Autorenleben: Survival-Guide für Ablehnungen
Lasst uns heute mal über eine der unbestreitbaren Schattenseiten des Autorenlebens sprechen. Eure Bücher werden nicht allen gefallen. Das ist so sicher, wie das Amen in der Kirche.
Die Reaktion darauf kann so vielfältig ausfallen wie die Ablehnungen selbst. Das hängt von der Situation, den Beteiligten, der Grundstimmung und tausend weiteren Dingen ab. Sicher ist nur eins: Eine Ablehnung ist kein Grund, sich aufzuhängen!
Ablehnungen sind Teil unseres Jobs, damit müssen wir leben oder zu leben lernen.
Und weil es allzeit besser ist, sich Ängsten zu stellen, als mit ihnen zu leben, gibt es diesen Artikel.
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Ablehnungen – Das Ende der Welt (und was danach noch kommt)
Zunächst einmal das Beste vorneweg: Es kann nur etwas abgewatscht werden, das da ist. Das heißt, jede, wirklich jede Reaktion auf euer Buch ist ein unleugbarer Beweis dafür, dass ihr etwas geschafft hat. Ihr habt ein Buch geschrieben. Ihr habt einen anderen Menschen erreicht, und zwar so, dass dieser sich die Zeit nimmt, dazu Stellung zu nehmen. Mit anderen Worten, er hat es aktiv in sein Leben aufgenommen.
In der Redaktion haben wir uns gefragt, ob das nicht unter Umständen arger Zwangsoptimismus sei, aber nein. Ich persönlich glaube das nicht. Bloß, weil etwas noch verbesserungsfähig ist, heißt es nicht, dass das Erreichte darum weniger wert ist. Das ist wie das berühmte Zitat aus Fluch der Karibik 1:
„Sie sind der schlechteste Pirat, von dem ich je gehört habe!“ – „Aber Sie haben von mir gehört!“
So ist das. So und nicht anders.
Ablehnungen sind doof. Und trotzdem wird jeder von uns mit seinen Büchern abgelehnt werden.
Wenn wir uns dieser Erkenntnis stellen, ist ein wichtiger Schritt erledigt. Jetzt ist der Weg dafür frei, das Beste aus einer Ablehnung zu machen, sie auszuhalten, anzunehmen und vielleicht sogar in etwas Gutes zu münzen:
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Tipps zum Umgang mit einer Ablehnung
Wie man mit Ablehnungen umgeht, hängt natürlich immer von der Lebenssituation und der persönlichen Verfassung ab. In jedem Fall aber ist eines wichtig: Professionelle Distanz!
Egal, wie persönlich es formuliert ist, es betrifft euch nicht (Von der Rüge des Partners, dass euch das Buch wichtiger sei, mal abgesehen), sondern euer Buch. Egal, wieviel von euch zwischen den Zeilen steckt, ihr seid es nicht. Also tief durchatmen und lächeln.
Und dann weiterlesen:
1. Das ist kein Einzelschicksal!
Jeder Autor kassiert in seiner Laufbahn alle möglichen Ablehnungen. Ob das der Verriss in einer Rezension ist, niederschmetternde Verkaufszahlen oder Häme in den Sozialen Netzwerken oder eine Verlagsabsage …
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2. Ablehnung differenzieren!
Es gibt gute, schlechte und zu ignorierende Ablehnungen.
Ignorieren kann man alles, was nichts mit euch oder eurem Buch zu tun hat.
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- 1 Stern, weil beim Lesen mein Kindle kaputt ging
- Ich mochte das Buch nicht, weil die Protagonistin wie meine Ex-Freundin hieß, die dumme Schlampe
- Ich habe das Buch leider noch nicht gelesen, darum nur 1 Stern
- Wenn ein Autor schon aus Bayern kommt, kann das Buch ja nichts sein
- Ich habe keine Lust, über Tote zu lesen (Anmerkung: Warum kaufst du dann einen Krimi?)
Schlechte Ablehnungen sind Formel-Aussagen, die nicht offenbaren, woran es eigentlich lag.
Ob das jetzt eine Verlagsabsage ist („Danke, kein Interesse“) oder eine Rezension ist („Mir hat das Buch nicht gefallen“), ist dabei egal. Es bringt dann auch nichts, darüber zu grübeln. Wenn ihr nicht konkret nachfragen könnt, hakt es als Ärgernis ab und freut euch bei der Rezension jedenfalls darüber, dass immerhin ein Mensch sich mit eurem Buch befasst hat.
Gute Ablehnungen sind dagegen solche, die ihren Eindruck nachvollziehbar begründen und damit eurer Überprüfung zugänglich machen:
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- Der Text ist gut, passt aber nicht in unser Verlagsprogramm
(Besser recherchieren, wem man anbietet; ggf. vorher anfragen, ob grds. Interesse besteht) - Die Idee ist gut, aber der Text hat handwerkliche Mängel
(Nacharbeiten!) - Mir hat das Buch gut gefallen, aber ich konnte das Verhalten der Figuren nicht nachvollziehen
(Konsistenz überprüfen, Schlüsselszenen ggf. nacharbeiten; oft wirkt hier ein Satz schon Wunder)
- Der Text ist gut, passt aber nicht in unser Verlagsprogramm
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3. Lerneffekte nutzen!
Ich bin der festen Ansicht, dass man es nicht allen passend machen kann. Aber das entbindet uns nicht von der Pflicht (und Chance!), jede Kritik darauf zu prüfen, ob sie Ausdruck eines individuellen Geschmacks ist oder Hinweis auf eine objektive Schwäche des betreffenden Buchs. Das sind handwerkliche Defizite (Rechtschreibung, Figurenentwicklung, Spannungsbogen) ebenso wie Marktanforderungen, die jedenfalls dann beachtlich sind, wenn man davon träumt, vom Schreiben zu leben, also finanziellen Erfolg braucht.
Auch wer bereits erfolgreich Bücher verkauft, sollte immer wieder überprüfen, was und wie sich die nächsten Bücher noch verbessern lassen.
Wir haben hierzu in der Schreibstube schon sehr viele Tipps und Tricks zusammengetragen, wie man sein Werk verbessern kann und auch zum Marketing findet ihr dort reichlich Anregungen.
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4. Realistisch sein!
Von Verlagsabsagen und Verrissen abgesehen, entstehen auf dem weiten Feld der Ablehnung sehr oft zwischen der eigenen Wahrnehmung und einer objektiven Lesart tiefe Gräben. Das liegt zunächst an der fehlenden professionellen Distanz. „Ich mochte den Prota nicht“ heißt nicht, „Ich mag dich nicht“. So scheinen aber viele zu empfinden, wenn ich die Klagelieder in den einschlägigen Gruppen auf Facebook richtig deute. Dann liegt die Enttäuschung auch oft weniger in der Ablehnung als in der Erwartung begründet. Ein unbekannter Debüt-Titel wird es eher nicht auf Nr.1 der Spiegel-Bestsellerliste schaffen (und meist nicht mal auch nur in deren Nähe). Wer das erwartet, wird unweigerlich enttäuscht.
Hier solltet ihr euch vor dem Schritt in die Öffentlichkeit ernsthaft überlegen, was ihr erwarten könnt. Was für euch Erfolg ist. Und was ihr bereit seid, dafür zu tun. Aktiv und aus eigenem Antrieb. Nur, wenn ihr wisst, wohin ihr wollt, könnt ihr prüfen, ob ihr auf dem richtigen Weg seid. Wenn ihr eure Ziele realistisch steckt, werdet ihr auch Erfolg haben.
Und wenn mal nicht, gilt immer noch: Wer all seine Ziele erreicht, hat sein Potential nicht ausgeschöpft.
5. Ablehnungen feiern!
Wie schon gesagt, jede Ablehnung zeigt, dass ihr gesehen werdet. Das ist ein kleiner, aber nicht zu unterschätzender Erfolg, den ihr nicht geringschätzen solltet. Wenn ihr dabei etwas lernen konntet, über euch, euer Buch oder euere Erwartungen – dann feiert den Lernerfolg. Wichtig ist, dass ihr positiv mit eurer Leistung umgeht.
Aus der Redaktion kam der Einwand, dass das etwas zynisch für Autoren klingen mag, die von ihren Einnahmen ihren Lebensunterhalt bestreiten wollen, den Vollprofis also. Das ist richtig. Aber gerade für sie ist es umso wichtiger, ihre Richtung zu kontrollieren. Und wenn das Ergebnis der Überprüfung lautet, dass man vom Schreiben nicht leben kann – dann ist das zweifellos bitter. Aber die Wahrheit zu erkennen ist die Grundlage, um mit ihr umzugehen und dann eben – wie die Mehrheit in der Zunft – eben zusätzlich noch einen Brotjob anzunehmen.
6. Komfortzonen errichten!
Nicht nur fürs Schreiben ist es gut zu wissen, dass es einen Ort gibt, wo man seine Wunden lecken kann. Ich hätte schon längst aufgehört, zu schreiben, wenn mich nicht immer wieder liebe Menschen aufgerichtet hätten (manchmal rüttelnd und in den Hintern tretend).
Ein guter Tipp einer lieber Kollegin ist vielleicht dieser: Gebt euer Buch zunächst Menschen, von denen ihr wisst, dass sie euch und eure Geschichten mögen. Die euch schlimme Fehler schonend beibringen und ansonsten euer Buch lieben. Mit positiven Feedback im Rücken kann man die raue See auf Facebook und Amazon leichter ertragen und wagt sich auch in die Höhle der Verlage vor.
7. Stur sein!
Am Ende gilt eins: Es ist euer Buch und euer Traum! Wenn ihr an euer Buch glaubt, dann gebt nicht auf! Es gibt so viele, die vor euch stur geblieben sind und heute Millionenauflagen erreichen. Ob das Goethe höchstselbst, Michael Ende oder J.K. Rowling sind – orientiert euch an ihnen. Überlegt, wieviele wunderbare Bücher, die Welt verzaubernde Bücher, vielleicht unbemerkt vergessen wurden, weil ihr Autor aufgegeben hat.
Stur sein bezieht sich auf das Ziel, nicht auf den Weg! Es geht nicht darum, wie ein kleines Kind, mit dem Fuß aufzustampfen und immer lauter „Ich will aber“ zu schreien. Es geht darum, seinem Traum eine Chance zu geben. Indem man für ihn immer neue Wege sucht und auch, indem man ihn gegebenenfalls etwas anpasst. Man muss Wellen reiten und nicht brechen.