Zu Besuch bei Tobias Bachmann
Der Skoutz und ich sind heute unterwegs um Tobias Bachmann zu besuchen. Sein Titel „Das Spiel der Ornamente“ steht auf der Midlist Fantasy von Vorjahressieger Michael Siefener und hat damit auch die Chance auf den Award in der Kategorie Fantasy.
Wir haben ihn bisher noch nicht persönlich kennenlernen dürfen und freuen uns deshalb umso mehr, dass er heute Zeit für uns hat.
*Schaut sich suchend um* – ja hier sind wir richtig, das ist die Adresse, die er uns genannt hat. Endlich kann es losgehen.
Zu Besuch bei Tobias Bachmann, der sich mit mir im Wald verirrt hat
Hallo lieber Tobias. Wir freuen uns sehr, dass du dir heute für uns Zeit nimmst und wir dich besuchen dürfen. Wir haben einige Fragen im Gepäck und ich würde vorschlagen, lass uns gleich anfangen. Aber weil der Skoutz und ich auch furchtbar neugierig sind, möchten wir uns gerne bei dir als erstes etwas umschauen …
Wo sitzen wir denn, also wo willst du uns empfangen?
Wir sitzen nicht, wir gehen spazieren.
Wunderbar! Das mache ich sonst auch sehr gerne. Wie komme ich zu der Ehre?
Das hat keinen bestimmten Grund, außer, dass es zu Hause nicht aufgeräumt ist.
Aha 🙂
Das wäre nicht schlimm gewesen, aber ich verstehe das schon. Ich habe allerdings eine Menge Fragen dabei.
Ja? Dann nehmt euch ruhig etwas zu trinken mit. Ich habe ein Wasser dabei. Dort drüben ist ein hübscher Pfad durch den Wald. Folgt mir, ich möchte euch etwas zeigen.
Super, ich hole auch noch schnell ein Wasser und folge dir unauffällig, während der Skoutz-Kauz vorausflattert.
Nach welchem Motto lebst du? Und wirkt sich das auch auf dein Schreiben aus?
Leben und leben lassen.
Das finde ich gut, das ist ein Motto, das mir sehr gefällt. Aber passt das zu einem Krimiautor?
Nein. Auf mein Schreiben wirkt sich das überhaupt nicht aus – in meinen Büchern wird eher gestorben.
Eben. 🙂
Was ist dein erster Gedanke, wenn ich dich frage, was du GAR NICHT magst?
Faschistische Missionare!
Uh! Was darf ich mir darunter vorstellen?
Als solche bezeichne ich Menschen, die anderen Menschen ihre Meinungen aufdrängen und es nicht akzeptieren können, wenn dergleichen nicht gewünscht ist.
OK, das kann ich auch absolut nicht leiden, ich mag mir nichts aufdrängen lassen. Auch, wenn das aktuell durchaus häufig vorkommt. Nächste Frage …
Als Klischee wird man nicht geboren, sondern muss sich den Titel erarbeiten. Klischees sind so praktisch wie lästig. Wie gehst du persönlich mit ihnen um? Beim Schreiben wie im Leben?
Ich spiele sehr gerne mit Klischees, indem ich sie überspitzt darstelle, so dass sie zur Satire werden.
Finde ich auch total gut, als Leser ist mir dieser Umgang mit Klischees der Liebste. Und wie hältst du es persönlich?
Im Umkehrschluss kann ich auch im realen Leben über Klischees gut lachen.
Das kann ich auch. Scheint an der Perspektive zu liegen. Ein interessanter Gedanke, finde ich.
In welchen Genres schreibst du? Hast du dich bewusst dafür entschieden oder hast du nachher überlegt, wie du deine Geschichte einordnest?
Ich bewege mich im Feld der dunklen Phantastik. Horror, Thriller, Krimis mit phantastischen Elementen, Science Fiction, Fantasy – am liebsten alles miteinander irgendwie vermischt.
Passt richtig gut in meine Lesevorlieben 😀 Und warum nicht auch gemischt. Aber so breit aufgestellt wie du bist, muss ich andersherum fragen – Welche Genres müssen ohne dich auskommen?
Romantik und offensichtlichen Humor sucht man bei mir vergebens oder spielen – wenn überhaupt – dann eine subtile Rolle.
Okay, hast du dann diese Richtung gezielt angesteuert?
Bewusst dafür entschieden habe ich mich nicht.
Dann war es vermutlich einfach deine Bestimmung, oder eben eine Bauchentscheidung? Planst du vorher deine Bücher mit Blick auf ihre Wirkung?
Nein! Ich würde nie einen Text schreiben, nur weil das gerade markttauglich ist und sich gut verkaufen lässt.
Von wem kommt deine strengste Kritik? Und wie gehst du mit ihr um?
Meine strengste Kritik kommt von mir selbst.
Diese Antwort hören wir in unseren Interviews erstaunlich oft. Ich vermute, dass das nicht einfach ist, einerseits, weil man selbst nie ein frisches Auge hat, andererseits, weil man doch immer noch etwas findet, was eine Idee besser sein könnte. Wie gehst du mit dieser inneren Stimme um?
Oh ja, wenn ich auf sie höre, werde ich mit Texten nie fertig. Wenn ich sie ignoriere, bin ich unzufrieden. Deswegen gibt es wohl so viele Veröffentlichungen, mit denen ich unzufrieden bin. schulterzucken
Ui Tatsächlich? Das klingt traurig. Dabei hast du ja durchaus Fans. Und Erfolg. Immerhin stehst du auf der Midlist! 🙂
Lass uns allgemeiner über Bücher sprechen.
Ein Sprichwort sagt „Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt.“ – Wie findest Du diesen Satz?
Ich möchte Nina George zitieren: »Bücher sind die letzte große Alchemie unserer Zeit. Mit Büchern leben wir mehr als nur dies eine, kurze Leben – und wer schreibt, lebt alle seine möglichen Leben.«
Das Zitat gefällt mir total gut und kann es sehr gut nachvollziehen. Ich entdecke in Büchern auch immer wieder eine besondere Magie!
Mit welchem Buch wurde deine Liebe zu Büchern geweckt?
Ich habe Bücher bereits als Kind lieben gelernt.
Das kenne ich, ich habe schon als Kind in der Bücherei gesessen und gelesen. Und was hat den Funken entzündet?
Es wird wohl irgendwas von den ???, TKKG oder den fünf Freunden gewesen sein. Später dann Krimis von Edgar Wallace und Georges Simenon.
Die kommen mir alle sehr bekannt vor, fünf Freunde – Bücher waren bei mir absolute Favoriten. Und du warst schon früh in deinen Genres unterwegs, scheint mir … Wie ging es weiter?
Mit Beginn der Pubertät waren es Edgar Allan Poe und Howard Philips Lovecraft – erst dann kamen Stephen King und Clive Barker … mittlerweile lese ich alles, bin und bleibe aber der Phantastik in all ihren blühenden Facetten stets zugetan.
Ich finde das klingt alles toll und spannend. Ich mag die Phantastik auch sehr gerne und bin diesen Büchern sehr angetan.
Wie sortierst du deine Buch-Regale?
Alphabetisch nach Nachname, Vorname des Autors und danach chronologisch nach Erscheinen. Meine Bibliothek befindet sich unterm Dach – da ist kein Platz für Deko.
Aber Platzmangel gehört sich doch für eine anständige Bibliothek. Das schaut jedenfalls sehr … buchig aus. Ich würde gerne stöbern, auch wenn nicht aufgeräumt ist.
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Die gesellschaftliche Diskussion über das, was man in der Kunst tun und lassen darf, ist zur Zeit sehr hitzig. Wie stehst du dem gegenüber und wie beeinflusst das deine eigene Arbeit?
Von Kafka stammt das berühmte Zitat: »Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns.« Wenn Bücher und Texte nur noch in angepasster Form existieren, so dass sich niemand mehr irgendwie beleidigt fühlen kann und keinerlei Tabuthemen mehr auch nur angerissen werden, dann haben wir keine Äxte mehr.
Ja, da hast du Recht! Faszinierend. Wir kennen das Kafka-Zitat natürlich, aber so, in diesem Kontext habe ich es noch nie gesehen. Das ist spannend. Habe ich dir schon gesagt, wie spannend ich dieses Interview finde? Aber zurück zur Kunst …
Wenn wir keine Äxte haben, werden wir mit den wirklich gefährlichen Äxten des echten, tatsächlichen Lebens nicht mehr umzugehen wissen. Wir leben dann alle in diesem gefrorenen Meer und kommen da nie wieder raus. Ab und an muss es einfach weh tun, Leute.
Da kann ich dir nur zustimmen. Jetzt bin ich aber echt auf die nächste Frage – bzw. ihre Antwort – gespannt!
Chat GPT und andere KI-Apps sind gerade in aller Munde. Was hältst du davon, dass KI Geschichten, ja ganze Bücher alleine verfassen kann? Sind das für dich überhaupt richtige Werke?
Die KIs dieser Welt formen das soeben beschriebene Meer – und für das brauchen wir wiederum das Buch als Axt: die wirklich krassen Texte. Wir brauchen mehr Punk und mehr Dreck in der Literatur, in der Kunst und in der Musik. Alles andere ist schablonenhafte Austauschware.
Und das ist das, was KI bietet. Vielleicht ergibt sich daraus gar die Chance wieder mutiger zu schreiben – und sei es nur, um sich von den Bots abzuheben. Verstehe ich dich da richtig? Die Schablone ist es, was die KI auszeichnet?
Nicht nur. Jeder, dem es um Erfolg geht, produziert das auch. Und solche Menschen sind es wahrscheinlich auch, die Ihre Texte dann von einer KI schreiben lassen, nur um den eigenen Namen auf dem Buchdeckel zu sehen. Es sind jene Menschen, die anstatt mit Worten zu kämpfen und sich bei der zehnten Überarbeitung die Haare auszureißen, lieber um das Füttern ihrer ebenso austauschbaren Social Media Kanäle bemühen … denn dafür bleibt ja dann endlich Zeit. Vielleicht führt es aber auch dazu, dass wir endlich aufhören, kommerziellen Müll zu produzieren. Weil das ist es, was die KI kann.
Ich denke, man muss die KI doch daran erkennen, dass sie seelenlos ist, dass die Zwischentöne, die Feinheiten, das Subtile fehlt. Also, ich hoffe es. Wo siehst du die Grenzen der KI?
Was sie nicht kann, ist originell zu sein. Wirklich originell. Niemand braucht noch mehr abgekupferte und ausgelutschte Bücher nach dem Reißbrett-Blockbusterschema. Das gibt es doch schon alles. Wir brauchen wieder originelle Autoren mit eigener Sprache und frischen Ideen. Für alles andere haben wir jetzt ChatGPT.
So ein bisschen wie Sterneküche und Systemgastronomie vielleicht … Ups, ich glaube ich habe Hunger. Das Knurren hier ist mein Magen und kein Wolf im Gebüsch. Aber bevor wir jetzt wieder zurückgehen, habe ich noch eine kleine Frage zum Abschluss …
Welche Frage sollen wir dir nächstes Jahr im Interview stellen?
Wie wir aus diesem verdammten Wald wieder rausfinden … ich glaube, wir haben uns verlaufen!
Oh nein – schau mal, der Skoutz flattert ganz aufgeregt, ich glaube er weiß wie wir hier rauskommen. Er hat einen megaguten Orientierungssinn, komm folgen wir ihm.
Lieber Tobias, es war ein wirklich schönes Gespräch mit dir und der Waldspaziergang hat mir sehr gut gefallen. Und zum Glück hatten wir ja den Skoutz dabei, der uns aus dem Wald gelotst hat. Nochmals herzlichen Dank auch für deine Zeit. Schreib weiter abseits des Mainstreams – wir freuen uns über solche Bücher! Nicht nur beim Skoutz-Award, für den wir dir weiterhin viel Erfolg wünschen.
Hier gibt es mehr über Tobias Bachmann:
Skoutz Lesetipp:
Despina Jones und die Fälle der okkulten Bibliothek von Tobias Bachmann
In der Bibliothek für okkulte Fälle ist Despina Jones Ermittlerin der besonderen Art: Als Nekromantin kann sie mit den Geistern Verstorbener reden. Doch auch Tote können launenhafte, eigensinnige Zeugen sein. Bei der Auflösung ihrer Fälle wird sie von einem vielseitigen Team unterstützt, das in der antiquarischen Bibliothek ihres Onkels sitzt.
Ein Priester bittet das Ermittler-Team um Hilfe, als ein Leichnam in einer der ältesten Kirchen Londons entdeckt wird. Der unbekannte Mann wurde wie Christus ans Kreuz genagelt.
Despina tappt im Dunkeln, da der Verstorbene sich selbst für Jesus hält und seiner Wiederauferstehung entgegenfiebert. Bald findet sich das Team in einem Strudel religiöser Denkweisen und Praktiken wieder, der es an die Pforten ihrer persönlichen Hölle bringt.
Skoutz meint: Ein ungewöhnliches Buch, das ganz anders als erwartet ist. Sehr blutig, sehr düster aber auch sehr spannend. Eine faszinierende Welt, in die uns Despina entführt, und in die zu folgen sich lohnt, gerade weil die Lesereise fordert. Aber wäre es sonst ein Abenteuer? (kn)
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Hinweis:
Tobias Bachmann steht mit seinem Buch „Das Spiel der Ornamente“ auf der Midlist Fantasy von Michael Siefener.
Ein spannender, toller Roman.
Damit hat er natürlich die Chance auf den Award im Bereich Fantasy.
Wir haben das Buch gelesen und euch hier auch schon vorgestellt.
Und wenn ihr uns, dem Autor und vielen anderen Lesern einen Gefallen tun wollt, rezensiert die Bücher doch anschließend bei unserer Skoutz-Buchsuche. Mit 5 Klicks statt 5 Sternen entsteht eine Buchbeschreibung, die anderen hilft, das für sie richtige Buch zu finden. Also sei dabei!