Zu Besuch bei Máire Brüning

 

Auf einem alten Weinberg am Fuße des Vogelsberges, umgeben von Burgen und steinernen Zeitzeugen aus dem Mittelalter, besuchen der Skoutz-Kauz und ich heute Máire Brüning. Natürlich habe ich mich vorab ein wenig schlau gemacht und herausgefunden, dass Máire schon früh ihre Leidenschaft für alte Ruinen, Sagen und Ritterrüstungen entdeckte. Außerdem habe ich entdeckt, dass sie einige Wanderjahre als Floristin quer durch Deutschland gewandert ist. Alles ziemlich faszinierend. Mal sehen, was wir ihr noch für spannende Details entlocken können …

 

zu Besuch bei Máire Brüning, die Geschichte lebendig werden lässt …

Dann legen wir am besten direkt los, liebe Máire Brüning …

Lesung bei 34° im Schatten

Wie würdest du dich in einem Wort beschreiben?

Hartnäckig.

Immer oder nur in bestimmten Situationen?

Wenn ich etwas erreichen möchte, woran mir wirklich liegt.

 

Beruf oder Berufung – was macht dir an deinem Job als Autor am meisten Spaß?

Ich liebe es, Charaktere zu entwerfen mit vollständiger Hintergrundgeschichte.

Wie läuft das ab?

Diesen Charakter stelle ich dann in sein reguläres Lebensumfeld und werfe ihm – bildlich gesprochen – eine Handgranate mit brennender Lunte vor die Füße.

Wow, ziemlich radikal. Ist das eine Art Bewährungsprobe?

Ja, ich gucke mir an, wie mein Charakter reagiert.  Tut er etwas Spannendes oder Ungewöhnliches darf er bleiben und bekommt seine Geschichte.

 

Wann hast du dein erstes Buch veröffentlicht und wie lange hast du daran geschrieben?

Mein erstes Buch habe ich 2013 veröffentlicht. Ein mega-dicker, historischer Schinken von 600 Seiten.

Recht umfangreich für ein Debüt.

Das Buch wog 1,5 kg ☺.

Echt? Wie lange hast du an diesem Werk gearbeitet?

Wenn ich alle Augen – inklusive Hühneraugen – zudrücke, hat es 4,5 Jahre gedauert, bis es fertig war.

Ist es noch auf dem Markt verfügbar?

Ja, das Buch ist noch im Umlauf, allerdings in einer überarbeiteten und merklich abgespeckten Variante.

 

Wie läuft ein typischer Tag als Autor bei dir ab?

Einen typischen Autorentag gibt es bei mir nicht. Mein Brotjob hat immer noch Vorrang vor dem Schreiben.

Das verstehe ich. Wie organisierst du das?

Im komme meist erst abends an den Schreibtisch und dann beginne ich, indem ich mein zuletzt geschriebenes Kapitel lese, um wieder in die Geschichte reinzukommen.

Schaffst du das jeden Tag? Ich könnte mir vorstellen, dass es sicher Tage gibt, an denen der Brotjob recht stressig war …

An meinem Schreibtisch klebt ein Zettel mit meinem Motto: Nulla dies sine linea, kein Tag ohne Zeile. Das motiviert mich normalerweise, mich hinzusetzen und ein paar Zeilen zu tippen, auch wenn ich eigentlich müde bin.

Wenn ich wirklich mal einen ganzen Tag Zeit habe, ist die erste Handlung immer : Kaffee kochen 😉

 

Das Jahr 2020 stellt uns alle vor neue Herausforderungen. Wie sehr beeinflusst Corona deinen Schreiballtag?

Wäre ich nur Autorin, hätte sich gar nicht viel geändert. Ich bin gerne zu Hause.

In deiner Antwort schwingt ein Aber mit …

Da ich aber einen Brötchenjob habe, muss ich sagen, dass ich inzwischen so weit bin, dass ich alles hinwerfen und auf eine einsame Insel ziehen möchte.

Oh, das klingt wirklich nicht gut. Ich kann mir gut vorstellen, dass die Anforderungen außerhalb des Home Office sehr anstrengend sind/waren …

Ich habe ja die ganze Zeit durchgearbeitet.  Zuerst saßen wir fast ohne Kunden da und wussten längere Zeit nicht, ob wir überhaupt öffnen dürfen.  Das Frühjahr ist ja in der grünen Branche ungeheuer wichtig und obendrein die Zeit mit dem höchsten Warendruck.  Ich musste zuerst alles auf Null runterfahren und dann innerhalb kürzester Zeit wieder auf 200 % hochpuschen.  Und das, obwohl im Hintergrund die Logistik phasenweise vollkommen zusammengebrochen war. 

Sicher ein wahrer Kraftakt. Hat sich die Situation wieder entspannt?

Nun werden wir seit zwei Monaten nahezu von Kunden überrannt. Einerseits sind die Einnahmen ja schön. Aber wir können uns gerade nicht darüber freuen, weil der Stress inzwischen so extrem ist, dass wir nur noch irgendwie funktionieren können.  Mein Leben ist auf Arbeiten, Essen und Schlafen reduziert. 

Das wirkt sich sicher auch auf das Schreiben aus, oder?

Ich kann zurzeit weder Schreiben, noch mich auf ein Buch konzentrieren. Ich bin auch kaum noch auf Facebook unterwegs, weil ich nach der Arbeit einfach nur noch Stille haben will.

 

Kreativ oder doch eher regeltreu? Wie flexibel bist du beim Schreiben?

Ich habe kein Problem damit, Regeln anzunehmen, die gut durchdacht sind, auf Erfahrungen beruhen oder mir helfen, mein Ziel auf geradem Wege zu erreichen.

Eine gewisse Struktur und das Befolgen von Regeln ist sicher hilfreich, aber so ganz ohne Kreativität kommt man doch sicher nicht aus?

Kreativ bin ich gerne bei der Handlung oder beim Entwickeln ungewöhnlicher Charaktere, nicht bei der Struktur einer Geschichte. Da hat sich ein bestimmter Ablauf bewährt und daran zu rütteln, führt in den meisten Fällen zu einer Story, die beim Lesen wenig Spaß bereitet. Warum sollte ich es mir mit irgendwelchen Experimenten schwerer machen als nötig?

Da hast du natürlich absolut recht …

 

Welches war dein erstes selbstgelesenes Buch? Und hast du es heute noch?

Das war ein niedliches Kinderbuch.

Kannst du dich noch an den Titel erinnern?

„Unser kleiner Esel Jan“ von Liese Gast.

Hast du es noch?

Gute Frage. Ich denke, es steckt in einer meiner Bücher -Lagerkisten. Freiwillig weggegeben habe ich es jedenfalls nicht.

 

Stell dir vor, du könntest eine beliebige Figur aus einem Buch zum Essen treffen. Was würde passieren?

Lymond. Leuten, denen der Name etwas sagt, bräuchte ich jetzt nichts mehr erklären. Sie säßen da, hätten ein wissendes Lächeln auf den Lippen und würden zustimmend nicken.

*räusper* Und mal angenommen man gehört zu den Unwissenden? *peinlich*

[Soufflieren aus der Chefredaktion: Es handelt sich um den in der Tat sehr spannenden Protagonisten der Lymond-Chronicles von Dorothy Dunnet aus den 70er Jahren, soweit ich weiß. 6 Bände, die im 16. Jahrhundert spielen. Ich habe sie mit meiner Mama gelesen und geliebt.]

Francis Crawfors of Lymond ist der faszinierendste Buchcharakter, der mir je begegnet ist. Komplex, geheimnisvoll, undurchschaubar, hochintelligent, klassisch gebildet, kriegserfahren, doch ganz und gar nicht fehlerfrei.

Klingt wirklich wahnsinnig faszinierend … Was würdest du mit ihm alles besprechen wollen?

Wenn ich in der Lage wäre, mit ihm zu diskutieren, dann wäre es über Musik. Aber vermutlich würde ich nur dasitzen und ihn beobachten, in dem Versuch zu erkennen, wie tief der Abgrund ist, der hinter seiner weltmännischen Fassade lauert.

Wenn wir schon über Rätsel sprechen …

Auf welche Frage hattest du in letzter Zeit keine Antwort und hast du sie finden können?

Grade in der jetzigen Corona Krise zeigt sich in meinem Brotjob eine erschreckende Unkenntnis, was den Ablauf der Jahreszeiten betrifft.

Frühling, Sommer, Herbst und Winter … *grübel* Aber das meintest du sicher nicht …

Früher selbstverständliches Wissen über Pflanzen oder Gemüseanbau ist anscheinend völlig außer Mode. Ich werde teilweise mit Fragen konfrontiert, die mich fassungslos zurücklassen.  Ist schon irre, dass selbst der Salat im Supermarkt aus einer kleinen Pflanze heranwächst und nicht fertig irgendwo aus einer Maschine kommt.

Eine ziemlich erschreckende Entwicklung, wenn Kinder denken, Gemüse wächst in Dosen. Aber wahrscheinlich liegt es daran, weil wir alles bequem im Supermarkt bekommen. Wenn man selbst schon geschälte Eier in einer Plastikverpackung präsentiert bekommt, läuft etwas schief. Da müsste sich aber jeder ein wenig in der Verantwortung sehen, diesen Missstand zu beheben … Aber zurück zu Frage, bevor ich noch weiter abschweife …

Ich frage mich, warum es um die Fähigkeit sich selbstständig Zusammenhänge zu erschließen so schlecht bestellt ist. Und nein, eine gute Antwort habe ich noch nicht gefunden.

Hoffentlich findet sie jemand … Irgendwann … Lass uns weitermachen, ein paar Fragen habe ich noch 🙂

 

Wie oft schaust du täglich auf dein Handy?

Häufig, da mein Handy auch zu meinem Brotjob gehört und ich so mit meinen Lieferanten, Kollegen, Kunden in Verbindung bleiben kann.

 

Was darf in deinem Kühlschrank niemals fehlen?

Kühlschrank?

Ja, Schrank unterschiedlicher Größe, wenn man die Tür öffnet, geht ein Licht an und es ist im Idealfall kalt im Inneren 😉

Meinst du dieses lästige Ding, das man ständig füllen muss und in dem dann doch nie das drin ist, was man gerade haben möchte?

Ja, genau, das wäre eine andere, synonyme Beschreibung 🙂

Na ja, immerhin ist er ein guter Parkplatz für meine Kaffeemilch.

*lach* Die darf bei mir auch nie fehlen …

 

Für welche drei Dinge in deinem Leben bist du am dankbarsten?

Gesundheit, dass ich auf dem Land wohnen darf und für die Zeit, die ich mit Bernhardinerdame Fuzzi und Kater Ratz verbringen durfte.

Wirklich wundervolle Dinge, die ich absolut nachvollziehen kann. Aber kommen wir zu einer Frage, die mich bei einer History-Autorin wie dir brennend interessiert …

 

Zeitreisen – ein spannendes Mysterium. Bei welchem historischen Ereignis wärst du gern dabei gewesen und warum?

Kein konkretes Ereignis.

*irritiert schaut* Nicht? Sondern?

Aber ich hätte gerne den Staufer Friedrich II auf seinem Kreuzzug begleitet, um zu sehen, was er tatsächlich für ein Mensch war.

 

Über welches Thema könntest du eine 30-minütige Präsentation halten, ohne jede Vorbereitung? 

Über Rosen und ihre Pflege. Und über die Tatsache, dass ein Kiesbeet weder schön, noch pflegeleicht ist.  Von der Nützlichkeit für die Tierwelt reden wir besser gar nicht, sonst dauert mein Vortrag 1 Stunde 😉

Sehr spannende Themen, passiert dir das öfter, dass du länger referieren musst?

Ab und an. Was mich auch immer zu unvorbereiteten Vorträgen verleitet, ist der Wunsch meiner Kunden nach einem pflegeleichten Garten, bei dem möglichst kein Blättchen runterfallen darf.  Wah … Da gibt’s erst mal ein paar nette Worte über die Auswirkungen klinisch aufgeräumter Gärten auf unser Lebensumfeld.

 

Was würdest du rückwirkend ändern, wenn du die Möglichkeit dazu hättest?

Vermutlich hätte ich mein erstes Buch 2-3 Jahre früher veröffentlicht. Ansonsten: Über verschüttetes Wasser nachzudenken lohnt nicht. Krone richten und weiter im Text.

Schön gesagt 🙂 Eine letzte Frage hätte ich noch …

 

Was wünschst du dir für die Zukunft?

Ich hätte gerne einen Zeitlupenknopf um die Welt manchmal langsamer laufen zu lassen.
Außerdem wäre es schön, noch mehr Bücher zu verkaufen.  😉

Das wünschen wir dir auch. Vielen Dank, liebe Máire Brüning, dass du mich und den Skoutz-Kauz so nett empfangen hast. Es war wirklich toll bei dir und es wäre schön, wenn wir mal wieder die Möglichkeit hätten, so nett zu plaudern. Deinem historischen Liebesroman wünsche ich für den weiteren Wettbewerb viel Erfolg.

 

Und hier trefft ihr Máire Brüning:

 

Skoutz-Lesetipp:

Der Schatz des Venezianers – historische Romance von Máire Brüning

Venedig 1256
Als der Kaufmann Joran Ferroni nach Jahren erzwungener Abwesenheit nach Venedig zurückkehrt, ist nichts, wie es war. Er hat alles verloren: Sein Vater ist tot, sein Besitz hoch verschuldet und seine Mutter hat den Verstand verloren. All seine Bemühungen, das Vermögen der Familie zu erhalten, sind vergeblich. Doch dann begegnet er der jungen Patriziertochter Helena. Sie ist tatkräftig, intelligent und nicht willens, nur geistloses Besitzstück eines Mannes zu sein. Sie wünscht sich ein eigenes Handelshaus, und um ihren Traum zu verwirklichen, schlägt sie Joran einen Handel vor, dem dieser nicht widerstehen kann. Die Zusammenarbeit entwickelt sich prächtig – bis Helena ein folgenschwerer Fehler unterläuft, der ihrer beider Leben für immer verändert.

Skoutz meint: Im mittelalterlichen Venedig erleben wir einen tragischen Helden, der sich den quälenden Dämonen der Vergangenheit stellen muss, um wieder leben und lieben zu können. Máire Brüning hat ein Talent für intensive, authentische und durchaus dramatische Charaktere, die jeder ihrer Erzählung diese spezielle Authentizität verleihen.  Doch nicht nur ihre Figuren überzeugen, auch ihre gut recherchierte und interessant aufgebaute Handlung begeistert. Man wird regelrecht ins mittelalterliche Italien katapultiert und erlebt eine ebenso außergewöhnliche wie spannende Story, die nicht nur unterhält, sondern auch ans Herz geht.

 

Hinweis:

Vetitum - Maire BrüningDie Auswahl zu Ihrer Midlist History aus den über 200 Titeln der Longlist History 2020 hat sich Anna Castronovo nicht leicht gemacht und ist hochwissenschaftlich und unter Ausnutzung statistischer Daten an diese epochale Aufgabe herangegangen.

Vetitum: Die Braut von Máire Brüning hat sie aus dem Mittelalter mitgebracht. Wir sind gespannt, wie sich das im Dezember 2019 von der Autorin selbstverlegte Buch um Liebe und Intrigen aus dem 13. Jhdt. im weiteren Wettbewerb um den History-Skoutz hält.

Mehr Informationen zu diesem Roman erhaltet ihr wie immer in der ausführlichen Buchvorstellung. (Weiterlesen)

One Comment

Leave a Reply

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert