Dieter Kleffner im Skoutz-Interview

Zu Besuch bei Dieter Kleffner

Heute sind der Skoutz und ich unterwegs um Dieter Kleffner zu besuchen. Er steht nämlich mit seiner Anthologie „Farbenfrohe Dunkelheit“ auf der Midlist Anthologie und ich daher bin sehr gespannt, was er mir alles erzählen kann.

Mit ihm telefoniert habe ich schon und das Gespräch war richtig schön und jetzt freue ich mich auf ein persönliches Kennenlernen. Bei der Anthologie „Farbenfrohe Dunkelheit“ ist die Besonderheit, dass alle Geschichten von Sehbehinderten oder blinden Autoren geschrieben wurden. Bereits seit 30 Jahren  kreieren sehbehinderte und blinde Poeten und Schriftsteller in ihrem Arbeitskreis BLAutor literarische Texte. Da haben wir ganz bestimmt eine ganze Menge zu erzählen!

Zu Besuch bei Dieter Kleffner, der gerne Thriller schreibt

Hallo lieber Dieter, wir freuen uns, dass wir heute bei dir sein dürfen und dich auch persönlich kennen lernen. Wir haben ja schon ein wenig über dich und deinen literarischen Arbeitskreis gehört und sind jetzt wirklich gespannt, was wir noch von dir erfahren können. Und weil der Skoutz-Kauz und auch ich notorisch neugierig sind, möchten wir uns gerne bei dir als erstes etwas umschauen …

Wo sitzen wir denn, also wo willst du uns empfangen?

Willkommen in meiner Schreib- und Musizierstube.

*Skoutz fliegt durch den Raum*

Sie ist etwa zehn Quadratmeter groß,. Das Fenster zeigt Richtung Nordwest mit einem Blick in die Nachbargärten. Der lange Schreibtisch steht an einer Wand mit Bücherregalen. Hier ruhen viele Musikbücher, die ich heute aufgrund meiner Erblindung nicht mehr nutzen kann. Sie haben einen ideellen und nostalgischen Wert. Auch an der Wand gegenüber hängen Regale. Dort zeugen fünfzehn meiner eigenen Bücher und sieben Bücher mit Anthologien von meiner Leidenschaft als Buchautor.

Hier sieht es echt gemütlich aus, da kann man sich wohlfühlen. Und dein Autorenregal ist auch sehr beeindruckend. 

Außerdem hängen an den Wänden zwei Gitarren. Eine weitere steht im Ständer auf dem Boden. Zwei Mandolinen und eine Ukulele zieren ebenfalls diesen Raum. Wie bei Musikproben mit guten Freunden würde ich meinem Skoutz Gast Kaffee, Espresso, Cola oder ein Kühles Blondes anbieten.

Dankeschön, wir nehmen sehr gerne Kaffee 😀 

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Nach welchem Motto lebst du? Und wirkt sich das auch auf dein Schreiben aus?

Ich halte es mit August Mühling: Froh zu sein bedarf es wenig und wer froh ist, ist ein König!

Ja, das ist ein Motto das ich wirklich super finde und so oft es mir gelingt, auch zu leben versuche! Es geht alles besser, wenn man mit guten Gedanken ran geht.  Klappt das auch beim Schreiben?

Mein Schreiben basiert auf vielen Lebenserfahrungen. Außerdem bin ich der Meinung, dass man gutes Schreiben lernt, wenn man viel liest. Andere Autorinnen und Autoren inspirieren mich mit ihrem Stil und Handwerk.

Oh, OK. Ich lese ja unglaublich viel, vielleicht schaffe ich es auch mal ein Buch zu veröffentlichen … Bisher trau ich mich da noch nicht heran, aber wer weiß … 

Was ist dein erster Gedanke, wenn ich dich frage, was du GAR NICHT magst?

Unehrlichkeit mag ich nicht.

Da können wir uns die Hand geben, ich finde Unehrlichkeit wirklich schlimm. Dann arbeiten wir bei der nächsten Frage doch gleich noch weiter an der Wahrhaftigkeit:

Als Klischee wird man nicht geboren, sondern muss sich den Titel erarbeiten. Klischees sind so praktisch wie lästig. Wie gehst du persönlich mit ihnen um? Beim Schreiben wie im Leben?

Als Autor versuche ich den gesamten Menschen zu betrachten.

Also samt ihren Klischees? 

Klischees dienen der Oberflächlichkeit und inhaltlosem Geschwätz.

Also dann doch keine Klischees bei dir?

In der Literatur kann es trotzdem sinnvoll sein, Romanfiguren humorvoll mit Klischees herauszustellen: Ein Mann, ein Wort! Eine Frau, ein Wörterbuch!

Hahaha! Ein Kern Wahrheit ist eben doch dran und mit dem kann man natürlich auch gut Erwartungen beim Publikum wecken und dann bestätigen, entwickeln oder enttäuschen. Das macht ja auch den Reiz am Lesen aus.

In welchen Genres schreibst du? Hast du dich bewusst dafür entschieden oder hast du nachher überlegt, wie du deine Geschichte einordnest?

Ich schreibe gerne Thriller.

Ich lese auch sehr gerne Thriller, somit freut mich das sehr. Verrätst du mir auch, warum du auf Thriller stehst?

Der Thriller ist ja kein Detektivroman, in dem die Ermittler oft die Helden sind. Der Thriller konfrontiert meistens den ganz normalen Menschen mit einer gefährlichen Situation, in der eigentlich nur Profis eine echte Chance haben, sich oder andere zu retten.

Das stimmt wohl. Was fasziniert dich an dieser doch eher schlimmen Situation?

Es geht um Mut, Fantasie und Kreativität der bedrohten Person. Kriminalistisches Wissen und Forensik sind nur Beiwerk. In diesem Spielfeld macht es riesigen Spaß zu schreiben.

Klingt so, wenn man dir so zuhört. 🙂 Und hast du sonst noch Vorlieben? 

Daneben habe ich aber auch mit Leidenschaft Gesellschaftsromane geschrieben. Als Mitglied im Schreibzirkel BLAutor, einer großen Gruppe sehbehinderter und blinder Schriftsteller, verfasste ich auch viele Balladen und Gedichte. Diese wurden in einem Buch zusammengefasst.

Hört sich auch total gut an, bin ich auch immer für zu haben. Lyrik fristet leider in der modernen Buchwelt ein Schattendasein, dabei kann man man mit Rhythmus und Versmaß so viel mehr Gefühl und Stimmung transportieren. Aber das muss man halt auch können. Ich stelle mir das sehr schwer vor. Was mich gleich zur nächsten Frage bringt …

Von wem kommt deine strengste Kritik? Und wie gehst du mit ihr um?

Die strengste Kritik erfahre ich durch eng befreundete Autorinnen und Autoren. Da das Wort Kritik übersetzt „Untersuchung“ heißt, fällt diese ja nicht immer nur negativ aus.

Das ist ein schöner Gedanke, den ich so noch gar nicht kannte. Das sollte man sich als Kritisierter vielleicht öfter mal vor Augen führen. Zumeist will einem niemand etwas böses und ich kann mir vorstellen, dass man an einem bestimmten Punkt seine Fehler selbst gar nicht mehr sieht – sei es aus Unkenntnis oder auch Gewöhnung. 

Genau. Berechtigt kritisierte Mängel tragen dazu bei, daraus zu lernen und anschließend besser zu schreiben.

Ein Sprichwort sagt „Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt.“ – Wie findest Du diesen Satz?

Dieser Satz klingt romantisch, passt aber nicht zu jedem Buch.

Das ist sicherlich richtig. Hast du ein besseres?

Mein Lieblingssatz heißt: „Ein Leben ohne Bücher ist wie eine Kindheit ohne Märchen, wie eine Jugend ohne Liebe, wie ein Alter ohne Frieden.“

Das ist ein schönes Zitat! Von wem stammt das?

Von Dr. phil. Carl Peter Fröhling, das war ein Germanist, Philosoph und Aphoristiker aus Köln.

Danke! Wenn wir schon bei Vorbildern und Inspirationen sind …

Mit welchem Buch wurde deine Liebe zu Büchern geweckt?

Als Kind habe ich Karl May gelesen, außerdem Tom Sawyer, Erich Kästner, Onkel Toms Hütte, die Schatzinsel, Robinson Crusoe usw. Als Teenager las ich „liebe ist nur ein Wort“ von Johannes Mario Simmel oder die Bücher von Konsalik. Sagen, Legenden und auch Science-Fiction Romane füllten damals mein Bücherregal.

Oh, ja die meisten kenne ich auch aus meiner Kinderzeit. Tom Sawyer hab ich total geliebt, die Schatzinsel ist mir dann später auseinandergefallen, weil es total zerlesen war. Haben dich diese Bücher durch dein Leben begleitet oder waren es eher Stationen auf einer Reise?

Ersteres. Mit zwanzig, vierzig oder sechzig haben diese Bücher sehr unterschiedlich auf mich gewirkt.

Es heißt ja auch – um bei Sprichwörtern zu bleiben – dass nie zwei Menschen dasselbe Buch lesen., Einfach weil man sich verändert. Wie hat sich denn dein Lesen gewandelt?

Ab vierzig las ich gerne Sachbücher über Geschichte und Philosophie. Gerne auch historische Romane.

Historische Romane sind bei mir auch sehr begehrt! Lass uns über deine Buchsammlung sprechen …

Wie sortierst du deine Buch-Regale?

Da ich seit mehr als 20 Jahren blind bin, leihe ich mir Hörbücher aus. Die alten Bücher ruhen noch so im Regal, wie ich sie einst unsortiert verlassen habe.

Ach stimmt ja, das habe ich jetzt beim Gespräch völlig vergessen, weil sie so lebendig miteinander plaudern. Aber Hörbücher mag ich auch sehr gerne. Lass uns ein bisschen über Aktuelles sprechen …

Die gesellschaftliche Diskussion über das, was man in der Kunst tun und lassen darf, ist zur Zeit sehr hitzig. Wie stehst du dem gegenüber und wie beeinflusst das deine eigene Arbeit?

Wir leben in einem liberalen, demokratischen Land, dessen Rechte von den letzten vier bis fünf Generationen hart erkämpft wurden. Deshalb ist es heute möglich, seine Meinung verbal, schriftlich oder künstlerisch stark zum Ausdruck zu bringen. Als Demokraten müssen wir sogar ertragen, dass es Menschen gibt, die diese Freiheitsrechte verbal oder schriftlich nutzen, um der Demokratie zu schaden.

Kunst ist Anarchie. Kunst hebt sich vom Alltag ab. Kunst versucht die Grenzen des begrenzten zu überschreiten. Kunst ist Protest, Leidenschaft und Liebe. Es gibt kein Gebiet, das der Kunst fremd ist.

Kunst muss in alle Richtungen zeigen dürfen. Kunst darf provozieren, darf anstößig sein.

Oh, da bricht die Leidenschaft des Künstlers durch. Akzeptierst du somit als Künstler keine Grenzen?

Kunst sollte nicht vorsätzlich und bösartig verletzen wollen.

Auch das finde ich richtig. Aber ist das nicht oft schwer vorherzusehen?

Natürlich ist es ein Problem, ab wann sich jemand verletzt fühlt. Eine gesteigerte Überempfindlichkeit verhindert eine leidenschaftliche Diskussion. Gute Literatur sollte unsere Gesellschaft so widerspiegeln, wie sie auch wirklich ist.

Chat GPT und andere KI-Apps sind gerade in aller Munde. Was hältst du davon, dass KI Geschichten, ja ganze Bücher alleine verfassen kann? Sind das für dich überhaupt richtige Werke?

Es ist schon beeindruckend, was für schlüssige Geschichten die KI aus wenigen Stichwörtern in Sekunden erstellt. In wie weit sie mit Liebe, Lust und Leidenschaft schreiben wird, ist abzuwarten. Sie wird im Bereich der Reportagen, bei sachlichen Übersetzung, in der Verwaltung usw. zum Teil ihren Platz finden.

Genau darüber habe ich noch vor kurzem eine Reportage gesehen. Ich bin da wirklich sehr zwiegespalten. Wie siehst du das als Künstler?

Mit eigenen Gedanken sprechen und schreiben bedeutet für jeden Menschen innerer Reichtum. Diese kann die KI nicht ersetzen. In wie weit die Leser künftig zwischen der KI-Literatur und menschlicher Kreativität wählen werden, wird der Buchmarkt zeigen.

Ich würde dann aus dem Bauch heraus sagen, ich würde immer die menschliche Kreativität wählen! 

Zum Abschluss aber doch noch schnell eine ganz andere Frage:

Welche Frage sollen wir dir nächstes Jahr im Interview stellen?

Fragt mich doch bitte nach meinem neuesten Buch.

Das werden wir machen lieber Dieter, wir bedanken uns ganz herzlich dass wir dich heute besuchen durften. Wir haben uns bei dir sehr wohl gefühlt und du hast uns hier eine sehr schöne Zeit und auch lehrreiche Gedanken geschenkt. 

Auch ich bedanke mich für euren Besuch und das spannende Interview. Besonders möchte ich mich auch für euer Engagement rund um die Leser / Leserinnen und Autoren / Autorinnen in der Skoutz Welt bedanken.

Sehr gerne, wir lieben was wir machen! 

 

Hier gibt es mehr über Dieter Kleffner:

 

Skoutz Lesetipp:

Im Jagdrevier des Riesen – Nervenkitzelnder Kriminalroman von Dieter Kleffner 

Amelie erwachte in einem Käfig. Völlig nackt saß sie auf einer Matratze. Wo war sie nur? Ihr schossen Presseberichte über Entführungen von anderen Frauen durch den Kopf. Voller Angst blickte sie sich genauer um. An die Wand über ihrer Matratze hatte jemand Buchstaben gekratzt. Der Name Silke war zu entziffern. Auf einen anderen Stein waren senkrechte Striche gekritzelt worden. Ein, zwei … oh mein Gott, es waren neunzehn Striche! Was war danach geschehen? Noch bevor sie weiter grübeln konnte, öffnete sich eine Tür. Vor ihr stand ein Riese von einem Mann …

Skoutz meint: Dieter Kleffner erzöhlt hier eine sehr spannende, manchmal verstörende Geschichte einer Entführung. Man neigt dazu, den Riesen für einen tumben Rohling zu halten, doch das ist er nicht, und das macht die Spannung aus. Auch der Gegensatz zwischen Set und Handlung – Idylle und Alptraum – trägt zu der bedrohlichen Atmosphäre bei, die einen förmlich zwingen, das Buch immer weiter zu lesen. Bis zum Ende. (jf)

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Hinweis:
Dieter Kleffner steht mit der von ihm herausgegebenen Anthologie „Farbenfrohe Dunkelheit“ auf der Midlist Anthologie von Petra K. Gungl und Fenna Williams des Skoutz-Awards.

Das Buch mit Geschichten und Gedichten von Blinden und Sehbehinderten hat somit natürlich eine gute Chance auf den begehrten Award im Bereich Anthologie.

Das Buch habe wir schon gelesen und es hier vorgestellt.

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Und wenn ihr uns, dem Autor und vielen anderen Lesern einen Gefallen tun wollt, rezensiert die Bücher doch anschließend bei unserer Skoutz-Buchsuche. Mit 5 Klicks statt 5 Sternen entsteht eine Buchbeschreibung, die dann anderen hilft, das für sie richtige Buch zu finden. Also sei dabei!

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