlerweile ist es völlig selbstverständlich. Dadurch ergeben sich für mich neue Möglichkeiten, die mir Freude machen, sie zu entdecken und auszuprobieren.
Dann hoffen wir, dass du jede Menge neue Möglichkeiten beim Schreiben für dich entdeckst. Und wie ist es andersherum? Wo sind die Schattenseiten des Schreibens für dich?
Welche Szenen fallen dir beim Schreiben am schwersten und wie meisterst du sie trotzdem?
Szenen, in denen jemand leiden muss oder stirbt, fallen mir sehr, sehr schwer. Leider sind sie manchmal unumgänglich. Ich beiße mich dann durch, weine viel und suche hinterher Trost bei meinem Mann. Er kapiert es zwar nicht, tröstet mich aber trotzdem gerne und gut.
Wie schön, dass du da jemanden hast, der dich dann auffängt. Gerade, wenn er nicht versteht, was du hast und dann trotzdem für dich da ist, ist das doch wunderbar romantisch …
.
Was ist dir beim Schreiben deiner Geschichten am wichtigsten, worauf achtest du besonders?
Authentizität, Logik, lebensnahe Figuren und da insbesondere starke Frauen und Mädchen.
Warum?
Mir ist es wichtig, zu zeigen, dass Frauen starke Persönlichkeiten sein können, und dass Männer auch mal Schwäche zeigen dürfen, ohne dass sie weniger wert sind. Das klappt am besten mit Figuren, die die Leser als echt empfinden.
Bei dir dürfen also die Männer auch mal Schwäche zeigen, das finde ich klasse. Ich finde es immer spannend, lesend mitzuverfolgen, wie so gängige Klischees – die ja so oft auch gar nicht stimmen – ganz beiläufig durchbrochen werden, ohne dass die moralische Keule kommt. Das ist letztlich auch Teil jener Toleranz, über die wir oben sprachen, finde ich.
Aber dürfen wir dir auch noch ein paar persönliche Fragen stellen?
.
Es heißt, jeder Künstler muss auch ein bisschen wahnsinnig sein. Was ist dein Schuss „Wahnsinn“?
Öhmmm… Ich glaube, da schweige ich lieber, sonst werde ich noch eingewiesen.
Huch! Wie kommst du denn darauf?
Gelegentlich bezweifle ich, dass ich je „normal“ war.
*lach* das lassen wir jetzt einfach mal so stehen. Doch da es gerade so schön hier ist, lass uns doch mal einen kleinen Blick in eines deiner Bücher werfen.
.
Beschreibe dein aktuelles Buch in 3 Sätzen
Ich beschreibe jetzt mal die von euch ausgezeichnete Anthologie:
Bloody Qindie präsentiert: Waldesdunkel sind geniale Kurzgeschichten (okay, eine ist ein wenig länger) von verschiedenen Autorinnen und Autoren (inkl. mir). Die Geschichten bieten von leichtem Erschaudern bis heftigem Grusel alles, was man in diesem Genre gerne liest. Durch die Vielseitigkeit der Autorinnen und Autoren sind auch die Geschichten sehr unterschiedlich, was gerade den besonderen Reiz ausmacht.
Ja, du hast mich überzeugt, das Buch muss bei mir einziehen.
Zurzeit arbeiten wir am nächsten Band der Reihe, der (wenn alles klappt wie geplant) zu Halloween 2022 erscheinen wird.
Super, dann dürfen wir uns ja schon auf was Neues freuen. Für unsere Redaktion gehören die Qindie-Anthos zu Halloween wie Kürbis und Skelette.
Aber eigentlich wollten wir doch über dich reden …
.
Was würdest du noch gerne lernen und wozu?
Ich höre nie auf zu lernen!
Na wer schon? Aber bei dir klingt es nach mehr Leidenschaft …
Für mich ist das Lernen das Wichtigste überhaupt. Solange ich noch lernen kann, ist mein Gehirn noch in der Lage aus dem Erlernten Geschichten zu stricken. Und ohne Geschichten sterbe ich. Also, immer her mit den schrägen Fakten. Ich liebe sie.
*grübel* mhhhh spontan fällt mir da nichts hinreichend Schräges ein. Aber wenn sich das ändert, melde ich mich!
.
Welcher Moment im Leben hat die besonders geprägt?
Als mir meine Lehrerin in der ersten Klasse beigebracht hat, dass mich diese kleinen, schwarzen Kratzer in Büchern in unendliche Weiten, fantastische Welten und vergangene Zeiten entführen können. Ich habe mich Hals über Kopf in dieses Abenteuer gestürzt und nie wieder zurückgeblickt.
Du bist die erste, die ein Schulerlebnis angibt. Aber es ist logisch und Teil deiner ganz speziellen Buchmagie! Ich finde das wundervoll und bedaure, dass wir auf diesem Medium das Leuchten in deinen Augen nicht schildern können.
.
Leider sind wir aber schon fast durch mit unseren Fragen …
Was sollen deine letzten Worte sein?
’S ist nichts so schlecht wie irgend gut für (das war der Lieblingsspruch meiner Urgroßmutter, die starb, als ich 10 war, und er bedeutet, dass alles eine schöne/gute Seite hat. Man muss nur manchmal danach suchen).
Wie schön, danke an deine Urgroßmutter.
Und mit welchen Worten soll dieses Interview enden?
Ich freue mich über alle, die lesen! Natürlich am meisten über diejenigen, die zu den Büchern der Qindies greifen (oder zu meinen). Danke, dass ihr heute hier wart. Und danke, dass ich dieses Interview stellvertretend für die vielen, begabten Qindies führen durfte.
Du und die Qindies sind jederzeit herzlich willkommen! Sagt nur rechtzeitig Bescheid, wenn ihr was am Start habt!
Ich hoffe, wir lesen uns bald.
Liebe Katharina, das hoffen wir auch! Und wir sagen Dankeschön für deine Zeit. Für den weiteren Wettbewerb wünschen wir dir und deinem Team alles Gute und noch viele schräge Ideen für wundervolle Geschichten!
Hier könnt ihr Katharina Gerlach erreichen
- Katharina Gerlachs Homepage* (die ist derzeit veraltet, soll aber bald überarbeitet werden)
- auf Instagram*
- und Facebook*
Skoutziger Buchtipp:
Bloody Qindie präsentiert: Letzte Fahrt: Halloween Special – von Qindie
Hereinspaziert! Hereinspaziert!
Zuckerpuppen verlieren ihr Gesicht …
Das Riesenrad droht zu erwachen …
Und im Streichelzoo hüten die Häschen ein Geheimnis …
Ein ganz normaler Rummel ist Ihnen zu langweilig? Sie möchten es lieber verrucht, durchzogen vom dämonischen Duft des Illegalen? Dann haben wir den ultimativen Geheimtipp für Sie. Folgen Sie einfach dem Trampelpfad gleich hinter dem Rastplatz. Doch Achtung, wir garantieren weder für Leib noch für Leben.
Bloody Qindie präsentiert zum dritten Mal deutsche Dark Fantasy Kurzgeschichten mit Gänsehautfeeling.
14 Qindiea nehmen Sie mit auf den Jahrmarkt. Steigen Sie ein für die „Letzte Fahrt“.
Folgende Geschichten sind enthalten:
- Tigerlilly – Lisa-Marie Reuter
- Zuckerzeug – Eva Markert
- Das Rad der Zeit – Regina Mengel
- Lebenslose – Florian Tietgen
- Fahrt ins Dunkel – David Pawn
- Bewegliche Ziele – Jana Oltersdorff
- Der elektrische Stuhl – Martina Bauer
- Die Wahrsagerin – Divina Michaelis
- Paule – Kathleen Stemmler
- Rasende Fahrt – Eva Markert
- Das schwarze Kaninchen – Mika Krüger
- Schöner Gigolo, armer Gigolo … – matì
- Geisterfahrerflucht – Selma J. Spieweg
- Gespiegelte Wut – Katharina Gerlach
- Das Haus der Illusionen – Robert Odei
[Werbung] Mehr Informationen wie Leseproben etc. gibt es über unseren Affiliate-Link bei Amazon*, wo ihr das Buch auch direkt beziehen könnt.
Hinweis:
Waldesdunkel
Nicht immer ist die Natur lieb, nett und idyllisch. In so einem Wald hausen düstere Gesellen, ereignen sich dunkle Geschichten und nicht immer ist der Schrecken, den ein Knacken im Gestrüpp auslöst, unbegründet …
Mit ihrer Grusel-Anthologie aus dem Jahr 2021 hat das Qindie-Team um Katharina Gerlach sich einen Platz auf der Midlist Anthologie des Skoutz-Awards ergattert, weshalb wir das Buch auch schon gelesen und ausführlich vorgestellt haben – hier!
Hinweis:
In unserer Buchsuche erfahrt ihr zudem, ob das Buch zu euch passt.
Mit der Skoutz-Buchfieberkurve bewertet ihr mit fünf einfachen Klicks ein Buch anhand von fünf Kriterien statt fünf Sternen. So seht ihr auf einen Blick, wie das Buch wirklich ist. So schön kann Bücher suchen sein.
Natürlich gibt es dort auch noch andere Bücher, Rezensionen und vieles mehr.
Wer das Buch schon kennt, kann (und soll!) es bei uns natürlich auch bewerten, damit unsere Buchsuche weiter wächst.