Patrick Hertweck

Zu Besuch bei: Patrick Hertweck

Patrick Hertweck

Patrick Hertweck war in jungen Jahren ein echter Weltenbummler und hat mit dem Fahrrad viele Gegenden Europas bereist. Mit Sicherheit war auch das für ihn ein wichtiger Erfahrungsschatz seines Lebens, der zu der Entstehung seines Jugendromanes „Maggie und die Stadt der Diebe“ beigetragen hat. Erstmals erschienen ist sein vielseitiges Werk im Juli 2015, also schon vor einer ganzen Weile, und wir möchten euch diesen Schatz gerne noch einmal wachrufen und ans Herz legen. Wir haben euch das Buch bereits vorgestellt, wer es verpasst hat, der kann natürlich schnell nochmal nachlesen. Selbstverständlich wollen wir euch aber auch das Gesicht hinter dem Buch näher bringen und haben dafür Autor Patrick Hertweck zum Interview gebeten.

Und das ist dabei raus gekommen:

 

Zu Besuch bei Patrick Hertweck:

Patrick Hertweck
© Jörg Schumacher

Was ist dein »Sprit« beim Schreiben, woher nimmst du deine Ideen?

Ich mache mich selten bewusst auf die Suche nach Ideen. Meist fliegen sie mir zu und ich bin immer wieder dankbar, wenn mich der Zufall zu Lebensgeschichten oder Episoden aus der Vergangenheit führt, die meine Fantasie beflügeln. Mein Debütroman „Maggie und die Stadt der Diebe“ wäre sicher niemals geschrieben worden, hätte ich nicht eines Morgens vor einem Antiquariat halt gemacht. Dadurch geriet mir ein Sachbuch über das New Yorker Bandenwesen von 1926 in die Hände, aus welchem ich von Albert W. Hicks erfuhr, dem letzten zum Tode verurteilten Piraten der USA. Da wusste ich, ich habe den richtigen Stoff für meinen geplanten Abenteuerroman gefunden.

Was würdest du tun, wenn du nicht mehr schreiben könntest?

Ganz ehrlich, ich weiß es nicht. Ich habe ja erst spät – ich war Ende 30 – mit dem Schreiben angefangen. Zuvor war ich lange Zeit im Management eines Medienunternehmens tätig. Viele Jahre habe ich mich beruflich sehr engagiert, wurde aber zugleich immer unzufriedener, bis ich endlich den Grund erkannt habe. Ich tat da etwas, mit dem ich zwar gutes Geld verdient habe, das aber wenig mit meiner Persönlichkeit zu tun hatte und mich überhaupt nicht ausgefüllt hat. Als ich mit dem Schreiben begann, wusste ich gleich, das willst du bis ans Ende deines Lebens tun. Und ich war bereit, alles zu geben, um niemals wieder meine Tage in einem Büro verbringen zu müssen. Deshalb möchte ich mir lieber nicht ausmalen, was wäre, wenn ich nicht mehr schreiben könnte.

Zu welchen Anlässen hast du schon überlegt, mit dem Schreiben aufzuhören?

 

Als Vater von drei Söhnen und einer Frau, die beruflich in der Schweiz arbeitet, bleibt oft wenig Zeit für Kreativität und das Schreiben. Da gab es in den letzten zwei Jahren schwierige Momente, in denen ich mit mir gehadert habe. Ich wurde ungeduldig, wollte mich mit Haut und Haaren in einer neue Welt stürzen, aber das ließen die täglichen Pflichten und Herausforderungen einfach nicht zu. Es hat eine ganze Weile gedauert, bis ich akzeptieren konnte, dass die Zeit mit kleinen Kindern eine begrenzte ist und ich einfach etwas Geduld aufbringen muss. Seither kann ich das Hausmannsdasein mit den drei Rabauken viel mehr genießen und die freie Zeit für mich auch besser für meine Passion das Schreiben nutzen.

Wir hoffen, dass du niemals aufhören wirst zu schreiben, denn Teil zwei deiner Geschichte wird sehnsüchtig erwartet 😉

Was war dein emotionalstes Erlebnis beim Schreiben?

Wahrscheinlich, als ich unter die Rohfassung von „Maggie“ (so der Arbeitstitel damals) das ENDE geschrieben habe. Hinter mir lagen zehn Wochen voller Hoffen und Bangen und quasi ohne Schlaf. Dass mich ein so renommierter Verlag wie Thienemann-Esslinger unter Vertrag genommen hatte, war für einen Grünschnabel wie mich zwar ein großes Kompliment aber zugleich eine riesige Bürde. Erschwerend kam hinzu, dass zeitgleich unser dritter Sohn geboren wurde und mir für das Schreiben von Maggies Geschichte gerademal zwölf Wochen zur Verfügung standen, da das Buch ursprünglich im Frühjahrsprogramm erscheinen sollte. Als ich den Roman dann beendet hatte, war ich unendlich erleichtert, denn ich wusste, ich habe alles, was in mir war, hineingelegt und die Geschichte auf Papier gebannt, die mich von Anfang an gefesselt und nicht mehr losgelassen hatte.

Wie viel Autobiografie steckt in deinen Geschichten?

Von mir steckt nichts und zugleich alles in meinen Geschichten. Ich versuche das anhand von „Maggie“ zu erklären: Die Handlung spielt 1870 in Manhattan. Die Geschichte orientiert sich an Begebenheiten, die tatsächlich damals stattgefunden haben. Viele Figuren in dem Buch hat es wirklich gegeben. Hier findet sich kaum etwas aus meinem Leben. Möchte man als Autor seinen Roman jedoch mit Figuren bevölkern, die mehr sind als Klischees und Schablonen, bleibt es nicht aus, dass man sie mit eigenen Gefühlen, Fehlern und Erlebnissen ausstattet. Dies geschieht bei mir oft ganz unterbewusst. Als ich meinen Roman mit etwas Abstand noch einmal gelesen habe, war ich selbst überrascht, wie viel von mir und meinen inneren Vorgängen in der Figur Goblin, dem zwergenhaften Anführer der Diebesbande, steckt. Vordergründig ist mir dieser überhaupt nicht ähnlich. Doch ich kann sein Leiden sehr gut nachvollziehen und habe Verständnis für sein Handeln, denn in einem anderen Leben unter anderen Umständen hätte auch mir womöglich das widerfahren können, was ihm zugestoßen ist.

Vermutlich ist es gar nicht möglich, ein Buch zu schreiben, ohne einen Teil seiner selbst in die Zeilen zu legen. In jedem Fall ist dir ein sehr schillerndes, authentisches und sympathisches Figurenset gelungen!

Was macht für Dich ein gutes Buch aus?

Ein gutes Buch sollte für mich zwei Dinge mitbringen. Es muss mich mit dem richtigen Ton ansprechen und es muss mich in seine Welt ziehen. Bleibt das aus, heißt dies nicht, das Buch ist schlecht. Dann passen wir beide vielleicht auch nur nicht zusammen. Manchmal würde ich mir wünschen, ich könnte mir beim Schreiben den Geschmack und die Erwartungen von vielen Lesern vor Augen führen und dies dann zu Papier bringen. Vielleicht wäre das die Formel für einen riesigen Bestseller (lacht). Aber es will mir als Autor leider nur gelingen, meine Texte vom individuellen Geschmack des Lesers Patrick Hertweck bewerten zu lassen. Deshalb versuche ich, in einer schönen ansprechenden Sprache zu schreiben, die Spannung hochzuhalten und Figuren zu zeichnen, die auch nach dem Beenden des Buches in dem Leser weiterleben.

Das ist dir in jedem Fall gelungen. Unsere liebe Lisa war ja ganz aus dem Häuschen…

Was wäre das größte Kompliment, das man dir als Autor machen kann?

Für mich sind die wertvollsten Komplimente, wenn mir Menschen berichten, Szenen im Buch hätten sie zu Tränen gerührt oder sie hätten sich so gerne in dieser Parallelwelt, die einen auf magische Weise stets während einer Lektüre begleitet, aufgehalten, dass sie einen emotionalen Moment des Abschiednehmens oder der Leere verspürten, als sie das Buch zu schlugen und es ins Regal zurückstellten.

Wer ist für dich dein idealer Leser?

 

Gute Frage. Zunächst muss ich darauf hinweisen, dass Bücher heutzutage für die Vermarktung eine Zielgruppe brauchen. „Maggie und die Stadt der Diebe“ wird Lesern von 10 bis 12 Jahren empfohlen. Dies führt leider dazu, dass fast nur Leser in diesem Alter mein Buch gelesen haben. Dazu noch weit mehr Mädchen, weil jene ohnehin mehr lesen und meine Protagonistin ebenfalls ein Mädchen ist. So sinnvoll diese Einteilung ist, mich ärgert sie auch oft. Denn ich habe ein Buch für alle Geschlechter und keinesfalls für ein bestimmtes Alter geschrieben, sondern lediglich einen Roman, der ab etwa 10 Jahren – nach Meinung von Leuten, die sich auskennen – gelesen werden kann. Vielmehr habe ich eine Geschichte erzählt, die mir altem Knochen mit Mitte 40 gefallen würde. Deshalb orientiert sie sich an Vorbildern wie Oliver Twist oder Stevensons Schatzinsel, die aus einer Zeit stammen, in der es diese Aufteilung in Alters- und Geschlechterzielgruppen noch gar nicht gab. Für mich ist darum jeder der ideale Leser meiner Geschichten, der gerne in Gedanken in die Vergangenheit eintaucht, gemeinsam mit den Figuren des Buches Abenteuerliches erleben möchte und der auch mit dem Herzen liest, denn das ist Voraussetzung, auch die Zwischentöne in bestimmten Büchern zu hören, und zugänglich zu sein für die weiteren Ebenen, die viele Autoren – mehr oder weniger bewusst – unter der eigentlichen Handlung verbergen.

Dann hast du mit unserer Redakteurin wohl genau die richtige Leserin gefunden, denn für sie war dein Buch all das. Abenteuerlich, spannend, vielschichtig, lustig, zeitlos.

Bei welchem deiner Protagonisten würdest du den Beziehungsstatus mit dir als »schwierig« bezeichnen?

Das ist tatsächlich Maggie. Ich hatte meine Heldin ursprünglich ganz anders angelegt. Eher ängstlich und zurückhaltend. Doch unerwartet legte die Kleine beim Schreiben immer öfter ein aufmüpfiges und zickiges Verhalten an den Tag, so dass ich mir manchmal vorkam wie Tom beim ersten Gespräch mit dem neuen Mitglied der Diebesbande. Ich frage mich manchmal, warum das so geschah und habe inzwischen eine Theorie. Als ich die Geschichte entwickelte, erfuhren meine Frau und ich, dass auch unser drittes Kind ein Sohn wird. Ich bin ehrlich, ich hatte mir damals eine Tochter gewünscht und dies führte vermutlich dazu, dass die Hauptfigur in dem Buch ein Mädchen wurde. Meine eigene Tochter wäre sicher ein sensibles und stilles Kind geworden, so meine Vorstellung. Und nach dieser wollte ich auch Maggie in die literarische Welt entlassen. Aber im Leben wie im Schreiben haben Kinder offenbar ihren eigenen Kopf. Und seither weiß ich, dass man als Autor nicht alle Strippen zieht. Gottseidank, denn ich mag Maggie genauso wie sie ist, auch wenn unser Beziehungsstatus „schwierig“ bleibt.

Und zum Schluss: auf welche Frage in einem Autoreninterview möchtest du einfach nur mit »Ja« antworten?

Lohnt es sich?

Ja ja ja! Für Groß und Klein.

 

Mehr über Patrick Hertweck findet ihr hier:

Homepage von Patrick Hertweck
Facebook Seite von Patrick Hertweck

Und so schaut das Meisterwerk aus:

Maggie und die Stadt der Diebe

 

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