Skoutz-Wiki: Antiquariat
Buchliebhaber wie man sie bei Skoutz regelmäßig antrifft, sind hoffnungslos gefangen in dem ewigen Dilemma zwischen der schier unendlichen Vielzahl guter Bücher einerseits sowie Platz-, Geld- und Zeitnöten andererseits. Technikaffinen Skoutzen konnte das E-Book eine gewisse Entlastung bescheren, doch für alle, denen ein Buch in gebundener Form immer noch lieber ist, bleibt das Problem so aktuell wie je. Zahlreiche Begleiterscheinungen wie übermächtige SUBs, Bookhangover, Leseentzug und ernster Biblioholismus sind bislang nur unzureichend untersucht (aber wir arbeiten daran).
Eine gewisse Entlastung bietet das Antiquariat. Und warum das so ist, erfahrt ihr in diesem Beitrag.
Das Antiquariat in Kürze:
Ein Antiquariat ist das Geschäft eines Antiquars, der wiederum auf den Handel mit gebrauchten Büchern spezialisiert ist. Die Bandbreite ist dabei sehr groß und umfasst den Flohmarkthändler, der seine Bücher in Wühlkisten präsentiert und notfalls auch nach Gewicht verkauft, ebenso wie Buchhändler, die auf wertvolle, oft vergriffene Exemplare spezialisiert sind.
Es gibt hier also grob vereinfachend eine Zweiteilung in „Alt“ und „Selten“. Die im Englischen vorgenommene Unterteilung zwischen „Second Hand Books“ und „Rare Books“ trifft das Deutsche leider nicht so sauber. Allerdings ist der oft gelesene Begriff modernes Antiquariat eine ungefähre Entsprechung der „Second Hand Books“, denn darunter versteht man meist den Verkauf verbilligter Bücher aus dem Handel oder aus Verlagsbeständen mit aufgehobenem Ladenpreis. Neben großen Online-Anbietern wie Medimops etwa wird dieses Segment allerdings weniger von Spezialisten bedient, als vielmehr als Nebengeschäft vom regulären Buchhandel.
Das Antiquariat erlaubt damit dem lektüresuchenden aber finanzschwachen Leser den legalen und günstigen Bezug von Büchern und hilft ihm, auch bereits vergriffene oder seltene Bücher zu finden. Umgekehrt ist das Antiquariat eine gute Gelegenheit, Bücher, die man selbst nicht mehr braucht oder angesichts der Wohnraummieten nicht mehr unterhalten kann, in gute Hände abzugeben.
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Das Antiquariat etwas ausführlicher:
Abgeleitet vom lateinischen Begriff „antiquus“ bedeutet es zunächst mal „alt“. Kennt man auch von „antik“. Unter einem Antiquar versteht man hingegen einen Buchhändler, der mit alten Büchern handelt. Alt meint dabei mehdeutig:
- (seltene) Bücher aus früherer Zeit (oft Jahrhunderten),
- neuere, aber gebrauchte Bücher und schließlich
- solche, für die der Verlag den Ladenpreis aufgehoben hat (siehe Buchpreisbindung).
Die schönste Definition ist allerdings folgende, deren Ursprung wir leider nicht kennen:
„Bücher sind wie Waisenkinder. Die Aufgabe des Antiquars ist es, neue Eltern für sie zu finden.“
Die antiquarische Lawine
An sich ist es eine gute Sache, wenn Dinge wiederverwertet werden. Das gilt besonders für Bücher, die angesichts der Emotionen, die an ihnen hängen, nach unserer Auffassung jedenfalls etwas mehr Respekt verdient haben als eine Tennissocke.
Allerdings hat die wunderbare bunte Welt des Online-Handels zu einer dramatischen Veränderung auch des antiquarischen Angebots gesorgt. Viel zu viele Anbieter gehen völlig schamlos davon aus, dass auch das letzte in hunderttausender Auflagen hergestellte, völlig zerfledderte Taschenbuch noch für Cent-Beträge angeboten werden muss. Wobei die einschlägigen Foren voll von Beiträgen sind, in denen sehr erhitzt diskutiert wurde, Welcher Zustand bei Büchern unter „neuwertig“ zu erwarten ist. Das führt dazu, dass es deutlich mehr gebraucht angebotene Bücher gibt als von der lesenden Bevölkerung überhaupt nachgefragt werden. Schätzungsweise werden allein über die großen Online-Plattformen (medimops, booklooker, Amazon) etwa 80 Millionen gebrauchter Bücher angeboten. Das sind schwindelerregende Zahlen.
Sprunghaftes Wachstum des Angebots
Einer der Gründe für dieses Überangebot liegt sicherlich darin, dass auch das Angebot von Neuerscheinungen sprunghaft angestiegen ist. in den 50er Jahren wurden weltweit ca. 250.000 Neuerscheinungen verlegt. Heute sind es allein in Deutschland ca. 150.000 Titel, wenn man die SP-Titel mitrechnet, was unserer Meinung nach erforderlich ist.
Ein anderer Grund ist, dass aus Platzgründen immer mehr Buchsammlungen aufgelöst werden. Gleiches gilt durch den Umstieg auf elektronische Medien. Und natürlich ist dies auch dem Umstand geschuldet, dass oftmals die Erben gepflegter Bibliotheken mit den Buchschätzen nichts anzufangen wissen und einfach auf E-Bay versilbern.
Dabei ist ernüchternd, dass bestenfalls 15% der dort angebotenen Bücher einen Preis über 15,00 Euro erreichen, knapp die Hälfte wird ab einem Euro angeboten und es steht zu erwarten, dass viele Titel schon diesen Preis nicht erreichen.
Sind all diese Bücher also antiquarisch?
Das kommt darauf an. Dem Wortsinne nach: ja. Mit dem Herzen betrachtet: nein. Vermutlich sollte man die Trennung zwischen modernem Antiquariat (Gebrauchtbuchhandel) und bibliophilen Antiquariat (Sammler- und Liebhaberstücke) treffen.
Ein Kriterium ist der Preis. Wenn ein altes Micky-Maus-Heft, das irgendwann einmal in der Prä-Euro-Epoche für Pfennig-Beträge verkauft wurde, heute zigtausend Euro einbringt, handelt es sich sicherlich um ein Liebhaberstück. Eine Nackenbeißer-Taschenbuch, das für 1 Cent verkauft wird, ist hingegen unter wirtschaftlichen Aspekten eher Altpapier. Andererseits ist nicht ausgeschlossen, dass individuell auch ein an sich wertloses Buch für einen Buchfreund schier unbezahlbar ist, weil er Erinnerungen und Emotionen damit verbindet. Bibliothekenbesitzer sind nicht anders als andere Sammler.
Wenn man nun die Kategorien anderer Sammlerstücken auf Bücher anwendet, sähe das so aus:
- gesuchte und gut verkäufliche Bücher
- weniger gesuchte Bücher, die sich aber noch verkaufen lassen
- unverkäufliche (Makulatur-)Ware.
Spitzentitel aus dem Antiquariat
Eines der teuersten Bücher aller Zeiten ist der Codex Leicester von Leonardo da Vinci. Das 72 Seiten umfassende Werk brachte es bei einer Auktion auf den Rekordwert von 29 Millionen Euro, den Bill Gates bezahlte. Eine der Originalversionen der Magna Carta, dem Grundstein der modernen englischen Verfassung aus dem Jahr 1215, erzielte 2007 einen Erlös von über 20 Millionen Euro. Natürlich gibt es auch Ausgaben der Bibel, die Rekordsummen bringen, so etwa eine Ausgabe des Johannes-Evangeliums aus dem 8. Jahrhundert, für das 12,4 Millionen Euro bezahlt wurden.
Weitere Informationen:
Wirklich lohnenswert ist die genauere Betrachtung bibliophiler Antiquare. Einen guten Einstieg bietet der Verband deutscher Antiquare e.V. auf seiner Homepage*. Natürlich bietet auch der Dachverband des Buchhandels, der Börsenverein, Informationen rund ums Antiquariat auf seiner Homepage* an.
Weitere Stellen im Netz sind:
- ABE-BOOKS* bietet eine gute Online-Suche für bibliophiles Antiquariat
- Daistesja!* Dahinter verbindet sich eine Seite, auf der man gebündelt bei verschiedenen Antiquariaten und Gebrauchthändlern nach Büchern, Games, DVDs und Schallplatten suchen kann.
- Booklooker* hat ein großes Angebot im Bereich modernes Antiquariat (Gebrauchtbücher)
- Bücher.de* bietet neben aktuellen Titeln auch Restauflagen im Bereich modernes Antiquariat
- Bekannt ist auch Jokers.de*, das moderne Antiquariat der Weltbild-Gruppe.
- Antikbuch* ist wieder eher auf bibliphile Angebote spezialisiert, lohnt aber auch einen zweiten Blick.
- CATAWIKI* ist eine gute Stelle, um selbst einmal zu versuchen, bibliophile Schätze an den Mann zu bringen, v.a. weil es hier auch eine Wertermittlung gibt. Das holländische Online-Auktionshaus verkauft allgemein „Besondere Dinge“, zu denen eben auch Bücher zählen, gegen eine Provision.
Bonuswissen: Wertermittlung antiquarischer Bücher (Klugscheißmodus)
Naheliegend ist es, selbst als Antiquar tätig zu werden und auf Flohmärkten oder online über E-Bay oder den Amazon-Marketplace zu verkaufen. Das kostet allerdings mindestens Zeit und Nerven, man muss sich zusätzlich mit Versandkosten und Remittenden herumärgern. Es lohnt also auch, sich das vorher zu überlegen.
Im modernen Antiquariat sind professionelle Ankäufer wie Momox und Rebuy sicherlich die bequemste Wahl. Dort wird man Bücher auch kistenweise schnell und unkompliziert los. Man sendet die zu verkaufenden Titel in einem Paket auf Kosten des Käufers los, bekommt ein Angebot und kurz darauf das Geld aufs Konto. Allerdings wollen die mitverdienen, also gibt es hier weniger Geld als beim Direktverkauf.
Alte Buchschätze gehören in das bibliophile Antiquariat. Da hier der Verkaufsaufwand deutlich höher ist, weil der Markt viel kleiner ist, haben die Ankaufdienste an solchen Büchern meist kein Interesse. Solche Bücher fallen durch deren computergestütztes Raster und sind nicht deren Geschäftsmodell. Das führt dazu, dass ein alter, gut erhaltener Faust, der im Antiquariat locker ein paar hundert Euro einbringt, nur für Centbeträge angekauft werden würde. Allerdings – da muss man realistisch sein – nicht jedes verstaubte Buch aus Omas Regal ist kostbar. Manchmal sind Bücher einfach nur alt. Und manchmal, auch wenn es schmerzt, nur Altpapier.
Wie viel ist ein Buch wert?
Die wichtigsten Parameter bei der Wertermittlung biobliohiler antiquarischer Bücher sind folgende:
- Alter und Seltenheit
Das geht meist Hand in Hand. Je älter ein Buch ist, desto seltener dürfte es auch sein, selbst wenn seine Ausgangsauflage mal hoch gewesen sein mag. - Zustand
Je älter ein Buch ist, desto häufiger sieht man ihm auch an, was es erlebt hat. Manche Schäden kann man selbst oder mit einem Restaurator ausbügeln, aber manche Narben bleiben eben und mindern den Preis. - Originalausgabe
natürlich ist die Originalausgabe wertvoller als ein Nachdruck, vor allem, wenn sie womöglich vom Autor signiert wurde? - Ausstattung
Gebundene, aufwändig illustrierte und womöglich sogar von Hand verzierte Bücher sind sowohl im modernen als auch im bibliophilen Antiquariat deutlich mehr wert. - Bedeutung
Es gibt natürlich Bücher, die weniger wegen ihres Alters und ihrer Ausstattung an Wert gewinnen, als vielmehr aufgrund ihrer (historischen) Bedeutung. Darum sind Fehldrucke oft gefragter als ordentliche Ausgaben, darum wurde für ein an sich eher wertloses Buch, das aber eine Widmung von Elvis Presley an seine Frau Priscilla enthielt, für eine horrende Summe verkauft.
Wir hoffen, dass ihr jetzt alles über Antiquariate wisst. Wenn nicht, kommentiert eure Fragen oder Ergänzungsvorschläge. Wir nehmen alles auf.