zu Besuch bei Julia Neumann

Mit dem Skoutz-Kauz treffe ich diesmal Roman und Drehbuchautorin Julia Neumann. Mit ihrem Israel-Krimi „In den Fängen der Schuld“ hat sie unsere Jurorin Elke Bergsma überzeugt und konnte so einen der Plätze auf der Midlist Crime ergattern. Um euch ein wenig mehr über die Autorin zu erzählen, haben wir einige Fragen vorbereitet, die wir ihr stellen wollen.
Ich bin schon sehr gespannt, was wir so alles erfahren werden und ob vielleicht das ein oder andere Geheimnis dabei ist, das wir so lüften können …

 

zu Besuch bei Julia Neumann, die national und international den Dreh einfach raushat …

Dann, liebe Julia Neumann, lass uns loslegen …

 

©Michael Paffrath

Wie würdest du dich in einem Wort beschreiben?

Neugierig.

Ist sicher eine wichtige Eigenschaft in deinem Beruf …

Mich interessiert, wie Menschen ticken und wie das Zusammenleben in der Gesellschaft funktioniert. Oder besser noch, nicht funktioniert – das roduziert nämlich die spannenderen Geschichten. 😉

 

Beruf oder Berufung – was macht dir an deinem Job als Autor am meisten Spaß? 

Ich hab das große Glück, mein Geld mit etwas zu verdienen, das mir so viel Spaß macht.

Das kann ich mir vorstellen. Ist sicher der Traum von vielen, von seiner Passion leben zu können.

Wenn ich daran denke, wie es sein wird, wenn ich irgendwann mal, in weiter Ferne in den Ruhestand gehe und endlich einmal Zeit habe, das zu tun, was ich wirklich tun will, ist der erste Gedanke, der mir in den Kopf schießt, dass ich dann endlich in Ruhe schreiben kann. Also einfach das weitermachen werde, was ich jetzt schon die ganze Zeit tue. 🙂

 

Wann hast du dein erstes Buch veröffentlicht?

Mein erstes Buch kam 2018 heraus.

Und wie lang hast du daran gesessen?

Ich arbeite hauptberuflich als Drehbuchautorin und schreibe zwischendurch an meinen Romanen, wenn meine  Arbeit das zulässt. Deswegen ist es schwer zu sagen, wie lang ich wirklich gebraucht habe. Aber ich denke, dass ich netto ungefähr ein knappes Jahr an „Finsternis im Herzen“  geschrieben. Auch weil die Recherche sehr aufwendig war.

Je nach Thema schluckt das sicher eine Menge Zeit.

Apropos Zeit …

 

Wie läuft ein typischer Tag als Autor bei dir ab?

Ich habe eigentlich einen typischen 9 to 5 Job.

Wie kann ich mir deinen Arbeitstag vorstellen?

Morgens fahr ich in meine Autorenbürogemeinschaft, arbeite, gehe dann mit meinen Kollegen Mittagessen und versuche danach noch ein paar sinnvolle Gedanken zu fassen. Was aber meistens in Nachrichten googlen und mit Kollegen plaudern endet.

 

Das Jahr 2020 stellt uns alle vor neue Herausforderungen. Wie sehr beeinflusst Corona deinen Schreiballtag?

Seit Corona arbeite ich im Homeoffice und weiß das inzwischen sehr zu schätzen, weil ich die unproduktive Mittagszeit mit Schlaf oder Serien gucken füllen kann.

Das klingt wirklich sehr angenehm … 😉

Ist bei mir ja gleichzeitig Fortbildung, das sag ich mir zumindest immer, wenn die inneren Stimmen anfangen, mich als Faulpelz zu beschimpfen … 😉

Und sonst?

An der Arbeitszeit hat sich aber nichts geändert, kurz nach 9 fang ich an und wenn mein Freund von der Arbeit zurück kommt, höre ich auf.

Sehr praktisch. Würdest du sagen, dass du so effektiver arbeitest oder merkst du keinen Unterschied?

Trotz Mittagsschlaf arbeite ich jetzt aber mehr, weil ich an den Nachmittagen produktiver bin.

 

Kreativ oder doch eher regeltreu? Wie flexibel bist du beim Schreiben?

Sowohl als auch, würde ich sagen.

Kannst du mir das näher ausführen? 

Natürlich muss man kreativ sein und Geschichte erzählen, die es so noch nicht gab. Sonst würde sie ja niemand lesen wollen. Und das ist es ja auch, was so viel Spaß an der Sache macht.

Da schwingt ein Aber mit …

Gleichzeitig spielen aber auch die Regeln der Dramaturgie eine Rolle und man muss sich an gewisse Konventionen halten, wenn man möchte, dass die Leser verstehen, was man ihnen erzählen will. Dazu zähle ich zum Beispiel Erzählperspektiven oder die Zeiten, in denen man die Bücher verfasst. Als Leser bemerkt man sie im Idealfall gar nicht, weil man einfach in der Geschichte drin ist. Wenn das Buch aber ständig von Erzählungen im Präsens ins Perfekt wechseln würde, und man die Hälfte der Zeit nicht sicher wäre, aus wessen Perspektive gerade berichtet wird, dann wäre es schwer, der Geschichte zu folgen.

 

Welches war dein erstes selbstgelesenes Buch? Und hast du es heute noch?

Mein erstes Buch waren die „Die Gebrüder Löwenherz“ von Astrid Lindgren und das ist bis heute auch eins meiner Lieblingsbücher geblieben. Und ja, das Buch habe ich auch noch.

Eine tolle Geschichte. Steht sie noch in deinem Regal?

In den letzten Jahren hab ich zwar viele Bücher aussortieren müssen, weil jedes Jahr so viele dazu kamen, der Platz aber nicht mehr wurde, aber die frühen durften bleiben.

Ich kann das gut verstehen. zu manchen Büchern entwickelt man eine besondere Beziehung. Das bringt mich auch zu meiner nächsten Frage …

 

Stell dir vor, du könntest eine beliebige Figur aus einem Buch zum Essen treffen. Was würde passieren? 

Schöne Frage.

Danke 🙂

Obwohl es schwer ist, sich da auf eine Figur festzulegen.

Mir würde das auch recht schwerfallen.

Miss Marple würde ich aber definitiv gerne treffen. Auf Tee und Scones, Clotted Cream und Marmelade.

Über was würdet ihr reden?

Ich würde gerne von ihr wissen, wie das Leben um die letzte Jahrhundertwende war. Und warum sie nie geheiratet hat. Ich geh davon aus, dass sie einige Angebote hatte, sie hat aber vorgezogen, allein zu bleiben. Und sie wirkt ja auch rundum zufrieden mit dieser Entscheidung. Worin sie mich an meine eigene Oma erinnert.

Inwiefern? 🙂

Die ist nach dem Tod meines Großvaters als lustige Witwe um die Welt gereist. Na ja, vielleicht nicht um die ganze Welt. Aber zumindest bis nach Israel, und das war damals, in den 80ern, schon ganz schön weit weg.

Beeindruckend. Eine wirklich mutige Frau, deine Oma.

Hm. Wenn ich so drüber nachdenke, würde ich eigentlich lieber mit meiner Oma als mit Miss Marple reden … 🙁

 

Auf welche Frage hattest du in letzter Zeit keine Antwort und hast du sie finden können?

Eine Frage, die mich sehr beschäftigt hat, war, wieso Leute Verschwörungstheorien nachhängen und diese fanatisch – und zeitintensiv – verteidigen, weil sie glauben, Bill Gates wolle mit seinen Impfungen die Weltbevölkerung sterilisieren.

*Augen roll* Ja, das ist eine gute Frage …

Und warum sie sich nicht die Mühe machen, einmal 5 Minuten zu investieren und zu kontrollieren, was Bill Gates wirklich gesagt hat. Zum Beispiel bei den Ted Talks. Eine großartige Plattform mit spannenden Vorträgen.

Vielleicht picken sie nur heraus, was sie hören wollen. Keine Ahnung. Hast du schon eine Antwort gefunden?

Nein, habe ich nicht gefunden. Ich glaube, es hat etwas mit der Informationsflut zu tun, die jeden von uns überfordert und es scheinbar verlockend macht, einfache Erklärungen für Missstände zu bekommen. Und einen Schuldigen zu finden, auf den man mit dem Finger zeigen kann.

Oh je… Da hast du vermutlich recht. Lass uns das Thema wechseln.

 

Wie oft schaust du täglich auf dein Handy?

Sehr viel seltener als andere, denke ich.

Das ist ziemlich relativ 🙂

Ungefähr fünf Mal am Tag vielleicht?

Okay, das ist im Vergleich wirklich wenig – würde ich sagen …

Ich mag Handys nicht, ständig bergen sie das Potential, einen aus der Konzentration, einem netten Abend oder noch schlimmer, dem Mittagsschlaf zu reißen. 😉

 

Was darf in deinem Kühlschrank niemals fehlen?

Hafermilch fürs Müsli und Milch für den Milchkaffee.

Und von Milch abgesehen …

 

Für welche drei Dinge in deinem Leben bist du am dankbarsten?

Meine Familie und ihre und meine Gesundheit.

Dafür kann man wirklich dankbar sein – nicht nur in Corona-Zeiten.

 

Zeitreisen – ein spannendes Mysterium. Bei welchem historischen Ereignis wärst du gern dabei gewesen und warum?

Hm. Dazu müsste ich gar nicht so weit zurück reisen.

Nein?

Ich wäre gerne beim Fall der Mauer in Berlin dabei gewesen. Ich war aber noch zu jung und wohnte in Köln, deswegen habe ich es verpasst, Augenzeuge dieses erfolgreichen Höhepunkts einer friedlichen Revolution zu werden.

Stimmt, wenn man die Bilder von damals sieht, muss die Atmosphäre am Checkpoint Charly großartig gewesen sein.

 

Über welches Thema könntest du eine 30-minütige Präsentation halten, ohne jede Vorbereitung?

Über die Dramaturgie von Filmen könnte ich vermutlich aus dem Stand eine Präsentation halten.

Oh, wow, das hört sich wirklich interessant an. 

Das aber auch nur, weil ich das wirklich eine Weile an der Uni unterrichtet habe. Ansonsten liegen mir Vorträge völlig fern.

Hätte ich jetzt irgendwie nicht erwartet … 

Aber dafür bin ich eine gute Zuhörerin, was für eine Autorin ja auch nicht schlecht ist.

Das glaube ich. Vor allem, wenn man rechercheintensive Themen bearbeitet.

 

Was würdest du rückwirkend ändern, wenn du die Möglichkeit dazu hättest?

Ich bedaure, nicht mehr Auslandsaufenthalte während meines Studium gemacht zu haben.

Das ist wirklich bedauerlich, darf ich fragen, warum?

Von Anfang an zeichnete sich bei mir ab, dass ich eher länger für mein Studium brauchen würde. Deswegen dachte ich, ich könnte mir das nicht leisten. Rückblickend hätte ich mir die gesamte Uni sparen können und einfach nur von einem Auslandssemester zum anderen tingeln können.

Wieso das?

Nach meinem Abschlusszeugnis hat mich nie jemand gefragt und als Autorin müssen die Geschichte und nicht der Lebenslauf überzeugen.

Dann lass uns nach vorne schauen …

 

Was wünschst du dir für die Zukunft?

Dass das große Glück, das wir in der Corona-Krise in Deutschland bis jetzt hatten,  weiter anhält. 

Ein schönes Schlusswort. Das sollten wir uns alle wünschen, auch wenn das viel zu viele schon wieder für viel zu selbstverständlich halten.

Vielen Dank, liebe Julia Neumann, dass du dir die Zeit genommen hast, uns zu treffen und all unsere Fragen zu beantworten. Es war wirklich schön mit dir und ich würde mich freuen, wenn wir mal wieder das Vergnügen hätten. Vielleicht treffen wir uns ja für die Überreichung des Skoutz-Awards wieder. Die Daumen sind gedrückt.

 

Mehr über Julia Neumann

und ihre Arbeit findet ihr auf ihrer Homepage.

 

Skoutz-Lesetipp:
Finsternis im Herzen – spannender Polit-Thriller von Julia Neumann

Kriminaloberkommissarin Eva Langenberg ermittelt in ihrem ersten Fall in der Düsseldorfer Mordkommission, der sie tief hinein führt in einen blutigen Konflikt in Afrika. Für alle Leser von Deon Meyer und Mike Nicol

Der afrikanische Adoptivsohn eines Düsseldorfer Industriellenpärchens wird ermordet. Die einzige Zeugin, seine Schwester Rahima, schweigt. Die beiden Kinder wohnen erst seit wenigen Tagen in Düsseldorf und befanden sich bis vor kurzem in der Gefangenschaft kongolesischer Rebellen. Ist dort das Motiv für den Mord zu finden? Ihr erster Fall führt Kommissarin Eva Langenberg an die Grenzen ihrer heilen Welt. Sie findet sich bald in einem Geflecht aus Korruption, Lügen und Verrat wieder. Und je mehr Eva ermittelt, desto tiefer wird sie hineingezogen in einen der blutigsten und tragischsten Konflikte des schwarzen Kontinents.

Skoutz meint: In ihrem ersten Fall ermittelt Eva Langenberg einem überaus grausamen und verstörendem Verbrechen, dessen Hintergründe sie in die Wirren des kongolesischen Bürgerkriegs führen. Dabei werden Details aufgedeckt, die bestürzen und selbst erfahrene Crime-Leser nicht kalt lassen. Wir können euch diesen unglaublich mitreißenden und gut recherchierten Krimi, der ein höchst brisantes und sehr aktuelles Thema beleuchtet, nur wärmstens empfehlen.

 

Hinweis:

In den Fängen der Schuld - Julia NeumannSpannung ist seit eh und je für sehr, sehr viele Leser der Impuls, ein Buch zu lesen. Ganz egal, ob es dabei um knallharte Agenten geht, um mystisch-gruselige Rätsel, schier unlösbare Aufgaben schrulliger Ermittler oder schräg-skurrile Mordfälle. Unsere Chef-Ermittlerin und Vorjahressiegerin Elke Bergsma ließ sich nicht in die Irre führen und hat mit detektivischem Spürsinn für gute Geschichten aus den über 300 Titeln der Longlist Crime 2020 insgesamt 12 lesenswerte, spannende und originelle Titel ausgewählt. Die finden sich nun auf der Midlist Crime, unter denen wir die Verdächtigen für den Crime-Skoutz ermitteln dürfen.

Einer dieser Titel ist “In den Fängen der Schuld“, ein cleverer Politkrimi, der den Nahostkonflikt in Köln aufflammen lässt. Denn zwei Morde führen den Kölner Kommissar Morelli unversehens zwischen die Fronten des Nahostkonflikts.  Der spannende politische Kriminalroman zeigt anschaulich, dass Krieg keine Grenzen kennt. Julia Neumann ist mit ihrer im Dezember 2019 von von Piper veröffentlichten Geschichte ein Favorit im Rennen um den Skoutz-Award gelungen.

Mehr Informationen zu diesem Titel von Julia Neumann bekommt ihr wie immer in der ausführlichen Buchvorstellung. (Weiterlesen)

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